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I.

Sophrons Vater, den ich Eubulos nenne, war einer von den wenigen Menschen, denen der Wunsch ganzer Länder einen Thron bestimmen würde, die aber aus Neigung weder herrschen noch dienen, aus Grundsåßen und Neigung lieber Einem dienen, als dieser Eine Herrschende seyn möchten.

Die Natur hatte seinen großen und thätigen Geist mit Scharfsinn and Kraft gerüstet; eine gute Erziehung bildete diese Anlagen, fie bis zu Weisheit und Tugend veredlend. Wahre Gottesfurcht belebte früh sein schdnes Herz, erweichte ihn für die Leiden andrer, stählte ihn gegen vielfältige eigne Leiden, denen seine Seele nimmer, sein Körper spåt erlag.

Als Jüngling widmete er sich dem Dienste seines Vaterlandes, nicht aus Ehrgeiz, sondern aus Selbstverläugnung, und im mittleren Alter seines Lebens

war er der erste Minister eines mächtigen Fürsten Deutschlands.

Bedarf es einer Erzählung, wie ein solcher Mann oder vielmehr wie der Fürst fällt, der eines solchen Mannes entbehren will?

Er ward zweimal verabschiedet und wieder ge= rufen. Freunde verdachten ihm seine Bereitwilligkeit, aber Eubulos liebte sein Vaterland, und Ausübung der schwersten Pflichten war ihm desto heiliger, je mehr er sich bewußt war, daß kein andrer sie wie er erfüllen würde.

Ueberladen mit zweimal gehäuften, zweimal verworrenen Geschäften; im Kampf mit schlauen, måchtigen und schmeichelnden Feinden; wurden ihm durch abgedrungene Verantwortungen seiner Verwaltung die Stunden der Muße geraubt; und je sonnenheller dem Volke, das ihn Vater und Schußengel nannte, seine fiegende Unschuld erschien, desto lockerer wurde unter ihm der gefährliche Boden, auf dem er stand; er fiel

wie der Hof sich ausdrückte in die Ungnade seines Herrn; nun stürmten seine Feinde gegen ihn, er ward ergriffen, und brachte die sieben lehten Jahre feines Lebens als Staatsgefangener in einem Thurm zu, selten von wenigen Freunden, täglich von seinem einzigen Sohne, wiewohl gegen ausdrückliches Verbot

des Fürsten, besucht. Der Kommandant seiner · Feste, ein abgehärteter Krieger, hatte Gehorsam gegen den Obersten, aber nicht Befolgung tyrannischer Bes fehle gelernt.

Im Kerker drückte Sophron seinem sterbenden Vater die Augen zu, umarmte den alten Kommandans ten, rafte das Seinige zusammen, und verließ mit glühender Serle sein Vaterland.

Sophron war das Ebenbild des Eubulos, und seine ganze Erzichung das Werk seines Vaters, mehs rentheils die Frucht der beiden ruhigen Epochen seis nes Privatlebens.

Auch während seiner legten Staatsverwaltung, die ihm nur Augenblicke für den einzigen Sohn übrig ließ, zeigte er dem Jünglinge die Bahn, auf welcher er ihn nicht begleiten konnte, und hatte immer ein wachsames Auge auf seine Studia, seine Leibesübun gen und Ergöhungen.

Mein Sohn, pflegte er lächelnd zu sagen, mag wohl noch einige Zeit mit Kork umgürtet schwimmen, ehe ich ihn nackt den wilden Wogen überlasse.

Aber vorzüglich ward der Thurm des väterlichen Gefängnisses eine Schule der Weisheit für den Sohn.

Dritter Theil.

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Er brachte oft ganze Tage bei dem Vater zu. Durch einen heimlichen Gang, welcher aus dem Keller des Kommandanten in die tiefen Gewölbe des Thurmes, und aus ihnen durch einen engen Windelgang in das Kämmerlein des Eubulos führte, schlich ein Jüngling, der nicht zum Schleichen geboren war, in ein Gefångniß, welches ein Tempel der Musen ward.

Hier vollendete der Vater die Erziehung des Sox phron. Weiser Unterricht floß von seinen Lippen, und sein Beispiel gab ihm Kraft.

Heiter im Kerker, voll der erhabensten und füßeften Zuversicht auf den Allliebenden, entbehrte Eubulos gelaffen, oft froh, die süßesten Freuden des Lebens.

Mit einer Dankbarkeit, deren Glückliche selten fähig find, genoß er durch die eisernen Gitter seines Thurmes des seelenlabenden Anblicks einer Natur, deren Zugang ihm verwehrt war.

Er drängte sich mit warmen Herzen, und mit Augen, in denen es überlief, an sie an, und gewöhnte die kleinen freien Sånger, aus seiner Hand Speise zu nehmen.

Diese fürchteten im Kerker des Tyrannen keine Nachstellungen, und fangen aus grünenden Zweigen

Lieder der Freiheit, an denen die Empfindung des weisen Gefangenen Theil nahm.

* Gespräche von Gott, von jenem Leben, oder vonTM anderem, bald ernstem, bald leichtem Inhalt, wechsel sen mit gemeinschaftlicher Lesung gewählter Bücher. Abwechselnd lafen Vater und Sohn, doch am oftesten dieser, die besten Schriftsteller der Alten und der Neuen. Jenen waren einige heitre Morgenstunden geweihet; diesen Stunden des Nachmittags. Auch für uns, sagte der Vater, soll die Morgenstunde Gold im Munde haben.

Bei Lesung der Dichter, besonders des Homers, ward oft der Jüngling so entflammt, daß seine Stimme lauter scholl, als sie schallen durfte. Einige der Wache, die den schönen Klang der griechischen Sprache aus dem Munde des Jünglings hörten, hat= ten und verbreiteten den Wahn, daß höhere Geister den erhabenen Dulder in Stunden der Frühe besuchten. Der brave Kommandant lächelte und widersprach ihnen nicht.**

Während dieser Zeit entfaltete der poetische Ge nius des Sophron seine Flügel.

Der Vater hatte schon im Knaben dichterische Ane lagen bemerkt und heimlich sich gefreuet. Sie ente

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