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niederlegung ihres amtes zu einem handwerk gegriffen. diese umstände waren für den rat und die evangelische geistlichkeit der stadt der anlasz, die sämtlichen parochialschulen zu einer einzigen schule zu vereinigen. als schullocal diente zuerst das schulgebäude der St. Johannisparochialschule, die schule hiesz daher auch die schule zu St. Johann, dann wurde die leerstehende Stephanscapelle auf dem Johanniskirchhofe benutzt. zwei lehrer waren bereit, in ermangelung eines rectors, wegen dessen berufung nunmehr einleitungen getroffen wurden, die interimistische leitung der schule zu übernehmen, es waren dies Gregor Wilke, bis dahin lehrer der St. Johannisparochialschule, und Sebastian Werner. inzwischen waren die unterhandlungen wegen der berufung eines rectors beendet und im mai 1525 trat M. Caspar Cruciger sein neues amt an.

1. M. Caspar Cruciger (1525-1528).*

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Er war der sohn eines geachteten, nicht unbemittelten bürgers Leipzigs, geboren den 1 januar 1504, vorgebildet von dem trefflichen Georg Held aus Forchheim (gewöhnlich Forchhemius genannt), studierte in Leipzig unter Caspar Börner, dem Engländer Richard Crok, der seit 1515 professor der griechischen sprache war, Petrus Mosellanus (d. i. Peter Schade aus Perteg [Proteg] bei Coblenz an der Mosel), wohnte 1519 der disputation zwischen Luther und Eck bei und flüchtete 1521 mit seinen eltern der pest halber nach Wittenberg, wo er am 13 april 1523 unter dem rectorate des dr. Joh. Schwertfeger immatriculiert wurde und unter Melanchthon seine hebräischen und griechischen studien fortsetzte. der letztere schlug ihn in einem schreiben an Spalatin vom december 1524 für die erledigte lection Quintilians an der universität Wittenberg vor. allein zum groszen bedauern Luthers zerschlug sich die sache, da kam der ruf zur übernahme des rectorats der Magdeburger stadtschule; zu anfang des jahres 1525 erhielt er ihn und nach längerem bedenken nahm er ihn an. er sollte 'schulmeister' in Magdeburg werden. nicht schon 1524, sondern erst 1525, wie aus jenem briefe Melanchthons an Spalatin hervorgeht, trat er sein amt an. da die evangelischen kirchenverhältnisse noch keineswegs völlig geordnet waren, vielmehr der erzbischof und das domcapitel immer noch als geistliche aufsichtsbehörde, der auch das schulwesen unterstellt war, angesehen werden musten, so war des neuen rectors stellung noch vielfachen verwickelungen ausgesetzt. dennoch hat er alle ihm entgegentretenden schwierigkeiten glücklich überwunden und durch sein

quellen bei Pressel, Caspar Cruciger. Elberf. 1862.

5 Caspar Creutzinger Liptzen. Merssburg. dioc.' im album acad. Viteb. von Försteman s. 115b.

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corp. ref. 1 694 (nr. 303): "Quintilianus non praelegitur. sunt hic Caspar Cruciger, Franciscus Vinariensis, ex quibus alterutrum delige. accipio et Feldkirchum redire, haud dubie postulaturum idem. ego te quaeso, ut pro tuo iudicio deligas, quem maxime putes utilem scholae.'

N. jahrb. f. phil.u päd. II. abt. 1884. hft. 1.

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energisches wirken den grund zu der nachherigen blüte der stadtschule gelegt. die beiden lehrer Gregor Wilke und Sebastian Werner wirkten mit ihm gemeinschaftlich, ersterer in der eigenschaft eines conrectors, letzterer als tertius. Wilke wurde jedoch 1533 beisitzer des schöffenstuhles in Magdeburg; er vermachte, als er, ohne kinder zu hinterlassen, starb, der Johanniskirche seine bibliothek. Werner wurde pastor an der St. Ulrichskirche und ordinierte als solcher am 25 november 1567 den ersten evangelischen domprediger Sigfried Sack. quartus war der bekannte musiker Martin Agricola (eigentlich Martin Sore oder Schor). geboren 1486, in dürftigen verhältnissen aufgewachsen, begann er seine thätigkeit in Magdeburg bereits 1510, indem er, wie er selbst sagt, 'in schulen fleiszig diente und sich mit bettelei stets behalf'. seit 1524 an der Magdeburger schule als cantor thätig, hat er sich durch herausgabe seiner 'musica instrumentalis' (zuerst 1529, dann 1532 und 1545), des ersten schulbuches zur anweisung in der musik, dem 1543 ein zweites: 'quaestiones vulgatiores in musicam, pro Magdeburgensis scholae pueris digestae per Martinum Agricolam' folgte, einen geachteten namen in der musikalischen litteratur erworben. noch 1602 gedenkt einer seiner nachfolger, der cantor Friedrich Weissensee in der vorrede zu seinem 'opus melicum', einer sammlung mehrstimmiger gesänge, mit groszer anerkennung seiner verdienste. aber so sehr er auch von seinen zeitgenossen und nachfolgern geehrt wurde, so hat er doch immer bei geringer besoldung mit drückenden nahrungssorgen zu kämpfen gehabt. nach 20jähriger amtsführung im jahre 1545 schreibt der nunmehr schon alternde meister der tonkunst in dem an seine schüler gerichteten beschlusz' der letzten ausgabe seines oben genannten werkes: 'jhr wollet bey ewren Eltern vnd andern die es zu thun haben, anhalten, das mir mein Stipendium etzlicher massen gebessert möcht werden, denn es steht ja geschrieben, Ein tagelöner ist seines lohns werd, Item, Wer dem Altar dienet, soll auch davon leben, Weiter, dem dreschenden Ochsen sol man das maul nicht verstopffen' usw. er befand sich damals im hause des bürgermeisters Heinrich Alemann, von dem ihm viel gutes widerfahren war. Gabriel Rollenhagen nennt ihn einen 'musicus excellentissimus, qui horologium illud musicum in foro piscario ad curiam conspicuum ingeniosissime concinnavit et praeclara multa de musica instrumentali et vocali scripta reliquit'. danach war er auch der erbauer einer mit einem glockenspiel versehenen uhr, welche auf dem fischmarkt in der nähe des rathauses aufgestellt war. Agricola hat in seinem amte treu bis zu seinem lebensende (er starb am 10 juni 1556) ausgehalten. gerühmt wird er besonders als bearbeiter der singeweise des Lutherschen psalmliedes 'ach gott vom himmel, sieh darein.''

7 ein anderes musikalisches schulbuch Agricolas "Deutsche Musica vnd Gesangbüchlein der Sontags Evangelien, artig zu singen, für die Schulkinder, kneblein und megdlein, Etwa in Deutsche reim verfasset,

Es scheint, als habe Melanchthon der einführung Crucigers, die anfangs mai 1525 stattfand, beigewohnt. am 19 mai 1525 schreibt er an Camerarius, er befinde sich seit länger als einem monat auf reisen. mitte april war er mit Luther und Johann Agricola in Eisleben gewesen, um den letztern den grafen von Mansfeld als den rector der neu errichteten schule in Eisleben vorzustellen; dann kehrte er nach Wittenberg zurück und reiste mit Cruciger nach Magdeburg ('plus mensem iam passim erronum more vagor. ex Islebia cum domum redissem, mox cum Caspare Crucigero Magdeburgam, inde Torgam ventum est'). am 18 mai kehrte er nach Wittenberg zurück. bald darauf schrieb er an Cruciger einen brief, der die innige freundschaft der beiden männer bekundet. es heiszt darin: 'cum te, mi Caspar, familiarissime sum usus ex eo omni tempore, quo primum hic tecum in notitiam veni, non possum non absenti quoque tibi meam voluntatem officiaque declarare. nam praeterquam quod hic tantus mihi tecum usus fuit, quantus cum homine amicissimo esse debet, etiam proxime cum Magdeburgi fui, ea humanitate, benevolentia liberalitateque me es complexus, ut salvo officio neutiquam intermittere queam, quin et magnas tibi gratias agam et meum animum amoremque vicissim tibi testatum faciam." es bleibt nur auffallend, dasz Melanchthon nichts von der einführungsfeier Crucigers erwähnt.

Mit groszem eifer erfüllte Cruciger die aufgaben seines amtes, und in kurzem nahm die zahl der schüler so zu, dasz der hörsaal der Stephanscapelle nicht mehr ausreichte und die umfangreicheren räume des Augustinerklosters benutzt werden musten. 10 als Cruciger 1527 einer neuen lehrkraft bedurfte, wandte er sich an Melanchthon. dieser empfahl ihm (17 juni 1527) den grammaticus Vitebergensis, der einige übung im unterrichten besitze und die beschwerden des unterrichts in den anfangsgründen gern übernehmen würde; er könne auch singen, aber in der versification sei er nicht bewandert. dabei erteilte der kundige Melanchthon dem jungen rector den rat, gerade die kunst der lateinischen versification bei seinen schülern mit besonderem fleisze zu treiben, da nichts so sehr im stande sei

durch Martinum Agricolam' gab Wolffgang Figulus 1563 heraus (gedruckt zu Nürnberg durch Johann vom Berg vnd Ulrich Newber). in der vorrede 'gegeben ausz der Sechsischen Churfürstlichen Schule zu Meyssen, den 24. September 1559' sagt Figulus, er habe dieses buch, welches mein günstiger HErr vnd guter Freund, Martin Agricola seliger gedechtnisz, ein berümbter Musicus, für die Schulkinder der Stat Magde burg gemacht', nach vermögen gebessert und zu offenem druck gelangen lassen. Wackernagel bibliographie des deutschen kirchenliedes s. 326 (nr. 847). über Martin Agricola verfaszte der rector des altstädtischen gymnasiums in Magdeburg, E. C. Reichard, ein programm: nachricht von dem alten geschickten tonkünstler Martin Agricola. Magdeb. 1758. 4. 8 corp. ref. I 743 (nr. 335).

9 ebd. I 744 (nr. 336).

10 cessionsurkunde des convents des Augustinerklosters an den rat za Magdeburg vom 6 november 1525.

die selbstthätigkeit der schüler zu wecken; zugleich empfiehlt er die classeneinteilung, damit grammatik und rhetorik der reihe nach ordentlich gelehrt werden." neben seinem schulamte verwaltete Cruciger noch eine predigerstelle, indem er fast jeden sonntag zweimal predigte. dabei erteilte er verschiedenen geistlichen und bürgern, die von seinem bedeutenden wissen vorteil ziehen wollten, sonntags abends und mittwochs früh in der Stephanscapelle unterricht in der hebräischen sprache, wobei er die grammatik des seit 1522 als lehrer der hebräischen sprache in Wittenberg wirkenden Matthaeus Aurogallus zu grunde legte, und las mit ihnen den hebräischen psalter. einer seiner schüler war der nachherige magdeburgische syndicus dr. Franziscus Pfeil, dem es besondere freude machte, die schöne schrift Crucigers nachzuahmen, und der die von diesem zur griechischen schrift besonders zugerichteten schreibfedern wie einen kostbaren schatz bis in sein spätes alter aufbewahrte. 12 gerühmt wird Cruciger auch wegen seiner physicalischen und mathematisch-astronomischen kenntnisse (laudes Crucigeri in corp. ref. VII 223).

Cruciger stand der Magdeburger stadtschule nur drei jahre vor; am 13 april 1528 kehrte er auf Luthers anlasz nach Wittenberg zurück, wo er als prediger an der schloszkirche und universitätslehrer bis zu seinem tode wirkte. bereits am 16 november 1548 starb er.

Seine stelle an der stadtschule zu Magdeburg blieb ein jahr lang unbesetzt, da man einen wünschenswerten ersatz nicht fand. erst 1529 trat Crucigers nachfolger sein amt an.

2. M. Georg Major (1529-1536).

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Derselbe war am 25 april 1502 zu Nürnberg geboren. er machte seine studien in Wittenberg, wo er als Georgius Meyer de Nurnberga inscribiert wurde. am 31 märz 1522 wurde er zum baccalaureus in der philosophischen facultät promoviert und war seit 1528 docent der philosophie. zu anfang des jahres 1527 liesz er Spalatin durch Melanchthon, der ihn 'adolescens, ut scis, probus ac studiosus' nennt, bitten, die klosterbibliotheken Altenburgs wegen der darin befindlichen juristischen bücher anzusehen, damit er sie zu seinen studien benutzen könne. 14 auf Luthers empfehlung wurde

11 corp. ref. I 870 (nr. 446): .. non alio genere scribendi magis acuuntur puerorum ingenia quam faciendis verbis primum autem in schola videndum est nobis, si frequentior paulo fuerit, ut in classes distribuantur pueri, deinde ut grammatica et rhetorica ordine tradantur et diligenter inculcentur rudi aetati.' der brief enthält auszerdem folgenden noch heute geltenden wichtigen satz: nam si quid in pueris instituendis cessatum fuerit, redit ad universam rempublicam damnum, propterea quod tales cives habent urbes, quales a nobis finguntur.' 12 Gabr. Rollenhagii oratio valedictoria 1602 bl. J 2Þ.

13 album acad. Viteb. s. 40 zum wintersemester 1511/12. nach Adami vitae theolog. s. 223 wurde er am hofe des kurfürsten als capellknabe (inter adolescentes symphoniacos) erzogen.

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corp. ref. I 855 (nr. 430).

er an die Magdeburger stadtschule berufen. warum sich sein ein. tritt in das neue amt so sehr verzögerte, ist nicht bekannt. jedenfalls trat er dasselbe erst zu ostern 1529 an. da sich in folge der zunehmenden frequenz auch die räume des Augustinerklosters als unzureichend erwiesen, so beschlosz das scholarchat auf Majors veranlassung die verlegung der schule in das Barfüszer- oder Franziskanerkloster und ordnete einen zweckentsprechenden umbau an. die feierliche einweihuug des neuen schulgebäudes fand am 29 september 1529 statt. 15 derselben wohnten die mitglieder des scholarchates, nemlich der bürgermeister Ulrich v. Emden, der syndicus dr. Leonhard Merz, der superintendent Nicolaus v. Amsdorf und der stadtphysicus dr. Georg Köppen, bei. diese herren waren in folgendem in der dritten classe damals ausstehenden epigramm gefeiert:

Quae fuerat quondam monachorum haec impia sedes,
commodius pueris est patefacta domus.

consulis hoc, Leonharde: Amsdorfius urget et instat,
tu iuris, verbi doctor at ille Dei,

et Copus ex omni doctrinae parte beatus,

praeter quod medica nobilis arte valet.
Huldricus socium se adiunxit consul, ut esset,
qui imperio pueris consuluisse queat.

res bene successit, concurritur undique foetum,
crescentis ludi vix feret ampla ratis.

hoc petimus: nunc Christe velis servare patronos,
discendi hinc pueris copia maior erit.

Die am ende des epigramms ausgesprochene hoffnung erfüllte sich nur zu bald, denn die frequenz der schule hob sich in kurzem so sehr, dasz Luther sie drei jahre später (in einem briefe an Bucer und Bonifatius Wolfhart vom 29 februar 1532) eine blüte und krone aller schulen nennen konnte, in welcher 600 schüler aufs beste unterrichtet würden. später (1543) nannte er sie 'unseres herrgotts jugendbrunn im Sachsenlande'. auch Melanchthon war von ihrem werte überzeugt, er nannte sie 'nobile ornamentum ecclesiae Saxonicae'. "

Die lehrer, welche der feierlichen einweihung des neuen schulgebäudes beiwohnten, waren auszer dem rector Gregor Wilke, Otto Poeta, der spätere pastor an St. Jacobi, Sebastian Werner, Martin

15 so gieng die prophezeiung des frommen mönches Johannes Hilten in Eisenach in erfüllung, der 1485 an den guardian des Franziskanerklosters in Magdeburg geschrieben hatte: das weimarsche Franziskanerkloster wird ein zeughaus (armamentarium), das wittenbergische ein provianthaus (granarium), das magdeburgische eine schule (schola iuventutis) werden. Hübner histor. fragen 8, 582. zeitschr. f. kirchengesch. 3, 305.

15 Joh. Baumgart, 'comödie vom gericht Salomonis' (1561), bemerkt in der vorrede, dasz Luther und Melanchthon ihm gegenüber, als er 1543 im auftrage des rats der stadt nach Wittenberg gereist war, um sich mit ihnen über die besetzung der vacanten rectorstelle zu besprechen, in jenen worten sich über die Magdeburger stadtschule geäuszert hätten.

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