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keit hätten. Er unterscheidet hiernächst zwischen Scheer und Scheer basar, und unterscheidet beides so von einander, daß jenes die unmittelbaren Verwandten, nämlich die Ascendenten und Descendenten, und deren Ehegatten, dieses hingegen die nächsten mittelbaren Verwandten, nämlich die Geschwister, bedeute. So feien also Kinder das Scheer, das Fleisch ihrer Eltern, gegen einander aber seien sie Scheer basar, caro carnis, Lenn ihre Verbindung ist nur mittelbar, nämlich vermittelst der Eltern, aber auch die nächste mittelbare Verbindung. Allein daß dieser Unterschied ganz ungegründet und dem hebräischen Sprachgebrauche gar nicht gemäß sei, haben Michaelis 19) und Gabler 2) ganz augenscheinlich dargethan. Sie haben dieser Erklärung den sie völlig vernichtenden Grund entgegen gefeßt, daß das Wort Scheer 4. B. Mos. XXVII. B. 8-11. auch von Geschwisterkindern gebraucht worden, die doch keine unmittelbaren Blutsfreunde find, ja daß 3. B. Mos. XXV. V. 49. das Scheer basar sogar von Nachgeschwisterkindern, also von einem solchen Grade der Verwandtschaft gebraucht werde, der nach Baumgartens Erklärung durch caro carnis carnis carnis hätte bezeichnet werden müssen; zum deutlichen Beweise, daß der Hebräer bei Scheer basar an keinen bestimmten Grad der Verwandtschaft gedacht habe. Ich übergehe die nicht sehr davon unterschiedene Erklärung des Ungenannten in der schon oben angeführten Abhandlung von den Ehegefeßen und den verbotenen Ehen, §. 4., welche Gabler21)

19) Abh. von den Ehegeseßen Mosis. §. 18.

20) Angef. Gutachten über die Zulässigkeit der Ehe mit des Vatersbr. Wittwe im Anhange. S. 94 ff.

21) Angef. Gutachten im Anhange. S. 97. Not. *.

geprüft, und die des Cons. Raths Jacobi im 4. Th. seiner Betrachtungen über die weisen. Absichten Gottes S. 338. ff., welche Michaelis 2) widerlegt hat. Alle diese Erklärungen kommen übrigens darin überein, daß 3. B. Mos. XVIII. V. 6. nicht für ein allgemeines Verbot, keine nahe Verwandte zu heirathen, welches die darauf folgenden einzelnen Gebote unter sich begreife, und durch sie erklärt werde, zu halten sei. Ganz davon abweichend ist nun aber die Ansicht derer, welche den V. 6. zu einem Generalprincip aller mosaischen Eheverbote machen wollen, das durch die in diesem Kap. nachfolgenden einzelnen Verbote nur exemplifizirt werde, von denen also der Schluß auf andere Fälle gelte, welche, wenn sie auch in den Worten nicht ausgedrückt sind, doch jenen, dem Grade nach, gleich seien. Unter den ältern Theologen waren besonders Chemnit und Gerhard, Kettner und Zeltner, so wie unter den Rechtsgelehrten Hopp, Nävius, Link, Götsch und Weber, welche Ayrer 23) anführt, dieser Erklärung zugethan. Unter den neuern Theologen Christ. Matth. Pfaff), und Joachim Lange 25), unter den Rechtsgelehrten aber Joh. Herm. Becker 2). Bei dieser Verschiedenheit der Erklärungen geht man wohl unstreitig den sichersten Weg, wenn man sich blos an den Wortverstand hält. Das hebräische Wort sw, Scheer,

22) Angef. Abhandl. §. 17. S. 51 f.

23) Comm. de iure dispensandi circa connubia iure divino non diserte prohibita. Sect. III. §. 27. 24) Diss. de non appropinquando ad carnem carnis suae pag. 11.

25) Mosaisches Licht und Recht S. 695. und S. 765 ff. 26) Anmerkung über die ehelichen Geseße und den Grund ihrer erweiterten Erklärung. Greifswald 1749. 4.

heißt nun aber ursprünglich ein Stück, besonders ein Stück Fleisch, daher die abgeleitete Bedeutung von Residuum überhaupt, was übrig ist 27). Alsdann bedeutet es auch das Fleisch, oder den Körper selbst 28), wofür in der LXX. gewöhnlich oάoś und owμɑ gesetzt wird. Endlich heißt es auch ein naher Verwandter, welchen die Hebräer sonst Goel, den Bluträcher, nennen. Daher sagte Laban zu seinem Schwestersohne, dem Jacob: du bist mein Fleisch 29). Eben so sagte Juda von Joseph, seinem Bruder: er ist unser Bruder, unser Fleisch 30); und Abimelech sprach zu den Brüdern seiner Mutter und dem ganzen Geschlechte des Vaters sei= ner Mutter: gedenket, daß ich euer Fleisch bin 1). In dieser Bedeutung wird nun das Wort Scheer auch in den mosaischen Ehegesetzen 2) genommen, wenn es allein steht, also für einen nahen Verwandten, er sei es durch Abstammung (consanguineus), oder durch eheliche Verbindung (affinis), wo also das abstractum pro concreto steht 3). Das hebräische Wort Basar be= deutet nun zwar auch Fleisch. Daher die Ueberseseßung von Scheer basar durch caro carnis. Allein in

27) Jesaia X. 2. 20. XIV. 22.

28) Psalm LXXIII. 26. LXXVIII. 20. Sprüche Salom. XI. 17. Micha III. 2 u. 3.

29) 1. B. Mos. XXIX. v. 14.

30)1. B. Mof. XXXVII. v. 27. Man sehe auch 2. Samuel. V. 1. XIX. V. 12 u. 13.

31) Buch der Richter IX. v. 1. 2 u. 3.
32)3. B. Mos. XVIII. V. 12. 13 und 17.

33) S. NIEMEIER Diss. de coniugiis consanguineorum iure divino prohibitis. §. 15. Michaelis Abh. von den Eheges. Mosis §. 16. und Gabler angef. Gutachten im Anhange S. 98 f.

dieser Verbindung mit Basar hat Scheer die allgemeine Bedeutung von Stüd, particula: nur wo es allein steht, hat es die besondere Bedeutung: Stück Fleisch, particula carnis. Die Ausdrücke: Scheer und Scheer basar, sind demnach völlig gleichbedeutend. Aus allen ergiebt sich nun, daß der Ausdruc: Scheer basar, jede nahe Verwandtschaft ohne Unterschied bedeuten soll, sie sei durch natürliche Abstammung, oder durch eheliche Verbindung entstanden, denn beides wird in den mosaischen Ehegesehen darunter begriffen. Hierin kommen denn auch alle alten Uebersetzer mit einander überein. Denn so haben Sie LXX. πάντα οἰκεῖα σαρκὸς αὐτοῦ, omnis propinquitas carnis suae. Eben so der chaldäische und syrische Uebersetzer, und eben so die lateinische Vulgata, wie Michaelis 34) schon bemerkt hat. Sehr richtig hat daher auch Luther das Scheer basar durch nächste Blutsfreundin übersetzt. Denn darunter ist dann auch die nächste Schwiegerin begriffen, weil auch diejenige Verwandtschaft, welche aus der ehelichen Verbindung mit dem Blutsfreunde einer Person entsteht, nach der finnlichen Denkart des Morgenländers eine leibliche Verwandtschaft genannt wird, da Mann und Frau ein Leib sind; so wie denn auch das griechische Wort cizɛïa die Verschwägerung mit unter sich begreift 3). Da nun aber doch der Ausdruck Scheer basar, wie oben bemerkt worden, von Mose selbst in einer so ausgedehnten Bedeutung genommen wird, daß sogar auch Nachgeschwister Kinder darunter begriffen sind 3), deren

34) Angef. Abh. §. 15. S. 44.
35)a. a. D. S. 43.

36) 2. B. Mos. XXV. V. 49.

Ehen doch ohne allen Zweifel erlaubt waren, so geht hieraus klar hervor, daß aus dem blosen Worte Scheer basar nicht entschieden werden könne, wie weit die Ehen mit Verwandten unter den Hebräern verboten gewesen seien. Es können daher die Grenzen der mosaischen Eheverbote nur durch die nachstehenden Ehegeseze selbst,bestimmt werden. Keinesweges aber läßt sich behaupten, daß die einzelnen Eheverbote als bloße Beispiele zu betrach= ten wären, wodurch der Grad der Blutsfreundschaft und Schwägerschaft angedeutet werden solle. Eine Erklärungsart, gegen welche schon Luther eiferte: „Gott rechnet nicht nach den Gliedern, wie die Juristen thun," sagt er in seinem Buche vom ehelichen Leben 7), „sondern zählet straks die Personen. Sonst weil Vaters Schwe= ster und Bruders Tochter in gleichem Grade sind, müste ich sagen, daß ich entweder meines Bruders Tochter nicht nehmen könnte, oder auch meines Vaters Schwester nehmen möchte. Nun hat Gott des Vaters Schwester verboten, und des Bruders Tochter nicht verboten, die doch in gleichem Gliede sind." Auch Bellarmin 38) verwarf die Erklärung nach Graden, und so die meisten Theologen 39) und Rechtsgelehrten 40). Ich will nicht einmal erwähnen, daß die Berechnung der Grade eine viel neuere Erfindung ist, als daß sie bei der Erklärung der mosaischen Ehege=

37) In Luther's Werken. 2. Th. S. 165. der jenaisch. Ausg. 38) De matrimonii sacramento. Cap. 27. 39) NIEMEIER de coniugiis prohibit. Diss. V. §. 27-29. SPENER Consil. theol. P. II. Cons. 4. pag. 105. Jerusalem Beantwortung der Frage: ob die Ehe mit des Bruders Wittwe erlaubt sei? S. 43-82., besonders Michaelis Abh. von den Ehegeseßen Mos. Kap. VII. §. 81-107. u. Schlegel Darstellung der verbotenen Grade. S. 103 f.

40) AYRER Commentat. cit. Sect. III. §. 17. sqq., welcher auch §. 32. die ältern Rechtsgelehrten anführt. Unter den neuern, außer Hellfeld, Ge. Lud. BOEHMER Princip. iur. can. §. 398. Schott Cherecht §. 128. Not. **. HOFACKER Princ. iur. civ. R. G. Tom. I. §. 360. Not. b. Thibaut Syst. des Pand. Rechts 1. Th. §. 400. und GAMBSJAEGER ius eccl. §. 229.

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