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Charakter, als moralischer Wesen, d. i. der inneren Freiheit, der angebornen Würde des Menschen geradezu (schon der Form nach) widersprechen, welches so viel sagt: sie machen sich es zum Grundsatz, keinen Grundsatz, und so auch keinen Charakter, zu haben, d. i. sich wegzuwerfen und sich zum Gegenstande der Verachtung zu machen. - Die Tugend, welche allen diesen Lastern entgegen steht, könnte die Ehrliebe (honestas interna, iustum sui aestimium), eine von der Ehrbegierde (ambitio) (welche auch sehr niederträchtig sein kann) himmelweit unterschiedene Denkungsart, genannt werden, wird aber unter dieser Betitelung in der Folge besonders vorkommen.

| DER TUGENDLEHRE

ERSTER TEIL

ETHISCHE ELEMENTARLEHRE

ERSTES BUCH

VON DEN VOLLKOMMENEN PFLICHTEN GEGEN SICH SELBST

ERSTES HAUPTSTÜCK

DIE PFLICHT DES MENSCHEN GEGEN SICH SELBST,

ALS EINEM ANIMALISCHEN WESEN

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Die, wenn gleich nicht vornehmste, doch erste Pflicht des Menschen gegen sich selbst, in der Qualität seiner Tierheit, ist die Selbsterhaltung in seiner animalischen Natur.

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Das Widerspiel derselben ist der willkürliche physische Tod, welcher wiederum entweder als total oder bloß partial gedacht werden kann. Der physische, die Entleibung (autochiria), kann also auch total (suicidium) oder partial, Entgliederung (Verstümmelung) sein, welche wiederum in die materiale, da man sich selbst gewisser integrierenden Teile, als Organe, beraubt, d. i. sich verstümmelt, und die formale, da man sich (auf immer oder auf einige Zeit) des Vermögens des physischen (und hiemit indirekt auch des moralischen) Gebrauchs seiner Kräfte beraubt.

Da in diesem Hauptstücke nur von negativen Pflichten. folglich von Unterlassungen nur die Rede ist, so werden die Pflichtartikel wider die Laster gerichtet sein müssen, welche der Pflicht gegen sich selbst entgegen gesetzt sind.

DES ERSTEN HAUPTSTÜCKS

ERSTER ARTIKEL

VON DER SELBSTENTLEIBUNG

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Die willkürliche Entleibung seiner selbst kann nur dann allererst Selbstmord (homicidium dolosum) genannt werden, wenn bewiesen werden kann, daß sie überhaupt ein Verbrechen ist, welches entweder an unserer eigenen Person oder auch durch diese ihre Selbstentleibung an anderen begangen wird (z. B. wenn eine schwangere Person sich selbst umbringt).

| a) Die Selbstentleibung ist ein Verbrechen (Mord). Dieses kann nun zwar auch als Übertretung seiner Pflicht gegen andere Menschen (Eheleute, Eltern gegen Kinder, des Untertans gegen seine Obrigkeit, oder seine Mitbürger, endlich auch gegen Gott betrachtet werden, dessen' uns anvertrauten Posten in der Welt der Mensch verläßt, ohne davon abgerufen zu sein) betrachtet werden; - aber hier ist nur die Rede von Verletzung einer Pflicht gegen sich selbst, ob nämlich, wenn ich auch alle jene Rücksichten bei Seite setzte, der Mensch doch zur Erhaltung seines Lebens, bloß durch seine Qualität als Person verbunden sei, und hierin eine (und zwar strenge) Pflicht gegen sich selbst anerkennen müsse.

Daß der Mensch sich selbst beleidigen könne, scheint ungereimt zu sein (volenti non fit iniuria). Daher sahe es der Stoiker für einen Vorzug seiner (des Weisen) Persönlichkeit an, beliebig aus dem Leben (als aus einem Zimmer das raucht), ungedrängt durch gegenwärtige oder besorgliche Übel, mit ruhiger Seele hinaus zu gehen; weil er in demselben zu nichts mehr nutzen könne. - Aber eben dieser Mut. Akad.-Ausg.: » Gott, dessen «<.

diese Seelenstärke, den Tod nicht zu fürchten und etwas zu kennen, was der Mensch noch höher schätzen kann, als sein Leben, hätte ihm ein um noch so viel größerer Bewegungsgrund sein müssen, sich, ein Wesen von so großer, über die stärkste sinnliche Triebfedern gewalthabenden Obermacht, nicht zu zerstören, mithin sich des Lebens nicht zu berauben.

| Der Persönlichkeit kann der Mensch sich nicht entäußern, so lange von Pflichten die Rede ist, folglich so lange er lebt, und es ist ein Widerspruch, die Befugnis zu haben, sich aller Verbindlichkeit zu entziehen, d. i. frei so zu handeln, als ob es zu dieser Handlung gar keiner Befugnis bedürfte. Das Subjekt der Sittlichkeit in seiner eigenen Person zernichten, ist eben so viel, als die Sittlichkeit selbst ihrer Existenz nach, so viel an ihm ist, aus der Welt vertilgen, welche doch Zweck an sich selbst ist; mithin über sich als bloßes Mittel zu ihm beliebigen Zweck zu disponieren, heißt die Menschheit in seiner Person (homo noumenon) abwürdigen, der doch der Mensch (homo phaenomenon) zur Erhaltung anvertrauet war.

Sich eines integrierenden Teils als Organs berauben (verstümmeln), z. B. einen Zahn zu verschenken, oder zu verkaufen, um ihn in die Kinnlade eines andern zu pflanzen, oder die Kastration mit sich vornehmen zu lassen, um als Sänger bequemer leben zu können, u. dgl. gehört zum partialen Selbstmorde; aber nicht, ein abgestorbenes oder die Absterbung drohendes, und hiemit dem Leben nachteiliges Organ durch Amputation, oder, was zwar ein Teil, aber kein Organ des Körpers ist, z. E. die Haare, sich abnehmen zu lassen, kann zum Verbrechen an seiner eigenen Person nicht gerechnet werden'; wiewohl der letztere Fall nicht ganz schuldfrei ist, wenn er zum äußeren Erwerb beabsichtigt wird.

Kasuistische Fragen

Ist es Selbstmord, sich (wie Curtius) in den gewissen Tod zu stürzen, um das Vaterland zu retten? oder ist das vorsätzliche Märtertum, sich für das Heil des MenschenAkad.-Ausg.: »Person gerechnet werden «.

I

geschlechts überhaupt zum Opfer hinzugeben, auch wie jenes für Heldentat anzusehen?

Ist es erlaubt, dem ungerechten Todesurteile seines Oberen durch Selbsttötung zuvor zu kommen? - selbst wenn dieser es (wie Nero am Seneca) erlaubte zu tun ?

Kann man es einem großen unlängst verstorbenen Monarchen zum verbrecherischen Vorhaben anrechnen, daß er ein behend wirkendes Gift bei sich führte, vermutlich damit, wenn er in dem Kriege, den er persönlich führte, gefangen würde, er nicht etwa genötigt sei, Bedingungen der Auslösung einzugehn, die seinem Staate nachteilig sein könnten; denn diese Absicht kann man ihm unterlegen, ohne daß man nötig hat, hierunter einen bloßen Stolz zu vermuten?

Ein Mann empfand schon die Wasserscheu, als Wirkung von dem Biß eines tollen Hundes, und, nachdem er sich darüber so erklärt hatte: er habe noch nie erfahren, daß jemand daran geheilt worden sei, brachte er sich selbst um, damit, wie er in einer hinterlassenen Schrift sagte, er nicht in seiner Hundewut (zu welcher er schon den Anfall fühlte) andere Menschen auch unglücklich machte; es frägt sich, ob er damit unrecht tat?

| Wer sich die Pocken einimpfen zu lassen beschließt, wagt sein Leben aufs Ungewisse: ob er es zwar tut, um sein Leben zu erhalten, und ist so fern in einem weit bedenklicheren Fall des Pflichtgesetzes, als der Seefahrer, welcher doch wenigstens den Sturm nicht macht, dem er sich anvertraut, statt dessen jener die Krankheit, die ihn in Todesgefahr bringt, sich selbst zuzieht. Ist also die Pockeninokulation erlaubt?

ZWEITER ARTIKEL

VON DER WOHLLÜSTIGEN SELBSTSCHÄNDUNG

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So wie die Liebe zum Leben von der Natur zur Erhaltung der Person, so ist die Liebe zum Geschlecht von ihr zur Erhaltung der Art bestimmt; d. i. eine jede von beiden ist

Naturzweck, unter welchem man diejenige Verknüpfung der Ursache mit einer Wirkung versteht, in welcher jene, auch ohne ihr dazu einen Verstand beizulegen, diese doch nach der Analogie mit einem solchen, also gleichsam absichtlich Menschen hervorbringend gedacht wird. Es frägt sich nun, ob der Gebrauch des letzteren Vermögens, in Ansehung der Person selbst, die es ausübt, unter einem einschränkenden Pflichtgesetz stehe, oder ob diese, auch ohne jenen Zweck zu beabsichtigen, den Gebrauch ihrer Geschlechtseigenschaften der bloßen tierischen Lust zu widmen befugt sei, ohne damit einer Pflicht gegen sich selbst zuwider zu handeln. – | In der Rechtslehre wird bewiesen, daß der Mensch sich einer anderen Person dieser Lust zu Gefallen, ohne besondere Einschränkung durch einen rechtlichen Vertrag, nicht bedienen könne; wo dann zwei Personen wechselseitig einander verpflichten. Hier aber ist die Frage: ob in Ansehung dieses Genusses eine Pflicht des Menschen gegen sich selbst obwalte, deren Übertretung eine Schändung (nicht bloß Abwürdigung) der Menschheit in seiner eigenen Person sei. Der Trieb zu jenem wird Fleischeslust (auch Wohllust schlechthin) genannt. Das Laster, welches dadurch erzeugt wird, heißt Unkeuschheit, die Tugend aber, in Ansehung dieser sinnlichen Antriebe, wird Keuschheit genannt, die nun hier als Pflicht des Menschen gegen sich selbst vorgestellt werden soll. Unnatürlich heißt eine Wohllust, wenn der Mensch dazu, nicht durch den wirklichen Gegenstand, sondern durch die Einbildung von demselben, also zweckwidrig, ihn sich selbst schaffend, gereizt wird. Denn sie bewirkt alsdann eine Begierde wider den Zweck der Natur, und zwar einen noch wichtigern, als selbst der der Liebe zum Leben ist, weil dieser nur auf Erhaltung des Individuum, jener aber auf die der ganzen Spezies abzielt. – Daß ein solcher naturwidrige Gebrauch (also Mißbrauch) seiner Geschlechtseigenschaft eine und zwar der Sittlichkeit im höchsten Grad widerstreitende Verletzung der Pflicht wider sich selbst sei, fällt jedem, zugleich mit dem Gedanken von demselben, so fort auf, | erregt eine Abkehrung von diesem Gedanken, in der Maße, daß selbst die Nennung

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