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Das christliche Leben der im römischen Reiche herrschend gewordenen Kirche.

I.

Die verschiedenen Wege der Bekehrung vom Heidenthume zum Christenthum.

Wir fehn jezt eine große Veränderung in dem Verhältnisse der Kirche zum Staate vor sich gehen. Diese Veränderung besteht darin, daß die Kirche, welche bisher eine bedrückte, höchstens geduldete war, die äußerlich herrschende wird, ihre frühere Knechtsgestalt mit weltlicher Herrlichkeit vertauscht und eben das durch Viele anzieht, welche nicht von dem innern Wesen des Christenthums angezogen wurden. Wenn gleich es auch in jener ersten Zeit der mit der äußeren Macht des Heidenthums kämpfenden Kirche, vermöge der in der menschlichen Natur liegenden Quelle der Selbsttäuschungen, es an Scheinbefehrungen nicht fehlte, so kamen doch jezt in dem die Kirche umgebenden äußerlichen Glanze weit mehr Versuchungen hinzu, welche das bloß äußerliche Bekenntniß mit dem wahrhaft Christ werden" verwechseln ließen. Und jene große Veränderung ging zuerst davon aus, daß die Beherrscher des römischen Reichs zum Christenthume sich bekannten, und zwar auf solche Weise, daß, wenngleich sie wirklich aus Ueberzeugung Christen zu sein glaubten und für die Ausbreitung der christlichen Kirche, ihre äußerliche Verherrlichung mit aufrichtigem Eifer wirkten, doch in ihrer Gesinnung vom Christenthume keineswegs durchdrungen waren. Oft schadeten solche durch diesen falschen, nicht von der rechten

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chriftlichen Gesinnung getragenen und nicht von der rechten Erkenntniß begleiteten Eifer der christlichen Kirche, der sie dienen wollten, weit mehr, als sie durch offene Feindseligkeit ihr hätten schaden können.

Allerdings war der erste unter jenen Kaisern, welche sich öffentlich zum Christenthume bekannten, Conftantinus, zumal in den ersten Zeiten seiner Regierung, vermöge eines gewissen Eflekticismus in der Religion, welcher für ihn der Uebergangspunkt zum Christenthume geworden war, vermöge des Einflusses heidnischer Platoniker und christlicher Bischöfe von gemäßigterer und milderer Denkart und auch aus politischen Rücksichten im Ganzen fern davon, das Heidenthum mit Gewalt unterdrücken, die Anhänger des Heidenthums verfolgen und das Christenthum durch gewaltsame Mittel ausbreiten zu wollen. So sprach er, als er nach der Bestegung des Licinius die Alleinherrschaft erworben, in einer an die ihm nun erst unterworfenen orientalischen Provinzen erlassenen Proklamation die Grundsäße weiser Duldsamkeit auf eine solche Weise aus, welche von dem Geiste des Christenthums weit mehr zeugt, als irgend ein Eifer der Proselytenmacherei davon hätte zeugen können; denn hier erkennen wir jenen, wie wir in dem ersten Abschnitte sahen, erst durch das Christenthum ans Licht gebrachten Begriff der Gewissensfreiheit und des allgemeinen Menschenrechts, so wie das Bewußtsein von der rechten Art, wie das Christenthum die Gemüther gewinnen sollte, wenn gesagt wird: „Freudig mögen die Irrenden gleichen Genuß des Friedens und der Ruhe mit den Gläubigen empfangen, denn der bessernde Einfluß des Umgangs vermag auch zu dem richtigen Wege die Menschen hinzuführen. Keiner beunruhige den Andern. Jeder handle nach der Neigung seiner Seele. Wer die richtige Ueberzeugung hat, muß wissen, daß diejenigen allein heilig und rein leben werden, welche. Du felbft dazu rufft, in deinem heiligen Gefeße ihre Ruhe zu finden. Diejenigen aber, welche sich selbst von demselben fern halten, mögen, weil sie es so wollen, die Tempel der Lüge behalten. Wir

haben das herrliche Haus der Wahrheit, welches Du uns, wie es das Bedürfniß unserer Natur ist, gegeben hast. Das wünschen wir auch Jenen, daß sie in Geistesgemeinschaft mit uns, auch unsre Freude theilen möchten.“

Aber es fehlte viel daran, daß der, welcher diese schönen Grundsäge aussprach, in seinem Handeln immer denselben treu geblieben wäre, wenn er auch keine gewaltsamen Bekehrungsmittel anwandte. Wenn auch nicht, wie es in späterer Zeit geschah, die Heiden manchen Bedrückungen ausgeseßt und an der Ausübung ihres Cultus gehindert worden wären, so mußten doch schon seit der Herrschaft des Constantinus die mancherlei äußerlichen Vortheile und Vorrechte, welche den Christen in allen Ständen zuflossen, so mußte die Fürstengunst, welche man oft auf diesem Wege gewinnen konnte, für Viele, denen die Religion ganz gleichgültig oder denen doch das Irdische wichtiger war, als das Himmlische, Antrieb werden, der christlichen Kirche sich anzuschließen. Es wird herrschendes Interesse der Regenten, nur recht viele Anhänger für die Religion, zu der sie sich bekennen, zu gewinnen, und auch finnliche Mittel, Gunst und Ehrenbezeugungen, Schenkungen sind ihnen gut genug für diesen Zweck. Darin finden wir keinen Unterschied zwischen den christlichen Kaisern Constantin und Constantius und dem heidnischen Kaiser Julian. Es war natürlich, wie es unter ähnlichen Umständen immer leicht geschehen wird, daß es Viele gab, welche nach dem Ausdrucke eines christlichen Kaisers, Jovianus, nicht Gott, sondern dem Purpur dienten, Solche, welche nicht von dem himmlischen Vater gezogen, nicht durch ein Herzensbedürfniß getrieben, zu dem Herrn sich bekannten, ähnlich denen, von welchen gesagt wird Joh. 2, 24.: Er vertraute sich ihnen nicht“ und denen, zu welchen der Herr, ihren verkehrten, nur auf das Irdische gerichteten Sinn strafend, sprach: „Wirket Speise, nicht die vergänglich ist, sondern die da bleibet, in das ewige Leben." Eben diese Worté des Herrn wandte Auguftinus auf solche Leute an, indem er ausrief: „Wie viele suchen Jesus,

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nur um zeitliche Wohlthaten zu empfangen! Der Eine hat einen Prozeß, und sucht deßhalb Verwendung der Geistlichen. Ein Anderer wird von einem Mächtigen bedrückt und flieht zur Kirche. Ein Dritter sucht zu erhalten, daß ein Fürwort eingelegt werde bei einem Manne, bei dem er selbst wenig gilt. Der Eine so, der Andre so. Täglich wird die Kirche von Solchen voll. Selten wird Jesus um Jesu willen gesucht." Mancher wurde, wie derselbe Augustin sagt, ein sogenannter Christ, um einen mächtigen Gönner zu gewinnen, um eine gewünschte Ehe schließen zu können, um einer ihm drohenden Verfolgung zu entgehen, oder um eins der einträglichen geistlichen Aemter als Christ zu erhalten. Solche Leute meinte Augustin, wenn er in einer Predigt von der Heuchelei derjenigen sprach, welche durch den christlichen Namen vielmehr den Menschen als Gott gefallen wollten. Es war dieses eine Heuchelei, entweder von gröberer oder von feinerer Art, entweder daß durchaus weltlich gesinnte Menschen mit klarem Bewußtsein die Religion, die ihnen ganz gleichgültig war, nur als Mittel für ihre irdischen Zwecke gebrauchten, oder daß Menschen, denen zwar das sittliche und religiöse Interesse nicht ganz fremd war, bei denen aber das irdische weit mehr vorherrschte, sich selbst täuschten, als ob sie durch innere Gründe in ihrer Ueberzeugung bestimmt wären, während doch, ohne daß sie sich selbst davon Rechenschaft gaben, äußerliche Rücksichten besonders auf sie eingewirkt hatten. Immer konnte an denen, welche in solcher Unlauterkeit, sei es der gröberen oder der feineren, sich mehr verbergenden, zur Kirchhe kamen, so lange sie in diesem Zustande der Unlauterkeit sich befanden, die heiligende Kraft des Evangeliums sich nicht wirksam erweisen. So lange sie kein inneres Herzensbedürfniß zu dem Herrn hinzog, konnte er ihnen auch nicht werden zur Gerechtigkeit, Erlösung und Heiligung. Die große Zahl solcher bloß äußerlichen Mitglieder konnte dem wahren Wesen der Kirche mehr schaden als nüßen, denn ste brachten heidnischen Aberglauben und heidnisches Laster unter dem äußerlichen Scheine des Christenthums in dieselbe hinein.

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Wer früher offenbar als Heide erschienen, verhüllte sich nun unter dem christlichen Namen und blieb ein unter dem Deckmantel der Religion verborgener Sünder," wie Augustin sagt. Et was Großes ist es sagt Hieronymus ein Christ zu sein, nicht zu scheinen." Aber das Böse ist nothwendig gerade am gefährlichsten, wenn es nicht im offenen Kampfe dem Guten entgegentritt, sondern unter dem Scheine des Guten dasselbe bekämpft. Jede gute Sache hat weit mehr ihre falschen Freunde, als ihre offenen Feinde zu fürchten. Der Macht des Göttlichen vermag das Ungöttliche, wenn jedes erscheint, wie es ist, nicht lange zu widerstehen; aber dieses siegt, indem es täuscht durch den angenommenen fremden Schein, indem es mit dem Göttlichen sich vermischt und dadurch dessen Offenbarung trübt und dessen Wirkung hemmt. Die Engel der Finsterniß sind am gefährlichsten, wenn sie sich kleiden als Engel des Lichts.

Schön sagt Augustin zur Warnung vor den Reizen der mit christlichem Scheine sich bedeckenden Welt, vor den verborgenen Gefahren: „Wenn gleich die Kaiser Christen geworden, ist darum auch der Teufel Christ geworden?”

Diejenigen, welche durch jene finnlichen Reizmittel von der Kirche angezogen worden, waren es denn auch, welche, wenn die Hofluft sich veränderte, die angenommene Larve gleich wieder abwarfen, wenn sie durch äußerliche Vortheile unter einem Constantinus sich taufen zu lassen bewogen worden, unter dem Bekämpfer der christlichen Kirche, dem Kaiser Julian, wieder in das Heidenthum zürücktraten, nach dessen Tode wieder Christen wurden. Der Bischof Afterius von Amasea in Pontus, der in diesen Zeiten lebte, benußte in einer gegen die Habsucht gehaltenen Predigt solche Erfahrungen, um zu zeigen, wie tief derjenige finken könne, der den Mammon zu seinem Abgotte mache. Wodurch fagt er- find diejenigen, welche einft der Kirche angehörten und an dem heiligen Abendmahle Theil nahmen, zum Gößendienst hingezogen worden? Nicht durch das Verlangen, viele irdische Güter zu gewinnen und fremder Güter sich bemäch

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