Obrázky na stránke
PDF
ePub

eines solchen Lasters bei seinem eigenen Namen für unsittlich gehalten wird; welches, bei dem des Selbstmords, nicht geschieht, den man, mit allen seinen Greueln (in einer species facti) der Welt vor Augen zu legen im mindesten kein Bedenken trägt; gleich als ob der Mensch überhaupt sich beschämt fühle, einer solchen ihn selbst unter das Vieh herabwürdigenden Behandlung seiner eigenen Person fähig zu sein: so daß selbst die erlaubte (an sich freilich bloß tierische) körperliche Gemeinschaft beider Geschlechter in der Ehe im gesitteten Umgange viel Feinheit veranlaßt und erfodert, um einen Schleier darüber zu werfen, wenn davon gesprochen werden soll.

Der Vernunftbeweis aber der Unzulässigkeit jenes unnatürlichen, und selbst auch des bloß unzweckmäßigen Gebrauchs seiner Geschlechtseigenschaften, als Verletzung (und zwar, was den ersteren betrifft, im höchsten Grade) der Pflicht gegen sich selbst, ist nicht so leicht geführt. Der Beweisgrund liegt freilich darin, daß der Mensch seine Persönlichkeit dadurch (wegwerfend) aufgibt, indem er sich bloß zum Mittel der Befriedigung tierischer Triebe braucht. Aber der hohe Grad der Verletzung der Menschheit in seiner eigenen Person durch ein solches Laster in seiner Unnatürlichkeit, da es, der Form (der Gesinnung) nach, selbst das des Selbstmordes noch zu übergehen scheint, ist dabei nicht erklärt. Es sei denn, daß, da die trotzige Wegwerfung seiner selbst im letzteren, als einer Lebenslast. wenigstens nicht eine weichliche Hingebung an tierische Reize ist, sondern Mut erfordert, wo immer noch Achtung für die Menschheit in seiner eigenen Person Platz findet, jene, welche sich gänzlich der tierischen Neigung überläßt, den Menschen zur genießbaren, aber hierin doch zugleich naturwidrigen Sache, d. i. zum ekelhaften Gegenstande macht. und so aller Achtung für sich selbst beraubt.

Kasuistische Fragen

Der Zweck der Natur ist in der Beiwohnung der Geschlechter die Fortpflanzung, d. i. die Erhaltung der Art;

jenem Zwecke darf also wenigstens nicht zuwider gehandelt werden. Ist es aber erlaubt, auch ohne auf diesen Rücksicht zu nehmen, sich (selbst wenn es in der Ehe geschähe) jenes Gebrauchs anzumaßen?

Ist es z. B. zur Zeit der Schwangerschaft, - ist es bei der Sterilität des Weibes (Alters oder Krankheit wegen), oder wenn dieses keinen Anreiz dazu bei sich findet, nicht dem Naturzwecke und hiemit auch der Pflicht gegen sich selbst, an einem oder dem anderen Teil, eben so wie bei der unnatürlichen Wohllust, zuwider, von seinen Geschlechtseigenschaften Gebrauch zu machen; oder gibt es hier ein Erlaubnisgesetz der moralisch-praktischen Vernunft, welches in der Kollision ihrer Bestimmungsgründe etwas, an sich zwar | Unerlaubtes, doch zur Verhütung einer noch größeren Übertretung (gleichsam nachsichtlich) erlaubt macht? - Von wo an kann man die Einschränkung einer weiten Verbindlichkeit zum Purism (einer Pedanterei in Ansehung der Pflichtbeobachtung, was die Weite derselben. betrifft) zählen, und den tierischen Neigungen, mit Gefahr der Verlassung des Vernunftgesetzes, einen Spielraum verstatten ?

Die Geschlechtsneigung wird auch Liebe (in der engsten Bedeutung des Worts) genannt und ist in der Tat die größte Sinnenlust, die an einem Gegenstande möglich ist; - nicht bloß sinnliche Lust, wie an Gegenständen, die in der bloBen Reflexion über sie gefallen (da die Empfänglichkeit für sie Geschmack heißt), sondern die Lust aus dem Genusse einer anderen Person, die also zum Begehrungsvermögen und zwar der höchsten Stufe desselben, der Leidenschaft, gehört. Sie kann aber weder zur Liebe des Wohlgefallens, noch der des Wohlwollens gezählt werden (denn beide halten eher vom fleischlichen Genuß ab), sondern ist eine Lust von besonderer Art (sui generis) und das Brünstigsein hat mit der moralischen Liebe eigentlich nichts gemein, wiewohl sie mit der letzteren, wenn die praktische Vernunft mit ihren einschränkenden Bedingungen hinzu kommt, in enge Verbindung treten kann.

| DRITTER ARTIKEL

VON DER SELBSTBETÄUBUNG DURCH UNMÄSSIGKEIT

IM GEBRAUCH DER GENIESS- ODER AUCH

NAHRUNGSMITTEL

$8

Das Laster in dieser Art der Unmäßigkeit wird hier nicht aus dem Schaden, oder den körperlichen Schmerzen (solchen Krankheiten), die der Mensch sich dadurch zuzieht, beurteilt; denn da wäre es ein Prinzip des Wohlbefindens und der Behaglichkeit (folglich der Glückseligkeit), wodurch ihm entgegen gearbeitet werden sollte, welches aber nie eine Pflicht, sondern nur eine Klugheitsregel begründen kann: wenigstens wäre es kein Prinzip einer direkten Pflicht.

Die tierische Unmäßigkeit, im Genuß der Nahrung, ist der Mißbrauch der Genießmittel, wodurch das Vermögen des intellektuellen Gebrauchs derselben gehemmt oder erschöpft wird. Versoffenheit und Gefräßigkeit sind die Laster, die unter diese Rubrik gehören. Im Zustande der Betrunkenheit ist der Mensch nur wie ein Tier, nicht als Mensch, zu behandeln; durch die Überladung mit Speisen und in einem solchen Zustande ist er für Handlungen, wozu Gewandtheit und Überlegung im Gebrauch seiner Kräfte erfordert wird, auf eine gewisse Zeit gelähmt. - Daß sich in einen solchen Zustand zu versetzen Verletzung einer Pflicht wider sich selbst sei, fällt von selbst in die Augen. Die erste dieser Erniedrigungen, selbst unter die tierische Natur, wird gewöhnlich durch gegorene Getränke, aber auch durch andere betäubende Mittel, als den Mohnsaft und andere Produkte des Gewächsreichs, bewirkt, und wird dadurch verführerisch, daß dadurch auf eine Weile geträumte Glückseligkeit und Sorgenfreiheit, ja wohl auch eingebildete Stärke hervorgebracht, Niedergeschlagenheit aber und Schwäche, und, was das Schlimmste ist, Notwendigkeit, dieses Betäubungsmittel zu wiederholen, ja wohl gar damit zu steigern, eingeführt wird. Die Gefräßigkeit ist sofern noch unter jener tierischen Sinnenbelustigung, daß sie bloß den Sinn

als passive Beschaffenheit und nicht einmal die Einbildungskraft, welche doch noch ein tätiges Spiel der Vorstellungen, wie im vorerwähnten Genuß der Fall ist, beschäftigt; mithin sich dem des Viehes noch mehr nähert.

Kasuistische Fragen

Kann man dem Wein, wenn gleich nicht als Panegyrist, doch wenigstens als Apologet, einen Gebrauch verstatten, der bis nahe an die Berauschung reicht; weil er doch die Gesellschaft zur Gesprächigkeit belebt, und damit Offenherzigkeit verbindet? - Oder kann man ihm wohl gar das Verdienst zugestehen, das zu befördern, was Seneca' vom Cato rühmt: virtus eius incaluit mero2? - Der Gebrauch des Opium und Branntweins sind, als Genießmittel, der Niederträchtigkeit näher, weil sie, bei dem geträumten Wohlbefinden, stumm, zurückhaltend und unmitteilbar machen, daher auch nur als Arzneimittel erlaubt sind. - Wer kann aber das Maß für einen bestimmen, der in den Zustand, wo er zum Messen keine klare Augen mehr hat, überzugehen eben in Bereitschaft ist? Der Mohammedanism, welcher den Wein ganz verbietet, hat also sehr schlecht gewählt, dafür das Opium zu erlauben.

Der Schmaus, als förmliche Einladung zur Unmäßigkeit in beiderlei Art des Genusses, hat doch, außer dem bloß physischen Wohlleben, noch etwas zum sittlichen Zweck Abzielendes an sich, nämlich viel Menschen und lange zu wechselseitiger Mitteilung zusammen zu halten: gleichwohl aber, da eben die Menge (wenn sie, wie Chesterfield sagt, über die Zahl der Musen geht) nur eine kleine Mitteilung (mit den nächsten Beisitzern) erlaubt, mithin die Veranstaltung jenem Zweck widerspricht, so bleibt sie immer Verleitung zum Unsittlichen, nämlich der Unmäßigkeit, der Übertretung der Pflicht gegen sich selbst; auch ohne auf die physischen Nachteile der Überladung, die vielleicht vom Arzt gehoben werden können, zu sehen. Wie weit geht die sittliche Befugnis, diesen Einladungen zur Unmäßigkeit Gehör zu geben?

IB ändert: >> Horaz «. 2 Übersetzung des Herausgebers: »Seine Tugend erglühte durch ungemischten Wein «<.

| ZWEITES HAUPTSTÜCK

DIE PFLICHT DES MENSCHEN GEGEN SICH SELBST,
BLOSS ALS EINEM MORALISCHEN WESEN

Sie ist den Lastern: Lüge, Geiz und falsche Demut (Kriecherei) entgegen gesetzt.

I. VON DER LÜGE

$9

Die größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst, bloß als moralisches Wesen betrachtet (die Menschheit in seiner Person), ist das Widerspiel der Wahrhaftigkeit: die Lüge (aliud lingua promptum, aliud pectore inclusum gerere1). Daß eine jede vorsätzliche Unwahrheit in Äußerung seiner Gedanken diesen harten Namen (den sie in der Rechtslehre nur dann führt, wenn sie anderer Recht verletzt) in der Ethik, die aus der Unschädlichkeit kein Befugnis hernimmt, nicht ablehnen könne, ist für sich selbst klar. Denn Ehrlosigkeit (ein Gegenstand der moralischen Verachtung zu sein), welche sie begleitet, die begleitet auch den Lügner, wie sein Schatten. Die Lüge kann eine äußere (mendacium externum), oder auch eine innere sein. Durch jene macht er sich in anderer, durch diese aber, was noch mehr ist, in seinen eigenen Augen zum Gegenstande der Verachtung, und verletzt die | Würde der Menschheit in seiner eigenen Person; wobei der Schade, der anderen Menschen daraus entspringen kann, nicht das Eigentümliche des Lasters betrifft (denn da bestände es bloß in der Verletzung der Pflicht gegen andere), und also hier nicht in Anschlag kommt, ja auch nicht der Schade, den er sich selbst zuzieht; denn alsdenn würde es bloß, als Klugheitsfehler, der pragmatischen, nicht der moralischen Maxime widerstreiten, und gar nicht als Pflichtverletzung angesehen werden können. Die Lüge ist Wegwerfung und gleichsam Vernichtung seiner Menschenwürde. Ein Mensch, der Übersetzung des Herausgebers: »Das eine offen im Munde, das andere verschlossen im Herzen zu tragen «.

I

« PredošláPokračovať »