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ein im Ich gesetztes, und nun hieße der Satz so: Was im Ich gesetzt ist, ist gesetzt: ist A im Ich gesetzt, so ist es gesetzt (insofern es nämlich gesetzt ist, als möglich, wirklich oder notwendig), und so ist er unwidersprechlich wahr, wenn das Ich Ich sein soll. Ist ferner das Ich gesetzt, weil es gesetzt ist, so ist alles, was im Ich gesetzt ist, gesetzt, weil es gesetzt ist; und wenn nur A etwas im Ich Gesetztes ist, so ist es gesetzt, wenn es gesetzt ist; und die zweite Frage ist auch beantwortet." Daß nicht die Wissenschaftslehre aus der Logik, sondern vielmehr die Logik aus der Wissenschaftslehre begründet sei, wird von Fichte durch den Hinweis erhärtet: Die Wissenschaftslehre kann schlechterdings nicht aus der Logik bewiesen werden, und man darf ihr keinen einzigen logischen Satz, auch den des Widerspruchs nicht, als gültig vorausschicken; hingegen muß jeder logische Satz, und die ganze Logik aus der Wissenschaftslehre bewiesen werden." 19)

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Ich habe Fichte's Darlegung über das Verhältnis seiner Erkenntnistheorie oder Wissenschaftslehre zur Logik mit solcher Ausführlichkeit gegeben, weil gerade seine Ausführungen über diesen Punkt geeignet sind, den von Fichte gehegten Wahn, als sei seine Erkenntnislehre grundlegend gegenüber der Logik, zu zerstören. In der Tat! Fichte will eine absolut sichere, nur auf sich stehende und in sich gegründete Wissenschaftslehre geben; er baut sie aber auf mit Hilfe der Logik, so daß also tatsächlich seine Wissenschaftslehre in Abhängigkeit von der Logik steht.

Und darin liegt die fundamentale, theoretische, für die erkenntniskritische Betrachtung offensichtliche Schwäche in der Begründung seiner Wissenschaftslehre. Fichte sagt, daß seine Wissenschaftslehre über der Logik stehe, gehe schon daraus hervor, daß jene ohne irgend einen der Logik entnommenen Satz aufgebaut sei; denn nicht einmal der Satz des Widerspruchs dürfe der Logik entnommen sein, um die Wissenschaftslehre in ihrem Fundamente zu begründen. Gleichwohl gehört aber zum Grundbau der Fichteschen Wissenschaftslehre ein von der Logik geholter Satz, nämlich der Identitätssatz. Fichte sagt ferner, seine Wissenschaftslehre könne schon deshalb nicht der Logik entstammen, weil sie ein anderes, ein plus enthalte gegenüber dem logischen Ursatze; die Logik sage nur: „wenn A gesetzt ist, so ist A gesetzt"; die Wissenschaftslehre beantworte im Gegensatze zur Logik die Fragen des Zusammenhanges des Vorder

19) a. a. O. § 6. Wie verhält sich die allgemeine Wissenschaftslehre insbesondere zur Logik? S. 66-70.

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und des Nachsatzes, und gebe dem Konditionalsatze Realität („Es ist gesetzt, denn es ist gesetzt"). Die Antwort auf die Frage des Zusammenhanges zwischen dem „Wenn" und dem „so" gibt aber Fichte mit einem Hilfsmittel, das er nur aus der Logik haben kann, nämlich durch den Identitätssatz. Freilich nicht mit dürren Worten, indem er etwa sagen würde: die beiden Glieder sind identisch. Aber tatsächlich, indem er nämlich zwei Glieder, von denen er weiß, daß sie identisch sind, in Identitätszusammenhang setzt. Denn stünde Fichte bei seinem Uraufbau nicht unter der Herrschaft der Logik und des ihr entnommenen Identitätssatzes, dann wäre nicht einzusehen, wie er zu seinem ersten Satze, weil A ist, ist A“ gelangen würde. Dann könnte er ebensogut (mit ebensoviel Recht oder ebensoviel Willkür) einen Urgrundsatz aufstellen: weil A + B ist, ist A“, etwa: „weil ein denkendes Ich da ist, existiert das Ich" (das sum cogitans des Descartes), oder: „weil A ist, ist B", etwa: „weil Gott ist, ist der Mensch" etc. etc. Auch der Einwand Fichtes, die Logik gebe nur formalen, hypothetischen Aufschluß (wenn A ist, ist A), er Fichte gebe assertorische Bestimmtheit (A ist da, und weil es da ist, ist es da), ist nicht stichhaltig. Denn das Plus, das Fichte über das durch die Logik begründete Fundament gibt (die Realität des A, oder die Tatsache, daß A gesetzt ist), bleibt überhaupt unbegründet. Mithin ist jenes Fichtesche A = A nicht in Wahrheit ein absolut-erster Grundsatz.

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Fichte baut seine Philosophie weiterhin folgendermaßen auf: Das Objekt der Wissenschaftslehre ist das System des menschlichen Wissens" oder der menschliche Geist in seinen notwendigen, gesetzmäßig verlaufenden Handlungen 20). Der Akt aber, mittelst dessen das System des menschlichen Wissens gefunden, oder erkannt wird, zum Bewußtsein erhoben wird", darf nicht selbst eine notwendige Handlung bilden; denn andernfalls würde dieser Beleuchtungsakt des menschlichen Wissens nicht das erkenntniskritische Licht geben, sondern selbst zu der beleuchteten Materie gehören. Daher muß dieser Schöpfungsakt menschlicher Erkenntnis das entgegengesetzte Kriterium tragen: er muß frei sein. Die Methode, welche der Geist hiebei einschlagen muß, soll durch reflektierende Abstraktion geschehen, indem ,diese Handlungsart überhaupt (scil.

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20),Was unabhängig von der Wissenschaft im menschlichen Geiste da ist, können wir auch die Handlungen desselben nennen. . . . Sie ist geschehen auf eine gewisse bestimmte Art.... Jede Handlung geschieht auf eine bestimmte Art nach einem Gesetze und dieses Gesetz bestimmt die Handlung. . . .“ A. &. O. S. 70 f.

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die notwendige Handlungsart der Intelligenz an sich) . . . durch eine reflektierende Abstraktion von allem, was nicht sie ist, abgesondert werden (soll)". „Diese Abstraktion geschieht durch Freiheit, und die philosophierende Urteilskraft wird in ihr gar nicht durch blinden Zwang geleitet." 21) In der Freiheit liegt aber die Gefahr der Willkür. Wie weiß der Philosoph, was er als notwendige Handlungsweise der Intelligenz aufnehmen und was er als ein Zufälliges liegen lassen solle? Das kann er nun schlechterdings nicht wissen .. also gibt es für dieses Geschäft gar keine Regel, und kann keine geben. Der menschliche Geist macht mancherlei Versuche; er kommt durch blindes Herumtappen zur Dämmerung, und geht erst aus dieser zum hellen Tage über. Er wird anfangs durch dunkle Gefühle.. geleitet. . ." geleitet..." Hiezu bemerkt Fichte in der Note: erhellet daraus, daß der Philosoph der dunklen Gefühle des Richtigen oder des Genies in keinem geringeren Grade bedürfe, als etwa der Dichter oder der Künstler; nur in einer anderen Art. Der letztere bedarf des Schönheits-, jener des Wahrheitssinnes; dergleichen es allerdings gibt." 22)

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Mit anderen Worten: Indem der Philosoph den entscheidenden Schritt zur Gewinnung des Urfundamentes tut, wird er ausschließlich durch die geniale Intuition geleitet und bleibt nur durch sie vor Fehlschritten bewahrt. (Mithin bestätigt sich meine obige Behauptung: insoferne das erste Axiom in Fichtes Erkenntnislehre nach seinem Inhalte ein plus über das von der Logik Gegebene aufweist, steht es ohne eigentliche Begründung da. Man könnte in Modifikation eines bekannten Wortes sagen: stat pro ratione ingenium).

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Die Lösung des so gestellten Problems wird durch zwei weitere Schriften Fichtes propädeutisch angebahnt: Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre 23) (1797), „für unbefangene Leser, d. i. für solche, die ohne vorgefaßte Meinung sich dem Schriftsteller überlassen, ihm nicht nachhelfen, aber auch nicht widerstehen“ 24) und „Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre, für Leser, die schon ein philosophisches System haben" (1797) 25). In der Vorerinnerung zur ersten Einleitung legt Fichte dar, daß seine Philosophie nichts anderes sein wolle, als der richtig ver

21) a. a. O. S. 71 f.

22) a. a. O. S. 73.

23) W. W. I, S. 417–449.

24) W. W. I, S. 453.

25) W. W. I, S. 451-518.

Berolzheimer, Kritik des Erkenntnisinhaltes,

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standene Kantsche Kritizismus. Um diesen den Zeitgenossen zu erschließen, hat Fichte die Absicht gefaßt, sein Leben einer von Kant ganz unabhängigen Darstellung jener großen Entdeckung zu widmen❝ 26).

Die erste Einleitung hebt bezeichnender Weise nicht mit einem Lehrsatze, noch mit einer Begründung an, sondern mit einem Postulat, einem Postulat freilich, daß die ganze Fichtesche Philosophie in nuce in sich trägt: „Merke auf Dich selbst: kehre Deinen Blick von allem, was Dich umgibt, ab, und in Dein Inneres - ist die erste Forderung, welche die Philosophie an ihren Lehrling tut. Es ist von nichts, was außer Dir ist, die Rede, sondern lediglich von Dir selbst". Damit ist implicite ausgesprochen: Die Welt ist in Dir; außer Dir ist Nichts; Du bist die Welt; die Welt ist Dein Ich. Dieser Ausspruch, welcher als bloße Behauptung an der Spitze auftaucht, soll durch die Einleitung selbst erhärtet werden. Das diametrale Gegenteil der All-Ich-Lehre ist die Lehre der Realität der „Dinge an sich". Die Verfechter dieser Lehre nennt Fichte die Dogmatiker. Das Prinzip des Dogmatismus „das Ding an sich, ist nichts, und hat, wie der Verteidiger desselben selbst zugeben muß, keine Realität, außer diejenige, die es dadurch erhalten soll, daß nur aus ihm die Erfahrung sich erklären lasse". Sobald man die „Erfahrung auf andere Weise erklärt, also gerade dasjenige, worauf der Dogmatismus baut, ableugnet" wird das Ding an sich zur völligen Chimäre; es zeigt sich gar kein Grund mehr, warum man eins annehmen sollte; und mit ihm fällt das ganze dogmatische Gebäude zusammen". Denn die Aufgabe der Philosophie ist „den Grund aller Erfahrung anzugeben". Der Philosoph, wie jeder Mensch „hat nichts außer der Erfahrung; diese ist es, die den ganzen Stoff seines Denkens enthält". „Aber er kann abstrahieren, das heißt: Das in der Erfahrung Verbundene durch Freiheit des Denkens trennen". In der Erfahrung findet er das Ding und die Intelligenz untrennbar verbunden. Wählt er das Ding an sich, indem er von der Intelligenz d. h. von ihrem Verhältnis zur Erfahrung abstrahiert, so 26) W. W. I, S. 419, 419-422.

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Ich bin der wahre Kant," das behaupten Fichte, Schelling und Schopenhauer; jeder für sich. Und dies ist in dem Sinne richtig, wie etwa jede christliche Konfession von sich aussagen kann, sie stelle das wahre Christentum dar. Darin zeigt sich eben die Größe und Fruchtbarkeit philosophischer Urgedanken, daß sich im Durchgange durch geniale Meisterköpfe aus einer Ur-Wahrheit eine Generation von Sonder-Grundwahrheiten mit relativer Selbständigkeit und Lebensfähigkeit zu entwickeln vermag.

ist er Dogmatiker; wählt er die Intelligenz an sich, indem er vom realen Objekt abstrahiert, so ist er Idealist. Man kann zwischen Dogmatismus und Idealismus wählen. Fichte entscheidet sich für den Idealismus und nennt seinen Idealismus einen kritischen oder transzendentalen (inwiefern er, diese einzig vernunftmäßige bestimmte, und wirklich erklärende Voraussetzung von notwendigen Gesetzen der Intelligenz macht". Gegensatz: transzendenter Idealismus. Dieser ,würde ein solches System sein, welches aus dem freien und völlig gesetzlosen Handeln der Intelligenz die bestimmten Vorstellungen ableitete; eine völlig widersprechende Voraussetzung . . ."). Was ist nun die „Intelligenz an sich", welche als Urprinzip der Welt, als einzige Realität besteht? Als Erstes und Höchstes kann sie kein Leiden sein; sie kann auch kein Sein oder Bestehen sein, da dieses Resultat einer Wechselwirkung" ist; sie ist ein reines „Tun" 27).

In solch kahler Nacktheit betrachtet, scheint das System Fichtes das strikte Gegenteil der Kantschen Philosophie darzustellen. Denn die Kantsche Erkenntnislehre mündet ja gerade in den Satz aus, die Welt unserer Vorstellungen sei nur Erscheinungswelt, die wahre Welt aber sei jene des Dinges an sich. Allein man darf nicht übersehen, daß Fichte ausdrücklich betont, daß er das Kantsche System mit einem ganz anderen Fundamente aufbauen wolle, als Kant selbst. Wir erinnern uns, daß der Angelpunkt in Kants Erkenntnislehre dahin geht: Welche Erkenntniswerte kann die reine Vernunft aus sich heraus ohne Erfahrung geben? Und darauf lautet die Antwort: Nur die idealen Formen Raum und Zeit, nichts Reales, keinen Inhalt. Fichte hingegen baut ganz anders auf. Er fragt: Welchen Stoff finden wir vor? Nur Erfahrung. Wie kann aus der bloßen Erfahrung Philosophie werden? Durch Abstraktion. Während also Kant in den Banden des Rationalismus noch völlig befangen das Schlußfazit des Rationalismus zieht, indem er die reine Vernunft oder das erfahrungslose Erkenntnisvermögen, das Erkenntnisvermögen a priori in seiner Leistungsfähigkeit kritisch prüft, streift Fichte methodologisch (bei Wahl des Forschungsweges für die Erkenntnislehre) den Rationalismus ab und stellt sich ganz unbefangen vor die Tatsache: Der Stoff, der sich dem Philosophen bietet, ist nur Erfahrung. Die Erfahrung enthält zwei Bestandteile: Intelligenz und Objekte. Eines von beiden müssen wir durch Abstraktion heraus

27) a. a. O. S. 422-441.

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