dern Falle wohl anerkennen, daß indem er mit Recht die innere Freiheit, welche der Sohn Gottes verleiht, als das Höchste, ohne das alle andere Freiheit nur Schein ist, geltend macht, er dazu verleitet wird, die Bedeutung der irdischen Freiheit, welche auch ein Gut ist, wenn gleich nicht das höchste, zu verkennen. Das ächte Christenthum läßt uns zwar alles Andre gegen das höchste Gut, das Reich Gottes, für nichts achten, aber dabei doch alles Andre in dem gebührenden untergeordneten Werthe erkennen, wie der Apostel Paulus zwar die Freiheit, welche der Erlöser giebt, auch dem in irdischer Knechtschaft Schmachtenden als die höchste und allein wahre preiset, aber doch auch zu dem Knechte sagt: „Kannst Du frei werden, so brauche deß viel lieber“ (1 Korinth. 7, 21). Wenn gleich wir nun dies zur Einschränkung dessen, was Tertullian sagt, nach dem Lichte, in welchem das göttliche Wort die himmlischen und irdischen Dinge uns betrachten läßt, vorausschicken mußten, so fühlen wir uns doch ergriffen von der Begeisterung, mit welcher er von dem Wesen jener wahren Freiheit, die in der inneren Abhängigkeit von dem Herrn allein gegründet ist, zeugt. ,,Auch die weltliche Freiheit bekränzt“ sagt er in dem angeführten Zusammenhange Aber du bist schon durch Christum losgekauft, und zwar für einen großen Preis. Wie kann die Welt einen fremden Knecht frei laffen? So wie hier die Freiheit eine scheinbare ist, so war auch die Knecht schaft eine scheinbare. Alles ist scheinbar, nichts Wahrhaftes in der Welt. Denn damals, als du nach dem bürgerlichen Verhältnissen noch Sklave warst, warst du schon frei von Menschengewalt als ein durch Christus Erlöseter, und jezt bist du ein Knecht Chrifti, obgleich von menschlicher Gewalt freigelassen. Wenn du die Freiheit der Welt für eine wahre hältst, so bist du wieder in Knechtschaft der Menschen verfallen, welche du für Freiheit hältst, so hast du die Freiheit Christi verloren, welche du für Knechtschaft hältst.“ Die Christen waren aber fern davon, die Freiheit, deren sie sich rühmten, mißbrauchen zu wollen, um dem Fleische Raum zu geben; sie wußten wohl, wie schon aus dem Gesagten hervorgeht, daß der wahrhaft Freie ein Knecht Gottes sei, und ihm allein zu dienen war ihre Seligkeit. Sie waren sich deffen bewußt, daß das Wesen der einzig wahren Freiheit in der freimachenden, mit Lust und Freude das Gesetz ers füllenden Liebe bestehet. Nicht- deßhalb sagt Frenäus hat er uns befreit, daß wir ihn verlaffen sollten (denn Keiner fann, von den Gütern seines Herrn sich ausschließend, sich selbst, was ihm zum Heil nothwendig ist, erwerben), sondern daß wir, je mehr wir seine Gnade erlangt, desto mehr ihn lieben sollten." " V. Lieblingssinnbilder der Christen. Die Sinnbilder, welche den Christen dieser Zeit am geläufigsten und liebsten waren, zeigen uns die Empfindungen und Ideen, durch welche ihr inneres Leben beseelt wurde. Zwar gab es noch keine Gemälde und Bildnisse in den einfachen Versammlungshäusern der Christen, denn diese fürchteten durch den Gebrauch derselben bei dem Gottesdienste den Heiden sich zu sehr zu nähern, und wir bemerkten ja oben, wie ihnen diese bilderlose Religion von den Heiden zum Vorwurf gemacht wurde. Aber sie verschmähten darum den Gebrauch der Kunst nicht im gewöhnlichen Leben. Sie sahen hier Wände, Trinkgefäße, Siegelringe voll von Bildern, wie sie der heidnische Gößendienst und Fabelkreis, darbot. Da diese Bilder ihrem chriftlichen Gefühle nun unmöglich zusagen konnten, so fühlten sie sich gedrungen, diesen Bildern andre aus dem christlichen Leben gegriffene entgegenzustellen. So war ein Lieblingsbild auf den Bechern. der Christen nach jenem evangelischen Gleichnisse ein Hirt, der Neanders Denkwürdigt. I. 5 ein Lamm auf seinen Schultern trägt; wie sie immer von Dankbarkeit gegen den Erlöser durchdrungen waren, der sie aus der verderbten Welt errettet, auf dessen Gnade sie allein vertrauten, wie sie am liebsten als die von ihm erlöseten Sünder sich betrachteten. Auf ihren Siegelringen hatten sie am liebsten solche Bilder: eine Taube, das bekannte Symbol des heiligen Geistes, ein gen Himmel segelndes Schiff, die chriftliche Kirche und jede ihr angehörende christliche Seele; eine Leier, die Freude im heiligen Geist, der im Lobgesange seines Gottes lebende Christ; ein Anker, die christliche Hoffnung die auch hineingeht in das Inwendige des Vorhangs; ein Fisch oder ein Fischer, der geistliche Fischfang (Matth. 4, 19.); die Christen als durch die Taufe Wiedergeborne, gleichsam geboren aus dem Waffer (die Kinder welche der Erlöser aus dem Wasser hervorgezogen, wie Clemens von Alexandria sich ausdrückt); dazu fommt, daß der griechische Name eines Fisches, die Anfangsbuchstaben der griechischen Worte: Jesus Chriftus, der Sohn Gottes und Heiland in sich schließt. Darauf anspielend sagt Tertullian: „Wir Fische werden durch unseren Fischer Jesus Christus im Waffer geboren, und können nur im Wasser bleibend gedeihen, d. h. nur wenn wir, dem Taufbund treu, die dort empfangene Gnade bewahren. So zeigt sich in diesen Bildern, mit denen der Christ am meisten vertraut war, der auf das Himmlische gerichtete Sinn, die kindliche Liebe zum Erlöser, das Bewußtsein der Gläubigen, daß sie aus sich selbst nichts vermöchten, ihm Alles verdankten; und dies führt uns dazu, von dem zu reden, was als das Beseelende des inneren Lebens galt. VI. Die Seele des inneren Christenlebens, und wie sich dieses äußerlich offenbarte. Es war die beseelende Idee in der christlichen Denkart, daß aus der Gemeinschaft mit dem Erlöser die Theilnahme an deffen göttlichem ́Leben hervorgehe, welches immer mehr die ganze Natur des Menschen durchdringen, und durch einen neuen heiligen Wandel fich offenbaren sollte. Wie die trockne Erde sagt Irenäus wenn sie nicht befeuchtet wird, keine Frucht bringt, so würden auch wir, die wir vorher ein dürres Holz waren, niemals Frucht göttlichen Lebens bringen, ohne den Thau von oben. Durch den heiligen Geist her sagt er nach wird das Bild und Gepräge des Vaters und Sohnes uns mitgetheilt." „Der Mensch sagt derselbe sollte, an sich selbst erfahrend, aus welchem Elende er befreit worden, immer Gott dankbar sein, und nachdem er die Gabe des uns vergänglichen Lebens von ihm erlangt, desto mehr ihn lieben, denn wem viel vergeben worden, der liebt viel. Der Mensch ist bestimmt die Wirkungen Gottes in sich aufzunehmen, daß an ihm die Weisheit und Kraft Gottes sich offenbare. So wie die Kunst des Arztes an den Kranken sich offenbart, so offenbart sich Gott an dem Menschen." ,,Wir, Jahrhunderts fagt der römische Clemens am Ende des ersten die wir durch den Willen Gottes in Christo berufen worden, wir werden nicht gerechtfertigt durch uns selbst, nicht durch unsre Weisheit, Frömmigkeit oder unsre in Heiligkeit des Herzens vollbrachten Werke, sondern durch den Glauben. Was sollen wir also nun thun? sollen wir ablassen vom Gutesthun und der Liebe entfagen? Nimmermehr laffe der Herr dies bei uns geschehen; sondern laßt uns streben, mit raftlofem Eifer und Freudigkeit alle guten Werke zu vollbringen, denn so erfreut sich ja der Schöpfer und Herr alles Daseins seiner Werke." Er will sagen: Wir verdanken unfre Rechtfer tigung nur der göttlichen Gnade, die wir uns durch den Glauben aneignen, wir konnten sie nicht durch unsre Werke verdienen, denn erst durch den Glauben erlangen wir die heiligende Gnade und dadurch Kraft zum Guten. Alles was wir haben. ist nur ein Werk der Gnade, die uns Sündern ohne unser Verdienst verliehen worden, und auch als durch die Gnade gebesserte Menschen bleiben wir doch immer noch hinter dem Ideal der Heiligkeit, welches die Menschheit darzustellen bestimmt ist, zurück, und wir können also nie auf die ewige Seligkeit als schuldigen Lohn eines vollkommenen Gehorsams gegen das göttliche Gesetz Anspruch machen. Aber sollen wir denn darum, weil wir der Rechtfertigung durch den Glauben gewiß sind, weil wir dieselbe durch unsre Werke nicht verdienen können, die Vollbringung des Guten uns nicht angelegen sein laffen? Nein, nach dem Ebenbilde Gottes erneut, mit einem göttlichen Leben erfüllt, fühlen wir uns durch das göttliche Leben nothwendig gedrungen, in göttlichem Sinne zu wirken, wir fühlen uns nur selig im Gutesthun, thun das Gute, nicht um etwas dadurch zu erlangen, sondern weil die uns eingepflanzte neue göttliche Natur uns von selbst dazu antreibt, gleich wie der selbstgenugsame Gott, dessen Bild wir jezt in uns tragen, aus freier Liebe immerfort wirkt und durch seine Werke sich offenbart. So sagt auch der an das apostolische Zeitalter wahr- scheinlich gränzende Verfasser des Briefes an den Diognet, nachdem er von der Gnade der Erlösung gesprochen: „Welche Freude muß dich erfüllen, wenn du dies erkennst? Oder wie wirst du den lieben, der dich so sehr zuerst geliebt hat? Wenn du ihn aber liebst, wirst du Nachahmer seiner Güte werden.“ Und wie ahmt der Mensch Gott nach, frägt er? Wenn er die Last des Nächsten auf sich nimmt, wenn er durch das was er von dem Anderem voraus hat, dem, der ihm nachsteht, wohlzuthun sucht, wenn er das, was er selbst von Gott empfangen, den Dürftigen mittheilt, und so gleichsam Gott wird für die Empfangenden (Gottes Werkzeug, durch das Gott " |