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heftigen Jünglings zu zähmen suchte. Beleg hiezu ist das eine Beispiel, das statt vieler von Dio Caffius (55, 7) angeführt wird. Als nämlich Octavian im Begriffe stand, das Todesurtheil über Viele auszusprechen, warf ihm Mäcen, der nicht nahe zu ihm herankommen konnte, einen Zettel (als ob er ihm etwas zu melden hätte) in den Schooß, worauf die Worte standen: surge tandem carnifex *). August erhob sich, ohne eine weitere Verurtheilung auszusprechen. Wie groß aber das Vertrauen Octavian's zu Mäcenas war, erhellet unter andern daraus, daß. er während seiner Abwesenheit aus Italien **) dem Mäcenas die unbedingteste Vollmacht gab. Diese Vollmacht ging so weit, daß sie ihn ermächtigte, jeden Erlaß des Herrschers an den Senat u. drgl., wenn er ihn gelesen hatte, nach Gutdünken abzuändern und neu zu siegeln ***). Es be= stand also eine wirkliche Theilung der Regierungsgewalt, zumal Mäcen auch noch, wie schon oben erwähnt, dabei die oberste Militärgewalt für Rom und Italien inne hatte. Solch unbedingtes Vertrauen konnte der von Natur Mißtrauische nur dem wohl erprobten Freunde gewähren, dem feltnen Manne, der nirgends persönliche oder egoistische Zwecke verfolgte, der nur dem Freunde allein, und durch diesen dem Staate dienen wollte; der deßhalb auch nie Eifersucht auf seine eigne Machtstellung zeigte, sondern troß aller Machtvollkommenheit, mit der er bekleidet war, gerne dem Agrippa nach der Schlacht bei Actium sich unterordnete, als die Veteranen in Italien schwierig

*) oder vielleicht in griechischer Sprache, wie Dio Caffius es überfiefert: ανάστηθι ήδη ποτέ, δήμιε!

**) Im Kriege gegen Pompejus 718, und im actischen Kriege 723. ***) Zu diesem Zwecke hatte Augustus aus der Hinterlassenschaft seiner Mutter zwei Siegelbilder bestimmt, die beide eine Sphinx darstellten, und durch die vollkommenste Aehnlichkeit nicht von einander unterschieden werden konnten. Plin. H. N. 37, 1, 4, 9 sq.

werden wollten. Einen neuen Beweis, wie weit er von Eifer= sucht gegen Agrippa entfernt war, hat Mäcenas dadurch gegeben, daß er nach des Marcellus Tode durch die nachdrücklichsten Worte, die auf ein Widerstreben des Augustus hinweisen *), es dahin zu bringen suchte, daß Augustus seine Tochter Julia dem Agrippa vermählte, und ihn so gewissermaßen zu seinem Nachfolger designierte. Wie viele hunderte hochgestellter Staatsmänner mag es geben, deren Edelfinn an einer solchen Klippe aus kleinlicher Eifersucht gescheitert wäre, und die lieber jeden minder mächtigen als Agrippa neben sich zum Herrscher hervorgehoben hätten! Diesen wohlerprobten Freund betrauerte daher Augustus in herbem Schmerze (Dio Cass. 55, 7), als der Tod ihn ihm entriß, und Mäcen's Testament von Neuem einen Beweis von Großmuth gab, die dem undankbaren Hausfreund sein Verhalten gegen Terentia nicht nachtrug. Selbst längere Zeit nach Mäcen's Tode, als Augustus sich durch die Leidenschaftlichkeit, zu der er sich gegen seine Tochter hatte hinreißen lassen, in Verlegenheit fühlte, preßte ihm seine Lage noch den Seufzer aus: das wäre mir nicht begegnet, wenn Mäcenas noch am Leben gewesen wäre!**)

Ich habe oben absichtlich übergangen, was Horaz von dem Charakter Mäcen's und seiner Umgebung berichtet. Er könnte

*) Dio Caffius 54, 6:,,Du hast ihn (Agrippa) so mächtig gemacht, daß er entweder dein Eidam werden, oder aus dem Wege geschafft werden muß“.

**) Senec. de benef. 6, 32. Dies konnte jedoch Seneca nicht berichten ohne mit Spott auf Auguftus hinzuzusetzen: „Wir haben keine Ursache zu glauben, daß Agrippa und Mäcen die Wahrheit zu sagen pflegten; und wenn sie gelebt hätten, so würden sie ihre Ueberzeugung nicht haben zu Tage treten lassen (inter dissimulantes fuissent). Der kluge Stoiker hatte gelernt (de ira 3, 20): libera responsa reges contumeliosa vocant. Zu der Denkweise eines Mäcenas konnte er sich nicht erheben.

verdächtigt

als parteiischer Zeuge der er wohl nicht ist — werden. Mag man übrigens dem von mir Dargelegten nicht überall beistimmen, so dürfte daraus doch so viel hervorgehen, daß Mäcenas ein ehrenhafter Charakter war, der die kleinlichen Verleumdungen Seneca's und die mit Medisance gemischte Persiflage Wieland's nicht verdiente.

Feldbausch, Episteln des 'Horaz. II.

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2. Anhang.

(Zu Epistel I, 2 und 18.)

Ueber den Charakter des Lollins.

Marcus Lollius, der im Jahre 733 Consul war, besaß in hohem Grade die Gunst und das Vertrauen des Augustus. Wenn er auch nicht das Consulat durch dessen besondere Begünstigung erhielt, so besaß er doch noch lange Zeit nachher dessen Vertrauen. Allein auf dem Höhepunkt dieses Vertrauens zog er sich den heftigsten Haß des Tiberius zu, der sich nicht damit begnügte, ihn gestürzt und des Lebens beraubt zu sehen, sondern auch noch nach dessen Tode durch seine Creaturen (namentlich Vellejus Paterculus) dahin wirkte, seinen Ruf zu verunglimpfen und sein Andenken zu schmähen. Und daß dieser Haß und seine Folgen wahrscheinlich einen Schuldlosen getroffen haben, soll in dem Folgenden darzuthun versucht werden. Schon Weber (Horatius als Mensch und Dichter S. 330 flg.) hatte sich des Lollius angenommen; ausführlicher hat Rühr mund (in Müßell's Zeitschrift für Gymnasialwesen 1856. 2. Bd. G. 783-788) dessen Schuldlosigkeit darzuthun versucht. Die Rührmund'sche Abhandlung ist theilweise in dem Folgenden

benüßt.

Durch die Gunst und das Vertrauen des Augustus hatte M. Lollius nach seinem Consulate den Oberbefehl über die am Rheine stehenden Legionen erhalten. Die Germanen (Sigambrer, Usipeter und Tenchterer) hatten im Jahre 738 ihre Feindseligkeiten damit begonnen, daß sie in ihrem Gebiete einige Römer ergriffen und erhenkten. Dann zogen sie plündernd und

verheerend gegen die römischen Standquartiere. Die gegen sie ausgeschickte römische Reiterei wurde von ihnen in einen Hinterhalt gelockt, geschlagen und bis in die Nähe des römischen Heeres verfolgt. Den Lollius selbst überfielen sie unvorgesehen (évétuzov ávékrioTo Dio Cass. 54, 20), und trieben ihn in die Flucht, wobei wenn wir dem Berichte des Vellejus (2, 97) einigen Glauben schenken dürfen der Adler der fünften Legion verloren ging. Augustus war höchst wahrscheinlich schon im Anfang des Sommers 737 nach Gallien gegangen, von wo er erst 741 nach Rom zurückkehrte (Fischer röm. Zeittaf. S. 403). Daß des Lollius Unfälle den Augustus zum Aufbruch aus Rom veranlaßt hätten, läßt Dio Cassius im Unbestimmten, nur Vellejus spricht es bestimmt aus. Wohl aber berichtet ersterer, Augustus sei auf die Nachricht von den Bewegungen der Germanen sogleich herbeigeeilt, habe aber nidts mehr au thun gefunben (οὐ μέντοι καὶ ἔργον τι Tоléμov EσXεv). Die Germanen waren dem gerüstet heranrückenden Lollius gewichen, vielleicht auch durch den Anzug des Augustus zur Besinnung gebracht, hatten dem Lollius sich unterworfen, Geißeln gestellt und Frieden gemacht. So hatte Lollius ohne Zweifel mit den Geißeln auch den von Vellejus erwähnten Adler wieder gewonnen, und die Scharte selbst ausgeweßt. Wenn auch der Vorwurf auf ihm ruhte, daß er anfänglich die Macht der Germanen unvorsichtig unterschätzt hatte, so waren seine Verluste doch weder eine schwere Niederlage zu nennen noch war damit für den Staat eine besonders schimpfliche Schmach verknüpft. Daß aber dennoch spätere römische Geschicht= schreiber die Niederlage des Varus, die bekanntlich den Augustus beinah zur Verzweiflung brachte, mit der Ueberrumpelung des Lollius in eins zusammenstellten, als wären sie gleichbedeutend gewesen, dies beweist, welche ungünstige und ungerechte Beurtheilung in späterer Zeit dem gefallenen Günstling allgemein

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