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Schöpfergenius das völlig Neue: die Welt der Begriffe (und der Ideen).

Hier ist der tiefe Einschnitt in der organischen Entwicklungsgeschichte, welchem die reine Descendenztheorie ohne Deutungsmöglichkeit gegenübergestellt ist; hier ist die absolute Scheidelinie zwischen Tier und Naturmenschen einerseits, dem mit göttlichen Odem beseelten Kulturmenschen andererseits: Mit dem Beginne ideologischen Denkens hebt die Menschwerdung an. Vor ihm liegt nur höhere und höchste Tierheit.

Von dem Augenblicke an, wo die ersten Begriffe und Ideen gebildet werden, entsteht die menschliche Sprache, die Sprache des Kulturmenschen, die sich gegenüber den Lauten der höheren Tiere und dem Sprechen der Naturmenschheit nur dadurch wesentlich abgrenzt, daß sie Begriffe, Ideen zu ihren Bestandteilen zählt, daß sie ideologisch ist. Mein Standpunkt in der Frage der Entstehung der Sprache ) ist daher in der Mitte zwischen der (herrschenden) Entwicklungs- und der (fast verlassenen) Wundertheorie: Das Gesetz der kontinuierlichen Entwickelung läßt in jenem entscheidenden Punkte, welcher die Entstehung des ideologischen Moments in der Sprache bezeichnet, im Stiche; vergeblich sucht menschliches Wissen dieses Wunder restlos zu enträtseln 9).

§ 14. Wesen und Gliederung der Ideen und Abgrenzung gegenüber den Begriffen.

Von der Gesamtheit der Begriffe hebt sich jene Gruppe von Denkprodukten wesentlich ab, welche ich Ideen nenne. Die Ideen weisen entwickelungsgeschichtlich das Eigenartige auf, daß sie der Menschheit erst mit dem Eintritte der Vernunft zugänglich werden und demnach Sondergut der Kulturmenschheit bilden. Diesen Wesenszug teilen sie mit den Begriffen. Sie haben aber zugleich im Gegensatz zu den Begriffen das analytische Charakteristikum, daß sie durch logische Zergliederung nicht erschöpfend bezeichnet werden können, daß sie dagegen durch die Kunst veranschaulicht zu werden vermögen. Der Wesensunterschied zwischen Begriff und Idee erhellt aus folgendem: Die Eigenart der Vorstellung besteht darin, daß sie konkret ist; die zeitliche Vorstellung besagt, a erfolgt

8) Über die verschiedenen Theorien bezüglich der Entstehung der Sprache vgl. Wundt, Völkerpsychologie I, 2 S. 588-609. Siehe auch Jodl, Lehrbuch der Psychologie S. 564 ff.

9) Vgl. dazu unten § 15 der Abhandlung.

später als b; die örtliche Vorstellung erklärt, c liegt neben d; die Vorstellung eines Menschen hat den Inhalt: (der Mensch) A etc. etc. Das Wesen des Begriffs dagegen ist abstrakt: der Begriff gibt eine Schablone, ein Allgemeingültiges, dessen praktische Bedeutung dahinführt, daß es alle möglichen konkreten Vorstellungen, die dem Begriffe zugehören, durch den Begriff irgendwie generisch erkennbar macht, in ihrer gegenseitigen Ersetzbarkeit charakterisiert. Der Begriff ist die logische Uniform oder das logische Etikett, welches einen Vorstellungsinhalt in irgend einer gewissen Beziehung in sich begreift. Der Begriff ist also ein Kollektivum, welches die adäquaten Vorstellungen in sich schließt. Der Begriff ist ein logisches Vernunftprodukt. Hingegen sind die Ideen die intuitiv erschauten Urformen allen Seins, welche der menschliche Geist nicht schafft, sondern nur erfaßt und zum Ausdrucke bringt, So hat Aristoteles als Erster die Idee der Gerechtigkeit klar erschaut und mit dem Satze τὸ δίκαιόν ἐστι τὸ ἴσον treffend charakterisiert. Damit ist aber nicht etwa ein „Allgemeinbegriff" des Gerechten zum Ausdrucke gebracht, unter den alles reale Recht subsumierbar wäre, vielmehr die Idee benannt, welcher das Recht, soferne es gerecht" ist, soferne es „richtiges Recht" 1) ist, soferne es der Idee adäquat ist, als konkrete Erscheinung zugehört. Die Idee ist vormenschlich, vorweltlich, ewig und ewig unwandelbar: sie ist der loyos des Neuen Testaments, der von allem Anfang war. Die Gesamtheit der Ideen ist die Form, in welchen sich das Göttliche, die Gottheit den Menschenkindern offenbart, sobald sie Kulturmenschen geworden sind, die Fähigkeit erlangt haben, Göttliches zu erfassen, ideologisch zu denken, „mit göttlichem Odem beseelt sind.“

Der Begriff definiert durch Hervorhebung gemeinsamer praktischer oder Zweckmerkmale (Eigenschaften). Die Idee gibt den adäquaten Ausdruck für die unmittelbare Beziehung des Objekts zur Unendlichkeit, für die Stellung des Dinges im All. So ist das Recht als Begriff = die Zwangsordnung sozialer Beziehungen; Recht als Idee Entgeltung. So ist der Mensch als Begriff Vernunftträger (homo sapiens); der Mensch als Idee = Kultursubjekt. Die Begriffe sind Sammelorgane, welche die Einzelobjekte in sich fassen. Der Begriff sagt über das Wesen des Begriffsobjekts (das Begriffene)

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1) Der von Stammler, Die Lehre von dem richtigen Rechte, Berlin 1902 (S. 15, 268-270 etc.) in die rechtsphilosophische Terminologie eingeführte Ausdruck, um die Übereinstimmung des gesetzten positiven Rechts mit dem Gerechtigkeitsideale. mit der Rechtsidee zu bezeichnen.

selbst nichts aus, sondern nur darüber, daß dieses durch irgendwelche Eigenschaften mit anderen Objekten verwandt sei. Auf dieser Verwandtschaft (in welche sich die Ersetzbarkeit auflöst) baut der Begriff auf. Die Idee dagegen bezieht sich, indem sie das Objekt in seiner Relation zur Unendlichkeit erfaßt, auf das Einzelobjekt selbst und zwar auf sein innerstes Wesen 2) ohne Vergleichung des Objektes mit anderen Objekten 3). Durch die Idee betrachten wir das

2) Hegel, Wissenschaft der Logik, II. Teil, Die subjektive Logik oder die Lehre vom Begriff, W. W. V, S. 236: „Die Idee ist der adäquate Begriff, das objektive Wahre, oder das Wahre als solches. Wenn irgend etwas Wahrheit hat, hat es sie durch seine Idee, oder etwas hat nur Wahrheit, insoferne es Idee ist."

3) Der (richtig formulierte) Begriff ist eine Zusammenfassung einer mehr oder minder großen, oft auch unbestimmt großen Zahl verwandter Einzelobjekte. Die Verwandtschaft kann eine mannigfache sein; sie kann auch nur in einer einzelnen Beziehung gegründet sein. Die Worte, welche nicht Individualbezeichnungen bilden, sind nichts anderes als die Symbole der Begriffe; sie sind die Begriffszeichen. Der Begriff ist ein Sammelgefäß, eine Art Stenographie des sprachlichen Denkens und des Sprechens. Ungenau ist er immer, insoferne die zusammengefaßten Objekte stets nur wesensverwandt, nie absolut gleich sind. Der Begriff des Rechts begreift (richtig formuliert) alle Rechtsbestimmungen in sich. Der Begriff des Menschen umfaßt alle Menschen. Die Idee des Rechts dagegen umfaßt noch nicht einen konkreten Rechtssatz; die Idee des Menschen umspannt weder alle, noch viele, noch auch einen Menschen. Die Idee zeigt vielmehr nur das Objekt in seiner Beziehung zur Unendlichkeit. Die Idee erhebt das Endliche über seine individuelle, zufällige, äußere Erscheinung hinaus und offenbart seinen Wesenskern. Alles Seiende erweist sich in seiner konkreten, sinnlichen Erscheinung betrachtet als ein Werdendes und Vergehendes, also nur kraft ungenauer Bezeichnung als ein Seiendes, erkenntniskritisch betrachtet als ein Nichtseiendes, nur scheinbar (für die praktische, ungenaue Betrachtung) Seiendes. Das für die erkenntniskritische Betrachtung Reale im Seienden ist seine Idee. Dieser Wesenskern läßt sich weder sinnlich erfassen, noch mit dem bloßen Verstande, sondern nur mit der Vernunft oder ideologisch. Das Tier kann die Idee der Zeit oder des Raumes nicht erfassen. Für das Tier besteht ein Nebeneinander, ein Nacheinander, eine Vielheit von örtlichen und zeitlichen Beziehungen, aber alle diese Beziehungen nur in ihrer Vergänglichkeit, als wechselnde Erscheinungen. Das Dauernde, nur durch die Vernunft Erkennbare ist die Idee des Raumes und der Zeit. (Dasselbe gilt bezüglich der Kausalität.) Die Idee der Zeit schließt nicht die konkreten Zeitrelationen in sich, sondern offenbart die Zeit als Unvergängliches. (Das Gleiche gilt von der Raumidee gegenüber konkreten Einzelräumen oder örtlichen Relationen; von der Kausalidee gegenüber konkreten Kausalbeziehungen.) Die Idee erschließt sich nur dem Kulturmenschen oder Vernunftwesen, d. h. dem für die Fassung von Ideen empfänglichen Subjekt. Wer der künstlerischen Apperzeption nicht teilhaftig (und mithin nur partiell Kultursubjekt) ist, sieht in dem Potterschen Stier nur ein besonders schönes Exemplar Stier, in der Psyche von Capua ein vornehm schönes Weib. Der künstlerisch Empfindende dagegen apperzipiert jenes Werk als die Darstellung der Idee der Kraft, dieses als die Aufzeigung der Idee

Individuelle, Konkrete sub specie aeternitatis, abstrahieren wir aus dem Einzelnen seinen Unendlichkeitskern 4).

Der Wesensunterschied zwischen Idee und bloßem Begriff kommt vielleicht am deutlichsten zum Bewußtsein, wenn man jene Ideen ins Auge fakt, welche dem handelnden Subjekte als (nach Möglichkeit, daher meist nur unvollkommen) zu verwirklichende vorschweben, die ethischen und ästhetischen Ideale. Der Kulturmensch strebt in seinem praktischen Handeln nach der Verwirklichung des ethischen Ideals, d. h. er sucht sich, sein Handeln, sein Wesen, seinen Charakter und dessen Betätigung in Einklang mit dem Ideale zu setzen. Desgleichen schwebt dem schaffenden Künstler das ästhetische Ideal vor, dessen Verwirklichung, Veranschaulichung, er sich als Ziel seines schöpferischen Wirkens setzt. Ideale sind also nichts anderes als Ideen, deren Realisierung der handelnde Mensch sich zum Ziele nimmt, oder: Ideen mit Beziehung auf das handelnde Subjekt (nicht mit Bezug auf das erkennende. Die ethische Idee z. B. faßt der Mensch als erkennendes Subjekt in Auge, indem er über das praktische Lebensideal reflektiert, philosophiert). Betrachtet man nun nicht die Ideen selbst, sondern als Ideale, so wird das Auseinanderfallen zwischen den Ideen einer-, den Begriffen (auch den Allgemeinbegriffen mit abstrakter Basis) andrerseits ohne Weiteres klar vor Augen gebracht. Die Idee ist weder identisch mit dem Begriff, noch auch nur rückführbar auf den Begriff, sondern sie nimmt eine Sonderstellung ein; sie ist ausgezeichnet gegenüber den Begriffen. Diese sind logisch restlos lösbar, die Ideen sind nur intuitiv voll faßbar.

Es ist keineswegs etwas wesentlich Neues, was ich mit dieser Ideenlehre, welche das Ewige, das Göttliche in der Emanation und Realisierung der Idee durch die Einzelerscheinungen und in den Einzelobjekten erblickt, gebe. Vielmehr ist es nichts anderes, als eine Wiederbelebung der platonischen Idee, Neuplatonismus 5). (Aber ein Neuplatonismus, der die Grundidee der jüdisch-christlichen Offen

durchgeistigter Schönheit. Aber die Idee der Kraft oder der Schönheit umspannt nicht die konkreten (individuellen) Kräfte oder Schönheitsträger.

4) Wahr und real ist nur die absolute Unendlichkeit oder Gott. Alles übrige ist wahr und real nur als Emanation, als Ausfluß der absoluten Unendlichkeit, als mit ihr in Verbindung stehend. Als Emanation der Unendlichkeit wird aber das Einzelobjekt bezeichnet durch die Idee.

3) Vgl. Eucken, Geschichte und Kritik der Grundbegriffe der Gegenwart, Leipzig 1878, S. 224-226, über den Begriff der idea bei Plato und über den Bedeutungswandel des Wortes Idee". S. auch oben § 1 Note 29 der Abhandlung, S. 9.

barungslehre, den Monotheismus, und der christlichen Ethik, die Idee der Menschheit, in sich aufgenommen hat.)6)7)

Die Erkenntnis der Ideen bilden den Inhalt der Philosophie, die Begriffe fallen den Einzelwissenschaften zu: die Idee der Gerechtigkeit gehört der Rechtsphilosophie an, die Konstruktion des zu schaffenden Rechts (Gesetzgebungspolitik) und die Gliederung und Deutung des geltenden Rechts der Rechtswissenschaft 8).

6) Vgl. meine Rechtsphilosophischen Studien §§ 12, 23 f. und unten §§ 17, 24, 27, 28 dieser Abhandlung. Daß meine Ansichten zugleich durch Locke, Hume, Spinoza, Leibniz, Kant, Schelling, Hegel und andere beeinflußt sind, bedarf wohl keiner besonderen Hervorhebung. Man wird überhaupt kaum ein philosophisches System erforschen, ohne irgendwelche Lehre daraus zu schöpfen.

7) Der Darwinismus hat die Schranke zwischen Tierheit und Menschheit beseitigt. Meine Philosophie richtet sie wieder auf, aber verschiebt sie: die Wesenskluft trennt den Kulturmenschen, der ideologisch denkt, von allen Lebewesen vor und unter ihm.

6) Man findet in der Logik eine Mehrdeutigkeit des Ausdruckes „Begriff". So unterscheidet Sigwart (Logik, I. Bd., Tübingen 1873, S. 270-272) den Begriff im empirischen Sinne, ein natürliches psychologisches Erzeugnis, ... das einfache innere Korrelat des Wortes, wie es im gewöhnlichen natürlichen Sprechen gebraucht wird, ... die Vorstellung auf der Stufe, auf der sie ein innerer Besitz geworden ist, dadurch die ... Allgemeinheit gewonnen hat, die jeder Vorstellung als solcher zukommt, und nun fähig ist als Element, insbesondere als Prädikat des Urteils verwendet zu werden." Zweitens Begriff im logischen Sinne, und drittens Begriff im metaphysischen Sinne als dem adäquat gedachten Wesen eines Objekts". Der Begriff im metaphysischen Sinne hat eine „ideale" Bedeutung, wonach der Begriff den Zielpunkt unseres Erkenntnisstrebens insoferne bezeichnet, als in ihm ein adäquates Abbild des Wesens der Dinge gesucht, und gefordert wird, daß, wer den Begriff eine Sache habe, sie dadurch in ihrem innersten Kerne durchschaue, sie begreife, d. h. ihre einzelnen Bestimmungen als notwendige Folge ihres einheitlichen Wesens in ihrem Zusammenhange einsehe. (Siehe auch Volkelt, Erfahrung und Denken S. 340-360: „Der Begriff als unvollziehbares Ideal.")

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Mit keiner dieser drei Begriffsarten deckt sich das Wesen der Idee. Weitaus am nächsten verwandt ist ihr aber der Begriff im metaphysischen Sinne. (Wundt, Logik, I. Bd., 1. Aufl., S. 88 wendet sich gegen die Bezeichnung der Begriffsideale als metaphysische Begriffe, zugleich auch gegen die Unterscheidung in logischen und wissenschaftlichen Begriff.)

Wundt, Logik, I. Bd., 2. Aufl., Stuttgart 1893, S. 94 f. akzeptiert die herrschende Scheidung der Begriffe in den logischen und wissenschaftlichen Begriff, und definiert den logischen Begriff als jeden Denkinhalt, der aus einem logischen Denkakt, einem Urteil, durch Zergliederung desselben gewonnen werden kann. Die Begriffe in diesem logischen Sinne sind die Elemente des Denkens". Wissenschaftlicher Begriff hingegen ist (nach Wundt) das „Resultat einer Erkenntnis, demnach nicht Element des Urteils, sondern Ergebnis einer Reihe von Urteilen ...“. „Dann bilden der logische und der wissenschaftliche Begriff die entgegengesetzten Endpunkte der Entwicklung des Denkens: mit dem logischen Begriffe beginnt das

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