Obrázky na stránke
PDF
ePub

strafen lassen zu wollen, so müßte es diesem auch überlassen werden, sich straffällig zu finden, und der Verbrecher würde sein eigener Richter sein. Der Hauptpunkt des Irrtums (лoτоov yeudos) dieses Sophisms besteht darin: daß das eigene Urteil des Verbrechers (das man seiner Vernunft notwendig zutrauen muß), des Lebens verlustig werden zu müssen, für einen Beschluß des Willens ansieht, es sich selbst zu nehmen, und so sich die Rechtsvollziehung mit der Rechtsbeurteilung in einer und derselben Person vereinigt vorstellt.

-

Es gibt indessen zwei todeswürdige Verbrechen, in Ansehung deren, ob die Gesetzgebung auch die Befugnis habe, sie mit der Todesstrafe zu belegen, noch zweifelhaft bleibt. Zu beiden verleitet das Ehrgefühl. Das eine ist das der Geschlechtsehre, das andere der Kriegsehre, und zwar der wahren Ehre, welche jeder dieser zwei Menschenklassen als Pflicht obliegt. Das eine Verbrechen ist der mütterliche Kindesmord (infanticidium maternale); das andere der Kriegsgesellenmord (commilitonicidium), der Duell. – Da die Gesetzgebung die Schmach einer unehelichen Geburt nicht wegnehmen, und eben so wenig den Fleck, welcher aus dem Verdacht der Feigheit, der auf einen untergeordneten Kriegsbefehlshaber fällt, welcher einer verächtlichen Begegnung nicht eine über die Todesfurcht erhobene eigene Gewalt entgegensetzt, wegwischen kann: so scheint es, daß Menschen in diesen Fällen sich im Naturzustande befinden und Tötung (homicidium), die alsdann nicht einmal Mord (homicidium dolosum) heißen müßte, in beiden zwar allerdings strafbar sei, von der obersten Macht aber mit dem Tode nicht könne bestraft werden. Das uneheliche auf die Welt gekommene Kind ist außer dem Gesetz (denn das heißt Ehe), mithin auch außer dem Schutz desselben, geboren. Es ist in das gemeine Wesen gleichsam eingeschlichen (wie verbotene Ware), so daß dieses seine Existenz (weil es billig auf diese Art nicht hätte existieren sollen), mithin auch seine Vernichtung ignorieren kann. Akad.-Ausg.: » daß man das «. 2 Akad.-Ausg. erwägt: » Feigheit

auf «<.

und die Schande der Mutter, wenn ihre uneheliche Niederkunft bekannt wird, kann keine Verordnung heben. - Der zum Unter-Befehlshaber eingesetzte Kriegesmann, dem ein Schimpf angetan wird, sieht sich eben so wohl durch die öffentliche Meinung der Mitgenossen seines Standes genötigt, sich Genugtuung, und, wie im Naturzustande, Bestrafung des Beleidigers, nicht durchs Gesetz, vor einem Gerichtshofe, sondern durch den Duell, darin er sich selbst der Lebensgefahr aussetzt, zu verschaffen, um seinen Kriegsmut zu beweisen, als worauf die Ehre seines Standes wesentlich beruht, sollte es auch mit der Tötung seines Gegners verbunden sein, die in diesem Kampfe, der öffentlich und mit beiderseitiger Einwilligung, doch auch ungern, geschieht, eigentlich nicht Mord (homicidium dolosum) genannt werden kann. - Was ist nun in beiden (zur Kriminalgerechtigkeit gehörigen) Fällen Rechtens? - Hier kommt die Strafgerechtigkeit gar sehr ins Gedränge: entweder den Ehrbegriff (der hier kein Wahn ist) durchs Gesetz für nichtig zu erklären, und so mit dem Tode zu strafen, oder von dem Verbrechen die angemessene Todesstrafe wegzunehmen, und so entweder grausam oder nachsichtig zu sein. Die Auflösung dieses Knotens ist: daß der kategorische Imperativ der Strafgerechtigkeit (die gesetzwidrige Tötung eines anderen müsse mit dem Tode bestraft werden) bleibt, die Gesetzgebung selber aber (mithin auch die bürgerliche Verfassung), so lange noch als barbarisch und unausgebildet', daran Schuld ist, daß die Triebfedern der Ehre im Volk (subjektiv) nicht mit den Maßregeln zusammen treffen wollen, die (objektiv) ihrer | Absicht gemäß sind, so daß die öffentliche, vom Staat ausgehende, Gerechtigkeit in Ansehung der aus dem Volk eine Ungerechtigkeit wird.

| II.

Das Begnadigungsrecht (ius aggratiandi) für den Verbrecher, entweder der Milderung oder gänzlichen Erlassung der Strafe, ist wohl unter allen Rechten des Souveräns

I

Akad.-Ausg. erwägt: »als sie barbarisch und unausgebildet ist «.

das schlüpfrigste, um den Glanz seiner Hoheit zu beweisen, und dadurch doch im hohen Grade unrecht zu tun. - In Ansehung der Verbrechen der Untertanen gegen einander steht es schlechterdings ihm nicht zu, es auszuüben; denn hier ist Straflosigkeit (impunitas criminis) das größte Unrecht gegen die letztern. Also nur bei einer Läsion, die ihm selbst widerfährt (crimen laesae maiestatis), kann er davon Gebrauch machen. Aber auch da nicht einmal, wenn durch Ungestraftheit dem Volk selbst in Ansehung seiner Sicherheit Gefahr erwachsen könnte. - Dieses Recht ist das einzige, was den Namen des Majestätsrechts verdient.

VON DEM RECHTLICHEN VERHÄLTNISSE DES BÜRGERS ZUM VATERLANDE UND ZUM AUSLANDE

$ 50

Das Land (territorium), dessen Einsassen schon durch die Konstitution, d. i. ohne einen besonderen rechtlichen Akt ausüben zu dürfen (mithin durch die Geburt), Mitbürger eines und desselben gemeinen Wesens sind, heißt das Vaterland; das, worin sie es ohne diese Bedingung nicht sind, das Ausland, und dieses, wenn es einen Teil der Landesherrschaft überhaupt ausmacht, heißt die Provinz (in der Bedeutung, wie die Römer dieses Wort brauchten), welche, weil sie doch keinen koalisierten Teil des Reichs (imperii) als Sitz von Mitbürgern, sondern nur eine Besitzung desselben, als eines Unterhauses' ausmacht, den Boden des herrschenden Staats als Mutterland (regio domina) verehren muß.

1) Der Untertan (auch als Bürger betrachtet) hat das Recht der Auswanderung; denn der Staat könnte ihn nicht als sein Eigentum zurückhalten. Doch kann er nur seine fahrende, nicht die liegende Habe mit herausnehmen, welches alsdann doch geschehen würde, wenn er seinen bisher besessenen Boden zu verkaufen, und das Geld dafür mit sich zu nehmen, befugt wäre.

1 Akad.-Ausg. erwägt: »Unterthans <<.

2) Der Landesherr hat das Recht der Begünstigung der Einwanderung und Ansiedelung Fremder (Kolonisten), obgleich seine Landeskinder dazu scheel sehen möchten; wenn ihnen nur nicht das Privateigentum derselben am Boden gekürzt wird.

3) Ebenderselbe hat auch, im Falle eines Verbrechens des Untertans, welches alle Gemeinschaft der Mitbürger mit ihm für den Staat verderblich macht, das Recht der Verbannung in eine Provinz im Auslande, wo er keiner Rechte eines Bürgers teilhaftig wird, d. i. zur Deportation.

4) Auch das der Landesverweisung überhaupt (ius exilii), ihn in die weite Welt, d. i. ins Ausland überhaupt (in der altdeutschen Sprache Elend genannt) zu schicken; welches, weil der Landesherr ihm nun allen Schutz entzieht, so viel bedeutet, als ihn innerhalb seinen Grenzen vogelfrei zu machen.

$51

Die drei Gewalten im Staat, die aus dem Begriff eines gemeinen Wesens überhaupt (res publica latius dicta) hervorgehen, sind nur so viel Verhältnisse des vereinigten, a priori aus der Vernunft abstammenden, Volkswillens und eine reine Idee von einem Staatsoberhaupt, welche objektive praktische Realität hat. Dieses Oberhaupt (der Souverän) aber ist so fern nur ein (das gesamte Volk vorstellendes) Gedankending, als es noch an einer physischen Person mangelt, welche die höchste Staatsgewalt vorstellt, und dieser Idee Wirksamkeit auf den Volkswillen verschafft. Das Verhältnis der ersteren zum letzteren ist nun auf dreierlei verschiedene Art denkbar: entweder daß einer im Staate über alle, oder daß einige, die einander gleich sind, vereinigt, über alle andere, oder daß alle zusammen über einen jeden, mithin auch über sich selbst gebieten, d. i. die

Staatsform ist entweder autokratisch, oder aristokratisch, oder demokratisch. (Der Ausdruck monarchisch, statt autokratisch, ist nicht dem Begriffe, den man hier will, angemessen; denn Monarch ist der, welcher die höchste, Autokrator aber, oder Selbstherrscher,

der, welcher alle Gewalt hat; dieser ist der Souverän, jener repräsentiert ihn bloß.) - Man wird leicht gewahr, daß die autokratische Staatsform die einfachste sei, nämlich von Einem (dem Könige) zum Volke, mithin wo nur Einer der Gesetzgeber ist. Die aristokratische ist schon aus zwei Verhältnissen zusammengesetzt: nämlich dem der Vornehmen (als Gesetzgeber) zu einander, um den Souverän zu machen, und dann das dieses Souveräns zum Volk; die demokratische aber die allerzusammengesetzteste, nämlich den Willen aller zuerst zu vereinigen, um daraus ein Volk, dann den der Staatsbürger, um ein gemeines Wesen zu bilden, und dann diesem gemeinen Wesen den Souverän, der dieser vereinigte Wille selbst ist, vorzusetzen.* Was die Handhabung des Rechts im Staat betrifft, so ist freilich die einfachste auch zugleich die beste; aber, was das Recht selbst anlangt, die gefährlichste fürs Volk, in Betracht des Despotismus, zu dem sie so sehr einladet. Das Simplifizieren ist zwar im Maschinenwerk der Vereinigung des Volks durch Zwangsgesetze die vernünftige Maxime: wenn nämlich alle im Volk passiv sind, und Einem, der über sie ist, gehorchen; aber das gibt keine Untertanen als Staatsbürger. Was die Vertröstung, womit sich das Volk befriedigen soll, betrifft : daß nämlich die Monarchie (eigentlich hier Autokratie) die beste Staatsverfassung sei, wenn der Monarch gut ist (d. i. nicht bloß den Willen, sondern auch die Einsicht dazu hat), gehört zu den tautologischen Weisheitssprüchen, und sagt nichts mehr, als: die beste Verfassung ist die, durch welche der Staatsverwalter zum besten Regenten gemacht wird, d. i. diejenige, welche die beste ist.

$ 52

Der Geschichtsurkunde dieses Mechanismus nachzuspüren, ist vergeblich, d. i. man kann zum Zeitpunkt

* Von der Verfälschung dieser Form durch sich eindringende unbefugte Machthaber (der Oligarchie und Ochlokratie), imgleichen den sogenannten gemischten Staatsverfassungen erwähne ich hier nichts, weil es zu weit führen würde.

« PredošláPokračovať »