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mit Geist und Erfolg Catull, neben ihm seine Freunde Licinius Calvus und Helvius Cinna, auch Varro Atacinus und Cassius aus Parma. Nur das Drama blieb von diesen unangebaut: in ihrer selbstgenügsamen Abkehr von der eigenen Nation ver schmähten sie es für das Volk zu dichten und bildeten lieber die geistesarmen, aber formstrengen alexandrinischen Dichter nach. Die Bühne sah sich so auf die Vergangenheit angewiesen, und ausgezeichnete Schauspieler, wie der Tragöde Aesopus und der Komöde Roscius, hauchten den Stücken der Tragiker und Palliatendichter des sechsten Jahrh. d. St. neues Leben ein. Unter den volksmäszigeren Gattungen gewann im Laufe der ciceronischen Zeit der Mimus die Herrschaft, als die entsprechendste Darstellung der hauptstädtischen Zügellosigkeit. Für ihn arbeitete der römische Ritter D. Laberius, sowie der Freigelassene und Schauspieler Publilius Syrus. Durch Laberius wurde der Mimus zugleich in die Literatur eingeführt.

In dieser Zeit wurde auch der letzte Rest der nationalen Prosodik beseitigt. Das im Leben fast unhörbare und daher von Ennius vor Consonanten unberücksichtigt gelassene auslautende s wurde von den alexandrisierenden Dichtern dieser Zeit grundsätzlich und regelmäszig als voller Consonant behandelt, nachdem noch M. Varro und Lucretius das prosodische Ignorieren desselben sich erlaubt hatten, obwohl verhältnissmäszig nicht allzuhäufig.') Nur die Verschleifung von auslautendem m vor anlautendem Vocal blieb für alle Zeit bestehen. Auch das ist ein Symptom des Sieges den der Hellenismus gewonnen dasz das lateinische Alphabet in dieser Zeit um die griechischen Buchstaben y und z vermehrt wird und die griechischen Aspirate jetzt in der lateinischen Schrift (durch th, ph, ch) wiedergegeben werden.") Lang i wird auf den Inschriften seit der sullanischen Zeit teils durch ein über die Höhe der Zeile verlängertes I teils durch einen Apex bezeichnet.")

Unter den literarischen Persönlichkeiten der ciceronischen Zeit besteht ein stark ausgeprägter Unterschied, je nachdem sie

1) Vgl. JJessen, Quaestiones Lucretianae p. 22.

2) Cic. orat. 160. Quintil. 12, 10, 27.

3) OKellermann in OJahn's Spec. epigraph. (Kiel 1841) p. 105. FRitschl, opusc. 4, 355. 382. 570. WSchmitz, studia orthoëp. et orthogr. lat., Düren 1860.

der ersten oder der zweiten Hälfte derselben, der älteren oder der jüngeren Generation, angehören. Die Älteren, deren Jugend in die Schreckenszeit der Kämpfe zwischen Sulla und Marius fiel, haben in Literatur und Leben noch eine gewisse ernste Haltung, die auch dem Furius Bibaculus nicht abzusprechen ist. Das Ende des siebenten Jahrh. d. St. und den Anfang des achten kennen wir aus Cicero und Catull als eine stürmische entfesselte Zeit; es ist die Zeit eines Clodius und der Clodia, wo Zuchtlosigkeit für Genialität galt und die altrömische Ehrbarkeit aus Leben und Literatur geschwunden war.') Die jüngere Generation, die in dieser Atmosphäre aufwuchs und frühzeitig in den Strudel hineingeriet, wurde von ihm auch verschlungen, verzehrte in Sinnentaumel rasch ihre Kräfte und fand ein frühes Ende. Den altrömischen Dichtern gegenüber, die auch durch das hohe Alter das sie erreichten als wahre Patriarchen dastehen, ist es auffallend wie kurzlebig die Schriftsteller dieser Zeit sind, ein Catull, Calvus, Caelius Rufus, teilweise auch Lucretius und Sallust. Sie sind auch in dieser Hinsicht, wie in ihrer literarischen Richtung, die Vorläufer der Augusteer, eines Tibullus und Propertius, nur dasz diese an den politischen Verhältnissen eine Art Gegengewicht besaszen. Diejenigen unter ihnen denen ein längeres Leben beschieden war erreichten zum Teil erst in der augusteischen Zeit den Höhepunkt ihrer Wirksamkeit, wie Trebatius, Asinius Pollio, Q. Tubero, C. Matius.

Innerhalb der beiden Generationen selbst besteht wiederum ein Unterschied hinsichtlich der nationalen und der politischen Richtung. In der älteren ist der Gegensatz zwischen Altertümlich und Fortgeschritten verkörpert auf dem Gebiete der Prosa in Varro und Cicero, bei der jüngeren innerhalb der Poesie durch Lucretius und Catull; die einen sind national und auf die Sache gerichtet, die andern hellenisieren und streben nach vollendeter Form. Cicero und der Kreis des Catull stehen so principiell auf demselben Boden; aber das gleiche Princip wird dort mit Masz durchgeführt, hier mit schroffer Einseitigkeit, so dasz die Epigonen die Nase rümpfen über den zurückgebliebenen Consularen, und Cicero sich lustig macht über die neumodischen Dichterlinge die in der Beredsamkeit nichts Höheres kennen als

1) Cic. pCael. 40 haec genera virtutum non solum in moribus nostris sed vix iam in libris reperiuntur.

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Lysias und in der Poesie dem Euphorion nachleiern.1) In der Politik geht dann die jüngere Generation wieder auseinander, je nachdem sie republikanisch gesinnt ist wie Catull, Calvus und die bedeutendsten Teilnehmer der Verschwörung gegen Caesar, M. und D. Brutus, C. Cassius und Cassius aus Parma oder auf Caesars Seite steht, wie Sallust, C. Matius, Q. Tubero, M. Antonius, Curio, Trebatius, Asinius Pollio u. A.

Auch das ist eine Eigentümlichkeit dieser Zeit dasz, nachdem mit dem marsischen Kriege die letzten Schranken zwischen Rom und Italien gefallen sind, die italischen Landstädte in zunehmendem Masze an der Literatur sich beteiligen und diese allmählich aus einer römischen zu einer italischen wird. Als vollends auch das diesseitige Gallien in den Verband gezogen war und Italien nunmehr seine natürlichen Grenzen hatte, so strömten auch von dort die Talente auf den gröszeren Schauplatz. Catull, Cornelius Nepos, Furius Bibaculus, Cassius (Parmensis) und weiterhin Aemilius Macer, Cornelius Gallus, T. Livius sind aus Oberitalien gebürtig, Varro (Atacinus) und Pompejus Trogus sogar aus dem jenseitigen Gallien.") Wollten feinere Ohren auch bei diesen Neurömern etwas heraushören was sie von der urbanitas unterschied3), so besaszen letztere um so mehr Frische und Eifer. Die langsamere Entwicklung der ferner stehenden Teile Italiens1) bot dazu den Vorteil dasz sie, unabhängiger von den rasch wechselnden Moden Roms, um so treuer festhielten an dem wahrhaft Classischen), und aus dieser Quelle schöpfend führten sie in der folgenden Zeit oft genug neue Lebenskraft in die von der ewigen Unruhe aufgeriebenen und erschöpften Adern der Weltstadt.

Durch Umfang und nachhaltigen Einflusz seiner schriftstellerischen Tätigkeit nimmt Cicero in dieser Zeit eine Centralstellung ein. Um ihn gruppieren sich die Älteren und ein Teil der Jüngeren. Etwas älter als Cicero sind Varro (geb. 638/116),

1) Cic. orat. 161 (poetae novi). Att. 7, 2, 1 (vɛótɛqoi und oñovdeiάžovTES; vgl. § 213, 3. 214, 6. 230, 2. A. 2 E.). Tusc. 3, 45 (cantores Euphorionis). Vgl. auch Quintil. 12, 10, 12.

2) Lagus, studia latina provincialium, Helsingfors 1849.

3) Cic. Brut. 171.

4) Plin. epist. 1, 14, 4 Brixia ex illa nostra Italia quae multum adhuc verecundiae, frugalitatis atque etiam rusticitatis antiquae retinet ac servat.

5) Noch Sueton. gramm. 24 sagt: in provincia . . durante adhuc ibi orum memoria, necdum omnino abolita sicut Romae.

Aquilius Gallus, die Optimaten M. Crassus (geb. vor 639/115), L. Lucullus (geb. um 640/114), Hortensius (geb. 640/114) M. Piso (geb. um 642/112), sowie Atticus (geb. 645/109), die epikureischen Übersetzer und L. Albucius. Gleichalterig mit Cicero sind Cn. Pompejus und Laberius (beide geboren 648/106), Sulpicius Rufus, sowie ungefähr L. Luccejus, Q. Tubero, Q. Cicero (geb. 652/102) und Furius Bibaculus (geb. 651/103). Auch Tiro, Trebatius Testa (geb. um 665/89) und etwa Nigidius Figulus (Praetor 696,58) gehören noch zu seinem Kreise. Sonst aber übt auf die Jüngeren Caesar (geb. 654/100) gröszere Anziehungskraft. Unter diesen stehen an Lebensjahren dem Cicero näher Lucretius (geb. 655/99), Cato Uticensis (geb. 659/95), C. Memmius (Praetor 696.58), Cornelius Nepos (geboren um 660/94), Valerius Cato (geb. um 664/90), Hirtius, Oppius, Munatius Plancus, M. Calidius, C. Trebonius, Maecius Tarpa, C. Cassius, Valerius Messala. Orbilius Pupillus, obwohl schon 640/114 geboren, entfaltet erst jetzt seine Wirksamkeit. Die noch Jüngeren haben, soweit sie Gegner der werdenden Monarchie sind, viele Berührungspunkte mit Cicero gemein, sind aber fast noch mehr von ihm umworben als dasz sie seine Gunst suchten. Dahin gehören M. Brutus (geb. 669/85), D. Brutus (geb. nach 670/84), Calvus (geb. 672/82), auch Catull (geb. 667/87). Unter den Caesarianern dieses Alters hat Cicero zu C. Matius (geb. um 670/84) und Caelius Rufus (geb. um 666/88) ein freundliches Verhältniss, ein zweifelhaftes zu Asinius Pollio (geb. 670/84), ein feindseliges zu Sallust (geb. 667/87) und M. Antonius (geb. um 671/83). Von Varro Atacinus (geb. um 672/82) sind die persönlichen und politischen Beziehungen unbekannt.

Das Consulatsjahr Ciceros (691/63) bildet einen gewissen Wendepunkt wie in Ciceros Leben so auch in der Stellung der Parteien. Wir zerlegen hienach die ciceronische Zeit in zwei Hälften und teilen der ersten diejenigen Schriftsteller zu deren persönliche oder literarische Blütezeit vor jenes Jahr fällt, der zweiten die erst nach 691/63 zur Blüte gelangten.

ERSTE HÄLFTE DER CICERONISCHEN ZEIT.
Die Jahre 671/83-691/63.

164. M. Terentius Varro, geb. J. 638/116 in der sabinischen 162 Stadt Reate, wohl aus einem ritterlichen Geschlechte, widmete sich von Anfang an hauptsächlich der Forschung und literarischer

Tätigkeit, blieb aber auch dem öffentlichen Leben nicht fern und wurde namentlich von Pompejus in amtlichen Stellungen verwendet wo es auf Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit ankam. Auch im Bürgerkriege kämpfte er auf Seiten der Verfassungspartei in Spanien gegen Caesar, wurde vom Sieger zum Vorstande der zu gründenden öffentlichen Bibliothek bestimmt, von M. Antonius aber (J. 711/43) auf die Ächtungsliste gesetzt. Der Gefahr entgangen, erreichte er, bis an sein Ende arbeitsam, fast das neunzigste Lebensjahr. Varro ist ein Schriftsteller von wunderbarer Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit der Stoffe wie der Form, dabei eine eigentümliche Mischung von Volksmäszigkeit und universellster Bildung, Lustigkeit und Pedanterie; ein ehrenhafter Charakter, bieder und nüchtern und heiter, der alten Zeit anhängend und von römischem Patriotismus erfüllt, aber auch für griechische Bildung offen, ohne jedoch um Ebenmäszigkeit und Schönheit der Darstellung sich zu bemühen; insbesondere gefällt sich sein Humor in phantastischen und barocken Einkleidungen.

1. Hieronym. in Euseb. chron. ad a. Abr. 1901 638/116 M. Terentius Varro filosofus et poeta nascitur. Derselbe ad 1990 727/27. M. Terentius Varro filosofus prope nonagenarius moritur. Reatinus nennt ihn Symmachus Epist. 1, 2; vgl. Varr. RR. 2, praef. 6. 2, 8, 3. 5. 6. Von sich wohl sagte er im Catus: mihi puero modica una fuit tunica et toga, sine fasciis calciamenta, equus sine ephippio, balneum non cotidianum, alveus rarus. Schüler des Stilo (§ 148, 1) und des Antiochos aus Ascalon (Cic. Acad. post. 1, 12), wie Cicero, aber vor diesem. Befreundet mit Cn. Pompejus (Gell. 14, 7, 2) und Atticus (Cic. Att. 2, 25, 1. Varro RR. 2, 1, 25. 2, 2, 2), mit Cicero aber, bei der Verschiedenartigkeit des beiderseitigen. Wesens, nie besonders intim (Roth S. 8). Briefe Cicero's an ihn, ad Fam. 9, 1-8. Volkstribun (Gell. 13, 12, 6); aedil. cur. (Vitruv. 2, 8, 9 vgl. Plin. NH. 35, 173). Nach Münzen Pro Quaestore) des Procos. Pompejus, wahrscheinlich 678/76 in Spanien gegen Sertorius (Roth S. 12), wo er um diese Zeit diente (Sall. Hist. 2, fr. 42 haec postquam Varro in maius more rumorum accepit), sicher im Seeräuberkriege (J. 687/67) sein Legat (Varr. RR. 2, praef. 7) und mit einer corona navalis geehrt (Plin. NH. 7, 115), wahrscheinlich (Roth S. 17) auch im mithridatischen (J. 688/66). Wohl nach diesem war er Praetor (Themist. p. 453 Dind.: Bagov tηv Ežanélɛxvv nezev deriv, vgl. Appian. b. c. 4, 47 korgarnynudós), J. 695/59 Mitglied der Zwanzigercommission für Ausführung der von den Triumvirn durchgesetzten lex Iulia agraria (Varr. RR. 1, 2, 10 vgl. Plin. NH. 7, 176). J. 705/49 mit Afranius und Petrejus Legat des Pompejus in Spanien, muszte er, nach dem Abfall der einen seiner Legionen, sich Caesar ergeben (Caes. b. c. 1, 38. 2, 17-20) und scheint sich nun am Kriege gegen diesen nicht weiter beteiligt zu haben. J. 707,47 widmete Varro ihm seine Antiquitates

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