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Bernay's hat eine falsche Personenvertheilung glücklich in den Mitschuldigen entdeckt, und eine ähnliche im Clavigo nachgewiesen, aber die Herstellung der letztern ist ihm nicht gelungen. Es handelt sich um die Stelle, wo Marie stirbt. Er lässt dort Buenco die Worte sprechen: „Hülfe! sie stirbt !" Aber Beaumarchais kann unmöglich den Ruf der sterbenden Schwester überhören; ihm gehören diese Worte nothwendig an. Der Ursprung des Fehlers ist leicht zu entdecken. In der beim Drucke zu Grunde liegenden Handschrift waren die Personenbezeichnungen Sophie und Beaumarchais verwechselt worden, wodurch dann der vom Setzer oder Corrector bemerkte Uebelstand eintrat, dass Beaumarchais zweimal unmittelbar hinter einander sprach. Desshalb setzte der Setzer oder Corrector an der ersten Stelle statt Beaumarchais den Namen der noch ausserdem anwesenden Person, des Buenco.

Wir gestehen Bernays gerne das Verdienst zu, dass er ausser seiner folgenreichen Hauptentdeckung auch durch eine viel genauere Vergleichung der ersten Drucke den Goethe'schen Text an vielen Stellen hergestellt hat, nur mit seinen Beweisen sind wir nicht überall einverstanden, und haben wir die feste Ueberzeugung, dass er den spätern Verbesserungen des Dichters nicht gebührende Rechnung getragen, diesen zuweilen die ursprünglichen Druck- oder Schreibfehler zum entschiedenen Nachtheile des Textes vorgezogen hat. Gegen diese Verirrung haben wir unsere Stimme erhoben und glaubten diesen Widerspruch hier den leeren Versicherungen Schöll's gegenüber genauer begründen zu müssen. Möge nach allem hier gegen Herrn Adolf Schöll Vorgebrachten vorurtheilsfreies Urtheil zwischen ihm und mir entscheiden. Mit diesem selbst nach den leichtsinnig gegen mich geschleuderten Verleumdungen weiter zu verhandeln, verbietet mir meine Ehre, die mich ebenso dringend auffordert, gegen jene selbst Einspruch zu thun, was ich im andern Falle gern vermeide. So glaube ich den neulichen Angriff von Haug gegen meine Erklärung der Schiller'schen Gedichte in den „Blättern für literarische Unterhaltung" auf sich beruhen lassen zu dürfen. Die Begeisterung für Schiller hat jenen Gegner gegen mich aufgerufen. Wer meine Erklärung selbst genauer ansieht, wird leicht finden, wie sehr mir dieser Schillerfreund Unrecht gethan. Will man Schiller als Lyriker recht würdigen, so muss man auch seine Schwächen anerkennen; es hilft nichts, sie leugnen, und dem gewissenhaften Erklärer, der auf sie hinweisen muss, zu grollen und seine mühevolle, das Verständniss des Dichters wahrhaft fördernde Arbeit anzubellen. H. Düntzer.

Köln.

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Drame en trois actes en vers par François Ponsard,'
de l'Académie française.

Dieses Drama des berühmten Autors der Lucrèce und des Ulysse, wie des l'Honneur et l'Argent, welche Stücke wir in früheren Jahrgängen dieser Blätter besprochen haben, hat bekanntlich vor seinem Erscheinen fast noch mehr Aufsehen genacht, als nach demselben. Gleich in den ersten Tagen dieses Jahres nämlich verbreiteten die Zeitungen die Kunde, dass Ponsard, der einzige irgend nennenswerthe Dichter des Second Empire im Fache der ernsten dramatischen Poesie, ein Drama oder eine Tragödie Galilée geschrieben habe, deren Annahme beim Théâtre français jedoch durch höheren Einfluss verhindert worden sei und zwar deutete man dabei nicht allzu verstohlen auf die Kaiserin hin, deren ultramontane Gesinnung durch den darin auf Rom geworfenen Tadel verletzt worden sei. Dadurch wurde natürlich alle Welt nur um so gespannter auf das Stück, von dem einzelne Stellen durch die französischen Journale veröffentlicht und sofort auch von den deutschen Zeitungen, zuweilen Fon recht hübschen Uebertragungen begleitet, wiedergegeben wurden. Endlich hiess es, dass dieser hohe Widerstand besiegt sei und dass das Stück, auf ausdrücklichen Befehl des Kaisers, auf der kaiserlichen Hofbühne zur Aufführung gelangen werde. Diese Aufführung ging denn am 7. März d. J. bei überfülltem Hause vor sich, allein das Stück erhielt nur einen succès d'estime and hat seitdem, wenn es auch wohl noch gegenwärtig aufgeführt wird, nicht weiter von sich reden gemacht.

Niemand, der das Stück, wie es uns nun im Drucke vor

liegt, durchgelesen hat, wird das pariser Publicum wohl gerade einer Ungerechtigkeit zeihen, wenn auch wohl nicht zu läugnen, dass bei weniger hoch gespannten Erwartungen der Bühnenerfolg ein grösserer gewesen sein würde. Eine Erschütterung des Kaiserreiches, soviel ist sicher, wird von demselben nicht ausgehen und ebenso wenig wird von den Klängen dieser Alexandriner die dreifache Krone vom Haupte des Papstes fallen. Zu grossen dramatischen Erfolgen ist Ponsard's Muse überhaupt nicht angethan, seine Lucrèce und sein Ulysse waren von den Zeitumständen begünstigt, auch seine Charlotte Corday, jedenfalls noch das wirksamste von seinen tragischen Werken, verdankt der Republik von 1848 viel von seinem Erfolge; der Galilée jedoch kann sich solcher Gunst nur in sehr beschränktem Maasse rühmen, denn theils ist das Papstthum, das hier als der Feind des Geistes der freien Wissenschaft erscheint, doch schon zu sehr heruntergebracht, um noch als ein besonders ernstlich zu bekämpfender Gegner der freien Entwickelung zu erscheinen, theils setzt der Held des Stückes demselben auch nicht den entschiedenen Widerstand entgegen, der uns in seinem Kampfe gegen den Widersacher mit voller Seele auf seine Seite treten liesse. In dem Umfange, wie Galilei hier das Panier der freien Wissenschaft gegen die Angriffe des Obscurantismus vertheidigt, hat es am Ende auch mancher gesinnungstüchtige" Professor unserer Tage gethan, der dann schliesslich, nach einigem Widerstreben, den Zumuthungen der Gewalt, aus Rücksicht auf Weib und Kind, unter Protest nachgegeben hat. Dabei kann man allerdings ein ganz ehrenwerther Mann bleiben, aber zu einem tragischen Helden gehört denn doch wohl noch etwas mehr. Ueberhaupt begegnen wir in dem ganzen Stücke keiner einzigen besonders interessanten Persönlichkeit; es sind Alles in ihrer Art und von ihrem Standpunkte aus ganz reputable Leute, den gegen seinen grossen Collegen mit giftigem Neid erfüllten Professor Pompée vielleicht ausgenommen, aber sie zeichnen sich durch keine hervorragende Eigenschaft, weder im Guten noch im Bösen, besonders aus. Da ist Antonia, die Tochter des Galilei, welche ihren Vater kindlich liebt, ausser sich vor Schmerz und Angst, als derselbe die Citation vor das Inquisitionstribunal zu Rom erhält, zum Mindesten Einsicht und

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Edelsinn genug hat, seinen Widerstand gegen die Abschwörung zu begreifen und auch ihr persönliches Interesse, die Liebe zu dem Studenten Taddeo, nicht allzu lebhaft dagegen geltend zu machen; schliesslich aber doch, nachdem sie zuvor davon gesprochen, seine Antigone in der Verbannung sein zu wollen, in den Chorus derer einstimmt, die ihn zum Widerrufe drängen, und sogar ihm das entscheidende „Ja“ vor dem Tribunale auf die Lippen legt, wenn auch vielleicht mehr aus Mitleid und Liebe für ihn, als aus Interesse an ihrer Herzensangelegenheit. - Da ist Taddeo, ein Jünger der Wissenschaft und ein Anhänger des Galilei, aber noch weit mehr ein Verliebter, der da meint, dass um die Einwilligung von Taddeo's Vater zu seiner Vermählung mit der vermögenslosen Tochter des Gelehrten zu erlangen, Galilei auch allenfalls sich die kleine Mühe des Widerrufes machen könne und in der That klingt es sehr schön, wenn der Schüler eines so grossen Mannes ausruft:

Laissez, au gré de Dieu, laissez errer les mondes;
S'il couvrit leur secret de ténèbres profondes,

Si pendant cinq mille ans nul oeil ne l'a vaincu,
On peut bien vivre encor ainsi qu'on a vécu.

so dass Antonia sogar ihn noch zurechtweisen muss mit den Worten:

C'est assez, Taddeo; n'accusez pas mon père;

Il se doit à son nom et fait ce qu'il faut faire;
Ou, si vous l'accusez, condamnez-moi d'abord,
Car je suis sa complice et nous marchons d'accord.

(Act II. sc. 5).

Da ist auch Vivian, ein mehr begeisterter Anhänger des Galilei, der gegen den an der alten Bewegungstheorie festhaltenden Professor Pompée entschieden die Partei seines Meisters nimmt und dessen bornirte Ansichten lächerlich macht, schliesslich aber doch auch in Galilei dringt, zu widerrufen, weil ja doch gegen Rom nicht anzukommen sei und seine Entdeckungen sich trotz dieses Widerrufes halten würden. Da ist endlich Livie, die Gattin des Galilei, so eine, wie sie die Gelehrten wohl zuweilen haben, die sich in ihr Dienstmädchen verlieben und dann an deren plebejische Anschauungen ihr ganzes Leben hindurch geknüpft sind. Zu einer regulären Xanthippe hat sie zu wenig

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Energie und noch zu viel Gutmüthigkeit im Grunde ihres Wesens, aber auch ohne dies kann man einem ideal gesinnten Gatten das Leben schon sauer genug machen. Die Ovationen, die ihrem Gemahle vor seinem Hause von den begeisterten Studenten dargebracht werden, erscheinen ihr demgemäss nur als ein Hexensabbath; seine grossartigen Entdeckungen sind ihr, der bigotten Katholikin, Erfindungen des Teufels, die nach dem Scheiterhaufen riechen und sie ermahnt den grossen Forscher vielmehr jenen seinen würdigen Collegen nachzuleben, die

... ·

enseignent sans bruit ce qu'on veut qu'ils enseignent,

Et, sans se travailler à débattre en public
S'il faut croire Aristote ou croire Copernic,
Ils tiennent sagement que l'opinion vraie
Doit être celle-là pour laquelle on les paie.
Et que, puisque Aristote ouvre le coffre-fort,
Aristote a raison et Copernic a tort.

Diese ganze Stelle, wie auch die folgenden Zeilen:

Aussi ne se font-ils d'affaire avec personne ;

Ils emboursent en paix les florins qu'on leur donne;
Ils prospèrent; ils sont bien logés, bien nourris ;
Leurs filles ont des dots et trouvent des maris;
Leur auditoire est doux et jamais ne s'attroupe,
Ils rentrent au logis aux heures où l'on soupe;
Mais vous, vous faites rage, et l'on vous applaudit,
Et, pendant ce temps-là, le diner refroidit.

(Acte I. sc. 5) haben offenbar eine Beziehung auf die mancherlei Vorkommnisse in der neueren Zeit aus der zweiten Lehranstalt Frankreichs, dem Collège de France zu Paris, die Entfernung des liberal und orleanistisch gesinnten Villemain zu Gunsten des conservativ und imperialistisch gesinnten Nisard, und, das eclatanteste Factum dieser Art, die Entfernung Renan's von seiner Professur der orientalischen Sprachen, die erst neulich wieder zu einer lebhaften Scene im Schoosse des Senates Anlass gegeben hat (mit der bewunderungswürdigen Apologie des Nicht-Eroberers von Sebastopol, Marschall Canrobert, für die guten Sitten und die Religion). — Dahin gehört auch eine andere Stelle des zweiten Aktes, die wir hier gleich mitnehmen wollen. In der dritten Scene dieses Aktes, welche übrigens, wie eine Note lehrt, bei der Aufführung ausgelassen wird und wahrscheinlich eben um

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