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die Christen das Beispiel gewissenhafter Beobachtung der Geseze um Gottes willen und des ungebeugten Freiheitsinnes, der, wie er den Gebietenden der Welt nur gehorcht als den von Gott in diesen Beruf eingeseßten, so sich durch keine Gewalt zum Gehorsam zwingen ließ, wo dieser sich auf das dem göttlichen Geseze Widerstreitende bezog. Was das Erste betrifft, so konnte Tertullian sich darauf berufen, daß das, was der Staat durch die Abnahme des Gößendienstes an Tempeleinkünften verliere, demselben durch die gewissenhafte Treue, mit der die Christen Abgaben und Zölle entrichteten, reichlich ersezt werde. Was aber das Zweite betrifft, so konnten sie, eben weil sie in den Menschen nur Gott gehorchten, nichts bewegen, den Menschen mehr als Gott zu gehorchen, was eben die ächte Freisinnigkeit derer ist, die nur Knechte Gottes sein wollen. Nichts konnte sie vermögen, den Kaisern eine Ehre zu erweisen, welche abgöttische Schmeichelei der Heiden ersonnen hatte, bei den Genien der Kaiser zu schwören, ihren Bildnissen zu opfern oder Weihrauch zu streuen, an den lärmenden, ausschweifenden und oft unanständigen öffentlichen Freudenbezeugungen und Luftbarkeiten zur Ehre der Kaiser an den Geburtstagen derselben, den Jahrestagen ihrer Thronbesteigung, bei ihrer Siegesfeier Theil zu nehmen. Deßhalb klagte man sie nun an, ohne die Gründe ihrer Handlungsweise zu berücksichtigen, die den Kaisern schuldige Ehrfurcht verlegt zu haben, man nannte sie Feinde des Staats und der Kaiser.,,Wir" fagt Tertullian, die Christen gegen jenen Vorwurf vertheidigend -,,wir rufen für das Wohl der Kaiser den ewigen, wahren, lebendigen Gott an, den, welchen auch die Kaiser selbst vor allen Andern zu ihrem eigenen Gott zu haben wünschen, sie wissen, wer ihnen die Regierung verliehen, sie wissen als Menschen, von wem sie auch das Leben haben. Sie fühlen es, daß der einzige Gott der sei, in deffen Gewalt allein sie stehn, nach dem sie die ersten find, sie über alle Götter erhaben. Denn wie sollten sie es nicht sein, da ste über alle Menschen erhaben sind. Sie bedenken, wie weit

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die Gewalt ihrer Regierung sich erstreckt und erkennen so den Gott, gegen den sie nichts vermögen, durch den sie Alles zu vermögen sich bewußt find. Zu dem blicken wir Chriften hinauf, ́indem wir unsere Hände, weil sie schuldlos sind, frei zu ihm ausstrecken, mit entblößtem Haupt, weil wir uns nicht vor ihm schämen; endlich ohne dazu aufgefordert zu werden, weil es aus dem Herzen kommt, beten wir für alle Kaiser, daß ihnen langes Leben, eine sichere Regierung, ein tapferes Heer, ein treuer Senat, ein redliches Volk, ein ruhiges Reich, und was der Mensch und der Kaiser wünschen kann, zu Theil werde. Dies kann ich von keinem Andern erbitten, als von Dem, von dem ich es zu erlangen gewiß bin, weil Er der ist, der allein dies verleihen kann, und ich dazu geeignet bin, es von ihm zu erlangen, ich sein Diener, der ich ihn allein verehre, der ich für sein Gesez mein Leben hingebe, der ich ihm das wahre Opfer darbringe, das er selbst geboten, ein Gebet, das aus einem keus schen Leibe, aus einer schuldlosen Seele, das vom heiligen Geiste kommt, nicht ein Paar Körner Weihrauchs, nicht zwei Tropfen Wein, nicht das Blut eines abgelebten Stiers, der schon zu sterben wünscht, und nach allem Verunreinigenden noch dazu ein beflecktes Gewissen, so daß es mich wundert, warum, wenn bei euch die Opferthiere von den lasterhaftesten Priestern besichtigt werden, ihr vielmehr die Herzen der Opferthiere als der Opfernden selbst untersucht?" Und nachher: „Ich will den Kaiser wohl Herrn nennen, aber nur dann, wenn ich nicht gezwungen werde, ihn statt Gott meinen Herrn zu nennen. Sonst bin ich frei vor ihm, denn ich habe nur einen Herrn, den allmächtigen ewigen Gott, derselbe, der auch des Kaisers Herr ist. Wie mag der Herr sein, welcher Vater des Vaterlandes ist?"

Wenn nun aber die Christen in dem Grundsaße, den Menschen nur zu gehorchen um Gottes willen und Gott mehr zu gehorchen als den Menschen, mit einander übereinstimmten, so fanden doch Meinungsverschiedenheiten in der Anwendung dieses Grundsages auf die besonderen Verhältnisse Statt. Es kam hier

ein für die chriftliche Sittenlehre wichtiger Gegenstand zur Sprache, über den auch in späteren Zeiten oft gestritten worden und noch gestritten wird. Das Christenthum muß ja, wie es zum Salz und Sauerteig für alles Menschliche bestimmt ist, in alle vorhandenen menschlichen Verhältnisse eingehen, und doch muß es Allem, was Sündhaftes in demselben ist, sich entgegenstellen, wie hier das Wort des Herrn, „daß er nicht gekommen sei, Frieden zu bringen, sondern das Schwerdt," seine Anwendung findet. Aber es fragt sich nur: Wo ist hier die rechte Gränze zwischen dem: Frieden halten mit Allen, so viel an uns ist, Allen Alles werden, und dem: das Schwert führen gegen die mit der Sünde behaftete Welt, welches Beides zu dem christlichen Berufe gehört. Nach der einen oder der andern Seite hin kann hier gefehlt werden, durch falsches Sich-Gleichstellen oder falschen Gegensaß gegen die Welt.

Die Entscheidung zwischen diesen beiden Gegenfäßen mußte in dieser Zeit in manchen einzelnen Fällen schwerer werden. Alle staatlichen und häuslichen Verhältnisse und alle Sitten waren von der alten heidnischen Volksreligion durchdrungen; dieser Zufammenhang war aber bei manchen Formen des Lebens im Allgemeinen längst vergessen worden, so daß nur gelehrte Alterthumsforscher dessen eingedenk waren. Und da entstand nun die Frage: Wie läßt sich in den herrschenden Einrichtungen und Sitten das, was zum bürgerlichen, geselligen und häuslichen Leben gehört, von der Beziehung zu dem heidnischen Elemente sondern? Was ist das an sich Gleichgültige, welchem sich auch der Christ nach der Pflicht des bürgerlichen Gehorsams oder zur Erhaltung der bürgerlichen Ruhe und Ordnung anschließen muß? Diese Fragen wurden von einer schrofferen und einer milderen Parthei auf verschiedene Weise beantwortet und von beiden Seiten wurde zuweilen das rechte Maaß überschritten. Wie der erste glühende Eifer des Neubekehrten leicht zu einem schroffen Gegensaße mit der Welt sich fortreißen lassen wird, so konnte ein zu schroffer Gegenfah wider Alles, was mit dem Heiden

thume irgendwie zusammenzuhangen fchien, in dieser Zeit bei den ernsteren Gemüthern leicht entstehen. Auch in dem Irrthümlichen werden wir hier dem hochherzigen Glaubenseifer und dem tiefen christlichen Ernste unsere Achtung nicht versagen können, werden uns von der Hoheit der Gesinnung, der Wärme des Herzens angezogen fühlen. So sagt Tertullian, ein Repräsentant jener schrofferen Richtung, zu denen, welche ihm in dieser Beziehung von den Worten Chrifti: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gotte, was Gottes ist," eine zu weite Anwendung zu machen schienen: „Der Herr ließ sich die Münze zeigen und fragte, weffen Bildniß darauf geprägt sei. Und da er vernahm, daß es das Bild des Kaisers sei, sprach er: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, und Gotte, was Gottes ist, das heißt dem Kaiser das Bild des Kaisers, welches auf der Münze ist, und Gotte das Bild Gottes, welches im Menschen ist, sø daß du dem Kaiser zwar das Geld, dich selbst aber Gotte geben sollst. Was soll für Gott übrig bleiben, wenn Alles dem Kaiser gehört?" Hiermit können wir die schönen Worte des Clemens von Alexandria zusammenstellen: „Der geläuterte Gerechte ist eine Münze des Herrn geworden und hat das Gepräge seines Königs in sich aufgenommen." Indem Tertullian in der Erleuchtung der Häuser an den zur Ehre der Kaiser angestellten Festen etwas Heiðnisches zu sehen glaubte, fagt er gegen folche Christen, welche dies mitzumachen kein Bedenken trugen: „Mögen diejenigen, welche selbst kein Licht haben, täglich Lichter anzünden. Du bist das Licht der Welt und ein ewig grünender Baum. Wenn du den Tempeln der Heiden entsagst, so gieb deiner Hausthür nicht das Ansehn eines Tempels.”

Unter der Kaiserherrschaft betrachtete man alle geschloffene Verbindungen mit Argwohn, man fürchtete politische Zwecke. Nun bemerkte man die innige und lebendige Verbindung, die brüderliche Liebe und Theilnahme unter den Christen in allen Gegenden. Römische Polizeileute hatten von dem, was die Herzen zusammenhielt, von jenem Bunde unsichtbarer Gemeinschaft

keine Ahnung. Sie suchten äußerliche Zwecke und Mittel der Verbindung.,,Kaum" hieß es ,,kommen Christen zu sammen, so erkennen sie einander als Glieder eines geheimen Bundes zu verborgenen Zwecken an gewissen Zeichen, und find deßhalb gleich wie Brüder mit einander verbunden. Bei ihren Liebesmählern (Agapen) verbinden sie sich durch schauervolle Eidesformeln und sinnbildliche Gebräuche." Tertullian sagt gegen diesen Argwohn (Apologet. c. 38.): „Wir, die wir gegen Ehre und Ruhm kalt sind, haben keine Ursache zu geheimen Verbindungen, nichts ist uns mehr fremd, als die Politik, wir kennen nur Einen Staat für Alle, die Welt."

Während die Einen verborgene politische Absichten bei den Christen suchten, klagten die Andern hingegen ihr zurückgezogenes freudenloses, finsteres, um die öffentlichen Dinge unbekümmertes Leben an. Es fielen die Christen ihnen auf, wie sie von den öffentlichen, lärmenden Luftbarkeiten sich zurückzogen, wie man sie nicht in den Schau- und Fechterspielen bemerkte, wie sie bereten, fasteten, mehr von dem ewigen Leben, als von dem irdischen sprachen. Man nannte sie unbrauchbar für das Leben, lichtscheue Menschen, die stumm sind, wenn sie öffentlich erscheinen, geschwäßig, wenn sie unter einander zusammenkommen.“

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Allerdings konnte wohl der zuerst am schärfsten hervortretende Gegensatz des Christenthums zur Welt Manche, wie wir schon bemerkten, zu einem schrofferen Abstoßen auch solcher Formen des Weltlebens, welchen das Christenthum sich wohl anschließen, die es wohl sich aneignen konnte, hintreiben. Aber nur von dem ächt christlichen Standpunkte läßt sich hier das Wahre und Falsche unterscheiden. Von dem Standpunkte heidnischer Weltlust mußte das Christenthum selbst als falscher Gegensaß mit der Welt, als eine schroff abstoßende Richtung, in der Macht, mit der es das ganze Leben bestimmen follte, als ein Zuviel der Religion, wie Heiden sich ausdrückten, erscheinen. Es wurde den strengeren Christen, wenn sie sich von solchen Luftbarkeiten, die mit den Grundsäßen des chriftlichen Glaubens

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