Obrázky na stránke
PDF
ePub
[blocks in formation]

Grossherzoglich Badischem Regimentsarzte, verschiedener in- und ausländischen wissenschaftl.
Vereine und Gesellschaften Mitgliede.

X. Band.

CARLSRUHE, 1839.

Druck und Verlag von CH. TH. GROOS.

1.

Originalabhandlungen.

1) Ueber Vereinigung der pathologisch – anatomischen Diagnostik mit der specifischen Heilmethode. Briefliche Mittheilung von Dr. Clemens HAMPE, prakt. Arzte in Wien. →

Die Medicin hat in neuerer Zeit von zwei Seiten eine grosse Umgestaltung erhalten: durch die Homöopathie nämlich und durch die pathologische Anatomie. Fast um dieselbe Zeitperiode, als HAHNEMANN in Deutschland eine Radicalreform in der Therapie und Arzneimittellehre durchzuführen begann, bestrebten sich auch in Frankreich mehrere Aerzte, der Diagnostik durch die pathologische Anatomie eine festere Basis zu geben. In Frankreich scheint besonders die dort vorherrschende Philosophie, der Sensualismus (Ideologie), deren Basis die Wahrnehmung ist, und welche ihre Kenntnisse auf die sinnliche Welt beschränkt, durch CABANIS, de TRACY, GARAT, VOLNEY, CONDORCET etc. der Medicin diese Richtung gegeben zu haben. Beide Theile setzten mit rastlosem Fleisse ihre Arbeiten durch mehrere Decennien fort, ohne dass sich eine Partei im heiligen Eifer um die andere besonders interessirt hätte; ja die Homöo1

HYGEA, Bd. X.

pathen verachteten die Diagnostik und die pathologischen Anatomen vernachlässigten die Therapie, und, wie mir dünkt, beiderseits mit einigem Rechte; denn die Einen sahen immer noch die alte Diagnostik, die Anderen die alte Therapie vor sich. So geht nun diese Umgestaltung der Medicin fort und fort und doch wollen die Meisten nichts davon wissen, sehen immer nur einzelne, leicht auszufüllende Lücken, glauben immer noch in dem Buche aller Bücher, in der Bibel der Aerzte, im HIPPOKRATES Alles zu finden, beobachten fleissig den chamäleonischen Genius epidemicus, bilden sich die Krankheiten in ihrer Phantasie und wissen sich über die allseitigen Gährungen damit zu trösten, dass alle anders Denkenden nur Secten sind, nur Schmarotzergewächse auf dem ewig grünen Baume der Wahrheit. Sie verkennen ganz die allgemeine Entwicklung der menschlichen Erkenntniss, welche nach bestimmten Gesetzen fortschreitet, und wobei die einzelnen Menschen nur als Werkzeuge dienen. Eine Idee reiht sich an die andere, sowohl beim einzelnen Menschen als auch bei der gesammten Menschheit. Kein neuer Gedanke entsteht aus sich selbst. SCHELLING sagt zu wenig, wenn er behauptet, nur alle Jahrhunderte würde ein neuer grossartiger Gedanke geboren. Alles, sagt HUMBOLD, was zur geistigen Bewegung anregt, möge auch die bewegende Kraft seyn, welche sie wolle, Irrthümer oder unbestimmte Muthmassungen, instinctmässige Divinationen oder auf Thatsachen gegründete Schlussfolgerungen, Alles führt zur Erweiterung des Ideenkreises, zur Auffindung neuer Wege, zur Vervollkommnung der Wissenschaft und der Erkenntniss überhaupt. - HAHNEMANN durchsah die Unsicherheit und Falschseit der alten, auf schlechte pathologische Kenntnisse oder, und zwar meistens, auf blosse Hypothesen gebauten Diagnostik, verwarf sie daher lieber gänzlich und setzte an ihre Stelle die rein symptomatische Behandlung. Die üblen Folgen, so daraus entstehen mussten, blieben

НАН

nicht aus, unsere Krankengeschichten sind der beste Beweis davon. Man häuft subjective, dem Kranken durch vieles Fragen oft herausgepresste, Symptome auf einander, während wir doch, um sicherer zu gehen, so viel als möglich objective aufsuchen sollten. Mit welcher Zuversicht kämpft man oft gegen Symptome, deren Grund man nicht kennt und kennen zu lernen sich auch nicht bemüht. Man muss doch wissen, was zu heilen ist, was geheilt und nicht geheilt und warum es nicht geheilt worden ist. Wenn man weiss, dass der Gehirnhautentzündung der Kinder (hitziger Wasserkopf) meist Tuberkeln im Gehirn und seinen Häuten zum Grunde liegen, so braucht man sich nicht besonders zu wandern, dass Bellad., Bryon., Merc. etc. ihren Dienst versagten. Man braucht nicht zu fragen, warum Arsenik in einem Hydrops nichts geleistet habe, wenn man weiss, dass er von Bauchfelltuberkeln, von einer Herzkrankheit, von einer granulirten Leber etc. entstand. Ich werde nicht verlangen, dass ein Typhus abdominalis, eine Pneumonie, eine wahre Pleuritis und Peritonitis etc. in 24 Stunden geheilt werden müsse, wenn ich die pathologischen Veränderungen bei diesen Krankheiten näher kenne. Ich werde nicht ein Mittel gegen das Asthma überhaupt anpreisen, weil während seines Gebrauches ein solcher Anfall beschwichtigt wurde, wenn ich weiss, dass ich es mit einer Hypertrophia cordis cum dilatatione zu thun habe, welche periodisch solche asthmatische Anfälle zu verursachen pflegt. Doch dieser Gegenstand ist schon so allseitig besprochen worden, dass ich es für überflüssig halte, etwas noch hinzuzusetzen, Fehler der Homöopathie ist also der Mangel an einer Diagnostik. Gegentheilig ist aber wieder ein noch grösserer Fehler der neuen Diagnostik: der Mangel einer entsprechenden Heilmethode. Es ist äusserst selten möglich, eine directe Beziehung des Medicaments zu dem pathologischen Zustande bei einer gegebenen Krankheit nach dem allopathischen Heilprincipe aufzu

« PredošláPokračovať »