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liegt, durchgelesen hat, wird das pariser Publicum wohl gerade einer Ungerechtigkeit zeihen, wenn auch wohl nicht zu läugnen, dass bei weniger hoch gespannten Erwartungen der Bühnenerfolg ein grösserer gewesen sein würde. Eine Erschütterung des Kaiserreiches, soviel ist sicher, wird von demselben nicht ausgehen und ebenso wenig wird von den Klängen dieser Alexandriner die dreifache Krone vom Haupte des Papstes fallen. Zu grossen dramatischen Erfolgen ist Ponsard's Muse überhaupt nicht angethan, seine Lucrèce und sein Ulysse waren von den Zeitumständen begünstigt, auch seine Charlotte Corday, jedenfalls noch das wirksamste von seinen tragischen Werken, verdankt der Republik von 1848 viel von seinem Erfolge; der Galilée jedoch kann sich solcher Gunst nur in sehr beschränktem Maasse rühmen, denn theils ist das Papstthum, das hier als der Feind des Geistes der freien Wissenschaft erscheint, doch schon zu sehr heruntergebracht, um noch als ein besonders ernstlich zu bekämpfender Gegner der freien Entwickelung zu erscheinen, theils setzt der Held des Stückes demselben auch nicht den entschiedenen Widerstand entgegen, der uns in seinem Kampfe gegen den Widersacher mit voller Seele auf seine Seite treten liesse. In dem Umfange, wie Galilei hier das Panier der freien Wissenschaft gegen die Angriffe des Obscurantismus vertheidigt, hat es am Ende auch mancher gesinnungstüchtige" Professor unserer Tage gethan, der dann schliesslich, nach einigem Widerstreben, den Zumuthungen der Gewalt, aus Rücksicht auf Weib und Kind, unter Protest nachgegeben hat. Dabei kann man allerdings ein ganz ehrenwerther Mann bleiben, aber zu einem tragischen Helden gehört denn doch wohl noch etwas mehr. Ueberhaupt begegnen wir in dem ganzen Stücke keiner einzigen besonders interessanten Persönlichkeit; es sind Alles in ihrer Art und von ihrem Standpunkte aus ganz reputable Leute, den gegen seinen grossen Collegen mit giftigem Neid erfüllten Professor Pompée vielleicht ausgenommen, aber sie zeichnen sich durch keine hervorragende Eigenschaft, weder im Guten noch im Bösen, besonders aus. Da ist Antonia, die Tochter des Galilei, welche ihren Vater kindlich liebt, ausser sich vor Schmerz und Angst, als derselbe die Citation vor das Inquisitionstribunal zu Rom erhält, zum Mindesten Einsicht und

Edelsinn genug hat, seinen Widerstand gegen die Abschwörung zu begreifen und auch ihr persönliches Interesse, die Liebe zu dem Studenten Taddeo, nicht allzu lebhaft dagegen geltend zu machen; schliesslich aber doch, nachdem sie zuvor davon gesprochen, seine Antigone in der Verbannung sein zu wollen, in den Chorus derer einstimmt, die ihn zum Widerrufe drängen, and sogar ihm das entscheidende „Ja“ vor dem Tribunale auf die Lippen legt, wenn auch vielleicht mehr aus Mitleid und Liebe für ihn, als aus Interesse an ihrer Herzensangelegenheit. Da ist Taddeo, ein Jünger der Wissenschaft und ein Anhänger des Galilei, aber noch weit mehr ein Verliebter, der da meint, dass um die Einwilligung von Taddeo's Vater zu seiner Vermählung mit der vermögenslosen Tochter des Gelehrten zu erlangen, Galilei auch allenfalls sich die kleine Mühe des Widerrufes machen könne und in der That klingt es sehr schön, wenn der Schüler eines so grossen Mannes ausruft :

Laissez, au gré de Dieu, laissez errer les mondes;
S'il couvrit leur secret de ténèbres profondes,

Si pendant cinq mille ans nul oeil ne l'a vaincu,
On peut bien vivre encor ainsi qu'on a vécu.

so dass Antonia sogar ihn noch zurechtweisen muss mit den Worten:

C'est assez, Taddeo; n'accusez pas mon père;
Il se doit à son nom et fait ce qu'il faut faire;
Ou, si vous l'accusez, condamnez-moi d'abord,
Car je suis sa complice et nous marchons d'accord.

(Act II. sc. 5).

Da ist auch Vivian, ein mehr begeisterter Anhänger des Galilei, der gegen den an der alten Bewegungstheorie festhaltenden Professor Pompée entschieden die Partei seines Meisters nimmt und dessen bornirte Ansichten lächerlich macht, schliesslich aber doch auch in Galilei dringt, zu widerrufen, weil ja doch gegen Rom nicht anzukommen sei und seine Entdeckungen sich trotz dieses Widerrufes halten würden. Da ist endlich Livie, die Gattin des Galilei, so eine, wie sie die Gelehrten wohl zuweilen haben, die sich in ihr Dienstmädchen verlieben und dann an deren plebejische Anschauungen ihr ganzes Leben hindurch geknüpft sind. Zu einer regulären Xanthippe hat sie zu wenig

Energie und noch zu viel Gutmüthigkeit im Grunde ihres Wesens, aber auch ohne dies kann man einem ideal gesinnten Gatten das Leben schon sauer genug machen. Die Ovationen, die ihrem Gemahle vor seinem Hause von den begeisterten Studenten dargebracht werden, erscheinen ihr demgemäss nur als ein Hexensabbath; seine grossartigen Entdeckungen sind ihr, der bigotten Katholikin, Erfindungen des Teufels, die nach dem Scheiterhaufen riechen und sie ermahnt den grossen Forscher vielmehr jenen seinen würdigen Collegen nachzuleben, die

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enseignent sans bruit ce qu'on veut qu'ils enseignent,

Et, sans se travailler à débattre en public
S'il faut croire Aristote ou croire Copernic,
Ils tiennent sagement que l'opinion vraie
Doit être celle-là pour laquelle on les paie.
Et que, puisque Aristote ouvre le coffre-fort,
Aristote a raison et Copernic a tort.

Diese ganze Stelle, wie auch die folgenden Zeilen:
Aussi ne se font-ils d'affaire avec personne ;

Ils emboursent en paix les florins qu'on leur donne;
Ils prospèrent; ils sont bien logés, bien nourris;
Leurs filles ont des dots et trouvent des maris;
Leur auditoire est doux et jamais ne s'attroupe,
Ils rentrent au logis aux heures où l'on soupe;
Mais vous, vous faites rage, et l'on vous applaudit,
Et, pendant ce temps-là, le diner refroidit.

(Acte I. sc. 5) haben offenbar eine Beziehung auf die mancherlei Vorkommnisse in der neueren Zeit aus der zweiten Lehranstalt Frankreichs, dem Collège de France zu Paris, die Entfernung des liberal und orleanistisch gesinnten Villemain zu Gunsten des conservativ und imperialistisch gesinnten Nisard, und, das eclatanteste Factum dieser Art, die Entfernung Renan's von seiner Professur der orientalischen Sprachen, die erst neulich wieder zu einer lebhaften Scene im Schoosse des Senates Anlass gegeben hat (mit der bewunderungswürdigen Apologie des Nicht-Eroberers von Sebastopol, Marschall Canrobert, für die guten Sitten und die Religion). — Dahin gehört auch eine andere Stelle des zweiten Aktes, die wir hier gleich mitnehmen wollen. In der dritten Scene dieses Aktes, welche übrigens, wie eine Note lehrt, bei der Aufführung ausgelassen wird und wahrscheinlich eben um

dieser Stelle willen, erscheint nämlich der Grossherzog Ferdinand von Toskana in Person bei Galilei, um ihn zur schleunigen Abreise nach Rom und zum Widerrufe aufzufordern, da er ihn nicht mehr schützen könne, worauf denn Galilei erwidert:

.... J'en gémis, Altesse; non pas, certe,
Pour moi, dont pèse peu le salut ou la perte,
Mais pour la liberté des lettres, qui bientôt
N'auront plus un asile où pouvoir parler haut,
Pour vous, pour votre nom, pour votre droit suprême
Que le coup qui me frappe atteint comme moi-même.
Que nous veut Rome ici? Comment et depuis quand
Peut-elle emprisonner un professeur toscan?
Par quel code nouveau m'impute-t-elle à crime
Un livre qu'à Florence un Florentin imprime?
Pardonnez, monseigneur, à d'imprudents discours:
Je ne suis pas versé dans le secret des cours;
J'entends mal quand il faut qu'on résiste ou qu'on cède;
Vous avez fait au mieux pour me venir en aide;

Je ne puis m'empêcher pourtant d'imaginer
Que c'était un spectacle assez grand à donner,
Qu'un prince et qu'un docteur, d'une égale vaillance,
Défendant, l'un son sceptre, et l'autre, la science.

Ein noch schlimmerer Stich liegt aber vielleicht in der Antwort des Grossherzogs:

Tu ne sais pas, vieillard, avec quel bras d'airain
Rome dompte les chefs indociles au frein,

Que de ressorts secrets à ce centre aboutissent,
Et par combien d'échos ses foudres retentissent.

Ce

que n'oseraient pas, en de vastes États,

Les rois, les empereurs, les plus grands potentats,

Moi, petit souverain, veux-tu donc que je l'ose? ..

Doch kehren wir zur Livie zurück. Nachdem sie dem Gemahle eine so schöne Standrede über den Nutzen der wissenschaftlichen Zahmheit und den Schaden eines kalt gewordenen Mittags- oder Abendessens gehalten, verhöhnt sie nach Art der Martine, in Molière's Femmes savantes seine dafür aus der Wissenschaft entnommenen Entschuldigungen.

Je voulais observer les taches du Soleil

sagt Galilei begütigend.

Pourquoi? antwortet Livie, Le vouliez-vous débarbouiller?

--

und als nun Galilei, auf sie nicht mehr hörend, sich in seine wissenschaftlichen Betrachtungen über die periodische Wiederkehr dieser Flecken und die Gestalt des Mondes versenkt und sich endlich mit einem si bien que, quand la Lune wieder an sie wendet, antwortet sie ihm ächt molièrisch mit einem

Au diantre soit la Lune!

Monterez-vous là-haut pour y chercher fortune,
Quand vous vous trouverez

ce qui tardera peu

N'avoir plus ici-bas ni pain, ni feu, ni lieu?

Sie wirft ihm aber auch Mangel an Interesse für sein Kind vor, an deren Ausstattung er gar nicht denke. Da meint Galilei, dass er ihr einen der herrlichsten Edelsteine als Mitgift aufbewahrt habe und erklärt auf Livie's verwunderte Frage, dass dies der Abendstern sei. Da können wir's ihr denn wohl nicht so übel nehmen, dass sie glaubt, er sei von Sinnen gekommen. Etwas mehr Gefühl zeigt sie allerdings bald darauf, als der Gerichtsbote der Inquisition mit seinem Citationsbefehl vor ihrem Gatten erschienen ist und es ist vollkommen entschuldbar, dass sie sowohl, wie die Tochter, den Galilei zur Flucht auffordern; bald geräth sie jedoch wieder in ihren keifenden Ton und auf Galilei's mit ruhiger Mannes würde gesprochene Worte

J'ai fait en tout ceci selon ma conscience,
Et ma libre parole est due à la science

hat sie die ebenso grausame, wie wenig decente Erwiderung

Quand on pense, monsieur, de si haute façon,

On ne fait pas d'enfant et l'on reste garçon.

Im dritten Acte macht sie Chorus mit den zum Widerrufe Drängenden, aber auch in molièrescher derb-komischer Weise. Sie fleht Vivian und den dabei gegenwärtigen toskanischen Gesandten Niccolini an, doch Galilei's Widerruf herbeizuführen; er, Galilei, sci ein ganz harmloser, etwas einfältiger Mensch C'est par simplicité qu'il s'est rendu coupable;

C'est un bonhomme, un vieux rêveur qu'en son chemin
Il faut, comme un enfant, conduire par la main.

und, indem sie dem Gatten, der sich erschöpft einen Augenblick niedersetzt, nachläuft und ihn förmlich auf den Leib rückt

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