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Drittes Kapitel.

Von der Vormund f ch a f t.

Inst. I. 13-26; Dig. XXVI. XXVII; Cod. V. 28-75. — Gai. I. §. 142-200; Ulp. XI. XII. Donell., comm. jur. civ. lib. III. lib. XV. c. 18-22; Faber, jurisprud. Papinian. scientia, tit. 13-26; Glück XXVIII. S. 435. bis XXXIII. S. 310; Nudorff, das Recht der Vormundschaft aus den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten entwickelt. 3 Bde. Berl. 1832-34, Kraut, die Vormundschaft nach den Grundsäßen des deutschen Rechts. Bb. I. Gött. 1835, Bd. II. 1847, Heimbach in Weiske's Rechtsler. XIII. S. 327 fgg. Vgl. auch le Fort, essay historique de la tutelle en droit Romain. Geneve 1850.

I. Einleitung.

1) Begriff und Wesen der Vormundschaft im Allgemeinen.

S. 261.

2) Obervormundschaft und Familienrath.

S. 262.

3) Unterschied zwischen Tutel und Kuratel.

S. 263.

Paul. 1. 2. pr. §. 1. de tutelis (26, 1): Tutela est, ut Servius definit, vis ac potestas in capite libero ad tuendum cum, qui propter aetatem suam sponte se defendere nequit, jure civili data ac permissa. (§. 1.) Tutores autem sunt, qui cam vim ac potestatem habent, exque re ipsa nomen ceperunt ;

itaque appellantur tutores, quasi tuitores atque defensores sicut aeditui dicuntur, qui aedes tuentur. Vgl. §. 1. 2. J. de tutelis (1, 13). Schulting, Notae ad Dig. ad h. 1. tom. IV. p. 387 sqq., Glück XXVIII. S. 468 fgg., XXIX. S. 1 f99., Rudorff a. a. O. I. S. 24 fgg., Bethmann-Hollweg im Rhein. Mus. VI. S. 221 fgg.

Anm. Was den Unterschied zwischen Tutel und Kuratel anbelangt, so stellte man darüber gewöhnlich bis in die neueren Zeiten hin den Grundsaß auf, der Tutor habe principaliter für Sie Person, also für die Erziehung und Alimentation des Pupillen, der Kurator aber nur für die Verwaltung des Vermögens zu sorgen; ein Grundsaß, den man theils auf die Servianische Definition, theils aber auch auf einige andere Geseze stüßte, namentlich auf 1. 12—15. de testam. tut. (26, 2):

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Certarum rerum vel causarum testamento tutor dari non potest, nec deductis rebus, (1. 13.) et si datus fuerit, tota datio nihil valebit, (1. 14.) quia personae, non rei vel causae datur*.

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Vgl. auch §. 4. J. qui testam. tutores dari possunt (1, 14) [certae autem rei vel causae tutor dari non potest, quia personae, non causae vel rei datur]; §. 2. J. de curator; (1. 23) [, curator enim et ad certam causam dari potest"]; 1. 8. C. de nupt. (5, 4) [, curator solam rei familiaris sustinet administrationem"]. So richtig nun auch der leßte Theil dieses Grundsages ist, so ist doch der Gegensaß ganz falsch, was sich schon vollständig durch die Hinweisung auf die tutela muliebris, die doch offenbar mit der tutela impuberum denselben Grundbegriff hat, erweisen läßt; denn hierbei lag doch gewiß eine Sorge für Erziehung und überhaupt das persönliche Wohl der Frau nicht in dem Bereich des Vormunds, und konnte nicht darin liegen. In der That verhält es sich aber bei der tutela impuberum ganz eben so, und es ist h. z. T. auch bekannt genug, daß der Tutor mit der eigentlichen Erziehung des Pupillen gar nichts zu schaffen hat, sondern daß dafür der Magistrat mit Zuziehung der propinqui forgt, und der Tutor dazu und überhaupt zur Alimentation nur die Mittel in dem Maaße aus dem Vermögen des impubes herzugeben hat, wie dies der Magistrat bestimmt, v. Löhr in seinem Magazin III. S. 20 fgg. Gewiß also müssen die Worte: tutor personae, non rei vel causae datur anders ausgelegt werden, und dieß ist in neuerer Zeit auch wirklich mehrfach geschehen. Viele nämlich wollen darin nur den Sinn finden, daß der Tutor nicht für ein einzelnes Geschäft, sondern nur für die Person, d. h. für das ganze Vermögen bestellt werde, und beschränken demgemäß den ganzen Aussspruch nur auf die tutela testamentaria, v. Löhr a. a. D. S. 19. S. 470 fgg., Puchta im Rhein. Mus. II. S. 383 fgg., Schrader ad S. 4. J. cit. (p. 102 sqq.), Nudorff a. a. D. I. S. 287 fgg., S. 378. Aber diese Auslegung erscheint darum als unzulässig, weil dann in jenen Worten nicht sowohl ein Grund für den vorhergehenden Sat (,certarum rerum tutor dari non potest) angegeben (quia), als vielmehr nur dieser Saß selbst wieder

holt wäre. Gewiß richtiger ist daher die von Savigny beiläufig aufgestellte (vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgeb. und Rw. S. 104), von BethmannHollweg im Rhein. Mus. VI. S. 253 fgg. näher begründete Erklärung, wornach jene Worte nur ausdrücken sollen, daß der Tutor zur Ergänzung der ganzen juristischen Persönlichkeit des Pupillen gegeben werde, und darum regelmäßig – Ausnahmen gibt es allerdings, namentlich bei der tutela dativa, s. unten nicht für ein einzelnes Geschäft bestellt werden könne.

Nicht weniger unbegründet als die bisher bekämpfte Ansicht ist auch die Meinung, welche Schweppe in seinem jur. Mag. I. No. 7. und Ng. §. 420. durchzuführen sucht, daß nämlich die tutela sich wesentlich als eine auf Zivilrecht begründete Potestas herausstelle, wodurch der Pflegling seine Selbstständigkeit verliere, und mit dem Tutor nur eine Person ausmache, während die Kura ein wesentlich prätorisches Institut sei, wodurch keine Potestas und keine PersonenEinheit begründet werde. Freilich kann man dem Tutor eine Potestas in einem ganz vulgären Sinne des Wortes zuschreiben, weil dadurch einigermaßen ein Subordinations-Verhältniß des Pupillen begründet wird, und in diesem Sinne wird offenbar das Wort von Servius gebraucht; aber eine solche Potestas steht nicht weniger dem Kurator zu, selbst nach dem Ausdruck der XII Tafeln, wo ja geradezu dem curator furiosi eine Potestas zugeschrieben wird (in eo pecuniaque ejus potestas esto") [Cic. de invent. II. 50]. Daß aber je ein römischer Zurist auf den Gedanken gekommen sein sollte, dem Tutor eine potestas im technischen Sinne als ein Analogon der patria potestas oder der manus zuzuschreiben, ist absolut unmöglich, wenn man nur den oben angedeuteten Begriff im Auge behält. Während die potestas in ihrer wahren Bedeutung wesentlich darin besteht, daß der derselben Unterworfene keine Selbstzwecke, sondern nur die Zwecke seines Gewalthabers zu realisiren hat, ist die Tutel gerade umgekehrt dazu bestimmt, daß der Mündel besser und sicherer seine eigenen Zwecke realisire. Daß ursprünglich, wenigstens bei der tutela legitima, auch der eigne Vortheil des Tutor mit berücksichtiget und insofern auch die Tutel als ein Recht, nicht rein als munus betrachtet wurde, kann den Hauptgesichtspunkt bei diesem ganzen Verhältniß (Schuß eines Hilfsbedürftigen) nicht verrücken, und darf uns am wenigsten bestimmen, dieses Recht als eine wahre Potestas anzusehen. Der andere von Schweppe angegebene Hauptunterschied, daß die Kura ein hauptsächlich prätorisches Institut sei, ist handgreiflich falsch, da gerade die vorzüglichsten Arten der Kuratel rein zivilrechtlichen Ursprungs sind, denn die cura furiosorum und prodigorum stützt sich auf die 12 Tafeln, die cura minorum aber auf die lex Plaetoria. Die Jdee von Schweppe nämlich, daß die Vormundschaft über Wahnsinnige und Verschwender ursprünglich eine Tutel gewesen, und erst später zu der Kura gerechnet worden sei, ist eine durchaus leere und unhaltbare Hypothese. Vgl. auch v. Löhr in seinem Magaz. III. S. 455 fgg.

Offenbar besteht vielmehr des Grundwesen der Tutel in Folgendem: Unmündige und Weiber haben nach römischen Begriffen keine vollkommene Persönlichkeit, was wohl gewiß mit der Idee zusammenhängt, daß nur der wassenfähige Mann eine ganze volle Person sei, wobei man natürlich nur an die Waffenfähigkeit in abstracto denken darf, denn vorübergehende oder ganz individuelle

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Gründe der Wehrlosigkeit (Krankheit, Gebrechen u. dgl.) können natürlich keine unvollkommene Persönlichkeit nach sich ziehen. Die in abstracto Wehrlosen, also eben der Unmündige und das Weib, bedurften demnach des Hinzutritts eines Mannes, der ihre unvollständige Persönlichkeit ergänzte, und das ist eben der Tutor, der durch seine Auktoritas (abgel. von augere: vermehren, ergänzen) jene Ergänzung bewerkstelligte, so daß dieselben nun dadurch eine volle privatrechtliche Persönlichkeit hatten. Natürlich aber wird dabei vorausgeseßt, daß das Weib oder der Unmündige sui juris waren, denn im umgekehrten Falle bedurften sie nicht nur keiner tutoris auctoritas, sondern diese war sogar unmöglich, da ja die privatrechtliche Persönlichkeit des homo alieni juris durch den Gewalthaber gleichsam absorbirt war. Ganz anders verhält sich dies bei der Kura, bei welcher allerdings Vermögens - Verwaltung das Grund-Element ist. Zwar kann es auch hierbei vorkommen, daß der Kurator zu eigenen Handlungen des Kuranden hinzutritt, aber dieser Beitritt besteht immer nur in einer äußerlichen Genehmigung, einem Gutheißen, und man darf schlechterdings nicht bei diesem, technisch s. g. Konsensus an die Ergänzung einer unvollständigen Persönlichkeit denken. Während sich also die Tutel durch die auctoritatis interpositio charakterisirt, kann bei der Kura höchstens nur ein consensus vorkommen. Daß ungeachtet dieser wesentlichen Verschiedenheit doch sehr viele Grundsäße gemeinschaftlich für Tutel und Kuratel gelten, liegt in der Natur der Dinge, weil durch beide Institute derselbe allgemeine Zweck (Schuß eines Hilfsbedürftigen) erreicht werden soll, und weil bei der Tutel wie bei der Kuratel gleichmäßig die eigentliche gestio vorkommt.

Die Richtigkeit dieser hier angedeuteten Ansicht wird sich am Besten durch viele Einzelnheiten in der ganzen folgenden Darstellung erweisen lassen. Doch kann auch hier schon dafür angeführt werden:

1) Jeder Tutor ist berechtigt zu auktoriren, Ulp. XI. 25: Pupillorum pupillarumque tutores et negotia gerunt et auctoritatem interponunt; mulierum autem tutores auctoritatem duntaxat interponunt; weshalb auch nur derjenige Tutor werden kann, welcher zu auktoriren im Stande ist, l. 1. §. 2. de tutel.: Mutus tutor dari non potest, quoniam auctoritatem praebere non potest. Daß dann, wenn der Pupill infans oder furiosus ist, keine auctoritatis interpositio vorkommen kann, ist freilich wahr, aber offenbar ist dieses ein blos faktisches Hinderniß, nicht viel anders, als wenn sich im Laufe der Tutel kein Fall ereignet, wo der Tutor zu auftoriren nöthig hätte, 1. 18. pr. de adm. et peric. tutor. (26, 7). Selbst dann, wenn einem Tutor die Administration entzogen ist, kann er doch auktoriren, 1. 49. de adquir. hered. (29, 2), sofern nur das Geschäft nicht als Akt der administratio erscheint, wie z. B. die Vornahme einer Veräußerung, 1. 4. de auct. et cons. (26, 8), Rudorff a. a. D. II. S. 303, s. auch unten §. 281. Anm.

2) Das ganze Amt mehrerer Arten von Tutoren besteht allein in der auctoritatis interpositio. Dies war ehedem bei der tutela muliebris der Fall, Ulp. XI. 25, und noch h. z. T. gehört dahin der tutor honorarius.

3) Der Kurator kann niemals auktoriren. Allerdings zwar wird in einigen Stellen auch der Beitritt des Kurator auctoritas genannt, z. B. 1. 8. de adopt.

(1, 7); daß dies aber nur abusive geschieht, zeigt die strenge Gegenübersetzung von auctoritas und consensus an solchen Orten, wo technisch gesprochen wird, vgl. z. B. Rubr. tit. de auctoritate et consensu tutorum et curatorum; 1. 1. §. 2. 3. de adm. et peric. tut. (26. 7), 1. 2. C. qui legit. person. standi (3, 6), 1. 26. C. de administr. tutor. (5, 37). Dazu kommt, daß das Vollwort der Tutoren an Förmlichkeiten und Vorausseyungen geknüpft ist, die dem Wesen der auctoritas auch völlig entsprechen (vgl. darüber unten §. 279), daß aber von solchen Erfordernissen bei der Einwilligung des Kurator nirgends die Rede ist. Ganz entscheidend aber ist, daß, wenn ein impubes ansnahmsweise einen Kurator hat, und es kommt ein Fall vor, in dem der Unmündige selbst handeln muß, z. B. ein Erbschaftsantritt, nothwendig ein Tutor gegeben werden muß, weil der Kurator nicht auktoriren kann.

Vgl. besonders über den bisher besprochenen Unterschied zwischen Tutel und Kuratel die trefflichen Ausführungen von v. Löhr in seinem Magazin III. S. 14 fgg., S. 455 fgg., dem auch die meisten Neueren gefolgt sind, vgl. von Savigny, vom Beruf unserer Zeit S. 102 fgg., de Schroeter, de nexu tutelae et juris succedendi. Jen. 1820, Zimmern, Ng. I. §. 232, Huschke in Tüb. Zeitschr. V. 2. S. 282 fgg., Glüd XXIX. S. 1 fgg., Zöpfl, Ver= gleichung der röm. Tutel und Kura mit der heutigen Vormundsch. Bamb. 1826. S. 3 fgg., Nudorff a. a. D. I. S. 20 fgg., Bethmann-Hollweg im Rhein. Mus. VI. S. 221 fgg., S. 253. Wening, Lehrb. III. §. 403, Mühlenbruch, Lehrb. III. §. 577. Note 6, Mackeldey, Lehrb. §. 570, Thibaut, Syst. S. 391, Puchta, Lehrb. §. 333, Vorles. II. ad h. 1., Sintenis, prakt. Zivilr. III. §. 145. Note 1, le Fort 1. c. p. 14 sqq. (In der inneren Begründung sind jedoch diese verschiedenen Schriftsteller, wenn sie auch im Resultat übereinstimmen, keineswegs einig. Am originellsten ist hier namentlich v. Schröter, gegen dessen Ansicht jedoch Glück a. a. D. S. 24 fgg. und Nudorff a. a. D. S. 48. 49. zu vergleichen sind).

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Außer dieser bisher betrachteten Grundverschiedenheit ist aber noch eine andere in's Ange zu fassen, auf welche besonders Rudorff I. S. 40 fgg. hingewiesen hat. Der Tutor nämlich ist, offenbar eben weil er die Persönlichkeit des Pupillen ergänzt, demselben zu einer ganz besonderen Treue verpflichtet, so daß sein Verhältniß in der alten Rangordnung der officia den ersten Plaß einnahm, vgl. besonders Gell. N. A. V. 13: Massurius Sabinus in libro juris civilis tertio: In officiis apud majores nostros ita observatum est, primum tutelae, deinde hospiti, deinde clienti, tum cognato, postea affini. Bei der Kuratel dagegen ist diese besondere Verpflichtung zur Treue nicht vorhanden, und allerdings führt dies auch zu praktischen Folgerungen, z. B. in Betreff der Infamie, die zwar wohl den treulosen Tutor, nicht aber den pflichtvergessenen Kurator trifft, vgl. auch noch 1. 11. pr. de postul. (3, 1), l. 28. §. 8. de poen. (48, 19).

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