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Gebet nur ein Theil dieses großen Gebetes." Und Clemens von Alexandria fagt: Das Gebet ift Umgang mit Gott; wenn wir also auch nur leise lispeln, wenn wir auch nicht einmal die Lippen öffnen, nur schweigend mit Gott reden, so rufen wir zu ihm von innen heraus, denn Gott hört ohne Unterlaß Alles, was wir im Innern mit ihm reden. - Wenn Einige aber auch bestimmte Stunden für das Gebet festseßen, so betet doch der gereifte Christ durch sein ganzes Leben, indem er durch das Gebet sich mit Gott zu verbinden strebt." Cyprian sagt: ,,Wir, die wir in Chrifto, das heißt der wahren Sonne und in dem wahren Tageslichte leben, wir müssen den ganzen Tag mit Gebet umgehn; und wenn die Nacht auf den Tag folgt, muß auch diese unser Gebet nicht unterbrechen, denn für die Kinder des Lichts ist auch in der Nacht Tag. Denn wann ist der ohne Licht, welcher das Licht im Herzen hat? Oder wann fehlt Sonne und Tag dem, welchem Christus Sonne und Tag ist? Durch Gottes Gnade im Geiste erneut und wiedergeboren, laßt uns schon hier dem nachtrachten, was wir einst sein werden! Da wir im Himmelreich lauter Tag ohne Unterbrechung der Nacht haben werden, laßt uns in der Nacht, wie am Tage, zum Gebete wach sein! Da wir dort ohne Unterlaß beten und Gott danken werden, laßt uns auch hier nicht aufhören, zu beten und zu danken !“

Die chriftlichen Kirchenlehrer bekämpften eine abergläubische Denkart, welche auf eine gewisse äußerliche Richtung des Körpers und gewisse äußere Gebräuche bei dem Gebete den größten Werth legte, und sie ́ suchten zu zeigen, daß nicht auf eine gewisse Richtung des Leibes, sondern eine gewisse Richtung des Herzens bei dem Gebet Alles ankomme, wie oben Cyprian. So sagt Origines: „Es scheint mir, daß wer zum Gebet kommen will, sich zuerst etwas zurückziehen und in sich selbst sammeln, und dann desto inbrünstiger ganz dem Gebet sich hingeben muß. Er muß sich vorher so viel als möglich an die Größe dessen erinnern, zu dem er sich naht, daß es ein Frevel

ist, nachlässig, als wenn man ihn verachte, zu ihm zu kommen, daß man alles. Fremde abthuend, so zum Gebet kommen muß, indem man vor den Händen die Seele, vor den Augen den Geist zu Gott emporhebt, daß man alle Vergeltungssucht gegën Jemand, von dem man Unrecht erlitten, so sehr aus der Seele verbannt, als man Nichtvergeltung der eigenen Sünden bei Gott fucht. Man kann gar nicht zweifeln, daß, unter den mannichfaltigen Richtungen des Leibes allen andern diejenige vorzuziehen sei, bei welcher man die Hände emporstreckt und die Augen emporhebt, als ein Bild derjenigen Gemüthsbeschaffenheit, in welcher sich die Seele bei dem Gebet befinden sollte. Wir meinen aber nur, daß dies vor Allem vorgezogen werden muß, wenn keine Umstände es hindern; denn unter gewissen Umständen kann man auf eine würdige Weise auch sizend oder liegend beten wegen einer Krankheit. Und unter gewiffen Umständen, zum Beispiel, wenn man zu Schiffe ist, oder Geschäfte es uns nicht erlauben, uns zurückzuziehen und das gewohnte Gebet zu verrichten, kann man beten, ohne daß man zu beten scheint. Auf das geistige Kniebeugen, welches so genannt wird, weil das Herz im Namen Jesu vor Gott sich niederwirft und vor ihm demüthigt, darauf scheint uns der Apostel hinzuweisen Phil. 2, 10." „Gott — fagt Tertullian gegen diejenigen, welche zu laut in der Gemeinde ihre Gebete verrichteten Gott hört nicht die Stimmen, sondern das Herz, so wie er in das Herz sieht." Derselbe sagt gegen diejenigen, welche vor jedem Gebet sich glaubten waschen zu müssen: „Was heißt das, gewaschenen Händen, aber unreinem Geiste das Gebet verrichten? da doch den Händen selbst die Geistesreinheit nothwendig ist, daß sie rein von Trug, Blutvergießen, Grausamkeit, Zauberei, vom Gößendienst und von dem übrigen Bösen, das vom Geiste ausgehend, durch das Werk der Hände vollbracht wird, zu Gott erhoben werden. Das ist die wahre Reinheit, nicht die bloß äußerliche, für welche Viele (Solche nämlich, die jüdischen oder heidnischen Aberglauben in das Christenthum mit

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hinüber genommen hatten) Sorge tragen. Rein genug sind unsere Hände, die wir mit dem ganzen Körper ein für alle Mal in Christo abgewaschen haben.“ (Anspielung auf die Taufe, welche damals mit Untertauchung des ganzen Körpers verrichtet wurde. Dem Tertullian schwebte hier Joh. 13, 10 vor. Der Sinn: da wir ein für alle Mal durch die Wiedergeburt im Glauben an den Erlöser gereinigt worden, kann uns nichts verunreinigen, wenn wir nur die empfangene Reinigung treu bewahren). Von solchen eitelen Gebräuchen, welche nicht aus der Lehre des Herrn und seiner Apostel genommen seien, sagte er:,,Solche erkünftelte Gebehrden gehören nicht der Religion, fondern dem Aberglauben an; es zeigt sich darin vielmehr ein unfruchtbarer, in äußerlichen Dingen betriebsamer, als ein vernünftiger Gottesdienst. Man muß Solches schon deßhalb unterdrücken, weil wir dadurch den Heiden ähnlich werden.“ Eben derselbe sagt: „Die treue Beobachtung der Lehre Christi bahnt dein Gebete den Weg zum Himmel, und es ist das Wichtigste, daß, wenn wir uns mit unsern Brüdern entzweit oder sie bez leidigt haben sollten, wir nicht zum Altar Gottes hinaufsteigen, che wir uns mit ihnen versöhnt haben. Denn was heißt das: zum Frieden Gottes kommen ohne Frieden? Vergebung der Schuld suchen, wenn man sie Andern behält? Wie fann seinen Vater versöhnen, wer gegen seinen Bruder zürnt? Und die Richtung des Gebetes muß nicht allein von Zorn, sondern überhaupt von aller Gemüthsunruhe frei sein, aus einem folchen Geiste kommend, welcher ähnlich ist dem Geiste, an den cs gerichtet wird. Der heilige Geist fann feinen unreinen Geist, der Geist der Freude keinen betrübten Geist, der freie Geist keinen in irdischen Sorgen befangenen Geist anerkennen, Keiner nimmt den, welcher feindselig gegen ihn ist, jeder nur den Befreundeten in seine Gemeinschaft auf." Der Bischof Cyprianus sagt: „Der Herr lehrte uns in der Stille beten, in unsrem Kämmerlein selbst, daß wir wissen: Gott ist allgegenwärtig, er hört und sieht Alle, er durchdringt mit der Fülle seiner Majestät

Neanders Denkwürdigk. I,

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auch den verborgensten Winkel; Gott hört nicht die Stimme, sondern das Herz. Wenn wir beten, muß unser ganzes Herz auf das Gebet gerichtet sein. Es sei dem Widersacher verschlossen und stehe allein Gott offen, denn Jener schleicht sich dann häufig ein und zieht durch seine Täuschungen - unser` Gebet von Gott ab, so daß wir etwas Andres im Herzen, etwas Andres im Munde haben, da wir doch zu dem Herrn mit der aufrichtigen Richtung zu ihm hin, nicht mit dem Schall der Stimme, sondern mit Seele und Sinn beten müssen. Christus lehrt uns beten: Unser Vater, nicht mein Vater. Der einzelne Christ soll nicht für sich allein beten. Unser Gebet ist ein gemeinschaftliches. Wir beten nicht bloß für den Einzelnen, sondern für die ganze Gemeinde, denn wir, die wir Eine Gemeinde sind, wir sind Eins. Gott wollte, daß der Eine für Alle beten sollte, wie er Einen die Sünden Aller tragen ließ."

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Insbesondere waren die Christen überzeugt, daß man mit dem Lesen der heiligen Schrift das Gebet verbinden müsse, um in den Sinn derselben recht eindringen zu können. Da Orige nes seinen ehemaligen Schüler, den nachher allgemein verehrten Gregorius Thaumaturgus zum fleißigen Studium der heilis gen Schrift ermahnte, seßte er hinzu: „Es sei dir aber nicht genug, zu suchen und anzuklopfen; am nothwendigsten, um die göttlichen Dinge verstehen zu lernen, ist das Gebet. Indem der Herr uns dazu antrieb, sprach er nicht allein: Klopfet an, so wird euch aufgethan; fuchet so werdet ihr finden; sondern auch: bittet, so wird euch gegeben werden."

IX.

Das Fasten mit dem Gebet verbunden..

Zwar war es das Ziel der christlichen Entwickelung, daß das ganze Leben Ein zusammenhangendes Gebet werden, von der Hingebung des Herzens an Gott Alles ausgehn und alles`

Handeln nur die Darstellung dieser Einen Grundrichtung sein. sollte. Aber wenn gleich das Eingehen in die Mannichfaltigkeit des Lebens, in die Vielheit der weltlichen Dinge, wie es die Thätigkeit der für das Reich Gottes wirksamen Liebe verlangt, mit der Richtung des Gemüths auf das Eine nicht in Widerspruch steht, so treten doch bei der menschlichen Schwäche hier leicht Gegenfäße, Störungen und Schwankungen ein. Die Seele kann in den Beschäftigungen mit den Dingen der Welt nicht immer gleichmäßig in derselben Richtung zu Gott, dersel ben des Gebets verharren. Es muß daher, damit die Quelle des göttlichen Lebens nicht versiege, damit der innere Mensch nicht der Zerstreuung unterliege, immer wieder von einzelnen Momenten der Einkehr zu Gott, der innern Sammlung des Gemüthes im Gebet, die Weihe und Anfrischung sich auf das ganze übrige der Einwirkung auf die Welt hingegebene Leben verbreiten.

So betrachteten die Christen zwar das Gebet als ihre tägliche Geistes- und Herzensnahrung, als die tägliche Weihe ihres Lebens; aber sie hatten doch, Jeder nach seinen besonderen Lagen und Bedürfnissen, gewisse Zeiten, da sie sich besonders aus dem Gewirr der irdischen Geschäfte zurückzogen, sich im Stillen vor Gott sammelten, ihr bisheriges Leben vor feinen Augen und nach der Anleitung seines Wortes prüften, wegen des Schlechten, das sie in ihrem innern und äußeren Leben bemerkten, Buße thaten und ihn mit zerknirschtem Herzen im Namen Christi um die Gnade der Sündenvergebung und Heiligung anriefen.

Die Gewohnheit, Gebetszeiten und Fasten mit einander zu verbinden, war nichts eigenthümlich Christliches, sondern etwas unter den Juden Herkömmliches, was von daher in die christlichen Gemeinden überging. So erschien die Verbindung von Gebet, und Fasten als Bezeichnung des andächtigen, ́inbrünstigen Gebets. Matth. 17, 21. Als die Pharisäer ihr Befremden darüber äußerten, daß Christus seine Jünger nicht

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