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und die Vermessenheit solcher Beteurungen sogar selbst für Pflicht und gottesdienstlich auszugeben, dadurch aber die Freiheit der Menschen, die zu allem, was moralisch ist (der. gleichen die Annahme einer Religion), durchaus erfordert wird, gänzlich zu Boden zu schlagen, und nicht einmal dem guten Willen Platz einzuräumen, der da sagt: »Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben!«†

| ALLGEMEINE ANMERKUNG

Was Gutes der Mensch nach Freiheitsgesetzen für sich selbst tun kann, in Vergleichung mit dem Vermögen, welches ihm nur durch übernatürliche Beihülfe möglich ist, kann man Natur, zum Unterschied von der Gnade, nennen. Nicht als ob wir durch den ersteren Ausdruck eine physische, von der Freiheit unterschiedene Beschaffenheit verständen, sondern bloß, weil wir für dieses Vermögen wenigstens die Gesetze (der Tugend) erkennen, und die Ver

†O Aufrichtigkeit! du Asträa, die du von der Erde zum Himmel entflohen bist, wie zieht man dich (die Grundlage des Gewissens, mithin aller inneren Religion) von da zu uns wieder herab? Ich kann es einräumen, wiewohl es sehr zu bedauren ist, daß Offenherzigkeit (die ganze Wahrheit, die man weiß, zu sagen) in der menschlichen Natur nicht angetroffen wird. Aber Aufrichtigkeit (daß alles, was man sagt, mit Wahrhaftigkeit gesagt sei) muß man von jedem Menschen fordern können, und, wenn auch selbst dazu keine Anlage in unserer Natur wäre, deren Kultur nur vernachlässigt wird, so würde die Menschenrasse in ihren eigenen Augen ein Gegenstand der tiefsten Verachtung sein müssen. Aber jene verlangte Gemütseigenschaft ist eine solche, die vielen Versuchungen ausgesetzt ist, und manche Aufopferung kostet, daher auch moralische Stärke, d. i. Tugend (die erworben werden | muß) fordert, die aber früher als jede andere bewachet und kultiviert werden muß, weil der entgegengesetzte Hang, wenn man ihn hat einwurzeln lassen, am schweresten auszurotten ist. – Nun vergleiche man damit unsere Erziehungsart, vornehmlich im Punkte der Religion, oder, besser, der Glaubenslehren, wo die Treue des Gedächtnisses, in Beantwortung der sie betreffenden Fragen, ohne auf die Treue des Bekenntnisses zu sehen (worüber nie eine Prüfung angestellt wird), schon für hinreichend angenommen wird, einen Gläubigen zu machen, der das, was er heilig beteuert, nicht einmal versteht, und man wird sich über den Mangel der Aufrichtigkeit, der lauter innere Heuchler macht, nicht mehr wundern.1

I Zusatz von B.

nunft also davon, als einem Analogon der Natur, einen für sie sichtbaren und faßlichen Leitfaden hat; dagegen, ob, wenn und was, oder wie viel die Gnade in uns wirken werde, uns gänzlich verborgen bleibt, und die Vernunft hierüber, so wie beim Übernatürlichen überhaupt (dazu die Moralität, als Heiligkeit, gehört), von aller Kenntnis der Gesetze, wornach es geschehen mag, verlassen ist.

Der Begriff eines übernatürlichen Beitritts zu unserem moralischen, obzwar mangelhaften, Vermögen und selbst zu unserer nicht völlig gereinigten, wenigstens schwachen Gesinnung, aller unserer Pflicht ein Genüge zu tun, ist transzendent und eine bloße Idee, von deren Realität uns keine Erfahrung versichern kann. - Aber selbst als Idee in bloß praktischer Absicht sie anzunehmen, ist sie sehr gewagt und mit der Vernunft schwerlich vereinbar; weil, was uns, als sittliches gutes Verhalten, zugerechnet werden soll, nicht durch fremden Einfluß, sondern nur1 durch den bestmöglichen Gebrauch unserer eigenen Kräfte geschehen müßte. Allein die Unmöglichkeit davon (daß beides neben einander statt finde) läßt sich doch eben auch nicht beweisen, weil die Freiheit selbst, obgleich sie nichts Übernatürliches in ihrem Begriffe enthält, gleichwohl ihrer Möglichkeit nach uns eben so unbegreiflich bleibt, als das Übernatürliche, welches man zum Ersatz der selbsttätigen, aber mangelhaften Bestimmung derselben annehmen möchte.

Da wir aber von der Freiheit doch wenigstens die Gesetze, nach welchen sie bestimmt werden soll (die moralischen), kennen, von einem übernatürlichen Beistande aber, ob eine gewisse in uns wahrgenommene moralische Stärke wirklich daher rühre, oder auch, in welchen Fällen und unter welchen Bedingungen sie zu erwarten sei, nicht das mindeste erkennen können, so werden wir außer der allgemeinen Voraussetzung, daß, was die Natur in uns nicht vermag, die Gnade bewirken werde, wenn wir jene (d. i. unsere eigenen Kräfte) nur nach Möglichkeit benutzt haben, von dieser Idee weiter gar keinen Gebrauch machen können: weder wie wir (noch außer der stetigen Bestrebung zum I Zusatz von B. - 2 A: »über die stetige«.

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guten Lebenswandel) ihre Mitwirkung auf uns ziehen, noch wie wir bestimmen könnten, in welchen Fällen wir uns ihrer zu gewärtigen haben. Diese Idee ist gänzlich über-|| schwenglich, und es ist überdem heilsam, sich von ihr, als einem Heiligtum, in ehrerbietiger Entfernung zu halten, damit wir nicht in dem Wahne, selbst Wunder zu tun, oder Wunder in uns wahrzunehmen, uns für allen Vernunftgebrauch untauglich machen, oder auch zur Trägheit einladen lassen, das, was wir in uns selbst suchen sollten, von oben herab in passiver Muße zu erwarten.

Nun sind Mittel alle Zwischenursachen, die der Mensch in seiner Gewalt hat, um dadurch eine gewisse Absicht zu bewirken, und da gibt's, um des himmlischen Beistandes würdig zu werden, nichts anders (und kann auch kein anderes geben), als ernstliche Bestrebung, seine sittliche Beschaffenheit nach aller Möglichkeit zu bessern, und sich dadurch der Vollendung ihrer Angemessenheit zum göttlichen Wohlgefallen, die nicht in seiner Gewalt ist, empfänglich zu machen, weil jener göttliche Beistand, den er erwartet, selbst eigentlich doch nur seine Sittlichkeit zur Absicht hat. Daß aber der unlautere Mensch ihn da nicht suchen werde, sondern lieber in gewissen sinnlichen Veranstaltungen (die er freilich in seiner Gewalt hat, die aber auch für sich keinen bessern Menschen machen können2 und nun doch übernatürlicher Weise dieses bewirken sollen), war wohl schon a priori zu erwarten, und so findet es sich auch in der Tat. Der Begriff eines sogenannten Gnaden mittels, ob er zwar (nach dem, was eben gesagt worden) in sich selbst widersprechend ist, dient hier doch zum Mittel einer Selbsttäuschung, welche eben so gemein, als der wahren Religion nachteilig ist.

Der wahre (moralische) Dienst Gottes, den Gläubige, als zu seinem Reich gehörige Untertanen, nicht minder aber auch (unter Freiheitsgesetzen) als Bürger desselben zu leisten haben, ist zwar, so wie dieses selbst, unsichtbar, d. i. ein Dienst der Herzen (im Geist und in der Wahrheit), und kann nur in der Gesinnung, der Beobachtung aller wahren Pflichten, als göttlicher Gebote, nicht in ausschließIA: »aber<«<. 2 Zusatz von B.

lich für Gott bestimmten Handlungen bestehen. Allein das Unsichtbare bedarf doch beim Menschen durch etwas Sichtbares (Sinnliches) repräsentiert, ja, was noch mehr ist, durch dieses zum Behuf des Praktischen begleitet, und, ob zwar es intellektuell ist, gleichsam (nach einer gewissen Analogie) anschaulich gemacht zu werden; welches, obzwar ein nicht wohl entbehrliches, doch zugleich der Gefahr der Mißdeutung gar sehr unterworfenes Mittel ist, uns unsere Pflicht im Dienste Gottes nur vorstellig zu machen, durch einen uns überschleichenden Wahn doch' leichtlich für den Gottesdienst selbst gehalten, und auch gemeiniglich so benannt wird.

Dieser angebliche Dienst Gottes, auf seinen Geist und seine wahre Bedeutung, nämlich eine dem Reich Gottes in uns und außer uns sich weihende Gesinnung, zurückgeführt, kann selbst durch die Vernunft in vier Pflichtbeobachtungen eingeteilt werden, denen aber gewisse Förmlichkeiten, die mit jenen nicht in notwendiger Verbindung stehen, korrespondierend beigeordnet worden sind; weil sie jenen zum Schema zu dienen, und so unsere Aufmerksamkeit auf den wahren Dienst Gottes zu erwecken und zu unterhalten, von alters her für gute sinnliche Mittel befunden sind. Sie gründen sich insgesamt auf die Absicht, das Sittlichgute zu befördern. 1)Es in uns selbst fest zu gründen, und die Gesinnung desselben wiederholentlich im Gemüt zu erwecken (das Privatgebet). 2) Die äußere Ausbreitung desselben, durch öffentliche Zusammenkunft an dazu gesetzlich geweiheten Tagen, um daselbst religiöse Lehren und Wünsche (und hiemit dergleichen Gesinnungen) laut werden zu lassen, und sie so durchgängig mitzuteilen (das Kirchengehen). 3) Die Fortpflanzung desselben auf die Nachkommenschaft; durch Aufnahme der neueintretenden Glieder in die Gemeinschaft des Glaubens, als Pflicht, sie darin auch zu belehren (in der christlichen Religion die Taufe). 4) Die Erhaltung dieser Gemeinschaft durch eine wiederholte öffentliche Förmlichkeit, welche die Vereinigung dieser Glieder zu einem ethischen Körper, und zwar nach

IA: »>aber<<.

dem Prinzip der Gleichheit ihrer Rechte unter sich und des Anteils an allen Früchten des Moralischguten fortdaurend macht (die Kommunion).

Alles Beginnen in Religionssachen, wenn man es nicht bloß moralisch nimmt, und doch für ein an sich Gott wohlgefällig machendes, mithin durch ihn alle unsere Wünsche befriedigendes Mittel ergreift, ist ein Fetischglaube, welcher eine Überredung ist: daß, was weder nach Naturnoch nach moralischen Vernunftgesetzen irgend etwas wirken kann, doch dadurch allein schon das Gewünschte wirken werde, wenn man nur festiglich glaubt, es werde dergleichen wirken, und dann mit diesem Glauben gewisse Förmlichkeiten verbindet. Selbst, wo die Überzeugung: daß alles hier auf das Sittlichgute, welches nur aus dem Tun entspringen kann, ankomme, schon durchgedrungen ist, sucht sich der sinnliche Mensch doch noch einen Schleichweg, jene beschwerliche Bedingung zu umgehen, nämlich, daß, wenn er nur die Weise (die Förmlichkeit) begeht, Gott das wohl für die Tat selbst annehmen würde; welches denn freilich eine überschwengliche Gnade desselben ge-|| nannt werden müßte, wenn es nicht vielmehr eine im faulen Vertrauen erträumte Gnade, oder wohl gar ein erheucheltes Vertrauen selbst wäre. Und so hat sich der Mensch in allen öffentlichen Glaubensarten gewisse Gebräuche als Gnadenmittel ausgedacht, ob sie gleich sich nicht in allen, so wie in der christlichen, auf praktische Vernunftbegriffe und ihnen gemäße Gesinnungen beziehen (als z. B. in der mohammedanischen von den fünf großen Geboten, das Waschen, das Beten, das Fasten, das Almosengeben,' die Wallfahrt nach Mekka; wovon das Almosengeben allein ausgenommen zu werden verdienen würde, wenn es aus wahrer tugendhafter und zugleich religiöser Gesinnung für Menschenpflicht geschähe, und so auch wohl wirklich für ein Gnadenmittel gehalten zu werden verdienen würde: da es hingegen, weil es nach diesem Glauben gar wohl' mit der Erpressung dessen, was man in der Person der Armen Gott zum Opfer darbietet, von andern, I Zusatz von B.

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