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und jede ernste Beschäftigung ruhte, weil alles Streben invita Minerva nicht gelang. Die Schulen dauerten im Ganzen acht Monate im Jahr (vier Monate, Juli bis October, waren Ferien), und die fünftägigen Quinquatrien waren eine zwar kurze aber desto schätzenswerthere Unterbrechung der Schulzeit. Horaz in seinem Greisenalter denn der Dichter spricht zu sich selbst fieht nun die wenigen noch übrigen Lebenstage als eine zwar kurze aber dankenswerthe Frist an, die ohne Zögern in rechter Weise zu benüßen sei.

44) Thessalien war von alter Zeit her das eigentliche Heimatland der Zauberkräuter und Hexenkünste. Wenn wir den Sinn der Verse 208 und 209 kurz zusammenfassen, so ist er kein andrer als: bist du nicht abergläubisch? Es ist dies keine Frage, die wir jetzt aufwerfen, um den moralischen Werth eines Mannes zu beleuchten. Indessen ist dennoch bekannt, daß auch starke Geister der modernen Zeit nicht ganz frei von dieser Schwäche waren. Vor den Zeiten des Horaz meldet uns Cicero (Tusc. 1, 16, 37, und de Div. 1, 58, 132), daß einer seiner Freunde mit Nekromantie und Psychomantie sich befaßte. Sicherlich war dies zu Ciceros Zeit nicht eine einzelne Erscheinung, aber unter Augustus traten dergleichen Erscheinungen noch weit vielfacher zu Tage. Je nichtiger die Stüßen des Lebens in äußeren Dingen, Sinnengenuß, Prunk und Reichthum, geworden waren, desto mehr suchte man in dem zufallsreichen Dunkel irgend einen Haltpunkt zu gewinnen, der in abergläubischen Weissagungen fußte, mit denen man die Schrecken der finstern Mächte zu überwältigen hoffte. Daß Horaz dergleichen für einen Fehler erklärte in einer Epistel, welche verdeckter Weise dem Tiberius bestimmt war, konnte bei diesem nur unwilliges Mißbehagen erregen. Denn wir wissen aus Tacitus (Ann. VI, 20 sq.), daß Tiber wenigstens der Sterndeutung sehr ergeben war.

45) Jean Paul sagt von den Frauen, daß sie am längsten vierunddreißig Jahre alt blieben. Und wenn es als ein Verstoß gegen die feinere Sitte gilt, Frauen nach ihrem Lebensalter zu fragen, so ist dies ganz fern von der Erscheinung, die uns jetzt noch im Leben nicht selten begegnet, daß auch ältere Männer die Zahl ihrer Lebensjahre gerne verheimlichen. Diese ängstliche Verheimlichung hängt zusammen mit der ängstlichen Besorgniß, daß mit dem Vorrücken der Jahre natürlicher Weise der Tod näher rückt. Und doch wird durch eine solche Verheimlichung nicht mehr Sicherheit erzielt, als durch das Verstecken des Kopfes, welches der Vogel Strauß üben soll, wenn er zu weiterer Flucht ·

vor dem Jäger sich unfähig fühlt. Diese Thorheit ist es wohl, gegen welche die Frage des Horaz gerichtet ist.

46) Goethe sang in jugendkräftigem Uebermuthe:

Wenn dir's im Kopf und Herzen schwirrt,
Was willst du Bessres haben?

Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt,
Der lasse sich begraben.

Im Gegensatze hiezu sagt Horaz (der bei der Abfassung dieser Epistel nach römischen Begriffen senex war) zu sich selbst: Wenn du in höherem Alter noch nicht von Ehrgeiz, Leidenschaftlichkeit und Aberglauben frei bist, wenn du den ethischen Werth des Lebens noch nicht erkannt oder noch nicht angefangen hast, an der Vervollkommnung deines innern Selbst zu arbeiten, so lasse dich begraben, so trete denen aus dem Wege, die den Werth des Lebens besser als du kennen, und mache den Jüngeren Platz, denen es besser ansteht, eine mehr bloß sinnliche Ersistenz zu führen.

Anmerkungen zu Epistel II, 3.

1) Horaz will in seinen Bemerkungen über die Dichtkunst den allgemeinen Satz voranstellen: Jede Dichtung muß ein in seinen Theilen übereinstimmen des Ganze sein (V. 23). Um ihn recht anschaulich zu machen geht er, wie man sagt, a contrario zu Werke, und entwirft die Schilderung eines Gemäldes, dem vor Allem Einheit und Uebereinstimmung abgeht. Was aber von den Malern gilt, das gilt auch von den Dichtern (V. 9).

2) Wer aus großer Gefahr durch ein Gelübde, das er einem Gotte darbringt, gerettet wird, hängt bei der Lösung des Gelübdes auch ein Gemälde des Unglücks in dem Tempel des Gottes auf. So erkennt man aus den Votivgemälden die Schicksale der Menschen (Satir. I, 1, 33). Aber auch oft, wenn man durch Schiffbruch oder Feuersbrunst seine Habe verloren, ließ man sein Unglück in einem Gemälde darstellen, um durch die Anschauung desselben Mitleid zu erregen, und sich milde Gaben zu erbetteln (Juvenal. 14, 103). Die Scholien erzählen hier die Anekdote, es habe ein Schiffbrüchiger bei einem ungeschickten Maler ein Gemälde des von ihm erlittenen Schiffbruchs bestellt, worauf zugleich sein Portrait wäre; und der Maler habe gefragt, ob er denn auch von einer Cypresse etwas hinzugemalt wünsche? Daher das griechische Sprigwort: μή τι καὶ κυπαρίσσου θέλεις; indessen reiht sich diese Bemerkung vorzüglich an den Gedanken, daß eine Cypresse weder in den Meereswogen, noch an dem felfigen Strand eine geeignete Zugabe des Gemäldes ist.

Unge

3) Zur Parallele des Malers, den Horaz neben den Dichter stellt, fügt er nun eine andre, minder gleichmäßige, den Töpfer. schickt ist der Töpfer, der bei der ersten Anlage des Thons auf der Scheibe, und bei den ersten Bewegungen derselben eine amphora im Sinne trägt, aber indem er dreht und dreht, am Ende einen ordinären Krug zu Tage kommen läßt. Die amphora diente zum Aufbewahren des Weins, der urceus zum Trinken, sei es als Wasser- oder Weingefäß.

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4) Ueber die zu Allem nöthige Kunstfertigkeit, die zum Theil mit Mühe errungen werden muß, vergl. unten Anmerk. 81. Uebrigens bezieht sich das variare in dem zunächst vorhergegangnen Beispiele insbesondre auf die bunte Ausschmückung eines einfachen Stof= fes. Diese kann durch das Streben nach belebender Manchfaltigkeit Ueberladung hervorrufen, bei der sich ebenfalls wieder sagen läßt: sed non erat his locus. Oben wurde der in einzelnen Bildern durch Glanz der Darstellung gesuchte Reiz zur Bestechung des Lesers getadelt.

5) Um ein einheitliches übereinstimmendes Ganze zu schaffen genügt es nicht, daß nur einzelne Theile vollendet schön sind. Diesen Satz zeigt Horaz an dem Beispiele des Aerzgießers bei dem ludus Aemilius. Die von dem Aemilius Lepidus gegründete Fechterschule soll in derselben Region der Stadt gelegen haben wie das Forum Romanum. In ihrer Nähe wohnten, wie es scheint, Aerzgießer, welche kleine Bronzstatuen zum Verkaufe machten, die ohne allen Kunstwerth als ordinäre Fabrikarbeit zu betrachten waren. Einer von ihnen konnte es nun darin zur Vollkommenheit gebracht haben, daß er die Nägel und die Haare ganz gut zu bilden verstånd. Es schließt sich diese Bemerkung ganz enge an das Vorhergehende (V. 31) si caret arte an. Denn es ist darin gesagt: Kunstfertigkeit genügt aber nicht, wenn sie sich nur auf Einzelnes beschränkt, und nicht allseitige Vollkommenheit über das Ganze auszubreiten versteht. Und hieran knüpft sich (V. 38): Wähle nur einen solchen Stoff, den du in seiner ganzen Ausdehnung zu beherrschen vermagst.

6). Neu und geistreich ist Döderlein's Erklärung, wornach res hier die Gedanken, legere jammeln, und potenter auf wirksame Art heißen soll. Indessen scheint mir die gewöhnliche Erklärung den Vorzug zu verdienen. In Horazens Worten wird nicht sowohl gesagt sein, „daß schon die bloße Wahl eines den Kräften angemessenen Themas über alle Schwierigkeiten, selbst über die der Anordnung hinweghebe"; sondern vielmehr daß, wer einen angemessenen Stoff gewählt hat, diese Schwierigkeiten, wenn auch mit einiger Anstrengung und durch Nachdenken wird überwinden können; daß aber seine Mühe oder Anstrengung von Erfolg sein wird, indem es ihm gelingt, seine Gedanken in lichtvoller Ordnung an einander zu reihen, weil seine Kraft den Stoff zu beherrschen vermag.

7) Was in Vers 43 und 44 gesagt ist, gehört zur lichtvollen Ordnung der Gedanken, oder zur richtigen Reihenfolge derselben,

wornach in Betracht kommt, ob etwas jetzt oder ob es später erst vorzubringen ist.

8) An die lichtvolle Ordnung der Gedanken, welche entscheidet, ob etwas jezt oder später erst seinen Platz finden soll, schließt sich zunächst noch die richtige Auswahl der Gedanken an, die darüber entscheidet, ob Nebenvorstellungen noch in die Darstellung hineingezogen werden sollen oder nicht. Je nach der Wahl und Ausführung kann durch Nebenvorstellungen und ihre mit Liebe ausgeführte Behandlung (amet) der Hauptgegenstand an Klarheit und Anschaulichkeit gewinnen und belebter werden, oder er kann durch zu viele oder ungeschickt ausgewählte Nebenvorstellungen verdunkelt und unklar, und die Darstellung langweilig werden. Dergleichen sind zu meiden (spernat). Es fällt somit die richtige Auswahl der Gedanken von dieser Seite her ganz nahe mit dem lucidus ordo zusammen, obwohl eine gewisse Verschiedenheit beider Begriffe nicht zu leugnen ist. Aber zur Auswahl der Gedanken gehört auch, was Horaz unten V. 150 von Homer rühmt:

et quae

Desperat tractata nitescere posse, relinquit.

oder was in andrer Beziehung in Schillers bekanntem Distichon ausgesprochen ist:

Jeden andern Menschen erkennt man an dem was er ausspricht,
Was er weise verschweigt, zeigt mir den Meister des Styls.

Die Worte: in verbis etiam ... serendis (V. 46) können weder zu der Anordnung noch zu der Auswahl der Gedanken gehören; sie sind mit dixeris egregie zu verbinden, weil sie offenbar zum sprachlichen Ausdruck gehören, wovon V. 46 bis 72 die Rede ist. Dagegen hat Bentley, und mit ihm andere neuere Erklärer, nebst Meineke auch Döderlein, den Vers 46 vor den Vers 45 gestellt. (Bei Ritter und Pauly scheint eine Irrung unterlaufen zu sein.)

9) Solche Wortverbindungen, die ein bekanntes Wort wie neu erscheinen lassen, hat in unserer Literatur besonders Goethe zu bilden verstanden, indem er abstracte Begriffe mit concreten in Eins verknüpfte u. drgl., was Heine so vielfach nachahmte. Als Beispiel dieser Goethe'schen Eigenthümlichkeit stehe hier (aus dem Gedicht „das Göttliche"): das Glück

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Tappt unter die Menge,

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