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selbst verpflichtet zu werden, indem man andere durch Wohltun verpflichtet, enthalten; gleichsam als Brüder unter einem allgemeinen Vater, der aller Glückseligkeit will. Denn das Verhältnis des Beschützers, als Wohltäters, zu dem Beschützten, als Dankpflichtigen, ist zwar ein Verhältnis der Wechselliebe, aber nicht der Freundschaft: weil die schuldige Achtung beider gegen einander nicht gleich ist. Die Pflicht, als Freund den Menschen wohl zu wollen (eine notwendige Herablassung), und die Beherzigung derselben, dient dazu, vor dem Stolz zu verwahren, der die Glücklichen anzuwandeln pflegt, welche das Vermögen wohl zu tun besitzen.

| ZUSATZ

VON DEN UMGANGSTUGENDEN
(VIRTUTES HOMILETICAE)

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Es ist Pflicht, so wohl gegen sich selbst, als auch gegen andere, mit seinen sittlichen Vollkommenheiten unter einander Verkehr zu treiben (officium commercii, sociabilitas); sich nicht zu isolieren (separatistam agere); zwar sich einen unbeweglichen Mittelpunkt seiner Grundsätze zu machen, aber diesen um sich gezogenen Kreis doch auch als einen, der den Teil von einem allbefassenden, der weltbürgerlichen Gesinnung, ausmacht, anzusehen; nicht eben um das Weltbeste als Zweck zu befördern, sondern nur die wechselseitige', die indirekt dahin führt, die Annehmlichkeit in derselben, die Verträglichkeit, die wechselseitige Liebe und Achtung (Leutseligkeit und Wohlanständigkeit, humanitas aesthetica, et decorum) zu kultivieren, und so der Tugend die Grazien beizugesellen; welches zu bewerkstelligen selbst Tugendpflicht ist.

Dies sind zwar nur Außenwerke, oder Beiwerke (parerga), welche einen schönen tugendähnlichen Schein geben, der auch nicht betrügt, weil ein jeder weiß, wofür er ihn annehmen muß. Es ist zwar nur Scheidemünze, befördert 'Akad.-Ausg. erwägt: »wechselseitige Theilnehmung «.

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aber doch das Tugendgefühl, selbst durch die Bestrebung, diesen Schein der Wahrheit so nahe wie möglich zu bringen, in der Zugänglichkeit, der Gesprächigkeit, der Höflichkeit, Gastfreiheit, Gelindigkeit (im Widersprechen, ohne zu zanken), insgesamt als bloßen Manieren des Verkehrs mit geäußerten Verbindlichkeiten, dadurch man zugleich andere verbindet, also' doch zur Tugendgesinnung hinwirken; indem sie die Tugend wenigstens beliebt machen.

Es frägt sich aber hiebei: ob man auch mit Lasterhaften Umgang pflegen dürfe ? Die Zusammenkunft mit ihnen kann man nicht vermeiden; man müßte denn sonst aus der Welt gehen, und selbst unser Urteil über sie ist nicht kompetent. - Wo aber das Laster ein Skandal, d. i. ein öffentlich gegebenes Beispiel der Verachtung strenger Pflichtgesetze ist, mithin Ehrlosigkeit bei sich führt: da muß, wenn gleich das Landesgesetz es nicht bestraft, der Umgang, der bis dahin statt fand, abgebrochen, oder so viel möglich gemieden werden; weil die fernere Fortsetzung desselben die Tugend um alle Ehre bringt, und sie für jeden zu Kauf stellt, der reich genug ist, um den Schmarotzer durch die Vergnügungen der Uppigkeit zu bestechen.

Akad.-Ausg.: » die also «.

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ETHISCHE METHODENLEHRE

| DER ETHISCHEN METHODENLEHRE
ERSTER ABSCHNITT

DIE ETHISCHE DIDAKTIK

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Daß Tugend erworben werden müsse (nicht angeboren sei), liegt, ohne sich deshalb auf anthropologische Kenntnisse aus der Erfahrung berufen zu dürfen, schon in dem Begriffe derselben. Denn das sittliche Vermögen des Menschen wäre nicht Tugend, wenn es nicht durch die Stärke des Vorsatzes, in dem Streit mit so mächtigen entgegenstehenden Neigungen, hervorgebracht wäre. Sie ist das Produkt aus der reinen praktischen Vernunft, so fern diese im Bewußtsein ihrer Überlegenheit (aus Freiheit) über jene die Obermacht gewinnt.

Daß sie könne und müsse gelehrt werden, folgt schon daraus, daß sie nicht angeboren ist; die Tugendlehre ist also eine Doktrin. Weil aber durch die bloße Lehre, wie man sich verhalten solle, um dem Tugendbegriffe angemessen zu sein, die Kraft zur Ausübung der Regeln noch nicht erworben wird, so mein ten die Stoiker hiemit nur, die Tugend könne nicht durch bloße Vorstellungen der Pflicht, durch Ermahnungen (paränetisch) gelehrt, sondern sie müsse durch Versuche der Bekämpfung des inneren Feindes im Menschen (asketisch) kultiviert, geübt werden; denn man kann nicht alles so fort was man will, wenn man nicht vorher seine Kräfte versucht, und geübt hat, wozu aber freilich die Entschließung auf einmal vollständig genommen werden muß; weil die Gesinnung (animus) sonst, bei einer Kapitulation mit dem Laster, um es allmählich zu verlassen, an sich unlauter und selbst lasterhaft sein', mithin auch keine Tugend (als die auf einem einzigen Prinzip beruhet) hervorbringen könnte.

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Was nun die doktrinale Methode betrifft (denn methodisch muß eine jede wissenschaftliche Lehre sein; sonst

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