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erkenntniß, sondern nur dadurch, daß das Leben jedes Einzelnen in eine persönliche Beziehung zu einem nicht mehr als der Vers borgene geahnten, sondern als in die menschliche Natur unmit telbar eingreifend, in seiner lebendigen Offenbarung erkannten Gott gesezt wurde, nur dadurch konnte das Heidenthum durchaus überwunden werden. In der verschiedenen eigenthümlichen Art, wie zum Christenthum übergetretene Heiden jenes lebendige und ihr ganzes Innere erfüllende und durchdringende Gottesbewußtsein im Verhältniß zu ihrer früheren Denkart aussprachen, läßt sich die Verschiedenheit jener Richtungen und Wege, von welchen aus die Menschen zum Christenthume gekommen waren, wiedererkennen.

Auf die gewöhnliche Frage der in Sinnlichkeit versunkenen Heiden an die Christen: Wer ist denn der Gott, den ihr im Verborgenen ohne allen sinnlichen Cultus, ohne Bilder, Tempel, Altäre verehrt, antwortete Theophilus von Antiochia: „Er ist es, dessen Hauch das All belebt; wenn Er seinen Hauch zurückhält, sinkt das All in Nichts. Du kannst nicht reden, ohne von ihm zu zeugen, von Ihm zeugt dein Lebensathem - und Ihn kennst du nicht. Das geschieht dir wegen der Blindheit deiner Seele, der Verstockung deines Herzens. Gott wird von denen gesehen, welche ihn sehen können, wenn sie das Auge der Seele offen haben. Alle haben Augen, aber Einiger Augen sind verfinstert und sehen das Sonnenlicht nicht, und wenn die Blinden nicht sehen, so folgt daraus nicht, daß das Sonnenlicht auch nicht scheinen sollte; sich selbst und ihre eigne Augen mögen die Blinden anklagen. So haft auch du, o Mensch, die Augen deiner Seele verfinstert durch die Sünde. Der Mensch muß die

Seele rein haben gleich einem hellen Spiegel. Wenn Sünde im Menschen, gleich wie Rost auf dem Spiegel ist, kann ein folcher Mensch Gott nicht fehn. Aber wenn du willst, kannst du geheilt werden. Gieb dich dem Arzt hin, und Er wird die Augen deiner Seele und deines Herzens öffnen. Wer ist der Arzt? Der Gott, welcher heilt und lebendig macht durch sein

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Wort." So zeigt Theophilus dem Heiden, daß der Mensch durch die Entfremdung von Gott vermöge seiner innern Verderbniß gehindert werde, die durch alles Dasein ihm entgegentretende Offenbarung Gottes zu vernehmen (vergl. Röm. 1, 20. u. 18.) und er also zuerst suchen müsse, von dieser Verderbniß befreit zu werden, um in einem geheiligten Herzen das Bild eines heiligen Gottes sich abspiegeln zu lassen. Er weiset mit Recht, wie er dies bei seinem Uebertritt aus dem Heidenthum zum Chriftenthum erfahren hatte, darauf hin, daß die wahre Gotteserkenntniß nicht als etwas Abstraktes durch gewisse Begriffe von außen her dem Menschen mitgetheilt werden könne, sondern auf eine lebendige Weise nur von einer Wiedergeburt des innern Lebens ausgehen müsse.

Männer, welche vor ihrem Uebertritt zum Christenthum die verschiedenen Systeme der alten Philosophen durchforscht hatten, erinnerten sich nun mit Freude an jene über den Volksaberglauben sich erhebenden reineren, aus dem durch die Philosophie entwickelten religiösen Bewußtsein hervorgehenden religiösen Ideen. Von dem Mittelpunkte des Christenthums aus konnten sie nun in allen zerstreuten Spuren der Wahrheit etwas Verwandtes erkennen und vom beigemischten Falschen es sondern, wie sich Clemens von Alexandria ausdrückt, das durch menschlichen Irrthum Zertheilte wieder zu Einem harmonischen Ganzen der Wahrheit verbinden und so ohne Gefahr die Wahrheit erkennen.

Doch lag allerdings auch etwas Wahres zum Grunde, wenn Tertullian, ein Mann mehr des Lebens als der Wissens schaft, in aller Bildung, was freilich nur von der nicht wahren gelten fonnte, eine Verfälscherin des Ursprünglichen, eine Verkün stelung des Natürlichen zu sehn geneigt war und wenn er daher, statt den Schulen der Weltweisen nachzugehn, in denen er die Stimme der Natur oft unterdrückt fand, sich lieber auf das uns willkürliche Hervorbrechen dieser Stimme in den unbewachten Aeußerungen des unmittelbaren Gefühls bei ganz einfachen, ungebildeten Menschen berief. Er wollte zeigen, wie selbst die Herr

schaft des Wahns das ursprüngliche Gottesbewußtsein nicht ganz unterdrücken könne. Ich rede zu Dir, Seele," sagt er,,,die du nicht durch Schulen gebildet, nicht aus Büchern gelehrt worden bist, nicht menschlicher Weisheit voll, auf dich einfältige, ungebildete und unwissende berufe ich mich, wie du bei denen bist, die nichts als dich haben, wie du auf dem Markte und in der Werkstätte erscheinst. Ich fordere das von dir, was du mit dir dem Menschen zuführst, was du entweder aus dir selbst oder von deinem Schöpfer, wer er sei, fühlen gelernt hast. Wir hören dich öffentlich und mit voller Freiheit, was uns nicht verstattet wird, zu Hause und außer dem Hause so ausrufen: Was Gott giebt, wenn Gott so will. Durch dies Wort bezeugst du das Dasein eines Gottes, schreibst ihm alle Gewalt zu, nach dessen Willen du hinsiehst, du leugnest auch das Dasein der übrigen Götter, indem du diese mit ihren besonderen Namen nennst. Auch was wir von dem Wesen Gottes sagen ist dir nicht verborgen. Es ist dein Wort: „Der gute Gott, Gott giebt das Gute. Du seßest in der That hinzu: Aber der Mensch ist schlecht. So deutest du durch diesen Gegensatz an, daß der Mensch eben deßhalb schlecht sei, weil er sich von dem guten Gott entfremdet hat. Auch in dem, was wir für den heiligsten Grund der Lehre und des Lebens halten, in dem Glauben, daß Gott allein die Duelle des Guten für den Menschen sei, kommen wir überein. Gott segne dich, sagst du so leicht, als es dem Christen nothwendig ist zu sagen. Goft sieht Alles; ich empfehle es Gott; Gott wird es vergelten; Gott wird zwischen uns richten. Woher solche Aussprüche der Nicht-Christen? Ja, während sie oft den Göttern huldigen?" Er nennt diese Aussprüche der gottbewußten Seele,die Lehre der ursprünglichen Natur, im Stillen anvertraut dem angebornen Bewußtsein." Was Wunder," sagt er,,, wenn sie von Gott herstammend dasselbe ausspricht, was Gött den Seinen zu erkennen verliehen hat!" In seinem Apologetikus nennt er diese unwillkürlichen Aeußerungen der Men

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schen das Zeugniß der Seele, welche von Natur eine Christin ift (testimonium animae naturaliter christianae). Und ins

dem sie Solches ausspricht"

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fagt er

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,,sieht sie nicht zum Capitol, sondern zum Himmel hinauf, denn sie kennt den Sig des lebendigen Gottes, von ihm und von dorther stammi ste ab. Obgleich in den Kerker des Körpers eingeschlossen, obgleich durch schlechte Unterweisung gefangen genommen, obgleich durch Lüste und Begierden entkräftet, obgleich Sklavin der falschen Götter, doch wenn sie wie aus einem Rausche, wie aus einem Schlafe, wie aus einer Krankheit zur Besinnung kommt, und zu einem Gefühl der Gesundheit gelangt, nennt sie Gott mit dem Namen allein, der dem wahren Gott eigen ist."

Wenn Tertullian mit Recht in dem Christenthume die Offenbarung des Gottes erkannte, der nie ganz verborgen sein, nie ganz dem Menschen fehlen könne, der sich immer erkennen, immer vernehmen lasse, für den unser ganzes Dasein zeuge und in dem es ruhe, der nicht bewiesen zu werden brauche, der dadurch bewiesen werde, daß er nicht verleugnet werden könne, so wurde hingegen das warme Herz des Marcion so hingeriffen von der Herrlichkeit der Offenbarung Gottes in Christo, daß er ausrief: „Der Gott der Heiligkeit und Liebe, den ich im Evangelium finde, war der Welt bisher ganz fremd, weder die Natur, noch die Vernunft konnte zu ihm hinweisen; der Gott, den Natur und Vernunft verkündeten, ist nicht jener höchste in Chrifto geoffenbarte Gott. In der beschränkten, schwachen Natur des Menschen, ist nichts diesem Allmächtigen, dem Gotte der heiligen Liebe Verwandtes; erst das Christenthum hat ein aus diesem Gott herfließendes göttliches Leben dem Menschen mitgetheilt, durch das er sich über die ganze endliche Schöpfung zur Gemeinschaft mit diesem unendlichen Wesen der Heiligkeit und Liebe erhebt.“ Wenn gleich hier Wahres und Falsches vermischt ist, so sehen wir doch daraus, wie außerordentlich und neu die Gotteserkenntniß, welche das Christenthum den Menschen mittheilte, und dessen Wirkung in der Menschheit dem Gemüthe eines von der Macht

des Evangeliums tief ergriffenen Heiden erscheinen konnte, wie er, wenn er die Welt, in welche das Christenthum ihn verseßte, mit der Welt, in der er früher gelebt hatte, die ihn umgab, die er im Alterthum vor sich sah, verglich, nun glauben konnte, daß fein Vermittelungspunkt zwischen diesen beiden Welten möglich sei.

Wir lernen an diesem Beispiele, wie leicht eine mit tiefem, religiösem Gefühle einseitig aufgefaßte Wahrheit zum Irrthum hintreibt, wie leicht, wenn das Tiefgefühlte in Begriffe umgefeßt werden soll, das Wahre mit Irrthum sich vermischt. Und wenn wir diese beiden in feuriger Liebe und schroffem Abstoßen einander verwandten Männer, welche beide von dem Christenthume tief durchdrungen waren, mit einander vergleichen, so sehen wir, wie leicht es geschieht, daß diejenigen, welche, wenn sie gegenseitig in die Tiefen ihres Gemüthes blicken könnten, einander als Brüder umarmen würden, einander verkennen und aufeinden, weil die Gemüther nur im Räthsel und Spiegel der Sprache, durch das Stückwerk der Begriffe ihr Inneres offenbaren,

III.

Das Verhältniß der christlichen Kirche zu der heidnischen Welt, in welche sie eintrat.

Eine, das sich immer gleichbleibende religiöse Bedürfniß der menschlichen Natur zu befriedigen bestimmte, daher für den Menschen unter allen verschiedenen Verhältnissen geeignete, über alle irdischen Bildungsformen der Menschheit erhabene Religion, die Idee einer solchen Religion der Menschheit war etwas dem Alterthume Fremdes. Und wenn gleich es Jedem, der weiß, was Religion ist und der diese durch nichts Anderes zu erseßende Macht kennt, einleuchten muß, daß das religiöse Gefühl an sich kein anderes sein kann bei dem Gelehrten und dem Ungelehrten, dem Gebildeten und dem Ungebildeten, so erneut sich doch), in

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