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Das christliche Ehegesetz kann nicht anders ausgedrückt werden, als dadurch, daß únolvoaι und yauzoaι verbunden auf μoixăraι bezogen werden. Hier aber kommt uns eine Einwendung entgegen, nåmlich die, daß die Juden einę doppelte Frage stellen, erstens hinsichtlich der Entlassung aus jeglichem Grunde, und zweitens ob man nach der Entlass sung der ersten Gattin eine zweite nehmen dürfe *). Jedoch übersieht man dabei, daß mit feinem Worte eine doppelte Anfrage angedeutet ist. Die Pharisåer fragten nur, ob es erlaubt sei, die Frau um jeder Ursache willen zu entlassen. Christus konnte also auch keine doppelte Frage beantworten, schon aus dem Grunde, weil die Antwort Christi nur ein vollendetes Ganzes enthält, und weil Niemand zwei Fragen zusammen beantworten kann, wenn nicht eine Abfolgerung und Abhängigkeit derselben Statt hat. Die zweite Frage, ob nach der Entlassung die Ehe gelöst sei, konnte ihnen gar nicht in den Sinn kommen, weil eine solche Frage selbst die Kenntniß und Annahme der absoluten Unauflösbarkeit der Ehe vorausseßt. Ihre Frage drehte sich nur und konnte sich nur drehen um das Erlaubtsein der Entlassung, die sie sich in allen Fällen als absolute Trennung der Ehe dachten. Zweitens ist es unrichtig, diese Frage den Pharisåern in den Mund zu legen, da nach Marcus 10, 10. die Jünger zu Hause den Herrn fragten und der Herr ihnen, nicht den Pharisaern, dieses Ehegesetz vortrug.

Da der zweite Vordersaß aus einer Anfrage entspringt,

*) Cornel. a Lapide in Matth. 19, 9. Pharisaei duas quaestiones tacite proposuerant Christo. Prima erat, an quacumque ex causa liceret uxorem dimittere? Secunda, an dimissa uxore per libellum repudii solutum esset matrimonium et posset aliud iniri? Ideo enim dimittebant suam, ut ducerent aliam. Sustulit enim cum libello repudii etiam polygamiam sive pluralitatem uxorum olim licitam. Itaque hic repetendum est rò quicunque hoc modo: quicunque dimiserit uxorem nisi ob fornicationem, et quicunque aliam duxerit, moechatur.

so könnte man die Behauptung aufstellen, daß er unnüß sei. In Bezug auf die Frage der Pharisåer ist er allerdings uns nüß; denn der Herr gab ihnen eine vollständige Antwort, da er sprach (Matth. 19, 8.): Wegen euerer Hartherzigkeit gestattete euch Moses, euere Frauen zu entlassen; am Anfange aber war es nicht so. Dieser zweite Vordersaß ist aber nothwendig, um das christliche Ehegesetz auszudrücken ; denn die negative Seite besteht aus zwei Factoren, aus dem Entlassen und aus der Wiedervermählung. Daher ergångt der zweite Vordersaß den ersten. Cornelius a Lapide, welcher hierin ein Verbot der Polygamie sieht, widerspricht sich selbst, weil nach der Entlassung der früheren Frau nicht nothwendig eine Polygamie eintritt, wenn eine andere ges nommen wird, oder man müßte annehmen, daß er die erste nicht entlasse und eine andere dazu nehme, was aber zus nächst nicht Gegenstand der Frage war. Die Polygamie ist nur dann vorhanden, wenn die erste Ehe noch fortbesteht; aber gerade um dieses Fortbestehen handelt es sich. Zudem wäre diese Polygamie eine successive und uneigentliche. Dies ses Verbot ergibt sich erst aus der absoluten Indissolubilitåt der Ehe, so daß hier die Wirkung vor der Ursache ange, führt wäre.

Wir haben noch die Einheit der Apposition mit dem Gage: καὶ ὃς ἀπολελυμένην γαμήσῃ, μοιχᾶται, bargutbun. Zuerst fragt es sich, welchen Sinn dieser Saß habe. Er sagt nicht aus, daß die Entlassene, welche sich verehelicht, sondern der eine Entlassene Ehelichende einen Ehebruch bes gehe, obschon das Erstere nahe gelegen wåre, zumal nach Der Grtiarung, monad μοιχᾶσθαι αὐτὴν ποιεί, bie Berans laffung zum Ehebruche ausdrücken soll. Unserer Anschau ungsweise liegt dieses allerdings nahe; aber nach den Sit. ten der damaligen Zeit hatte der Mann ein größeres Recht, als die Frau. In der Vorzeit war das Frauengeschlecht ganz unter die våterliche Gewalt gestellt, so daß der Vater seine Lochter verehelichte. Selbst der h. Paulus sagt nach (L. Cor. 7, 38.): „Wer seine Jungfrau verheirathet, thut

wohl; wer sie aber nicht verheirathet, thut besser ;" gleich als ginge die Ehe von dem Vater aus. Auf dieselbe Weise ziemte es sich für ein Weib nicht, selbst zu freien, obwohl hinsichtlich des Bandes beide Gatten gleichgestellt waren.

Daraus ersehen wir, daß der Saß ohne Aenderung des Sinnes auch heißen könnte: Und die entlassene Frau, welche sich wieder verheirathet, begeht einen Ehebruch. Jes doch sind wir noch im Zweifel, welchen Zweck der ganze Saß überhaupt habe. Allerdings folgt aus der Gegenseis tigkeit der Ehe, daß, wenn der sich wiedervermählende Mann einen Ehebruch begeht, auch die entlassene Frau durch die Wiedervermählung einen Ehebruch begehe. Gerade darum, weil man nach den Ansichten der vorchristlichen Zeit dem Manne ein größeres Recht zugestand als der Frau, war ein Sat nothwendig, welcher wenigstens hinsichtlich des Ehe. bandes das gleiche Recht der Frau zusprach, wenn auch jene Sitte, daß sie nicht selbst freite, noch fortbestand.

Ist nun dieses die Absicht und der Sinn dieses Saßes, so bestimmt es sich sehr leicht, ob die Apposition auch hier Anwendung finde. Es bestehen darüber zwei abweichende Ansichten. Nach der ersteren wäre es Willkühr, die Appos sition hierher zu beziehen. Die zweite, gerade entgegenges seßte Ansicht, welche Maldonat *) nach dem h. Hieronymus vertheidigt, besteht darin, daß Christus von der wegen Ehes bruches entlassenen Frau redete, da er, wenn er gesagt håtte: Wenn die Entlassene sich ehelicht, so bricht sie die Ehe,

* In Matth. 19, 9. Illud etiam, quod Hieronymus observavit, hanc sententiam magnopere confirmat, quod Christus non dixerit si dimissa nupserit, moechatur, sed qui dimissam duxerit, moechatur. Cuius rei non alia potuit esse causa, quam quod Christus de uxore etiam propter fornicationem dimissa loqueretur, de qua, quia iam adultera erat, noluit dicere moechatur, quia nihil novi dixisset, sed dixit, fore, ut quicunque eam duceret, moecharetur, ut significaret, nec dimissae licere alteri viro nubere, neque alteri viro, uxorem eam ducere.

nichts Neues gesagt håtte, da sie ohnehin eine Ehebrecherin ist. Maldonat will also hier allein die Apposition gesezt und alle anderen Gründe ausgeschlossen wissen, so daß der Sinn dieser ist: Die Ehebrecherin, welche entlassen wurde, darf sich nicht mehr ehelichen. Dagegen ist aber zu bemera ken, daß der Zweck dieses Sazes ganz irrig angegeben ist. Wäre diese Erklärung die richtige, so handelte es sich nut darum, dem üblen Ausdrucke: die Chebrecherin bricht die Ehe, zu entgehen; der Sache nach wäre nichts Neues ger sagt. Sodann handelt es sich gerade darum, ob die ents lassene Ehebrecherin noch Ehebrecherin ist, wenn sie sich verehelicht, oder ob die frühere Ehe noch fortbesteht. Jenes Moment, daß sie wegen des Ehebruches entlassen wurde, ist das subjektive; aber das Recht der Wiedervermählung ist auf keine Weise von dem subjektiven Momente abhängig. Daher wurden hier das subjektive und objektive Moment identifizirt.

Die Apposition läßt sich hier nicht hinweg denken, jedoch darf man nicht übersehen, daß dieser Saß die Entlassungsgründe in sich schließt, und daß diese in demselben Zus sammenhange, wie im ersten Vordersaße, begriffen werden sollen. Dieser Vordersah enthält aber keine reale, sondern eine ideale Entgegenseßung der Gründe; denn der Sinn ist nicht der, daß man aus anderen Gründen als dem des Ehes bruches die Frau entlassen dürfe, sondern nur dieser Wer aus irgend einem Grunde nebst dem Grunde des Ehebruches oder der Hurerei seine Frau entläßt, handelt gegen sie ehebrecherisch. Da man die Gründe der Entlassung nicht ausschließen kann, so ist es Willkühr, entweder nur die nogveia auszuschließen oder einzuschließen, oder nur die andern Gründe einzuschließen. Die Wahrheit des Saßes bleibt unangetastet; denn der Sat: Und wer eine aus irgend einem Grunde bis auf den der Hurerei Entlassene ehelicht bricht die Ehe, ist vollkommen wahr.

Wir haben uns dem Punkte genähert, wo alle Stellen,

welche von der christlichen Ehe sprechen, in ihrer Uebereinstimmung hinsichtlich der Apposition betrachtet werden müss fen. Am vollständigsten ist das christliche Ehegesetz Matth. 19, 9. ausgesprochen, soferne man auf die Apposition sieht, welche in allen anderen Stellen fehlt. Dieser Umstand ver anlaßte ein doppeltes Verfahren, indem man entweder Matth. 5, 32. und 19, 9. zu Grunde legte, und alle anderen Stels len nach diesen bestimmte, oder indem man diese Stellen, welche keine Apposition enthalten, zum Maßstabe für die übrigen Stellen nahm.

Die Vertheidiger der relativen Ehetrennung gingen nämlich von der Ansicht aus, daß, wenn die Stellen bei Matthaus dunkel feien, sie nach den Stellen, welche keine Apposition enthalten, erklärt werden sollen *). Die Anhan ger der absoluten Ehetrennung behaupteten das Gegentheil.

*) Mald. in Matth. 19, 9. Fingamus, Matthaeum evangelium non scripsisse, profecto ex verbis Marci et Lucae alium sensum elicere non possumus, quam nunquam licere marito, quocumque de causa uxorem dimisisset, alteram ducere, nunquam licere uxori, quacunque de causa dimissa esset, alteri licere; nec ullus dubitationi locus esset. Nunc Matthaeus scripsit, sed scripsit obscure, ita ut de eius sensu atque interpretatione inter nos et haereticos disceptetur; quis non intelligit, hominis esse prudentis, Matthaei obscurum locum ex Marci et Lucae perspicuis verbis interpretari? Scripsit post Matthaeum, ut creditur, Marcus et Lucas; credibile profecto est, eos, quod obscure Matthaeus dixerat, perspicere et sine ulla ambiguitati dicere voluisse; dixerunt autem, nunquam viro, dimissa uxore, alteram ducere licere. Hoc igitur tenendum, quod sine ambiguitate et quasi interpretationis loco dictum est; Matthaei autem testimonium ex aliorum Evangelistarum explicatione intelligendum. Contra facere, quemadmodum haeretici faciunt, aut nullius aut perversi et discreti iudicii est. Scripsit etiam post Matthaeum D. Paulus epistolam ad Romanos et ad Corinthios. In utraque hanc quaestionem tractat; nunquam adhibet exceptionem.

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