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wir nicht; als eifriger Anhänger und Förderer der monarchischen Staatsform aber wurde er dem Herrscher durch hochwichtige diplomatische Dienste bald unentbehrlich und nahm bei ihm neben Agrippa, der ihm seine Siege erfocht, die erste Vertrauensstelle ein. Wenn somit Mäcenas tief in Roms Geschicke eingriff,12 so war er anderseits auch den Genüssen des Lebens leidenschaftlich ergeben, aber zum Glücke nicht blofs den niederen, gröberen, 13 sondern auch den höheren, idealen: er war ein uneigennütziger Beschützer von Kunst und Wissenschaft, und sein Haus,14 wie in neuerer Zeit der Hof Karl Augusts von Weimar, ein Sammelpunkt dichterischer Talente. Wie Horaz in diesem Kreise auserlesener Männer Zutritt fand (i. J. 38), erzählt er uns selbst in Versen, welche den Freundschaftsbund in schönem Lichte erscheinen lassen und weifs nicht, ob dem Dichter oder dem hohen Gönner zu höherer Ehre gereichen, sat. I 6, 52-64:

felicem dicere non hoc

me possim, casu quod te sortitus amicum:
nulla etenim mihi te fors obtulit; optimus olim
Vergilius, post hunc Varius, dixere quid essem.
ut veni coram, singultim pauca locutus

(infans namque pudor prohibebat plura profari)
non ego me claro natum patre, non ego circum
me Satureiano vectari rura caballo,

sed, quod eram, narro: respondes, et tuus est mos,
pauca: abeo, et revocas nono post mense iubesque
esse in amicorum numero. magnum hoc ego duco,
quod placui tibi, qui turpi secernis honestum,

non patre praeclaro, sed vita et pectore puro.

man

Wie ungezwungen übrigens der Verkehr zwischen den beiden Freunden, dem armen Plebejer und dem reichen Aristokraten, sich

12 Ohne indessen jemals ein Staatsamt zu verwalten, das ihn in den ordo senatorius befördert hätte; er war und blieb einfacher eques Romanus, weshalb Horaz, der sonst auch seine hochedle Abkunft hervorhebt, ihm III 16, 20 das Ehrenprädikat „Zierde des Ritterstandes“ beilegt.

13 Wenn er sich nämlich gehen lassen durfte, war er ein rechter Lebemann. An den dazu erforderlichen Mitteln fehlte es ihm nicht, denn er war unermesslich reich, sei es von Haus aus, sei es durch Geschenke seines kaiserlichen Freundes. Der freimütige Horaz hat auch seiner Schwächen keineswegs geschont, vielleicht noch weniger, als wir immer zu erkennen vermögen. Der Satiriker Persius sagt:

omne vafer vitium ridentis Flaccus amici

tangit et admissus circum praecordia ludit.

14 Dieser Palast, die sog. turris Maecenatiana, eine moles propinqua nubibus arduis (II 29, 10), die mit dem ganzen ungeheuern Luxus der damaligen Zeit ausgestattet war, lag im östlichen Teile Roms, auf dem esquilinischen Hügel, umgeben von grofsartigen Parkanlagen, und gewährte eine entzückende Fernsicht über die Campagna, damals eine blühende Landschaft, auf die waldbekränzten, villenbesäten Halden des Sabiner- und Albanergebirges. In der Nähe befand sich auch Horazens städtisches Wohnhaus.

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gestaltete, kannst du z. B. aus folgenden Worten des Dichters entnehmen, die in einer die Tadelsucht der Menschen rügenden Satire (I 3) sich finden: Wer in seiner Einfalt (was mir, Mäcenas, gern mit dir begegnet), falls er etwa dich bei einem Buche oder in Gedanken antrifft, ganz unbekümmert, dafs er dir vielleicht beschwerlich fallen könne, mit dem ersten, was in den Mund ihm kommt, dich unterbricht: dem, sagt man, fehlt es ganz an Lebensart". Und wie man sich auf die schelmischeste Art gegenseitig neckte und anführte, zeigt dir an einem drastischen Beispiel die 3. Epode. Mäcenas war es auch, der den Horaz der Sorge um das tägliche Brot überhob und so die Flügel seines Dichtergenius von einem den freien Aufschwung hemmenden Drucke erlöste. Zunächst verschaffte er (so dürfen wir vermuten) ihm die Stelle eines scriba quaestorius, eines Sekretärs bei der Quästur (dem Staatsschatze) 15, und später (jedenfalls aber nicht nach d. J. 33) schenkte er ihm ein im Sabinerlande 16 belegenes Gut (,,Sabinum"), das zwar im Vergleich mit den unermesslichen Rittergütern und der übertriebenen Pracht der Villen römischer Magnaten recht winzig und schmucklos war, wie die launige Schilderung epist. I 16, 1-16 verrät:

ne perconteris, fundus meus, optime Quincti,
arvo pascat erum an bacis opulentet olivae,
pomisne an pratis an amicta vitibus ulmo:
scribetur tibi forma loquaciter et situs agri.
continui montes, ni dissocientur opaca

valle, sed ut veniens dextrum latus adspiciat sol,
laevum decedens curru fugiente vaporet.
temperiem laudes. quid, si rubicunda benigni
corna vepres et pruna ferant? si quercus et ilex
multa fruge pecus, multa dominum iuvet umbra?
dicas adductum propius frondere Tarentum.
fons etiam rivo dare nomen idoneus, ut nec
frigidior Thracam nec purior ambiat Hebrus,
infirmo capiti fluit utilis, utilis alvo.

hae latebrae dulces et, iam si credis, amoenae
incolumem tibi me praestant Septembribus horis,

trotzdem aber oder besser eben deshalb den Wünschen des genügsamen Dichters ganz entsprach, sat. II 6, 1-5:

hoc erat in votis: modus agri non ita magnus,
hortus ubi et tecto vicinus iugis aquae fons

15 Unter den staatlich angestellten Schreibern waren diese die angesehensten, immerhin aber nur Subalternbeamte. Männer der Geburtsund Geldaristokratie würden ein solches Amt weit von sich abgewiesen haben konnte es einen Mann von dem Geistesadel des Horaz auf die Dauer befriedigen?

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16 Etwa 10 km nordöstlich von dem 25 km von Rom entfernten Tibur, in der von N. nach S. streichenden reducta vallis (I 17, 17) des in

et paulum silvae super his foret. auctius atque

di melius fecere. bene est. nil amplius oro,

Maia nate, nisi ut propria haec mihi munera faxis.17

Daher bekennt er sich auch II 18, 14 satis beatus unicis Sabinis und fragt III 1 am Schlufs spöttisch den vielgeplagten Reichen:

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quid valle permutem Sabina
divitias operosiores?

Auf seinem einzigen Sabinum" nahm nun der Dichter je länger je lieber seinen Aufenthalt, wenn er der Musen, die nicht den Lärm der Stadt, sondern die begeisternde Quelle im stillen Haine lieben, Gesellschaft suchte; namentlich aber seitdem er das unabweisliche Bedürfnis empfand, in sich zu gehen und allen Ernstes an seiner eigenen Besserung zu arbeiten, bannte ihn die Einsamkeit des ,,mihi me reddentis agelli (epist. I 14, 1) oft viel länger, als Mäcenas, dem er durch seine ebenso geistreiche wie liebenswürdige und launig-heitere Unterhaltung nachgerade zum unentbehrlichen Gesellschafter geworden war, es wünschen konnte.

III. Des Dichters Werke.

Überliefert sind sie uns in dieser Reihenfolge: 2 Bücher Satiren, 4 Bücher Carmina oder Oden 18 (38 +20 + 30 + 15 = 103 Stücke), das Carmen Saeculare, 1 Buch Epoden (17 Stücke) und 2 Bücher Episteln, deren letztes Stück (epist. II 3) als Ars Poetica citiert zu werden pflegt. Die Untersuchungen aber über die Zeit der Abfassung und Herausgabe haben folgendes (freilich nicht in allen Punkten unumstöfsliche) Ergebnis gehabt:

Titel.

Satirar. 1. I.
II.

Zeit der Abfassung. Lebensalter d. Dichters.

Die zweite Zahl bezeichnet zugleich das Jahr der Herausgabe.

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den Anio mündenden Digentiabaches. - Die Nachricht, das H. in unmittelbarer Nähe Tiburs eine zweite Besitzung gehabt, läfst sich nicht zu unzweifelhafter Gewissheit erheben.

17 Als Walther v. d. Vogelweide von Friedrich II mit einem kleinen Lehen beschenkt war, da jubelte er: Ich hân mîn lêhen, all die werlt, ich hân mîn lêhen! u. s. w.

18 Das griech. dn scheint nach seiner Etymologie ein Gedicht zu bezeichnen, welches gesungen wurde. In den Schulen der römischen Grammatiker aber ward das Wort immer mehr die allgemeine Bezeichnung für ein lyrisches Gedicht überhaupt und verdrängte allmählich die

Horaz hat also mit der Satiren- und Epodendichtung begonnen, hat sich darauf der Odendichtung (Carm. I-III) zugewandt und ist schliefslich zu einer den Satiren näher verwandten Gattung zurückgekehrt. Das zwischen den beiden, Büchern der Episteln liegende C. S., sowie Carm. IV verdanken ihr Dasein nicht dem ureignen Drange des Dichters, sondern einem Auftrage bez. Wunsche des Kaisers Augustus. Dafs übrigens auch die „Oden“ nach Zweck, Stoffen und Behandlung von den Satiren gar nicht soweit abstehen, wie es nach dem hochtönenden Namen, der im modernen Sinne genommen nur auf verhältnismäfsig wenige von den Horazischen Liedern pafst, scheinen könnte, dass vielmehr Horazens Dichterpersönlichkeit hier wie dort dieselbe ist, wird sich durch die folgende Darlegung und mehr noch durch die Einzelerklärung herausstellen.

IV. Die Oden.

1. Gedankenstoff.

Hinsichtlich des Inhalts redet man von religiösen, politischen (religiös-politischen), moralphilosophischen, sympotischen (Wein-), erotischen (Liebes-) und Freundschaftsoden. Doch wollen sich bei weitem nicht alle Gedichte dieser Einteilung fügen, so dafs sie als rein religiöse u. s. w. bezeichnet werden könnten.

a) Die religiösen Oden. Die Religion war in Rom stets so sehr Staatssache gewesen, dafs ein echter Römer schon aus Vaterlandsliebe derselben nicht entbehren konnte. In der That wurzelte ja auch alle Mannestüchtigkeit, der die Tiberstadt ihre Gröfse verdankte, zu nicht geringem Teil in dem religiösen Ernste, der das ganze private und öffentliche Leben Roms umspannte. Mit der einreifsenden Üppigkeit und Sittenlosigkeit aber geriet die Religion bedenklich ins Wanken, so dass dem Patrioten angst und bange werden mufste: man leugnete entweder die Existenz der Götter oder doch ihr Eingreifen in den Lauf der Dinge. Diesem Unglauben gegenüber bekundet sich Horaz in den Oden als Anhänger derjenigen philosophi et ii quidem magni atque nobiles, qui deorum mente atque ratione omnem mundum administrari et regi censeant, neque vero id solum, sed etiam ab isdem hominum vitae consuli et provideri; nam et fruges et reliqua, quae terra pariat, et tempestates ac temporum varietates caelique mutationes, quibus omnia, quae terra gignat, maturata pubescant, a dis immortalibus tribui generi humano putant (Cic. n. d. I 2). Darum singt er nicht nur einige Lieder zum Lobe verschiedener Gottheiten, sondern ermahnt auch seine Zeitgenossen, zum Glauben und zur praktischen Religiösität zurückzukehren. Bemerkenswert ist, dafs in seinen religiösen Bekenntnissen ein monotheistischer Zug deutlich alten Namen μέλος, εἶδος u. s. w. Die echtlat. Benennung für Lied ist carmen, welche erst in der Sprache der Grammatiker hinter dem griech. Ausdrucke ode zurücktrat. Für Horazens „Oden (und Epoden)" haben die Handschriften meist den Gesamttitel carmina.

hervortritt. Denn dafs Juppiter der höchste Gott Himmels und der Erde ist, welcher der Menschen und Götter Geschicke, welcher Meer und Land und Welten lenkt zu jeder Zeit, der König der Könige, der „Vater" schlechthin, dem nichts ähnlich oder vergleichbar ist, auch nicht Pallas und Apollo noch sonst einer der Götter; der seine furchtbare Macht offenbart hat im Kampfe gegen Titanen und Gigantenbrut und sie noch täglich offenbart im Gewittersturm und im Walten seiner Tochter Fortuna, vor welcher alles, reich und arm, hoch und niedrig zittert und zagt: alles das wird der ungläubigen Welt mit scharfer Betonung wieder und wieder eingeprägt. In der Regel aber sind solche Betrachtungen in Lieder politischen oder moralphilosophischen Inhalts verwebt, denen sie zur Unterlage und Stütze dienen.

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b) Die politischen Lieder preisen den Augustus als den vom Himmel herabgestiegenen Retter des römischen Reiches, der den Greueln der Bruderkriege ein Ende gesetzt, eine Zeit der Ruhe und des äufsern Glückes heraufgeführt, eine moralische Verjüngung des Volkes angestrebt und was freilich eine starke Übertreibung ist auch erreicht habe; der es daher verdiene wie ein Gott verehrt zu werden und nach dem Bilde des Himmelsmonarchen Juppiter allein den weiten Erdkreis zu regieren. So stellte Horaz seine Muse in den Dienst des Kaisers und seiner vom Dichter mit Freuden begrüfsten und doch gewifs auch gut gemeinten Sittenreform. Oft aber wurde er auch aufgefordert, die Ruhmesthaten des Augustus in einem gröfseren, epischen Gedichte zu schildern; das pflegte er indessen nach seiner Weise halb ernst halb scherzend mit der Entschuldigung abzulehnen, dafs seine Dichterkraft für einen so gewaltigen Stoff zu schwach sei19 und sich auf poetischen Kleinkram, wie convivia und proelia virginum (I 6) beschränken müsse.

c) Eine lange Reihe der Oden enthält Lehren der Lebensweisheit, die aber natürlich weder auf Vollständigkeit noch auf systematische Ordnung Anspruch erheben, sondern nach Mafsgabe des Zeitbedürfnisses ausgewählt sind. Der oberste Gott, den die Zeitgenossen anbeteten, biefs Mammon. Unruhiges, wahnsinniges Haschen nach Geld und Gut, ohne harmlosen, beglückenden Genufs, kennzeichnete Hohe und Niedere; Völlerei, Gaumenlust und sinnliche Ausschweifungen sehen wir in dem Zeitspiegel Unnatur überall! 20 Dem gegenüber predigt der Dichterphilosoph: „In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne; nicht äufsere Güter vermögen dir das wahre Glück, die Ruhe der Seele, die Freiheit und Unabhängigkeit des Geistes, zu verleihen. Drum bändige deine schlimmsten Feinde, die Leidenschaften, vor allem aber den Geist der

19 Vgl. des Dichters Mahnung an die Pisonen A. P. 38: sumite materiam vestris, qui scribitis, aequam Viribus.

20 Lies das meisterhafte Sittengemälde, welches Sallust in der Einl. zu seiner „katilinarischen Verschwörung" entwirft. Manche Züge desselben, zum Teil sogar in derselben sprachlichen Wendung, wirst du bei Horaz wiederfinden.

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