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falls sie eine Göttin sei, reichliche Dankopfer. Darauf spricht Venus zu ihm also:,,Ich halte mich nicht für würdig solcher Ehre. Tyrische Jungfrauen haben die Sitte, den Köcher zu tragen und hoch die Waden mit dem purpurnen Kothurn zu umwinden, Punische Reiche siehest du, Tyrier und eine Stadt des Agenor. Aber das Land ist libyisch, ein Geschlecht unbändig im Kriege. Die Regierung führt Dido, aus der tyrischen Hauptstadt ausgezogen, fliehend vor ihrem Bruder. Lang ist die Unbill, lang der Umschweif, aber ich will die obersten Gipfel der Sachen verfolgen. Ihr Gemahl war Sychäus, der reichste Gutsbesitzer unter den Phöniciern, und von der Elenden mit grosser Liebe erkoren. Ihm hatte der Vater die unberührte gegeben und durch die erste Ehe verknüpft. Aber König zu Tyrus war Pygmalion, an Verbrechen vor allen andern unmenschlich. Mitten zwischen diese kam die Wuth. Jener erlegt den Sychäus gottlos vor den Altären, und geblendet von Liebe zum Golde, meuchlings durch's Schwert unversehens, nicht sich kümmernd um die Liebschaft der Schwester. Und die That verhehlte er lange, und boshaft allerlei vorgebend, täuschte er durch eitle Hoffnung die kranke Liebende. Aber es erschien ihr im Traume das Bild des unbeerdigten Gemahls selbst, das blasse Antlitz wunderbar erhebend, entblösste es die grausamen Altäre und die mit dem Schwert durchbohrte Brust, und deckte das ganze heimliche Verbrechen des Hauses auf. Darauf räth es ihr, die Flucht zu beschleunigen und aus der Vaterstadt zu entweichen, und schloss zur Hülfe des Weges die alten Schätze in der Erde auf, ein unbekanntes Gewicht des Silbers und Goldes. Hiedurch bewogen, bereitete Dido die Flucht und die Gefährten. Es sammeln sich die, welche Hass gegen den grausamen Tyrannen oder bange Furcht beseelte; die Schiffe, welche gerade bereit lagen, nehmen sie zusammen und belasten sie mit Gold. Geführt werden des geizigen Pygmalion's Schätze auf der See. Anführerin der That ist eine Frau. Sie gelangten zu den Oertern, wo du nun die ungeheuren Mauern erblicken wirst und die sich erhebende Burg des neuen Carthago's, und sie erhandelten den Boden, nach dem Namen der That Byrsa genannt, so viel sie mit dem Rücken des Stiers umgeben konnten." Nachdem Venus dem Aeneas diese Auskunft gegeben und von ihm sein Schicksal in Kürze vernommen, weist sie ihn nach der neuen Stadt hin, wo sich dann die Liebschaft zwischen ihm und der Dido anspinnt. Virgil ist hiebei um den Zeitabstand, in welchen späterhin die Geschichtschreiber den Aeneas und die Dido gesetzt hatten, ganz unbekümmert, wohl wissend, dass er es mit Sagen zu thun hat, bei welchen Jahreszahlen übel angebracht sind. So will auch Horaz (Od. III. 19.) nicht darnach gefragt wissen, wie weit von Inachus Codrus abstehe. Wegen des Namens Byrsa oder Bysra meint Heyne, dass die Fabel zweifelsohne griechischen Ursprungs sei. Doch scheint mir kein

hinreichender Grund zu dieser Annahme, da ja eben die Semiten zu allen Zeiten die ganze Welt mit Fabeln versorgt haben.

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Nach dem Nibelungenliede um nun auch hiebei die obersten Gipfel der Sachen zu verfolgen erwuchs in Burgundenland ein edles Mägdlein, Chriem hilt hiess sie, ihrer pflegten drei Könige, ihre Brüder Gunther, Gernot und Giselher. Sie träumte von ihrem künftigen Geliebten. Dies war Sigefrit, welcher in Niederlanden erwuchs, scin Vater war König Sigmunt, seine Mutter Sigelint. Sigfrit erschlug die kühnen Nibelungen Schilbunch und Nibelunch. Hort (Schatz) der Nibelungen war getragen aus einem hohlen Berge. Sigfrit sollte den Nibelungen den Hort mit dem Schwerte theilen und gerieth darüber mit ihnen in Streit. Auch den Albrich, das starke getwerch, der seine Herren rächen wollte, besiegte er, gewann ihm die Hehlkappe ab und wurde Herr des Hortes. Sigfrit zog nach Worms, half den Burgunden die Sachsen besiegen und warb um Chriemhilt. Er fuhr gen Isenland mit Gunther, für welchen er um Brunhilde warb. Sigfrit führte dann die Chriemhilde heim. Als er nachmals mit ihr bei Gunther zu Gast war, geriethen beim Kirchgang beide Königinnen in Zank. Durch den grimmen Hagen, Gunthers geheimen Rath, ward Sigfrit verrathen und auf der Jagd erschlagen, als er lag und aus dem Brunnen trank. Chriemhilt betrauerte ihn und erhielt den Nibelungen-Hort als Morgengabe. Albrich übergab ihn vor dem Berge den Mannen der Chriemhilt, welche den Schatz dann zu dem wilden See an die guten Schiffe trugen und ihn auf Wogen bis hinauf an den Rhein führten. Hagen verbarg den Schatz in den Rhein. Später warb König Etzel um Chriemhilt. Sie fuhr auf der Donau zu ihm in das Hunische Land, und gedachte ihr Leid zu rächen. Nachdem bei ihr ihre drei Brüder und Hagen erschlagen worden, weiss Niemand mehr, wo der Nibelungen-Hort liegt.

Hienach ist die Aehnlichkeit zwischen beiden Sagen wol nicht zu verkennen. Beide drehen sich um einen Schatz, der in der Erde verborgen ist, in beiden eine Königstochter, deren heiss geliebter Gemahl durch ihres Bruders Verrath meuchlings um's Leben gebracht wird. In der einen Sage heisst der Bruder selbst Bygmalion, welcher Namen selbst auf die Pygmäen, die Zwerge, deutet; in der andern ist es Alberich, das Getwerch, ein Mann des Nibelung, welcher den Hort bewahrt; in beiden wird der Hort auf den Wogen der See verführt; in beiden entflieht die Königstochter vor dem Bruder in ein fernes Land, in der einen nach dem Atlas, in der andern zum König Etzel. Selbst die Aehnlichkeit der Namen Sychäus (im Griechischen heisst hesychaeus still, friedlich) und Siegfried dürfte nicht zu übersehen sein. In der einen Sage ist Agenor ein Verwandter der Königstochter, in der andern ist Hagen ein Verwandter des Königs, der Anstifter des Verraths. Dass fremde Namen deutsch gemundet wurden und darnach einen Sinn erzielten, zeigen ja auch andere Beispiele, Aus dem Allen könnte

man denn schliessen, dass die deutsche Sage, in welche, wenigstens bei ihrer Bearbeitung im Nibelungenliede, offenbar schon Späteres, Mittelalterliches, eingemischt ist, ursprünglich aus einer fremden, sei es phönicischen oder griechischen Quelle, geflossen sei, ja dass sie vielleicht gar der angeführten Inhalts-Anzeige bei Virgil ihre Herkunft zu danken habe. Dagegen aber haben nun schon die Gelehrten, namentlich von der Hagen, die deutsche Sage von Siegfried auf die nordische Sage von Sigurd zurückführen wollen, weil in dieser solche mittelalterliche Einmischungen (z. B. dass Chriemhilt sich dem Etzel nicht vermählen wollte, wenn er nicht ein Christ wäre) nicht vorkommen und die rein alterthümlich gehalten ist. Es scheint daher nöthig, dass ich auch die Hauptzüge der nordischen Sage noch kürzlich angebe, deren Inhalt sich in den 13 letzten Dämesagen der Resenischen Edda findet.

Nach den Dämesagen nun hatte Hreidmar das Gold von den Aessen als Lösung für seinen getödteten Sohn Ottur erhalten. Auf den mit Gold gefüllten Balg hatte Odin den verhängnissvollen Ring des Dwergen Ekadvare legen müssen. Hreidmar wurde des Goldes wegen von seinen Söhnen, Regin und Fostner, ermordet. Fostner weigerte sich, das Gold mit seinem Bruder Regin zu theilen und behielt auch den Aegishelm und das Schwert Hrotte. Da nahm Regin den Hialfreck zu Hülfe, welcher den Sigurd, Sigmunds des Volsungen Sohn, erzog. Sigurd tödtete den Fostner, dann auch den Regin, und führte das Gold auf seinem Rosse davon. Sigurd kam zu einer schlafenden Jungfrau, Brynhilde, deren Panzer er zerschnitt. Darauf kam er zum König Giuke, dessen Gemahlin Grymhilda hiess, und ihre Söhne Gunnar, Hogner, Guttorm, und die Tochter Gudrun. Mit dieser vermählte sich Sigurd. Darauf zog Sigurd mit den Giukungen hin zum Atla (ad Atlantem), Butles Sohn, und warb um dessen Schwester Brynhild für den König Gunnar. Sigurd ritt für Gunner durch's Feuer (Wafurloga) und hielt Beilager mit Brynhild. Bei einem Zank der Königinnen, welcher von beiden zuerst ins Bad zu steigen gebühre, warf Gudrun der Brynhild vor, dass der Ring (Andvarenaute), welchen sie am Finger trüge, nicht von ihrem Manne Gunnar, sondern von Sigurd komme, Brynhild, hierüber erzürnt, beredete Gunnar und Hogne, den Sigurd zu ermorden. Sie lassen Guttorm die Unthat vollbringen, welcher den schlafenden Sigurd mit der Lanze durchbohrt, aber auch selbst noch von ihm getödtet wird. Brynhild ersticht sich selbst und wird mit Sigurd verbrannt. König Atlas, Brynhildens Bruder, nahm nachher die Gudrun zur Gattin. Gunnar und Hogne wurden zum Atlas eingeladen, aber gefangen genommen, dem Hogne wurde lebendig das Herz ausgeschnitten. Gunnar wurde in ein Schlangengefängniss geworfen. Daher heisst das Gold der Schatz der Niflunge, ingleichen das Erz des Rheines, und Streit der Niflunge. Das Weitere der Sage von Gudrun kann ich hier, so wie oben von Chriemhild, übergehen.

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Die Aehnlichkeit, oder vielmehr in den Grundzügen die Gleichheit dieser nordischen Sage mit der deutschen und folglich mit der Virgil'schen, wird wol Niemand verkennen. Beachtungswerth ist, dass der Verfasser der Dämesagen den Rhein nennt und den Atlas, als ob er auf die deutsche und Virgil'sche Sage hinschaute. Im Liede von Regin und Öturs Busse (Lieder d. a. Edda, d. d. Br. Grimm, 1815. I. S. 165),,steckte Regin das Schwert in den Rhein binab"; und im zweiten Liede von Brynhildur (ebend. S. 239) heisst es: etliche erzählen so, aber deutsche Männer erzählen so, ,dass sie ihn erschlugen draussen im Walde." Wir können hinzu

setzen: Virgil erzählt, dass er am Altar erschlagen wurde.

Nun entsteht die grosse Frage, wo denn der eigentliche Ursprung dieser Sage zu suchen sei. Daraus, dass die nordische Erzählung rein mährchenhaft und alterthümlicher ist, als die deutsche, folgt noch nicht, dass sie der Zeit nach älter ist; denn das Mittelalterliche ist überhaupt in den Norden später eingedrungen. Eben so kann daraus, dass Virgil früher geschrieben, als die germanischen Erzählungen 80 abgefasst worden, die Folgerung gezogen werden, dass die Germanen den Urstoff der Sage vom Süden her erhalten Das Gegentheil wäre eben so möglich. Es ist mit den Ableitungen der Sagen überhaupt wie mit denen der Sprachen. Weil eine Sprache früher in Schriften gebraucht wurde, deshalb ist sie an sich nicht für älter zu halten. Das deutsche Wort „raffen“ ist gewiss eben so alt, als das lateinische,,rapere" und das griechische,,harpazein"; man thut Unrecht, eines von dem andern herzuleiten, die Wurzel ist allen diesen Sprachen gemein. Dass aber z. B. das Wort philosophiren aus dem Griechischen herkomme, wird Niemand leugnen. Wie alle Sprachen, so haben auch alle Sagenwelten gleiche Grundlage: die Natur, den Himmel und das Jahr mit seinen Eintheilungen. Es würde sich also fragen, ob etwas für den eigenthümlichen phönicischen, griechischen oder germanischen Ursprung der Sage spräche. Auf die Frage nach dem Ursprunge der Zeichen des Thierkreises und der Sternbilder wollen wir hier nicht zurückgehen, mit dieser verhält es sich fast wie mit der Frage nach dem Ursprunge der Schrift. So viel ist gewiss, dass die Sagen vielfältig von einer Menschengattung zu der andern geströmt sind (Fama manavit). Wir dürfen nur an Deukalion und Noa, an Japet und Japhet, an Bellerophon und Joseph erinnern. Selbst die Namen, die Filiation, der Schauplatz, sind dabei vielfältig verwechselt worden, wie wir davon eben ein Beispiel gesehen haben, da in der deutschen Erzählung die Königstochter Chriemhild heisst, in der nordischen aber ihre Mutter. Dadurch bestätiget sich des Dupuis Vorschrift, dass man sich bei der Sagen-Erklärung weniger an die Namen, als an die auderen Angaben zu halten habe. Auf jeden Fall ist in dem Nibelungenliede die Sage, falls sie auch nicht ursprünglich germanisch wäre, doch ganz germanisirt, so dass wir sie als uns eigenthümlich gehörend betrachten können.

Und das vaterländische Gefühl durfte uns keineswegs abhalten, bei der wissenschaftlichen Forschung der Wahrheit die Ehre zu geben. Was nun endlich den Sinn, die Enträthselung der Sage betrifft, so habe ich mich in einer neuen, aber noch handschriftlichen Bearbeitung meines ,,Schlüssels zur Edda" darüber weiter verbreitet. Hier mögen mir nur einige Andeutungen hierüber gestattet sein. Sigurd ist ein Frühlingszeichen, meines Erachtens das Sternbild des Perseus, welches gerade mit dem Widder und Stier aufgeht und mit dem Schützen und Steinbock untergeht. Perseus empfängt auch vom Vulkan ein Schwert und einen unsichtbar machenden Helm. Sigurd's Tod ist der Eintritt der Sonne in die unteren Zeichen. Brunhild ist das Sternbild der Jungfrau, das Perseus immer untergehen lässt. Otur, die Otter, ist ein Namen der Wasserschlange Hydra. Der Ring Andvarenaute ist die nördliche Krone u. s. w. Doch zum augenscheinlichen Beweise, dass von dem Verfasser der Dämesage die Mähr sternlehrig aufgefasst und verstanden worden ist, will ich nur noch Eines anführen. Dämesage 75 sagt von König Gunnar: „er wurde in ein Schlangengefängniss (Ormagard) geworfen, und ihm wurde eine Harfe übergeben und so bestellt, dass er, weil seine Hände gebunden waren, mit den Zehen die Harfe schlug, so dass alle Schlangen einschliefen, ausser die Schlange, welche ihn anfiel und so unten an seiner Brust hing, bis er todt war." Nun findet sich, dass das Sternbild des Herkules mit einem Fusse auf dem Kopfe des Poldrachen steht und die Lyra berührt, und dass es an der Seite den Kopf der eigentlichen Schlange (serpens) hat, auch von der Wasserschlange nicht sehr entfernt, also von Schlangen umgeben ist. Hiermit ist also offenbar Gunnar als Sternbild des Herkules nachgewiesen, und diese Enträthselung führt dann wieder zu andern Aufschlüssen. Es lässt sich aber vermuthen, dass auch der Namen Gunnar aus einer Verstümmelung des griechischen Namens Engonasis Gnux, lateinisch Ingeniculus, der Knieende, entstanden ist.

Aus diesen Beispielen, wie aus der ganzen Betrachtung, dürfte sich schliesslich noch der Lehrsatz ergeben: dass es nicht räthlich sei, bei unserem gelehrten Treiben die deutsche Philologie von der alt-classischen scharf zu trennen. Unser jetziger Germanismus ist doch eigentlich und soll auch sein ein aus dem Humanismus hervorgegangener. Und die Uebersetzung und Erklärung der altclassischen Werke muss, wenn sie fruchtbringend sein soll, sich doch immer durch das deutsche Element vermitteln.

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