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Stellung, als etwaige Gefahr für seine Gesundheit scheute, und unterließ daher nicht, in vertraulichen Aeußerungen über dessen Hochmuth zu scherzen, womit er seinem Wohlwollen begegnet sei, weßhalb jedoch er (Augustus) nicht Gleiches mit Gleichem vergelten und auch Hochmuth gegen Horaz üben (ἀνθυπερφρονεῖν) mole. In solche Achtung wird nie ein kriechender Schmeichler bei hohen Machthabern gelangen.

An Augustus.

Da du so viele und so wichtige Geschäfte allein zu tragen hast, dem römischen Staat durch Waffengewalt Sicherheit schaffest, ihn durch Sittlichkeit zu heben, durch Gesetze zu vervollkommnen bemüht bist 1), so könnte ich vielleicht gegen das Staatswohl mich verfehlen, wenn ich, o Cäsar, deine Zeit durch eine lang gedehnte Unterhaltung in Anspruch nehme.

Romulus und Vater Bacchus und Castor nebst Pollux find 5 nach überherrlichen Thaten in Göttertempel aufgenommen worden; so lange sie aber für Menschen und Länder Cultur förderten, so lange sie verderbliche Kriege schlichteten, Aecker vertheilten, Städte gründeten, hatten sie darüber zu klagen, daß ihren Ver= diensten nicht der erwartete Dank in geziemendem Maße zu Theil werde. Der die grause Hydra vernichtete und die welt- 10 bekannten Ungethüme durch die vom Schicksal ihm auferlegten Kampfesmühen bewältigte, machte nicht minder die Erfahrung, daß der Neid nur zulezt mit dem Ende des Lebens beschwichtigt werde. Denn kränkend erscheint der Glanz dessen, der die

Infra se positas, extinctus amabitur idem.
15 Praesenti tibi maturos largimur honores
Iurandasque tuum per numen ponimus aras,
Nil oriturum alias, nil ortum tale fatentes.

Sed tuus hic populus sapiens et iustus in uno
Te nostris ducibus, te Graiis anteferendo,
20 Cetera nequaquam simili ratione modoque
Aestimat, et nisi quae terris semota suisque
Temporibus defuncta videt, fastidit et odit,
Sic fautor veterum, ut tabulas peccare vetantes
Quas bis quinque viri sanxerunt, foedera regum
25 Vel Gabiis vel cum rigidis aequata Sabinis,

Pontificum libros, annosa volumina vatum Dictitet Albano Musas in monte loquutas. Si, quia Graecorum sunt antiquissima quaeque Scripta vel optima, Romani pensantur eadem 30 Scriptores trutina, non est quod multa loquamur; Nil intra est oleam, nil extra est in nuce duri? Venimus ad summum fortunae, pingimus atque Psallimus et luctamur Achivis scitius unctis? Si meliora dies, ut vina, poemata reddit, 35 Scire velim chartis pretium quotus adroget annus. Scriptor abhinc annos centum qui decidit, inter Perfectos veteresque referri debet an inter

Viles atque novos? excludat iurgia finis.

„Est vetus atque probus centum qui perficit annos.“ 40 Quid? qui deperiit minor uno mense vel anno, Inter quos referendus erit? veteresne poetas,

Bestrebungen, welche nicht zu seiner Höhe sich zu erheben vermögen, niedrig erscheinen läßt; aber sobald er gestorben, wird auch ihm Liebe zu Theil. Dir dagegen widmen wir, während

du unter uns weilst, nicht erst spät, gebührende Ehren, erbauen 15 Altäre, an denen wir bei deinem Götterwesen schwören, und gestehen offen, daß dir gleich nie etwas in die Welt gekommen sei, noch kommen werde 2).

Aber gerade dein Volk, das in dem einen Punkte so einsichtsvoll und gerecht ist, daß es dich über alle römische Helden stellt und über die Griechen, legt durchaus nicht gleich ver- 20 nünftigen Maßstab an andre Dinge; denn was nicht der Erde. entrückt sein Lebensziel längst vollendet hat, das verschmäht und haßt es. Das Alte dagegen begünstigt es so sehr, daß es die zwölf Gefeßestafeln der Decemvirn, die Bündnisse der Könige mit Gabii oder den rauhen Sabinern, die Bücher der Ober- 25 priester und die uralten Blätter der Weissager 3) ausgibt für Erzeugnisse der Musen auf dem Albanerberge 4). Wenn, weil die ältesten griechischen Dichtungen gerade die vorzüglichsten sind, auch die römischen Dichter nach demselben Maßstabe sollen ge- 30 messen werden, dann ist auch innen in der Olive und außen an der Nuß nichts hartes, dann übertreffen wir, weil wir zum höchsten Gipfel des Glücks in der Weltherrschaft gelangt sind, auch in Malerei und Musik und in der Ringkunst die stets von Salböhl glänzenden Griechen 5). Wenn die Zeit die Dichtungen besser macht wie den Wein, so möchte ich wissen, wie viel Jahre 35 erfordert werden um einer poetischen Schrift Werth zu geben. Soll ein Dichter, der hundert Jahre todt ist, unter die vollkommnen alten gezählt werden, oder unter die werthlosen neuen? eine festgestellte Gränze beseitige den Streit! - Der gilt für alt und gut, der ein Jahrhundert ausfüllt!" Wie aber, wenn einer noch um einen Monat oder auch um ein Jahr zu 40 jung ist, wohin ist der zu zählen? gehört er unter die alten,

An quos et praesens et postera respuat aetas?
,,Iste quidem veteres inter ponetur honeste,

Qui vel mense brevi vel toto est iunior anno.“
45 Utor permisso caudaeque pilos ut equinae
Paullatim vello et demo unum, demo etiam unum,
Dum cadat elusus ratione ruentis acervi,
Qui redit in fastos et virtutem aestimat annis
Miraturque nihil nisi quod Libitina sacravit.

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Ennius et sapiens et fortis et alter Homerus,
Ut critici dicunt, leviter curare videtur

Quo promissa cadant et somnia Pythagorea.
Naevius in manibus non est et mentibus haeret

Pene recens? Adeo sanctum est vetus omne poema. 55 Ambigitur quoties uter utro sit prior, aufert Pacuvius docti famam senis, Accius alti,

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Dicitur Afrani toga convenisse Menandro,
Plautus ad exemplar Siculi properare Epicharmi,

Vincere Caecilius gravitate, Terentius arte.

60 Hos ediscit et hos arto stipata theatro

Spectat Roma potens; habet hos numeratque poetas
Ad nostrum tempus Livi scriptoris ab aevo.
Interdum vulgus rectum videt, est ubi peccat.
Si veteres ita miratur laudatque poetas

65 Ut nihil anteferat, nihil illis comparet, errat.
Si quaedam nimis antique, si pleraque dure

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oder unter die, welche das gegenwärtige und künftige Zeitalter verwerfen soll? ,,Der wird mit Ehren unter die Alten ge= rechnet werden, der um die kurze Zeit eines Monats oder auch um ein ganzes Jahr jünger ist!"6) — Ar dies Zugeständniß will ich mich halten, und wie ich aus einem Pferdeschweif 7) die 45 Haare, eins um das andre, ausrupfen kann, so zähl ich ein Jahr ab und dann noch eines, bis durch den Beweis der stets sich verengenden Schlußkette derjenige kraftlos erliegt 8), der auf Kalenderrechnung sich stüßt und die Trefflichkeit (einer Dichtung) nach den Jahren bemißt, indem er nichts bewundert, als was die Todesgöttin 9) zu Ehren gebracht hat.

Ennius, der weise, der heldenmäßige, der zweite Homer, wie 50 die Kunstrichter sagen, scheint sich wenig darum zu kümmern, wie die Erwartungen, die er erregte, und fein pythagoreischer Traum 10) sich verwirklichen. Und haftet nicht Nävius in den Händen und Herzen der Leser, als wäre er so zu sagen neu?11) So sehr verehrt man jede alte Dichtung. So oft von Pa= cuvius und Accius 12) in Frage gezogen wird, wer von ihnen 55 den Vorzug verdiene, wird dem ersteren der Ruf_des_kunst= fertigen, dem letztern der des erhabenen Dichters der Vorzeit zuerkannt; des Afranius 13) Dramen im Römergewande stehen, sagt man, dem Menander gleich, und Plautus stelle mit Raschheit die Handlung dar nach dem Vorbilde des Siculers Epicharmus 14), Cäcilius 15) trage durch würdevolle Kraft, Terentius durch seine Kunst den Preis davon. Diese Dichter prägt man 60 dem Gedächtnisse ein, diese will im beengenden Theatergedränge die mächtige Roma schauen, hält sich nur an ihren Besit, zählt nur sie als Dichter von den Zeiten des Livius 16) her bis auf die Gegenwart. Bisweilen ist das Urtheil des Volkes richtig, manchmal verkehrt. Wenn es die alten Dichter in dem Grade lobt und bewundert, daß es nichts ihnen vorzieht, nichts ihnen 65 gleich achtet, so irrt es; wenn es aber Manches für veraltet,

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