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Kinder wandelten unter dem verkehrten Geschlecht, unter welchem fie schienen als Lichter in der Welt. Diese Verkündigung des Evangeliums durch das Leben wirkte noch mächtiger als die Verkündigung durch das Wort. Unser Herr,“ sagt Justinus M. zu den Heiden, wollte nicht, daß wir Gewalt brauchen und das Böse mit Bösem vergelten sollten, sondern er trieb uns dazu an, durch die Macht der Geduld und Sanftmuth aus dem schmachvollen Leben und den schlechten Begierden Alle herauszuziehen, und wir können euch bei Vielen aus unserer Mitte zeigen, daß dies so geschehen. Solche, welche, da sie vorher gewaltthätige und tyrannische Menschen waren, besiegt und umgewandelt wurden dadurch, daß sie entweder die Ausdauer in dem täglichen Leben ihrer Nachbarn vor sich sahen, oder die außerordentliche Geduld übervortheilter Reisegefährten beobachteten, oder irgendwo im Verkehr des Lebens die Christen fennen lernten." Man sah die Christen in der Zuversicht ihres Glaubens mit der größten Standhaftigkeit und Heiterkeit, oft unter den größten Martern sterben; und dieser Anblick mußte desto größern Eindruck machen, wenn man die Götterfeinde, von welchen der Volsfanatismus die schlimmsten und abentheuerlichsten Gerüchte verbreitet hatte, der unnatürlichsten Laster schuldig glaubte. „Was giebt wohl"

fragte Mancher -,,in dieser Zeit knechtischer Schwäche, wo wir Alles vor der irdischen Gewalt sich beugen sehen, den Menschen solche Kraft für ihre Ueberzeugung Alles zu thun und zu leiden?" Wer diese Frage aufwarf, suchte sich mit dem Christenthum bekannt zu machen, und die Folge davon war, daß er selbst von der Wahrheit der göttlichen Lehre ergriffen wurde. Auf solche Erscheinungen beruft sich Tertullian vor dem Praefes Scapula (am Ende): „Wer solche Standhaftigkeit sieht, wird dadurch angetrieben, zu suchen, was an der Sache sei, und wenn er die Wahrheit erkannt hat, nimmt er selbst sie sogleich an." Und in seinem Apologeticus (am Ende): „Unsere Zahl nimmt desto mehr zu, je mehr ihr uns zu vertilgen sucht. Das Blut der Christen ist ihre Aussaat. Viele unter euch

ermahnen zur Erduldung des Schmerzes und des Todes, wie ein Cicero, ein Seneca, ein Diogenes, und ihre Worte finden doch nicht so viele Jünger, wie die Christen, welche durch ihre Werke lehren. Jene Hartnäckigkeit, welche ihr uns vorwerft, wird Lehrerin. Denn wer wird nicht durch die Betrachtung derselben erschüttert, zu suchen, was an der Sache sei? Wer tritt nicht selbst hinzu, nachdem er gesucht hat, wer wünscht nicht, nachdem er hinzugetreten, selbst für die Sache zu leiden?" Justinus M. hatte dies, da er die Befriedigung seiner religiösen Bedürfnisse, welche der alte Volksglaube ihm nicht gewähren konnte, in der Lehre Platons gefunden zu haben glaubte und auf das Christenthum zuerst durch die gegen deffen Bekenner verbreiteten Beschuldigungen aufmerksam gemacht wurde, wie er selbst erzählt (in seiner größeren Apologie), an sich selbst erfahren: „Da ich an der Lehre Platons meine Freude fand, und die Christen verläumden hörte, fie aber im Angesichte des Todes und bei allem Andern, was für furchtbar gehalten wird, furchtlos fah, so urtheilte ich, es sei unmöglich, daß sie in Laster und Wolluft leben sollten.“

Verschieden war auch der Gang des inneren Lebens, durch welchen die Menschen für das Evangelium empfänglich gemacht, oder durch welchen das sittliche Bedürfniß, das allein in dem Christenthume seine Befriedigung finden konnte, in ihrem Herzen angeregt worden. In Manchen war ein gewaltiges, wenn gleich dunkles Gefühl ihrer Schuld erwacht. Ihr Gewissen stellte ihnen den Zorn des von ihnen entfremdeten Himmels vor die Seele, in ihrer Gewissensangst sehen sie sich von bösen Geistern, die ihnen nachstellten, umgeben. Aber eben weil sie selbst ihren Gemüthszustand nicht verstanden, und weil sie Keinen hatten, der ihnen das rechte Licht darüber hätte geben können oder wollen, weil Priester und Goeten dies nicht verstandene Gefühl nur noch mehr mißleiteten, so suchten sie den Grund des göttlichen Zorns und den Weg zur Versöhnung mit dem entfremdeten Himmel in äußerlichen Dingen; denn immer pflegt der Mensch, f der in seinem eigenen Innern am wenigsten zu Hause ist, das,

was er in den Tiefen seines Inneren suchen sollte, außer sich zu suchen. Daher so mannichfache Arten des Aberglaubens, zu welchen das geängstete Gewissen sich flüchtete. Das unglückselige Leben dieser Menschen, welche Tag und Nacht von den Gespenstern ihrer Angst verfolgt wurden, schildert ein tief blickender Beobachter der geistigen Erscheinungen seiner Zeit, Plutarch in seinem Buche über Aberglauben und Unglauben. „Im Wachen“ sagt er gebrauchen sie ihre Vernunft nicht, und im Schlafe sind sie von dem, was sie beunruhigt, nicht befreit; stets träumt ihre Vernunft, stets wacht ihre Furcht, es giebt keine Flucht für site."

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Freilich irrte dieser edle Mann, der von dem Reiche Gottes nicht fern war, aber das Wesen der sittlichen Weltordnung und der menschlichen Natur noch nicht im Lichte des Evangeliums erkannt hatte, darin, wenn er nur gewisse falsche Vorstellungen von dem Wesen der Götter für die Quelle folchen Aberglaubens hielt und durch Nachweisung des Irrthümlichen in denselben den Aberglauben besiegen zu können meinte. Jene Irrthümer waren hier nichts Zufälliges, sondern etwas Nothwendiges, hatten einen tieferen Grund und einen Grund der Wahrheit. Es konnte nichts helfen, wenn es auch für den Augenblick gelang, diese unglückseligen Menschen zu überzeugen, daß sie sich selbst mit einer ungegründeten Furcht gemartert hatten. So lange ihre nicht bloß eingebildete, sondern wirkliche innere Krankheit nicht geheilt, so lange ihr ganzer Gemüthszustand nicht umgebildet war, so lange mußten auch immer neue Schreckbilder aus demselben hervorgehen. Vergeblich sagte man ihnen vor, daß es keine neidische, feindselige Götter gebe, daß von ihnen nur alles Gute komme. Ihr Gewissen sprach dagegen, ließ sie eine unbekannte, ihnen zürnende Macht fürchten. Welchen Eindruck mußte nun auf solche Menschen das Evangelium machen! Dieses ängstigte sie nicht von Neuem durch Forderungen, welche zu erfüllen sie sich nicht fähig fühlten, sondern es verkündete ihnen zuerst die freie Gnade und Erbarmung des himmlischen Vaters,

der aus lauter Liebe zu ihnen seinen eingebornen Sohn in die Welt gesandt, ihn die größten Leiden für sie habe tragen lassen, um sie von ihrem Elende zu befreien, um sie wie gefallene Kinder zu dem versöhnten Vater, der Alles, was sie gefündigt, als nicht geschehen ansehen wolle, zurückzuführen. Ihrer schuldbelasteten Seele stellte sich der für die Sünder gekreuzigte Sohn Gottes dar, der selbst frei von Sünde, der einzige Heilige, Aller Sünden trug, und in seiner Anschauung offenbarte sich ihnen die Vaterliebe des versöhnten Gottes. Nun war auf einmal die Last von ihrem Herzen hinweggenommen, mit dem kindlichen Vertrauen zu Gott waren alle Gespenster ihrer Angst verschwunden, Freudigkeit erfüllte ihr Inneres. Sie fürchteten jeßt die bösen Geister nicht mehr, denn sie wußten, daß Chriftus denselben die Macht genommen, daß denjenigen, die durch Christus mit Gott verbunden seien, keine Gewalt, welche sie auch sein möge, schaden, keine aus der Hand des allmächtigen Vaters sie reißen könne; ja, sie hatten das zuversichtliche Vertrauen, daß ihnen selbst im Namen Jesu Christi das Reich des Bösen unterthan seiu müsse. Von diesem Gesichtspunkte aus bekämpft der Apostel Paulus den Aberglauben, ihn an seiner eigentlichen Wurzel angreifend, in dem Briefe an die Colosser: Wie könnt ihr noch die bösen Geister fürchten, da der himmlische Vater selbst euch errettet hat aus dem Reiche der Finsterniß und euch versehet in das Reich seines lieben Sohnes, da dieser sich siegreich zum Himmel, zur Theilnahme an der göttlichen Macht seines Vaters erhoben, mit der er jegt in der Menschheit wirkt, da er durch sein Leiden für euch mit dem himmlischen Vater euch verbunden, euch von der Herrschaft aller Mächte der Finsterniß befreit, diese in ihrer Ohnmacht gegen das durch ihn in der Menschheit gegründete Reich Gottes gleich wie bestegte und gefangene Feinde im Triumph fortgeführt und in ihrer Schmach vor der ganzen Schöpfung bloßgestellt hat, wie könnt ihr euch noch zu Sklaven eurer Gewissensangst machen, da Christus den Schuldbrief, der in eurem Gewissen gegen euch zeugte, ans Kreuz

geheftet und vernichtet, euch Vergebung aller Sünden erworben und zugesichert hat.“

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Wie könnt ihr fürchten, durch irdische vergängliche Dinge befleckt zu werden, wie könnt ihr durch Sazungen, die auf solche Dinge gerichtet sind, euch gefangen nehmen lassen, solchen Dingen eine Bedeutung für euer inneres Leben beilegen, da ihr doch mit Christo abgestorben seid allen irdischen Dingen, mit Christo auferstanden, mit ihm, eurem innern Leben nach, in den Himmel erhoben; nach oben hin, wo Chriftus ist, zur Rechten Gottes, muß allein euer Glaube gerichtet sein; euer Leben ist mit Christo verborgen in Gott, gehört nicht mehr der Erde an."

Wie dem, der gekommen war, die Sünder zur Buße zu rufen, sein Umgang mit den Zöllnern und Sündern von den schein und selbstgerechten Pharisäern zum Vorwurf gemacht wor den, so wiederholte sich dasselbe in der Art, wie gebildete Heiden es dem Christenthume zur Schmach anrechneten, daß es unter den in Lafter Versunkenen besonders seinen heilbringenden Einfluß auszuüben pflegte, f. 1. Korinth. So sagt ein Celsus; ,,Laßt uns hören, welche Leute von den Christen gerufen werden. Wer ein Sünder, wer ein Unverständiger, wer ein Unmündiger, und mit Einem Worte, wer ein Elender ist, einen solchen wird das Reich Gottes aufnehmen. Sie sagen, daß Gott den Sünder, wenn er sich wegen seiner Schlechtheit demüthigt, annehmen, den Gerechten aber, wenn er mit Tugend von Anfang an zu ihm hinaufblickt, nicht annehmen wird." So bestätigt sich hier an dem Beispiele dieses Mannes, der bei allem Scharfsinn und Wig blind war in göttlichen Dingen, und was dem Menschen das Nächste sich selbst nicht kannte, daß der natürliche Mensch nichts vernimmt vom Geiste Gottes, daß es ihm eine Thorheit ist, und er es nicht erkennen kann, weil es muß geistlich gerichtet sein, daß, indem er darüber spottet, er nur seine eigene Blindheit zur Schau stellt, daß dem Menschen sein eigenes Innere eine fremde Welt ist, bis das Wort Gottes, welches Mark und Bein durchdringt und ein Richter ist der Gedanken

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