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„Nur die Stellen bei Matth. V. und XIX.", wie Zenger sagt*), „welche doch vor und seit den Zeiten des h. Augus stin den Religions-Lehrern die dunkelsten zu sein geschienen haben, sind den Vertheidigern der Unauflösbarkeit der Ehe die klarsten, die zum Beweise am meisten geeigneten, weil sie nebst der Regel auch die Ausnahme ausdrücken. Aber eben diese leßtern Stellen sind ihnen doch wieder nur in so ferne klar, als sie durch die darin enthaltene Ausnahme eine Lücke zur gänzlichen Scheidung offen zu lassen scheinen; sie finden aber in der Ausnahme selbst sogleich wieder eine bes deutende Dunkelheit, weil sie nur eine einzige Ursache zur gänzlichen Scheidung zuzulassen scheint. Denn eine einzige Ursache zur Scheidung, nämlich gerade der Ehebruch, war diesen Gelehrten, welche nicht den christlichen Ehebrechern allein, sondern auch andern bedrängten christlichen Eheleuten das Wort reden wollten, zu wenig. Man mußte sich daher Mühe geben, in den Worten Jesu selbst mehre Ursachen zur gänzlichen Scheidung aufzufinden. Man behauptete daher, Christus habe in den Stellen bei Matthåus nicht den Ehes bruch allein als eine Scheidungsursache angeben wollen, sons dern ihn nur als ein exempli gratia, als ein großes Beis spiel angeführt, und er habe dadurch zu verstehen geben wollen, daß zwar der Ehebruch die erste und wichtigste Urs sache zur gänzlichen Ehescheidung sei, indem selber dem Wes sen der Ehe am meisten entgegen ist; daß aber die Schei, dung auch noch aus andern wichtigen Ursachen geschehen fönne."

Beiderlei Erklärungen gründen sich auf ein vorgångis ges Prinzip, nåmlich auf die Annahme der absoluten und relativen Ehetrennung, und zweitens auf ein wissenschaftlis ches, daß nämlich die dunkeln Stellen von den klaren Licht empfangen sollen, und daß bei Matthäus das Ehegeseß voll. ståndig, an den übrigen Stellen aber unvollständig darges stellt sei. Hier handelt es sich einstweilen um die Feststel

*) In der angeführten Schrift, S. 26.

lung der wissenschaftlichen Prinzipien, und so begegnet und zuerst der erste Saß, daß die dunkeln Stellen nach den kla, ren erörtert und durch sie erhellet werden müssen. Dieses Prinzip ist ein unbestrittenes, ein von Allen anerkanntes, und bei der Interpretation zu Grunde gelegtes. Nun kommt es aber darauf an, ob man bei Matth. 5, 32. und 19, 9. eine Dunkelheit anerkennt. Geschieht dieses, so ist der Gega ner schon widerlegt; nimmt er aber hier keine Dunkelheiten an, so kann man nicht mehr auf diesen Grundsaß fußen, sondern man muß andere Prinzipien zu Rathe ziehen.

Wenn man sich auf Matth. 5, 32. und 19, 9. beruft, und von diesen Stellen aus die übrigen dahin erklärt, daß die einen vollständig, die andern unvollständig das christliche Ehegesetz enthalten, so ist man zur Annahme gezwungen, daß in den einen Stellen ein wesentlicher Theil von dem christlichen Ehegeseße fehle. Denn da die christliche Ehe ab folut unauflösbar, so hätte man den Fall, in welchem eine Trennung zulässig ist, nicht übergehen dürfen, wenn er wirk. lich so zu fassen ist; aber dadurch würde selbst das christ. liche Ehegesetz erschüttert, und Christus hätte kein vollkom menes Gesetz gegeben. Jede Ausnahme vernichtet das christliche Ehegeseß und raubt der Ehe ihren vollständigen Cha rafter.

Wenn man aber troß dem, daß man sich keine Excep tion bei einer christlichen Ehe denken kann, darauf besteht, daß Marcus und Lucas und Paulus das Ehegeseß nicht volls kommen angeben, so fällt alle Schuld auf die heiligen, vom Geiste Gottes geleiteten Verfasser; denn sie haben geirrt, und das wesenhaft Christliche durch Hinweglassung verstüm melt. Man ist gezwungen, die übrigen Stellen, in denen die Erception nicht vorkommt, geradezu zu verwerfen und die heil. Verfasser für Betrüger zu erklåren; oder man hat anzunehmen, daß sie nur Unwesentliches übergangen haben. Eben so verkehrt ist die Ansicht von Graz, Christus habe die Exceptionsformel gar nicht gesprochen, Matthaus aber hinzugefeßt, um die Judenchriften zu beunruhigen, indem sie

ihre Frauen, welche schon vor der Ehe sich fleischlich vers gangen håtten, wie ehedem im Judenthume, so auch im Christenthume zu entlassen das Recht hätten. Diese durch nichts begründete Ansicht macht einen heiligen Verfasser zu einem Interpolator, wie die vorhin angeführte die übrigen zu Verstümmlern an der Lehre Christi, Ansichten, welche wes der wissenschaftlich sind, noch dem christlichen Geiste ents sprechen.

Um diesen Widersprüchen zu entgehen, hat man nur die Annahme übrig, daß alle diese Stellen das ganze Ehes gesez enthalten, und daß die Apposition, weil sie kein wes sentliches Element des christlichen Ehegesetzes enthält, hins weggelassen werden konnte. Solche unwesentliche Zusäße konnten aber die heil. Autoren hinweglassen, weil sie nur den Judenchristen ohne nåhere Erklärung verständlich waren. Es ist immerhin anzunehmen, daß Christus diese Apposition gesprochen, weil kein Apostel sich einfallen lassen konnte, eine unwahre Thatsache zu berichten; daß aber die übrigen Apos stel sie hinweglassen konnten, ohne dem Ganzen Eintrag zu thun, und hinwegließen, weil sie es für ihren Zweck als ans gemessen erkannten. Von unserem Gesichtspunkte aus, wos nach die Apposition als eine unwesentliche Zuthat erscheint, kann sie auch bei allen übrigen Stellen hinzugedacht und hinzugesetzt werden, ohne daß sich der Sinn im mindesten ånderte. Die Anhänger der relativen Ehetrennung können und müssen sich diese Consequenz gefallen lassen; aber damit verzichten sie zugleich auf den formalen Grundsaß, daß alle dunkeln Stellen durch deutliche erklärt werden sollen.

Indessen finden sich hier getheilte Ansichten. Zu I. Cor. 7, 11. nimmt Estius die Apposition im Sinne der relativen Ehetrennungen; Zenger *) sondert die Stellen bei Matth. 5, 32. und 19, 9. von den übrigen ab und sagt: „Die beis den Stellen bet Matthåus müssen nicht nothwendig wegen dem Ausdrucke: nisi ob fornicationem, und excepta forni

*) 3. 4. B. S. 74.

cationis causa, als Vorschriften für Christen angesehen werden. Sie können, was sie auch sind, als Antwort auf die Frage, als eine Zurechtweisung der gar zu lockeren hilleli, schen Auslegung des hervath dabbar, als eine Auslegung des eigentlichen Sinnes der blos mosaischen, nicht göttlichen Ehescheidungs-Lizenz, und was sie über diese Zurechtweisung und Auslegung enthalten, kann als eine allmählige Vorbe reitung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Ehegeseßes, welches der Schöpfer vom Anbeginn gegeben hatte, anges sehen werden. Auf diese Weise wird man immer in diesen beiden Stellen einen Sinn finden, welcher mit den bei Mar kus und Lukas allgemein ausgesprochenen Stellen harmonirt. Denn nach dieser Voraussetzung hat Jesus den damals lebenden Juden nicht alle Scheidung verbieten, sondern sie nur auf die einzige Ursache der Unzucht nach der strengeren Auslegung des hervath dabbar einschränken wollen. Es wurde aber dabei den entlassenen Weibern das Heirathen schon allgemein verboten, und dadurch der mosaische Ausdruck: Sie ist abscheulich geworden vor dem Herrn, erklärt. Nun war also nur noch übrig, auch den entlassenden Männern das Heirathen zu verbieten. Dies geschah in dem Vortrage au die Jünger zu Hause, und in der Stelle bei Lukas.“

Um die von der Ehe handelnden Stellen nun in ihrer Zusammengehörigkeit darzulegen, so müssen die Stellen bei Matth. 5, 32. und 19, 9. von den übrigen abgesondert were den. Die zwei Stellen bei Matthäus sprechen offenbar von einer zweimaligen Verkündigung des christlichen Ehegeseßes. Beide können nicht als Eine Handlung betrachtet werden, da die veranlassenden Umstände andere sind. Denn anges nommen, Matthäus habe die zu verschiedenen Zeiten gehals tenen Reben des Herrn zusammengedrängt und in einem realen, nicht historischen Zusammenhange verbunden, so ers scheint gerade darum die nochmalige Erwähnung der Ehe in Kap. 19. auf keine Weise zulässig. Die übrigen Stellen bei Markus 10, 2-12. und Lukas 16, 18. müssen entweder mit denen bei Matth. 5. und 19. zusammenfallen, oder neue

Fälle sein. Was Markus betrifft, so stimmt die Veranlass sung und der ganze Verlauf augenfällig mit Matth. 19, 2-10. überein, und es ist sonach keine dritte Verkündung ·des Ehegeseßes enthalten. Bei Luk..16, 18. weisen die Ums stånde nicht so genau den Zusammenhang mit Matthäus nach, und es scheint ein dritter Fall nicht unmöglich zu sein. Aber die vorhergehenden Worte V. 17.: "Es ist leichter, daß Himmel und Erde vergehen, als daß vom Geseße Ein Strichlein binwegfällt," weisen auf Matth. 5, 18., und die Worte V. 16. auf Matth. 11, 12. 13. zurück. Daraus ergibt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit, daß die Stelle bei kuf. 16, 18. mit Matth. 5, 32. identisch sei. Denn auch hier dies nen die speziellen Fålle nur zur Erläuterung` des Hauptges dankens, daß er nicht gekommen sei, das Geseß aufzuheben, sondern zu erfüllen. Daraus ergibt sich, daß Christus nur zweimal sein Ehegeseß vortrug.

Wir wollen daher von den andern Stellen zunächst abs sehen, und Matth. 19, 9. und Mark. 10, 12. in Betracht ziehen. Hier ergibt sich eine Differenz in den beiden Be richten, indem nach Markus der Herr erst zu Hause seinen Jüngern das Ehegesetz verkündete, während er nach Mats thaus sein Ehegeset ohne nähere Ortsangabe unmittelbar nach der Antwort auf die Frage der Pharisåer anschließt, und die Jünger über die Strenge des christlichen Ehegeseßes verwundert sprachen: „Wenn die Sache des Mannes mit dem Weibe sich so verhält, so ist es nicht gut, zu heiras then." Da es Grundsatz sein muß, die Evangelisten in Uebereinstimmung aufzufassen, weil sie sich nicht widerspres chen können, so steht so viel fest, daß Christus seinen Júns gern zu Hause seine Lehre über die christliche Ehe vortrug; es ist aber ungewiß, ob er auch vorher schon außer dem Hause nach Markus und Matthåus seine Lehre vortrug.

Auf einen zweimaligen Vortrag seiner Lehre scheint fingubeuten Warf. 10, 10: καὶ ἐν τῇ οἰκίᾳ πάλιν οἱ μα θηταὶ αὐτοῦ περὶ τοῦ αὐτοῦ ἐπηρώτησαν αὐτόν. 21ber näλev = iterum, bezieht sich zunächst auf die Anfrage, daß

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