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mehreren alten Religionssystemen Aftens findet, daß die wechselnden Formen des einzelnen Daseins sich zulezt in ein bewußtloses All auflösen würden, allgemeiner Tod das lezte Ziel, alles Dasein ein wefenloses Gespenst) und vielleicht wird dann etwas sein, das ich jezt noch nicht begreifen kann.“

In solche und ähnliche Gedanken, ich weiß nicht woher, unaufhörlich versunken, marterte ich mich so sehr, daß ich blaß und abgezehrt wurde. Und das Schrecklichste: wenn ich einmal diese Sorge als eine unnüße von mir abwälzen wollte, so wurden meine Leiden nur noch heftiger. Ich war unwillig darüber, ohne zu wissen, daß dieser mir einwohnende Gedanke der segnende Wegweiser zu einer seligen Unsterblichkeit mir werden sollte, wie ich nachher aus eigner Erfahrung erkannte, und dem allmächtigen Gott dafür dankte, denn durch den mich von Anfang an quälenden Gedanken wurde ich genöthigt, die Wahrheit zu suchen, und gelangte endlich dazu, sie zu finden, und als ich fie gefunden, beklagte ich diejenigen, welche ich schon aus Unwiffenheit glücklich preisen wollte."

,,Da ich nun von Kindheit an mit solchen Gedanken mich beschäftigte, besuchte ich die Schulen der Philosophen, um eine sichere Erkenntniß zu erlangen, und ich fand dort nichts als Syfteme Aufbauen und Umstürzen, vielfältigen Streit der Meinungen. Zum Beispiel siegte bald die Meinung, daß die Seele unsterblich, bald daß sie sterblich sei. Im ersten Falle freute, im zweiten betrübte ich mich, und nichts blieb endlich fest in meiner Seele. Da ich nun erkannte, daß die Sachen nicht wie sie in Wahrheit sind erscheinen, sondern wie sie von dem Menschen dargestellt werden, ergriff mich noch mehr Schwindel. Deßhalb feufzte ich aus der Tiefe meiner Seele, denn ich konnte nichts Festes gewinnen, und doch konnte ich mich von diesen Sagen nicht losmachen, obgleich ich es wollte, wie ich vorhin sagte, denn obgleich ich mir oft Schweigen gebot, so weiß ich doch nicht, wie mir geschah, daß solche Gedanken sich wieder, so daß ich Freude daran empfand, bei mir einschlichen.“

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Und in neue Zweifel gerathend, sprach ich zu mir, warum mühe ich mich vergebens ab, da doch die Sache klar ist? Werde ich nach dem Tode nicht mehr sein, so sollte ich mich nicht, während ich lebe, darüber betrüben. Ich will lieber die Betrübniß versparen für jene Zeit, wenn ich nicht mehr sein werde, und mich daher auch nicht mehr werde betrüben können. Und sogleich drängte sich in mir ein anderer Gedanke auf, denn ich sprach zu mir: Wenn ich nur nicht dort noch etwas Aergeres als meine jezige Betrübniß erleiden werde, falls ich kein frommes Leben geführt habe, und wenn ich nur nicht nach den Lehren einiger Philosophen in der Unterwelt ewigen Strafen werde überliefert werden! Ich wandte mir dann ein: aber so ist es nicht; und dann sagte ich wieder: aber wenn es so ist? Da die Sache also ungewiß ist, sagte ich, so ist es sicherer für mich, ein frommes Leben zu führen. Und wie werde ich, um des Guten willen, auf eine ungewisse Hoffnung hinblickend, die sinnlichen Begierden bestegen können? Aber ich habe auch nicht einmal eine zuversichtliche Ueberzeugung darüber, was das Gute und das Gott Wohlgefällige sei. Ich weiß nicht, ob die Seele sterblich oder unsterblich sei, ich kann keine gewisse Lehre finden, und kann doch auch vor solchen Gedanken nicht ruhen.“

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Was soll ich nun thun? Ich will nach Aegypten reisen, mir die Hierophanten und Propheten der dortigen Mysterien zu Freunden machen, ich will einen Zauberer suchen, und wenn ich einen auffinde, ihn durch große Summen bewegen, einen Geist mir zu citiren, als ob ich ihn über eine Sache befragen wolle. Meine Frage aber wird die Unsterblichkeit der Seele betreffen. Ich werde nicht auf die Antwort des Geistes warten, sondern dessen Anblick, dessen Erscheinung wird mir schon hinreichender Beweis sein, und ungewisse Worte werden mir, was ich durch den Augenschein erfahren habe, nicht umstürzen können. Doch theilte ich diese meine Absicht einem mir bekannten Philosophen mit, welcher mir aus vielen Gründen rieth, dies nicht zu wagen. Denn sagte er wird die Seele dem Zauberer nicht ge=

horchen, so wirst du, weil du den Gesezen, welche dies verbieten, entgegen gehandelt haft, in Gewissensangst leben. Wenn sie aber dem Rufe folgt, so wirst du, neben der Gewissensangst, auch in den Dingen der Religion kein Gedeihen mehr haben, weil du solches gewagt hast, denn die Gottheit soll gegen diejenigen zürnen, welche die Seelen der Abgeschiedenen beunruhigen.“

„Da ich dies hörte, hatte ich zwar nicht mehr solche Luft, dies zu versuchen, aber ich gab doch mein früheres Vorhaben noch nicht auf, es schmerzte mich nur, mich von der Ausführung desselben zurückgehalten zu sehen. “

In dieser Stimmung des Suchens, Wünschens, Zweifelns, Schwankens befand sich Clemens, als er von dem in Palästina erschienenen Sohne Gottes hörte, welcher Allen, die ihm glauben, und seiner Lehre gemäß ihr Leben einrichten würden, ewige Seligkeit verheißen, und durch sichere Thatbeweise göttlicher Kraft feine Verkündigungen unterstüßt habe. Und da er das Evange= - lium fennen lernte, fand er in demselben die gesuchte Ruhe.

In dieser Darstellung der innern Lebensgeschichte des Clemens zeigt sich uns, wenn sie auch Dichtung sein mag, gewiß der innere Lebensgang mancher Menschen dieser Zeit; vielleicht finden wir darin auch einen Spiegel für unsere Zeit.

So kam Justin der Märtyrer, nachdem er in manchen philosophischen Systemen gesucht, zuleßt von dem platonischen, durch das er am meisten angezogen worden, endlich zum Christenthum. Derselbe sagt von sich selbst, nachdem er aus einem heidnischen Philosophen ein christlicher geworden: „Erst im Chriftenthum fand ich die einzige zuverlässige und heilsame Philosophie. Gern möchte ich Allen denselben Sinn mittheilen, den ich jezt habe, von den Lehren des Heilandes nicht zu weichen, denn diese Lehren haben etwas Ehrfurchtgebietendes in sich, eine Kraft, diejenigen zurückzuhalten, welche von dem wahren Lebenswege fich entfernen wollen, und denjenigen, welche es sich angelegen sein laffen, diese Lehre zu üben, wird die seligste Ruhe zu Theil." Derselbe nennt nachher, aus eigener Erfahrung redend, Christus

den herrlichen Felfen, von dem lebendiges Wasser in die Herzen derjenigen strömt, welche durch ihn den Allvater lieben, und der denjenigen zu trinken giebt, welche das Wasser des Lebens trinfen wollen. Und derselbe nennt das Wort der Wahrheit und der Weisheit brennender und heller leuchtend als die Kraft der Sonne, es dringe, sagt er, in die Tiefen des Herzens und des Geistes ein.

So war der durch frommen Eifer und wissenschaftliche Erkenntniß ausgezeichnete Bischof Dionystus von Alexandria im dritten Jahrhundert durch Prüfung verschiedener Systeme zum Christenthum gekommen. Indem er Alles zu untersuchen und zu prüfen pflegte, war ihm dieses, wie er selbst sagt, der Weg zum Glauben geworden. In den Systemen mancher chriftlichen Theosophen des Orients (der Gnostifer), welche aus einer Vermischung christlicher Ideen mit schon vorhandenen Denk- und Anschauungsweisen des Orients gebildet worden, läßt sich eine deutliche Spur davon auffinden, daß jene merkwürdigen Männer mit einer über die Gränzen der Menschheit hinausstrebenden Sehnsucht die räthselhaften Bruchstücke aus dem grauen Alterthum herstammender Religionssysteme durchsucht hatten, bis fie von der Alles überstralenden Herrlichkeit der Offenbarung Goties im Evangelium angezogen wurden. Wenn gleich sie nur von der einen Seite, nach der sich ihr ganzes geistiges Leben einmal hingerichtet hatte, in das Christenthum eindrangen, wenn gleich sie nicht die Selbstverläugnung besaßen, ihre bisherigen Ansichten und Geistesrichtungen der neuen Alles umwandelnden Schöpfung, welche das Christenthum nothwendig, wo es recht wirkte, mit sich führte, aufzuopfern oder unterzuordnen, so zeigt sich doch darin auf eine merkwürdige Weise der mächtige Einfluß des Christenthums auf die entgegengeseßten Richtungen der menschlichen Natur, wie es über jene in die Höhe strebende, die Auffassungsformen der menschlichen Natur als zu eng verschmähende, jenseit der Gränzen der menschlichen Natur in die Tiefe des verborgenen Gottes eindringen wollende, so zu sagen, gigan

tische Geistesrichtung, und auf der andern Seite über jenen noch an der Erde klebenden, das Himmlische zur Erde herabziehenden, mit dem Irdischen es vermischenden Sinn, wie es über beide so entgegengesette Sinnes- und Denkarten zugleich seine übermächtige anziehende Kraft ausüben konnte.

·II.

Wirkungen des Christenthums auf das allgemeine Gottesbewußtsein in dem Menschen.

Das Christenthum schloß sich in seinen Wirkungen dem vorhandenen Gottesbewußtsein an, indem es das schlummernde erweckte, das gebundene von seinen Fesseln frei machte, indem es die dunkle Ahnung von dem Dasein eines verborgenen Gottes in das helle und lebendige Bewußtsein der innigen Verbindung mit einem in Chrifto geoffenbarten Gott verwandelte. Die Idee von Einem Urheber und Urquell alles Daseins, in dem wir leben, weben und sind, von dessen Geschlecht wir sind und der nicht fern ist von einem Jeden unter uns, diese Idee liegt der geistigen und sittlichen Natur des Menschen tief zum Grunde. Aber wenn sie nur als dunkele Ahnung in dem Hintergrunde des menschlichen Bewußtseins bleibt, wenn sie nicht als beseelendes Princip in das ganze Leben eingreift, das ganze Leben in Beziehung auf dieselbe aufgefaßt wird, so bleibt sie etwas durchaus Unfruchtbares, und sie wird durch die Berührungen mit der Welt, welche das Bewußtsein des Menschen beherrscht, immer mehr zurückgedrängt und unterliegt der Naturvergötterung. Es half nichts, wenn nachdenkende Männer die abstrakte Erkenntniß von einer höchsten Einheit hatten, diese konnte, wie dies auch die alten Weisen und Geseßgeber einsahen, dem Volksbewußtsein nicht nahe gebracht und nicht in demselben lebendig fortgepflanzt werden. Nicht durch Ueberlieferung einer abstraften Gottes

Neanders Denkwürdigk. I.

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