Obrázky na stránke
PDF
ePub
[ocr errors]

contsemplari 62)". Die ratio perzipiert das Objekt „sub quadam aeternitatis specie 63). Die Idee der Ausdehnung, entnommen aus dem menschlichen Körper, ist eine rationalistische Wesensnotwendigkeit, notio communis, adäquate Erkenntnis. Der menschliche Geist ist die Idee der Idee des Körpers, schließt daher notwendig die Idee des Denkens als allgemeingültige in sich, ist daher notio communis. Denken und Ausdehnung sind göttliche Attribute 64). Der Mensch hat deshalb die adäquate Erkenntnis der Attribute Gottes und, da jedes Attribut Emanation der unendlichen Wesenheit Gottes ist, auch die Idee des unendlichen und ewigen Gottes 65). Alle Erkenntnisse sind adäquat oder wahr, quatenus ad Deum referuntur“ 66). — Alle (Ideen oder) Erkenntnisse, welche der Menschengeist aus adäquaten Erkenntnissen gewinnt, sind gleichfalls adäquat 67). Daher kann man von der adäquaten Erkenntnis der Wesenheit Gottes durch Erfassung gewisser seiner Attribute (des Denkens und der Ausdehnung) zur adäquaten Erkenntnis der Welt fortschreiten. Diese rationalistische Welterschließung, die von der Erfassung der göttlichen Wahrheit zur Erkenntnis des wahren Wesens der Dinge gelangt, bildet die dritte Erkenntnisart und ergibt Scientiam intuitivam“ 68).

[ocr errors]

§ 3. Von Locke bis Leibniz (Locke, Berkeley, Hume, Leibniz). Locke1) ist als Philosoph Erkenntnistheoretiker xar' ozýv. Die Untersuchung des menschlichen Verstandes ist seine Hauptauf

62) Eth. II, prop. 44.

63) Eth. II, prop. 44, Coroll. II.

64) Eth. II, prop. 1, 2. Siehe oben.

65) Eth. II, prop. 45, 46, 47.

66) Eth. II, prop. 32.

67) Eth. II, prop. 40.

68) Eth. II, prop. 40, Schol. II.

1) Werke: An essay concerning human understanding. Collated and annotated by A. C. Fraser, in two vol., Oxford 1894.

Über Locke: Lord King, The life of John Locke, with extracts from his correspondence, journals and commonplace books, in two vol., New edition, London 1830; H. R. Fox Bourne, The life of John Locke, in two vol., London 1876; Ed. Grimm, Zur Geschichte des Erkenntnisproblems S. 173-364; Falckenberg, Geschichte der neueren Philosophie S. 130-153; Erdmann, Grundriß II S. 94-105; Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III, W. W. 15, S. 417-439; UeberwegHeinze III S. 149-164.

Vgl. ferner Ed. Fechtner, John Locke, ein Bild aus den geistigen Kämpfen Englands im 17. Jahrhundert, Stuttgart 1898 (dort S. 295 f. ein Verzeichnis der Schriften Lockes); Edm. Koenig, Die Entwicklung des Kausalproblems von Cartesius

gabe. Daher lautet der Titel seines Hauptwerkes: „An essay concerning human understanding." Den Grund hiefür gibt Locke sofort am Eingang dieses Werkes an: „Since it is the understanding that sets man above the rest of sensible beings, and gives him all the advantage and dominion which he has over them; it is certainly a subject, even for its nobleness, worth our labour to inquire into 2)." Zugleich hebt Locke die Schwierigkeit einer kritischen Untersuchung des Verstandes hervor, indem er fortfährt: „The understanding, like the eye, whilst it makes us see and perceive all other things, takes no notice of itself; and it requires art and pains to set it at a distance and make it its own object 3)". Locke will seine Untersuchung richten auf: „the original, certainty, and extent of human knowledge, together with the grounds and degrees of belief, opinion, and assent4)“.

Das genannte Hauptwerk Lockes zerfällt in vier Bücher. Das erste Buch trägt den Titel: „Neither principles nor ideas are innate“. Es ist wesentlich polemisch und soll eine falsche Ansicht über den Ursprung der Vorstellungen, nämlich die Lehre von den angeborenen Ideen widerlegen. (Idee" ist bei Locke der allgemeinste Ausdruck, um die Objekte des perzipierenden oder denkenden Geistes zu bezeichnen) 5). Während also Descartes mit der Erkenntnis, daß der Mensch denkt, als einer selbstverständlichen Voraussetzung den Aufbau seiner Philosophie beginnt, steht Locke am Anfang seiner Erkenntnislehre noch jenseits des denkenden Menschen. Hieraus erwächst für ihn das Problem: Wie gelangt der Mensch zu Ideen (zu Vorstellungen, zum Denken)? Das zweite Buch „Of ideas" gibt hierüber Aufschluß. Alle Erkenntnis stammt aus der Erfahrung; sie bis Kant S. 167-197; Mattiesen, Über philosophische Kritik bei Locke und Berkeley, Diss., Jurjew (Dorpat) 1897, S. 4-35, 82-103, 129-133; Georg Geil, Die Gottesidee bei Locke und dessen Gottesbeweis, Archiv für die Geschichte der Philosophie von Ludwig Stein, Bd. III, 1889, S. 579-596; Baumann, Die Lehren von Raum, Zeit und Mathematik in der neueren Philosophie, I. Bd., Berlin 1868, S. 357-472 (über Lockes Raum- und Zeitlehre S. 375-409).

"

2) On human understanding, Introduction 1.

3) On human understanding, Introduction 1. Vgl. auch Art. Study vom Jahre 1677 in Lord King, The life of John Locke, vol. I p. 171 squ.

4) On human understanding, Introduction 2.

5) On human understanding, Introduction 8. Vgl. Fraser, vol. I, p. 32 n. 2: Idea is thus, with Locke, a term of most comprehensive generality, embracing all that is in any way immediately apprehensible by the mind of man, whether as

-

a datum of external or internal sense, a sensuous image, or an individualized product of generalizing thought." S. auch Grimm a. a. O. S. 183.

99

=

wird entweder durch die äußeren Sinne vermittelt und ist dann ,sensation" (Sensation Empfindung), oder durch den inneren Sinn und ergibt dadurch reflection" (Reflexion = Selbstwahrnehmung). Die einfachen Vorstellungen werden perzipiert, indem der Verstand sich passiv verhält; er kann sie wiederholen und kombinieren, wesentlich neue ohne sensation oder reflection zu gewinnen oder bestehende zu zerstören, vermag er nicht. Locke scheidet die einfachen Vorstellungen (simple ideas) in vier Klassen nach ihrer Entstehung: Vorstellungen, die der Sensation und zwar einem Sinne, oder solche, die der Sensation und zwar mehreren Sinnen, oder solche, die der Reflexion, oder solche, die zugleich der Sensation und der Reflexion entstammen 6). Indem der Verstand seine Fähigkeit, aktiv Vorstellungen (zwar nicht originär zu erzeugen, denn dazu ist er nach Locke ja nicht im stande, wohl aber) zu kombinieren, gebraucht, entstehen die zusammengesetzten Ideen (complex ideas). Diese zerfallen in verschiedene Klassen. Die Bezeichnung „complex ideas" deckt) den damit verbundenen Begriff nicht völlig. Locke versteht darunter jene Vorstellungen, die der Geist durch Be- und Verarbeitung einfacher Vorstellungen gewinnt.

Das dritte Buch („Of words") betrifft die Unvollkommenheit und den Mißbrauch der Worte und die Abhilfemittel gegen die Mängel der Sprache. Die letzten Kapitel des zweiten Buches und das vierte Buch („Of knowledge and probability") untersuchen die Gewißheit und die Realität der Erkenntnis. Erkenntnis ist „the perception of the connexion of and agreement, or disagreement and repugnancy of any of our ideas 8)". Neben die Erkenntnis (knowledge) tritt scharf von ihr zu scheiden das judgment (die Urteilskraft; sie führt zum Fürwahrhalten auf Grund Wahrscheinlichkeitsurteils auf dem Gebiete des Glaubens oder der Meinung faith or opinion): „The faculty which God has given man to supply the want of clear and certain knowledge, in cases where that cannot be had, is judgment: whereby the mind takes its ideas to agree or disagree; or, which is the same, any proposition to bee true or false, without perceiving a demonstrative evidence in the proofs 9)". Die Frage der Realität der Erkenntnis wird im 4. Kapitel des vier

6) On human understanding II ch. 1 § 25; ch. 2, 3; 8 §§ 1-6.

7) Wie Grimm a. a. O. S. 215 treffend bemerkt.

8) On human understanding IV ch. 1 § 2.

9) On human understanding IV ch. 14 § 3. S. überhaupt ch. 14 und Fraser. vol. II, p. 167 n. 2, p. 360 n. 1 über die Scheidung knowledge und judgment bei Locke.

ten Buches („Of the reality of knowledge") untersucht. Die einfachen Vorstellungen erscheinen nach Locke real, weil sie nicht von uns erdichtet werden können, sondern die regelmäßigen Wirkungen der Dinge außer uns darstellen und daher diesen entsprechen. Die zusammengesetzten Vorstellungen der Substanzen haben Realität, wenn die in ihnen verbundenen einfachen Vorstellungen erfahrungsgemäß auch in der Natur zusammen bestehen. Die zusammengesetzten Vorstellungen der Modi sind real durch die Uebereinstimmung mit und in sich selbst, ohne daß hier eine Abhängigkeit von Außendingen stattfände. Allgemeine Erkenntnis setzt allgemeine Vorstellungen voraus. Allgemeine Vorstellungen aber gibt es nur in unserem Geiste, im abstrahierenden Verstand. Allgemeine Sätze von allgemeiner Gewißheit können daher sich nicht auf die existierenden Dinge beziehen, sondern haben nur Gültigkeit mit Bezug auf unsere Vorstellungen 10).

Da bezüglich der Realität der einfachen Vorstellungen und der zusammengesetzten Vorstellungen der Substanzen auf die Außenwelt verwiesen wird, ergiebt sich hier die reale Existenz eben dieser Außenwelt als (bloße) Voraussetzung. Hiedurch erwächst für Locke die Aufgabe, die Realität der Außendinge irgendwie zu erweisen. Dies geschieht im 9. bis 11. Kapitel des vierten Buches („Of our threefold knowledge of existence"). Locke sagt hier 11): „I say, then, that we have the knowledge of our own existence by intuition; of the existence of God by demonstration; and of other things by sensation 12)".

Locke's Erkenntnistheorie kann man als spiritualistischen Empirismus auf sensualistischer Grundlage bezeichnen 18). Den

10) On human understanding IV ch. 3 § 31, ch. 6 § 16, ch. 9 § 1.

11) 9. ch. § 2.

12) Die nähere Darlegung hierüber vgl. bei Grimm a. a. O. S. 289–298. Fraser, Noten zu On human understanding, vol. II, book IV, ch. IX, ch. X, ch. XI p. 303 bis 340.

[ocr errors]

13) Grimm a. a. O. S. 340 f. hebt ganz richtig hervor, daß die Bezeichnung der Lockeschen Erkenntnistheorie als Sensualismus höchstens auf den Eingang des Systems, aber nimmermehr auf dasselbe als Ganzes" paßt, und daß man mit der Bezeichnung als spiritualistischer Empirismus nach der anderen Seite hin die Grenze überschritten" hat. Grimm bezeichnet einen Teil des Lockeschen Systems als einfachen oder reinen Empirismus, zu welchem ein anderer Teil als Rationalismus hinzutrete; aber als „Rationalismus nicht im gewöhnlichen Sinne, sondern im Lockeschen Sinne, . . ., der aber doch ein Rationalismus ist, sofern der Geist, nachdem einmal jene Grundlage gewonnen ist, ohne Rücksicht auf die Erfah rung rein aus seinem Innern heraus arbeitet".

Ausgangspunkt der Erkenntnis bildet die Erfahrung, vermittelt durch die Wahrnehmung der Sinne. Aber die Erkenntnis ist nicht ausschließlich durch die Sinne bedingt; sie wird ergänzt durch die selbsttätige Schaffenskraft des ursprünglich sinnlich angeregten Geistes. Und dem Wissen tritt das wissenschaftliche Glauben zur Seite, ermöglicht durch die von Gott dem Menschen verliehene Urteilskraft.

Der Irländer Georg Berkeley 14) steht erkenntnistheoretisch in prinzipieller Abhängigkeit von Locke, will jedoch dessen Lehre in strenger Verfolgung der von Locke gegebenen Grundgedanken ausbauen und berichtigen und mündet daher bei wesentlich anderen Ergebnissen aus, als jener.

Einen nicht besonders einschneidenden Punkt betrifft Berkeleys Stellung zum Nominalismus. Während Locke allgemeine Erkenntnisse nur im abstrahierenden Verstande anerkennt (wogegen alles Wirkliche individuell sei), verneint Berkeley die Möglichkeit abstrakter Vorstellungen fast völlig 15).

14) Werke: The works of George Berkeley including his posthumous works, by A. C. Fraser, 4 vol., Oxford 1901. Berkeleys Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis, ins Deutsche übersetzt von Ueberweg, 2. Aufl, Leipzig 1879.

Literatur: Life of George Berkeley, by Fraser, in der Einleitung zu vol. I der Gesamtausgabe der Werke Berkeleys; Erdmann, Grundriß II S. 233-240; Ueberweg-Heinze III S. 164-167; Falckenberg, Geschichte der neueren Philosophie, 3. Aufl., S. 181-186; Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III, W. W. 15, S. 488-493; E. L. Fischer, Die Grundfragen der Erkenntnistheorie, Mainz 1887, S. 59-78; Ed. Grimm, Zur Geschichte des Erkenntnisproblems S. 367-434; Mattiesen, Über philosophische Kritik bei Locke und Berkeley S. 35-82, 129-133; Edm. Koenig, Die Entwicklung des Kausal problems von Cartesius bis Kant S. 197-204; Baumann, Die Lehren von Raum, Zeit und Mathematik in der neueren Philosophie, Bd. II, Berlin 1869, S. 348-480.

15) Die Fähigkeit der Ideenabstraktion wird von Berkeley prinzipiell verneint, jedoch bis zu einem gewissen Grade innerhalb der Erfahrung bejaht. Vgl. Principles V (Übersetzung Überweg S. 24 f.). Ebenso findet sich in Principles introduction die Abstraktion im allgemeinen geleugnet, jedoch in sect. 10 (Übersetzung Ueberweg S. 6 f.) bis zu einem gewissen Grade anerkannt. Vgl. ferner Berkeleys Alciphron or the minute philosopher, Dial. VII, 8 (Fraser II p. 332–335) und s. die treffende Ausführung bei Mattiesen, Über philosophische Kritik bei Locke und Berkeley S. 52. Vgl. ferner die eingehende Darlegung bei Alexius Meinong, HumeStudien I, Zur Geschichte und Kritik des modernen Nominalismus, Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der kais. Akademie der Wissenschaften zu Wien (86. Bd., Wien 1877, S. 415), 87. Bd., Wien 1877, S. 187-217. Eine Widerlegung Berkeleys unternimmt J. J. Engel, Über die Realität allgemeiner Begriffe, J. J. Engels Schriften, 10. Bd., Philosophische Schriften, II. Teil, Berlin 1805, S. 164-208 (S. 157 bis 163 wird eine Übersetzung der hierher bezüglichen Ausführungen Berkeleys vorausgeschickt).

Berolzheimer, Kritik des Erkenntnisiuhaltes.

3

« PredošláPokračovať »