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Die gallo-druidische Zeit. Massilias Bildungseinfluss. 33

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der Folge noch näher treten werden. Ihre den einheimischen Göttern entlehnten Beinamen hingen unfraglich mit dem Dienste der Ahnen als Hüter und Wärter gallischen Cultuslebens, insbesondere als Priester des Belen-Apollo zusammen.

So ging denn druidisches Unterrichtswesen in römischer Schulthätigkeit auf. Aber wenn auch die Druiden als solche aus der Geschichte verschwinden, der Druidismus lebte noch lange fort, denn der Conservatismus des menschlichen Herzens, besonders wenn ihn der religiöse Hauch erfüllt, ist von einer schwer zu erschütternden Lebensdauer. Wenn Kaiser Claudius mit seinem strengen Gesetze mehr als die Abschaffung der als >>compressae famosae superstitiones<< bezeichneten Übelstände verfolgte, worunter nach der ganzen Sachlage nur die rituellen Menschenopfer verstanden sein konnten, dann prallte sein Vorgehen wirkungslos ab, denn der Druidismus wurde noch nicht aus der Welt geschafft1. Im Geheimen arbeitete die druidische Macht nur um so zäher und eifriger, sonst hätte es nicht im 4. und 5. Jahrhunderte noch solcher Anstrengungen seitens der Kirche bedurft, um die aus der Druidenzeit erhaltenen Volksgebräuche zu beseitigen 2 und würde man nicht sogar zu den Zeiten des Bischofs Eligius († 659) noch Spuren des druidischen Einflusses verspüren 3. Ist es doch eine geschichtlich verbürgte Thatsache, dass selbst einzelne Kaiser wie Vespasian, Aurelian 5 und Diocletian an die druidische Wahrsagekunst glaubten. Auch der als Bagaudenkrieg bekannte letzte Ausbruch der alten gallischen Opposition gegen römische Herrschaft dürfte zum teil als Wirkung einer druidischen Unterstützung anzusehen sein. Wenigstens bietet das satyrische Lustspiel » Querolus« (der Murrkopf, Pessimist), die bedeutendste Komödie des 4. Jahrhunderts7, die Handhabe zu der eben berührten Annahme. In diesem Lustspiel, das man fälsch lich dem Plautus zugeschrieben, geisselt der Dichter indirekt die

1 Thierry, Hist. de Gaulois III, p. 319 täuscht sich entschieden, wenn er das gänzliche Aufhören des Druidentums von dem Erscheinen des Claudianischen Dekrets datiert.

2 Beugnot, Hist. de la destruction du paganisme en occident, I, p. 292. 3 Dom Martin, 1. c. I, 1, c. 32.

4 Tacit. Hist. IV, 54.

5 Vopisci Aurel. c. 44.

6 Vopisci Numerianus c. 13. 14. Lamprid., Alex. Sev. c. 60.

7 Magnin, La comédie au IVe siècle (Revue des Deux Mondes 1835.

II, p. 656-673).

Denk, Gallo-Fränkisches Unterrichts- u. Bildungswesen.

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von den Druiden geleitete Justizpflege. Der Autor führt Querolus1 ein, indem dieser zum Laren seines Hauses spricht und um Förderung seines Glückes bittet, als dessen Inhalt er die Befugnis erachtet, sich ungestraft mit dem Gute der Mitmenschen zu bereichern, sie zu berauben und nach Belieben zu töten. Der Gott gibt darauf zur Antwort: Querolus könne haben, was er begehre, er brauche nur an die Ufer des Liger (Loire) zu kommen. Bekanntlich fanden hier im Gebiete von Chartres jährlich die grossen Rechtsversammlungen der Druiden statt.

Der Dichter erwähnt nirgends den Namen der Druiden, aber der Hinweis auf sie ist unverkennbar und nicht misszuverstehen. Überhaupt ist der Name dieser einst mächtigen gallischen Hierarchie seit dem misslungenen Aufstande der Bataver unter Civilis (60—70 n. Chr.) aus der Geschichte verschwunden. Aber die Erinnerungen an das Walten und Wirken der keltischen Priester und Lehrer hat sich im Volksbewusstsein herabgerankt auf die spätesten Jahrhunderte, welche aus den Druiden Riesen, aus den Druiden Feen schufen, und noch heute steht der gemeine Mann mit stummer Bewunderung vor den gewaltigen Steindenkmälern aus keltischer Zeit, um welche der Glaube des Volkes, der sich ihr Entstehen durch Menschenhände und menschliches Wissen nicht erklären konnte, einen reichen Sagenkranz gewunden hat.

Schon oben war die Rede von dem Einflusse, welchen die grosse Griechencolonie Massilia (das heutige Marseille) insbesondere auf den Süden Galliens geäussert hat. Um 600 v. Chr. waren

1 Quaerolus: Si quid igitur potes, Lar familiaris, facito ut sim privatus et potens. Lar. Potentiam cujusmodi requiris ? Querolus. Ut mihi liceat spoliare non debentes, caedere alienos, vicinos autem et spoliare et caedere. Lar. Ha! ha! ha! Latrocinium, non potentiam requiris : hoc modo nescio edepol quemadmodum praestari hoc possit tibi: tamen inveni habes quod optas, ad Ligerem vivito. Qu. Quid tamen? - L. Illic jure gentium vivunt homines: ubi nullum est prestigium: ibi sententiae capitales de robore proferuntur et scribuntur in ossibus, illac etiam rustici perorant et privati judicant: ibi totum licet. Si dives fueris, Patus appelaberis; sic nostra loquitur Graecia. O silvas, o solitudines, quis vos dixit liberas? Multa majora sunt quae tacemus: tamen interea hoc sufficit. Qu. Neque dives ego sum, neque robore uti cupio; nolo jure haec silvestria. Auch Chimiac, 1. c. p. 17. 18. hebt hervor, dass in Querolus« die vom Druidismus beherrschte Justiz zum Gegenstande der Satyre gemacht sei.

phokäische Griechen nach dem Westen des mittelländischen Meeres ausgewandert und hatten ungefähr fünf Meilen von der östlichen Rhonemündung eine Niederlassung, das oben genannte Massilia, gegründet1. Begünstigt durch eine vortreffliche maritime Lage entwickelte sich dieser phokäische Ableger sehr rasch zu einem blühenden, zu Land wie zur See gleichmässig starken Emporion. Seine Bewohner hielten unverbrüchlich treu an altgriechischer Sitte und mit strengem Sinne wachte der aristokratische Rat der Sechshundert oder Timuchen (tipoxo), über Reinhaltung öffentlicher Sittsamkeit, so dass er selbst die Pantomimen von der Bühne fernhielt, um das Volk vor dem zersetzenden Gifte lüsternen Schauspielwesens zu bewahren. Kinderlosigkeit schloss jeden Bürger von der Würde eines Timuchen aus. In eine eigentümliche Stellung wurde jeder Massiliote gebracht, dem das Dasein aus irgend welchen Gründen zur Qual geworden und der nach stoischer Moral dem »>Patet exitus« vor dem ferneren irdischen Wandel den Vorzug gab; er musste nämlich dem Senate genügende Gründe für seinen Entschluss, aus eigenem Antriebe die Welt zu verlassen, vorlegen und erst wenn die Sechshundert diese Angaben als stichhaltig befunden, erteilten sie dem Lebensmüden die staatliche Genehmigung und gaben sie ihm das Mittel, sich zu töten, indem sie ihm den von der Regierung allein in Verwahr gehaltenen, nötigen Schierlingssaft verabreichten. Kein Massiliote durfte seiner Tochter mehr als hundert Goldstücke zur Morgengabe auswerfen, kein Kleid, kein Schmuck durfte den Wert von fünf Goldstücken übersteigen, niemand durfte bewaffnet die Stadt betreten, sondern wer Waffen trug, musste sie an den Thoren abgeben und erhielt sie erst beim Verlassen der Stadt zurück. Den Weibern war der Genuss des Weines verboten, weil man im Genusse desselben Gefahr für die Sittsamkeit des schönen Geschlechts befürchtete.

1 G. Busolt, Griech. Geschichte, 1. Teil, S. 285. Brückner, Hist. reipublicae Massiliensium. Göttingen 1826. Lancelot, Précis historique de l'ancienne Marseille, Marseille 1839. L. Geisow, De Massil. Republ. Bonn 1865. Bis zum Jahre 46 v. Chr., als die Massilioten im Bürgerkriege zwischen Caesar und Pompejus durch jenen ihres Gebietes beraubt wurden, umfasste der ager Massiliensis die Landschaften der Volcer, Arecomici und Helvii, die von Pompejus 97 v. Chr. besiegten Solyer (Caes. bell. civil. I, 35, 4) und die Küste von der Rhonemündung bis Nicäa. Davon verblieb den Massilioten nur die im Osten gelegene Küste bis Athenopolis und Nicäa. (Hirschfeld, Sitzung der Wien. Akademie Phil. Kl. 1883, S. 272.)

Und während die mächtige Seestadt mit ehrender Treue an die Erhaltung althellenischer Sittenstrenge und Denkart dachte, war sie nicht minder bemüht, Sitz und Brennpunkt griechischer Gelehrsamkeit zu sein und in diesem Bestreben hat sie sich den auszeichnenden Beinamen Athenopolis oder »gallisches Athen« erworben. Die Nachbarschaft der Barbaren hat diese Stadt nicht gehindert, ihrer Aufgabe als Trägerin hellenischer Geisteskultur gerecht zu werden, im Gegenteil drang die Macht ihrer civilisatorischen Thätigkeit weit über die Grenzen des eigenen Gebiets ins tiefe Gallien hinein. Sie wurde nicht nur ein ächtes aidevtńpiov, das mit Erfolg um den keltischen Geist rang und die Barbaren des südlichen Galliens durch verständnisvolles Einwirken auf sie für wissenschaftliches Leben gewann1, sondern sie wurde auch zur fruchtbaren Mutterstadt, welche vielen Colonien das Dasein gab, die ihrerseits sich mit jener in die edle Aufgabe teilten, die Samenkörner hellenischer Intelligenz über eine weite Fläche zu verstreuen. So wurden Narbo, Nemausus (Nismes), Arelatum (Arles), Vienna (Vienne), Antipolis (Antibes) nachmals als Sitze der Musen gefeiert und schenkten der Welt gelehrte Männer. Das bildende Moment Massilias sprach sich nicht zum geringsten in der beachtenswerthen Erscheinung aus, dass die Südgallier sich sehr häufig dem Studium griechischer Sprache und Philosophie zuwandten und in hellenischer Bildung einen ziemlich hohen Grad erklommen. Als Typus solcher vom Hellenentum polierten Gallier mag Lucians oben erwähnter Gewährsmann hingestellt werden, welchem der griechische Schriftsteller das Zeugnis gibt, in hellenischer Weltweisheit vollkommen bewandert gewesen zu sein. Strabo vermerkt, dass sich ganze gallische Gemeinden griechische, in Beredsamkeit geübte Anwälte hielten und dass die griechische Sprache bei Verträgen und sonstigen Abmachungen die Geschäftssprache der gebildeten Gallier gewesen, wie sie denn im ganzen mittelländischen Meerbecken zum Gedankenaustausche der Handel treibenden Welt diente.

Als Hort der Musenthätigkeit bot Massilia alle Vorzüge eines solchen, denn nirgends floss der Glanz hellenischer Wissenschaft mit dem Elemente provinzieller Zurückgezogenheit zu einem so lebendig fördernden Ganzen zusammen wie in der alten Phokäerstadt, wesshalb es denn auch die angesehensten jungen Römer, besonders unterm Kaiserreich, vorzogen, ihre Studien nicht in Athen,

1 Strabo, IV, 4.

sondern auf gallischem Boden in Massilia zu vollenden'. Dabei machte denn das Zusammenströmen drei verschiedener nationaler Elemente, der Griechen, Kelten und Römer, wovon letztere als zahlreiche Colonisten in Massilia lebten, die Stadt auch in völkersprachlicher Hinsicht zu einer buntbewegten und erwarb ihren Bewohnern das Epitheton der dreisprachigen (trilingues) 2. Bekanntlich schickte Kaiser Augustus den Neffen seiner Schwester, L. Antonius, einen Jüngling, nach Massilia ins Exil, um dort unterm Scheine der Studien zu leben 3. Auch Agricola, der Schwiegervater des Historikers Tacitus, bildete seinen Geist an der Schule zu Massilia1. Und wie hier, so blühten auch in der übrigen Narbonensis und in Aquitanien die Wissenschaften so vorzüglich, dass nach dem Dafürhalten des gallischen Geschichtschreibers Trogus Pompejus nicht Griechenland nach Gallien, sondern dieses nach Griechenland ausgewandert zu sein schien.

Frühe schon hatten sich die Massilioten namentlich um die Wissenschaft der Grammatik verdient gemacht. Von den Textrecensionen des Homer, welche von unbekannten Verfassern herrühren (auch die sieben städtischen Exemplare und je nach der Stadt genannt, aus der sie für die alexandrische Bibliothek angekauft worden waren), gilt die massiliotische noch immer als die vorzüglichste. Aus Massilia stammten die hervorragenden Grammatiker Lucius Plotius Gallus, sodann Castor und dessen Schüler Petronius; ferner wirkten dort der als Rhetoriker gefeierte Antonius Gnipho und der Arelatenser Favorinus. Aber auch sonst blieb kein Zweig der Wissenschaft in Massilia ungelehrt und noch sind die Namen einzelner berühmter Unterrichtsmänner erhalten. Als Mathematiker, Astrologen und Geographen sind vor allem zu erwähnen Pytheas und Euthymenes, welch' beide auf Anordnung ihres heimischen Senats Entdeckungsreisen antraten, jener

1 Liv. 40, 4.

Octav. 65.

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Florus, IV, 12.

Cicero, Pro Flacco 26. Sueton, Vellej. Patercul. II, 102.

2 Varro apud Isid. XV, 1. St. Hieronymus, Praef. secund. in Comment. in Epistol. ad Galat. lib. II.

3 Tacit. Annal. IV, 44.

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4 Tacit. Agricol. 4: Arcebat eum ab inlecebris peccantium, praeter ipsius bonam integramque naturam, quod statim parvulus sedem magistram studiorum Massiliam habuerit, locum Graeca comitate et provinciali parcimonia mistum, ac bene compositum. Memoria teneo solitum ipsum narrare, se in prima juventute studium philosophiae acrius, ultra quam concessum Romano ac senatori hausisse.

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