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einen Rückschlag in die vorideologische, chaotische Betrachtungsweise der Unkultur. Die göttliche Idee leugnen ist nichts anderes, als z. B. die Kunst, die Kausalidee oder irgendwelche andere Idee in Abrede stellen; die Verneinung eines Stückes Kultur. Ob diese Ideen wahr" sind, diese Frage hat dieselbe Bedeutung, wie die Frage: ob die Kunst an sich „wahr" ist. Die Ideen sind ein Stück Kultur, und da wir diese bejahen, können wir uns von jenen nicht losreißen.

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Die Verschiedenheiten, welche die religiösen Bekenntnisse unter sich aufweisen, gleichen jenen der kulturellen Erscheinungen überhaupt. Die so hoch entwickelte Kultur der Antike hat die Sklaverei mit derselben Unbefangenheit sittlich bejaht, wie wir sie heute mit Entschiedenheit verneinen. Die Idee der Menschheit war damals noch im Schlummer; inzwischen ist sie erwacht. Die gefühlsmäßige Erkenntnis, welche im letzten Grunde alle ethischen Werte bestimmt, hat sich inzwischen gewandelt. Ist nun die Anerkennung der Sklaverei falsch" und das Postulat, sie aufzuheben, das richtige"? Oder ist geschlechtliche Promiskuität oder die Monogamie die „richtige" Eheform? Diese Fragen lassen sich nur relativ, innerhalb der Grenzen einer bestimmten Kulturperiode aus dem Gefühlsleben der betreffenden Periode beantworten. Richtig oder wahr bedeutet hier: einer bestimmten Kultur adäquat. Falsch ist gleich: dem Empfinden einer gewissen Kulturperiode widersprechend.

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Das Gefühl als Erkenntnismittel erweist sich eben offensichtlich als ein Rudiment der tierischen Instinkte. Wie dem Tiere durch den Instinkt der richtige Weg gewiesen und die Erkenntnis dessen, was es tun und lassen soll, zugeführt wird, so dem Kulturmenschen auf höherer Stufe bezüglich höherer Erkenntnisgebiete durch das Gefühl. Was der Instinkt dem Tiere und dem Naturmenschen für das leibliche Wohl leistet, das bedeutet dem Kulturmenschen das Gefühl als Erkenntnismittel für das seelische Wohl. Und so wenig man beweisen kann, daß die Instinkte „falsch" oder „richtig" sind, so wenig kann man dies bezüglich der gefühlsmäßigen Erkenntnisse. Die Kulturmenschheit steht in ihrem Banne, oder theologisch gesprochen: in ihnen offenbart sich das Walten der göttlichen Vorsehung.

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Es bedarf wohl keiner besonderen Auseinandersetzung darüber, daß diese zur Erkenntnis leitenden Gefühle nicht identisch sind mit den Gefühlen, deren Untersuchung Gegenstand der Psychologie ist.

Man kann diese als Innengefühle, jene als Außengefühle bezeichnen, um den Unterschied und Gegensatz terminologisch festzuhalten.

Die Innengefühle der Psychologie weisen allerdings auch Beziehungen zur Außenwelt auf, so vor allem die sog. Fremdgefühle: Neid, Liebe, Haß etc. Der Gegensatz zwischen Innen- und Außengefühlen besteht aber darin: Die Innengefühle sind die Tatsachen des Bewußtseins; bei ihnen ist das Gefühl Objekt der Untersuchung (während das Mittel der Untersuchung die Deutung und Registrierung des Gefühls bildet); bei den Außengefühlen hingegen ist das Gefühl Mittel der Untersuchung.

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Das Innengefühl verkündet den Wert der hiemit (scil. durch die Empfindung) eingetretenen Zustandsänderung für Wohl und Wehe des empfindenden Organismus oder des empfindenden Organs in jenen einfachen, undefinierbaren Bewußtseinsphänomenen, welche wir Lust und Schmerz nennen. . ." 4). Das Innengefühl ist also eine Art Person-Barometer. 5) Das Außengefühl dagegen ist als Gefühlszustand ganz belanglos und ein Erkenntnisfaktor, der sich von anderen Faktoren der Erkenntnis nur durch die Eigenart der Erkenntnisquelle (nämlich als des menschlichen Gemüts in seiner Richtung auf Erkenntnis) unterscheidet. Das Außengefühl zeigt uns nicht eine Beschaffenheit des menschlichen Gemüts unmittelbar an, vielmehr die gefühlsmäßig vermittelte Anschauung über irgendwelche Verhältnisse und Gestaltungen der Außenwelt.

Die Besonderheit der gefühlsmäßigen Erkenntnisse gegenüber

4) Jodl, Lehrbuch der Psychologie S. 133 Ziff. 47.

5) Der wesentliche Wert der Innengefühle ist nicht ein erkenntnistheoretischer, vielmehr beruht er auf ihrer eminenten praktischen Bedeutung; sie sind vornehmlich die Hebel zu unserm Tun und Lassen. Sie sind die Motoren, welche den Willen in Aktion setzen; sie verursachen das psychologische Hauptfaktum, den Entschluß, in analoger Weise, wie die physiologischen Reize die physiologische Reaktion, das physiologische Verhalten. Erkenntniskritisch betrachtet sind die Innengefühle nichts als bloße Reflexe, Spiegelungen von in der Außenwelt sich vollziehenden Vorgängen, Als solche könnten sie aber nur dann von wesentlichem Erkenntniswerte sein, wenn sie uns über die Natur der Reflexursache etwas Besonderes auszusagen vermöchten. Über diese fällen sie aber nur ein höchst subjektives Urteil, das Subjektsurteil xar' ozýv: angenehm oder unangenehm für das fühlende Subjekt; Lust oder Schmerz erregend für den Gefühlsträger. Lust und Schmerz sind die Grundqualitäten des Gefühls" (Jodl a. a. O. S. 375 Ziff. 1). Auch die Gefühle der sekundären und tertiären Stufe sind als Innengefühle nichts als Reflexe: Reflexe von Vorstellungen und Gedanken, und insoferne praktisch bedeutsam als Willensfaktoren, Willensbestimmungsgründe; jedoch nicht darüber hinaus.

den aus Vernunft, Verstand und sinnlicher Wahrnehmung stammenden beruht eben darauf, daß sie im Gefühle die Wurzel ihrer Entstehung finden. Daraus ergibt sich eine doppelte Eigenart der gefühlsmäßigen Erkenntnisse gegenüber anderen: der Umkreis jener Erkenntnisse ist der weitere; im Gefühle wurzeln insbesondere die Anschauungen, welche den Menschenglauben über das Verhältnis von Körper und Seele, Mensch und Gott, von Diesseits und Jenseits (Fortleben nach dem Tode) bilden, jener metaphysische Ansichtenkomplex, den man meist als Weltanschauung bezeichnet, der auch auf die Beurteilung der ethischen Grundfragen von bestimmendem Einfluß zu sein pflegt,) und den die Vernunft für sich allein nicht oder nicht erschöpfend zu erzeugen vermöchte (die Vernunft wird hier vielmehr meist nur als regulierendes Prinzip für die Gliederung und Ausgestaltung des gefühlsmäßig Erkannten wirksam).7) Die 6) Diese ethische Wirksamkeit gefühlsmäßiger Erkenntnis haben auch die großen Dichterphilosophen gelegentlich hervorgehoben. So Goethe, der im Faustprolog den Herrn sprechen läßt:

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Ein guter Mensch in seinem dunkeln Drange

Ist sich des rechten Weges wohl bewußt."

Und ähnlich Schiller im Musenalmanach 1798:

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Und was kein Verstand der Verständigen sieht,

Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt."

Wenn Ihr's nicht fühlt, Ihr werdet's nicht erjagen." (Faust.)

7) In dieser Richtung der gefühlsmäßigen Erkenntnisse auf metaphysische Fragen liegt ihre hohe erkenntniskritische Bedeutung. Die gefühlsmäßigen Erkenntnisse gehen aber nicht nur auf das Transzendente; sie sind auch im praktischen Leben bedeutsam, insbesondere soweit Sympathie- (oder Antipathie-) Verhältnisse zwischen Menschen in Frage stehen. Auf der Anerkennung der Wirksamkeit gefühlsmäßiger Erkenntnis beruht der oft gehörte Satz: Der erste Eindruck ist der entscheidende"; und ebenso die Entstehung der Liebe auf den ersten Blick", wie sie die größten Psychologen unter den Dichterfürsten, Shakspeare (Romeo-Julie, Othello) und Goethe (Faust-Gretchen), uns offenbaren. (Über die korrespondierenden Innengefühle Gefühle im Sinne der Psychologie vgl. Jodl. a. a. O. S. 659 bis 691, insbesondere S. 664 Ziff. 32: Klasse der Fremdgefühle aus den gesamten Persongefühlen.)

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Verwandt den gefühlsmäßigen Erkenntnissen ist die Intuition des Genies und

Künstlers.

Ich darf vielleicht auf darauf verweisen, daß die von mir betonte erkenntniskritische Wertung von Gefühlen Verwandtschaft mit dem Kern der Schopenhauerschen Erkenntnistheorie insoferne hat, als bekanntlich nach Schopenhauer „Das Ding an sich in der Erscheinungswelt sich als Wille, als Wollen (im weitesten Sinne des Wortes) manifestiert. Das Wollen ist aber nichts anderes als eine (einfache oder durch Förderungs- und Hemmungsvorstellungen komplizierte) Gefühlsaktion. Das Gefühl ist daher auch hier der eigentliche Faktor, der Wille bloße Wirkung, Sekundärerscheinung.

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zweite Eigenart der gefühlsmäßigen Erkenntnisse besteht darin, daß man über Gefühlssachen nicht streiten kann". Eben weil diese Erkenntnisse in letzter Linie im Gefühle wurzeln, kann man den anders Fühlenden nicht überzeugen (der erkenntniskritische Wert der gefühlsmäßigen Erkenntnisse ist nur ein relativer: sie sind nur für die in gleicher Weise Fühlenden wahrhaft vorhanden); wohl aber kann man bei dem kongruent Fühlenden die durch rationalistische Zusätze gewonnenen Modifikationen der Erkenntnis rationalistisch beeinflussen oder umgestalten. Aber der Kern dieser Erkenntnis ist gefühlsmäßig und könnte daher nur durch Erzeugung anders gearteter Gefühle eine Wandlung erfahren.

Hieraus ergibt sich unsere Stellung zu der berühmten Streitfrage der griechischen Philosophie: „ob die Tugend lehrbar sei?"

Wenn die gefühlsmäßigen Voraussetzungen gegeben sind, sind die rationalistischen Zutaten durch Belehrung beeinflußbar. Andernfalls bleibt alle Belehrung ein Versuch mit untauglichen Mitteln. Es erübrigt dann nur der Versuch, das Gefühl selbst umzustimmen, zu läutern, - was Kant in dem ethischen Ideal-Prinzipe ausspricht, der Mensch solle,seinen natürlichen Charakter in einen sittlichen umwandeln".

§ 28. Das Problem der Realität.

Die Philosophie hat mit und seit Kant das erkenntnistheorerische Urproblem irrig formuliert. Sie bezeichnet als die erkenntnistheoretische Grundfrage: „Ist die (menschliche) Erkenntnis real?"

Hingegen lautet das Grundproblem richtig: „Was ist menschliche Erkenntnis?", worin besteht sie? Wenn ich von Körpern, von zeitlichem Verhältnisse, von Kausalität, von der Persönlichkeit, vom Werden, vom Sein spreche, - welcher (materielle) Erkenntniskern entspricht diesen (etikettierenden) Bezeichnungen?

Mit anderen Worten, die herrschende Erkenntnislehre stellt die Grundfrage auf: Inwieweit kann unsere Erkenntnis den Anspruch auf wirkliche Objektivität über unser subjektives Denken und Empfinden hinaus erheben? Diese Frage wäre als grundlegende jedoch nur unter der Voraussetzung berechtigt, daß bereits feststünde: Was bedeutet menschliche Erkenntnis als solche, für sich schlechthin? ohne Rücksicht darauf, ob dem, was uns Erkenntnis scheint, ein (identisches oder anders geartetes) Wirklichkeitsbild entsprechen möge, ohne Rücksicht darauf, ob wir das Problem der Realität zu lösen vermögen.

In keiner Wissenschaft ist die richtige Problemstellung von so grundlegender Bedeutung, wie in der Philosophie. Ja, man kann wohl sagen: Der Fortschritt der Philosophie ist nicht sowohl durch die Aufspürung neuer Wahrheiten, als vielmehr durch die Verbesserungen in der Problemstellung (durch die Findung und Fixierung berechtigter Fragezeichen) bedingt.

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Die herrschende Erkenntnislehre nimmt den Inhalt unserer Erkenntnis als gegeben und untersucht nun als Grundproblem (nicht etwa die Realität als eine „Eigenschaft" der Erkenntnis dies wäre ein schiefer Gedanke, vielmehr) das Verhältnis unserer Erkenntnis zu einer (möglichen) Wirklichkeit - zu den Dingen an sich". Die heutige Philosophie, welche das Problem der Realität an die Spitze aller Untersuchungen stellt, verfährt aber damit ebenso verfehlt, wie wenn ein Mathematiker die „Realität“ einer Gleichung mit einer Unbekannten prüfen wollte, statt zunächst zu versuchen, diese Unbekannte zu entziffern. Dieses ungelöste X ist für die Erkenntnistheorie noch heute der Inhalt der Erkenntnis, die Frage: Was ist Erkenntnis?

Die von mir gegebene „Erkenntniskritik" wirft die Grundfrage nach dem Inhalt der menschlichen Erkenntnis auf. Hiedurch wird das Problem der Realität der Erkenntnis zunächst (scheinbar) ein doppelköpfiges: a) Was bedeutet Erkenntnis? b) Wie verhält sich die Erkenntnis zur Realität?

Tatsächlich bleibt das Problem aber eingliedrig. Denn die realidealistische Bestimmung des Inhalts der Erkenntnis enthält zugleich die Lösung des Realitätsproblems; der für die Bestimmung des Inhalts der Erkenntnis wesentliche Urbegriff: „Unendlichkeit" bezeichnet zugleich den Realitätsinhalt der Erkenntnis.

Das unbewiesene Glaubensfundament der rationalistischen Philosophie lautet: Die Vernunft (das reine Denken) liefert untrügliche Erkenntnisse, und sie allein. Während bei Descartes der rationalistische Grundgedanke noch mit einem gewissen Scheine von Beweis umkleidet ist (indem ich alles bezweifle, steht wenigstens so viel fest, daß ich zweifle, mein „cogitare" ist erwiesen) wird späterhin ein Beweis für die Untrüglichkeit des Rationalismus gar nicht mehr versucht, oder höchstens in dem Hinweise auf die Unzuverlässigkeit der durch die sinnliche Wahrnehmung vermittelten Erkenntnis gegeben.

Hingegen glaube ich in meiner gegenwärtigen Schrift zweierlei erwiesen zu haben: Einmal, daß die Irrtümer, welchen uns die sinnlich vermittelte Erkenntnis preisgibt, keine absoluten, nur relative

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