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Hierwider erheben sich aber folgende Rechtsgründe: Alle Erwerbung von einem, der nicht Eigentümer der Sache ist (a non domino), ist null und nichtig. Ich kann von dem Seinen eines anderen nicht mehr auf mich ableiten, als er selbst rechtmäßig gehabt hat, und, ob ich gleich, was die Form der Erwerbung (modus acquirendi) betrifft, ganz rechtlich verfahre, wenn ich ein | gestohlen Pferd, was auf dem Markte feil steht, erhandle, so fehlt doch der Titel der Erwerbung; denn das Pferd war nicht das Seine des eigentlichen Verkäufers. Ich mag immer ein ehrlicher Besitzer desselben (possessor bonae fidei) sein, so bin ich doch nur ein sich dünkender Eigentümer (dominus putativus) und der wahre Eigentümer hat ein Recht der Wiedererlangung (rem suam vindicandi).

Wenn gefragt wird, was (im Naturzustande) unter Menschen, nach Prinzipien der Gerechtigkeit im Verkehr derselben untereinander (iustitia commutativa) in Erwerbung äußerer Sachen an sich Rechtens sei, so muß man eingestehen: daß, wer dieses zur Absicht hat, durchaus nötig habe, noch nachzuforschen, ob die Sache, die er erwerben will, nicht schon einem anderen angehöre; nämlich, wenn er gleich die formalen Bedingungen der Ableitung der Sache von dem Seinen des anderen genau beobachtet (das Pferd auf dem Markte ordentlich erhandelt) hat, er dennoch höchstens nur ein persönliches Recht in Ansehung einer Sache (ius ad rem) habe erwerben können, so lange es ihm noch unbekannt ist, ob nicht ein anderer (als der Verkäufer) der wahre Eigentümer derselben sei; so daß, wenn sich einer vorfindet, der sein vorhergehendes Eigentum daran dokumentieren könnte, dem vermeinten neuen Eigentümer nichts übrig bliebe, als den Nutzen, so er, als ehrlicher Besitzer, bisher daraus gezogen hat, bis auf diesen Augenblick rechtmäßig genossen zu haben. Da nun in der Reihe der von einander ihr Recht ableitenden sich dünkenden Eigentümer den schlechthin ersten (Stammeigentümer) auszufinden mehrenteils unmöglich ist: so kann kein Verkehr mit äußeren Sachen, so gut er auch mit den formalen Bedingungen dieser Art von Gerechtigkeit (iustitia

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commutativa) übereinstimmen möchte, einen sicheren Erwerb gewähren.

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Hier tritt nun wiederum die rechtlich-gesetzgebende Vernunft mit dem Grundsatz der distributiven Gerechtigkeit ein, die Rechtmäßigkeit des Besitzes, nicht wie sie an sich in Beziehung auf den Privatwillen eines jeden (im natürlichen Zustande), sondern nur wie sie vor einem Gerichtshofe, in einem durch den allgemein-vereinigten Willen entstandenen Zustande (in einem bürgerlichen) abgeurteilt werden würde, zur Richtschnur anzunehmen: wo alsdann die Übereinstimmung mit den formalen Bedingungen der Erwerbung, die an sich nur ein persönliches Recht begründen, zu Ersetzung der materialen Gründe (welche die Ableitung von dem Seinen eines vorhergehenden prätendierenden Eigentümers begründen) als hinreichend postuliert wird, und ein an sich persönliches Recht, vor einen Gerichtshof gezogen, als ein Sachenrecht gilt, z. B. daß das Pferd, was, auf öffentlichem, durchs Polizeigesetz geordneten Markt, jedermann feil steht, wenn alle Regeln des Kaufs und Verkaufs genau beobachtet worden, mein Eigentum werde (so doch, daß dem wahren Eigentümer das Recht bleibt, den Verkäufer, wegen seines ältern unverwirkten Besitzes, in Anspruch zu nehmen), und mein sonst persönliches Recht in ein Sachenrecht, nach welchem ich das Meine, wo ich es finde, nehmen (vindizieren) darf, verwandelt wird, ohne mich auf die Art, wie der Verkäufer dazu gekommen, einzulassen.

Es geschieht also nur zum Behuf des Rechtsspruchs vor einem Gerichtshofe (in favorem iustitiae distributivae), daß das Recht in Ansehung einer Sache nicht, wie es an sich ist (als ein persönliches), sondern wie es am leichtesten und sichersten abgeurteilt werden kann (als Sachenrecht), doch nach einem reinen Prinzip a priori, angenommen und behandelt werde. - Auf diesem gründen sich nun nachher verschiedene statutarische Gesetze (Verordnungen), die vorzüglich zur Absicht haben, die Bedingungen, unter denen allein eine Erwerbungsart rechtskräftig sein soll, so zu

stellen, daß der Richter das Seine einem jeden am leichtesten und unbedenklichsten zuerkennen könne: z. B. in dem Satz: Kauf bricht Miete, wo, was der Natur des Vertrags nach, d. i. an sich, ein Sachenrecht ist (die Miete), für ein bloß persönliches und umgekehrt, wie in dem obigen Fall, was an sich bloß ein persönliches Recht ist, für ein Sachenrecht gilt; wenn die Frage ist, auf welche Prinzipien ein Gerichtshof im bürgerlichen Zustande anzuweisen sei, um in seinen Aussprüchen, wegen des einem jeden zustehenden Rechts, am sichersten zu gehen.

| D.

$ 40. VON ERWERBUNG DER SICHERHEIT DURCH EIDESABLEGUNG (CAUTIO IURATORIA)

Man kann keinen anderen Grund angeben, der rechtlich Menschen verbinden könnte, zu glauben und zu bekennen, daß es Götter gebe, als den, damit sie einen Eid schwören, und durch die Furcht vor einer allsehenden obersten Macht, deren Rache sie feierlich gegen sich aufrufen mußten, im Fall, daß ihre Aussage falsch wäre, genötigt werden könnten, wahrhaft im Aussagen und treu im Versprechen zu sein. Daß man hiebei nicht auf die Moralität dieser beiden Stücke, sondern bloß auf einen blinden Aberglauben derselben rechnete, ist daraus zu ersehen, daß man sich von ihrer bloßen feierlichen Aussage vor Gericht in Rechtssachen keine Sicherheit versprach, ob gleich die Pflicht der Wahrhaftigkeit in einem Fall, wo es auf das Heiligste, was unter Menschen nur sein kann (aufs Recht der Menschen), an|kommt, jedermann so klar einleuchtet, mithin bloße Märchen den Bewegungsgrund ausmachen: wie z. B. das unter den Rejangs, einem heidnischen Volk auf Sumatra, welche, nach Marsdens Zeugnis, bei den Knochen ihrer verstorbenen Anverwandten schwören, ob sie gleich gar nicht glauben, daß es noch ein Leben nach dem Tode gebe, oder der Eid der Guineaschwarzen bei ihrem Fetisch, etwa einer Vogelfeder, auf die sie sich vermessen, daß sie ihnen den Halsbrechen solle u. dergl. Sie glauben, daß eine unsicht

bare Macht, sie mag nun Verstand haben oder nicht, schon ihrer Natur nach, diese Zauberkraft habe, die durch einen solchen Aufruf in Tat versetzt wird. - Ein solcher Glaube, dessen Name Religion ist, eigentlich aber Superstition heiBen sollte, ist aber für die Rechtsverwaltung unentbehrlich, weil, ohne auf ihn zu rechnen, der Gerichtshof nicht genugsam im Stande wäre, geheim gehaltene Facta auszumitteln, und Recht zu sprechen. Ein Gesetz, das hiezu verbindet, ist also offenbar nur zum Behuf der richtenden Gewalt gegeben. Aber nun ist die Frage: worauf gründet man die Verbindlichkeit, die jemand vor Gericht haben soll, eines anderen Eid als zu Recht gültigen Beweisgrund der Wahrheit seines Vorgebens anzunehmen, der allem Hader ein Ende mache, d. i. was verbindet mich rechtlich, zu glauben, daß ein anderer (der Schwörende) überhaupt Religion habe, um mein Recht auf seinen Eid ankommen zu lassen? Imgleichen umgekehrt: kann ich | überhaupt verbunden werden, zu schwören? Beides ist an sich unrecht.

Aber in Beziehung auf einen Gerichtshof, also im bürgerlichen Zustande, wenn man annimmt, daß es kein anderes Mittel gibt, in gewissen Fällen hinter die Wahrheit zu kommen, als den Eid, muß von der Religion vorausgesetzt werden, daß sie jeder habe, um sie, als ein Notmittel (in casu necessitatis), zum Behuf des rechtlichen Verfahrens vor einem Gerichtshofe zu gebrauchen, welcher diesen Geisteszwang (tortura spiritualis) für ein behenderes und dem abergläubischen Hange der Menschen angemesseneres Mittel der Aufdeckung des Verborgenen, und sich darum für berechtigt hält, es zu gebrauchen. - Die gesetzgebende Gewalt handelt aber im Grunde unrecht, diese Befugnis der richterlichen zu erteilen; weil selbst im bürgerlichen Zustande ein Zwang zu Eidesleistungen der unverlierbaren menschlichen Freiheit zuwider ist.

Wenn die Amtseide, welche gewöhnlich promissorisch sind, daß man nämlich den ernstlichen Vorsatz habe, sein Amt pflichtmäßig zu verwalten, in assertorische verwandelt würden, daß nämlich der Beamte etwa zu Ende eines Jahres (oder mehrerer) verbunden

wäre, die Treue seiner Amtsführung während desselben zu beschwören: so würde dieses teils das Gewissen mehr in Bewegung bringen, als der Versprechungseid, welcher hinterher noch immer den inneren Vorwand übrig läßt, man habe, bei dem besten Vorsatz, die Beschwerden nicht voraus gesehen, die man nur nachher während der Amtsverwaltung erfahren habe, und die Pflichtübertretungen würden auch, wenn ihre Summierung durch Aufmerker bevorstände, mehr Besorgnis der Anklage wegen erregen, als wenn sie bloß eine nach der anderen (über welche die vorigen vergessen sind) gerügt würden. – Was aber das Beschwören des Glaubens (de credulitate) betrifft, so kann dieses gar nicht von einem Gericht verlangt werden. Denn erstlich enthält | es in sich selbst einen Widerspruch: dieses Mittelding zwischen Meinen und Wissen, weil es so etwas ist, worauf man wohl zu wetten, keinesweges aber darauf zu schwören sich getrauen kann. Zweitens begeht der Richter, der solchen. Glaubenseid dem Parten ansinnete, um etwas zu seiner Absicht Gehöriges, gesetzt es sei auch das gemeine Beste, auszumitteln, einen großen Verstoß an der Gewissenhaftigkeit des Eidleistenden, teils durch den Leichtsinn, zu dem er verleitet und wodurch der Richter seine eigene Absicht vereitelt', teils durch Gewissensbisse, die ein Mensch fühlen muß, der heute eine Sache, aus einem gewissen Gesichtspunkt betrachtet, sehr wahrscheinlich, morgen aber, aus einem anderen, ganz unwahrscheinlich finden kann, und lädiert also denjenigen, den er zu einer solchen Eidesleistung nötigt.

ÜBERGANG VON DEM MEIN UND DEIN IM NATURZUSTANDE ZU DEM IM RECHTLICHEN ZUSTANDE ÜBERHAUPT

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Der rechtliche Zustand ist dasjenige Verhältnis der Menschen unter einander, welches die Bedingungen enthält, 1 Fehlt in B.

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