Ein reifes Mädchen lernt der geilften Griechen Tänze, Der Stellung Wissenschaft, der Glieder Fer tigkeit, Und finnt, voll Ungeduld, in ihrem erften Lenze, Schon auf ein Meifterftück der frühen Lüfternheit. Sie freit und wagt beym Schmaus vom Sucht jüngre Buhler auf, mit denen fie ent fchleicht, Und ihnen, schnell und frech und ohne langes Wählen, Wann fich das Licht entfernt, verbotne Küffe reicht. Doch nein! Sie heifft den Mann, der Schande Hehler, trinken, Steht auf und fchmieget fich an eines Fremden Brüft; Es mag ein Mäckler ihr, es mag ein Schiffherr winken, Als die Meiftbietenden für manche fchnöde Luft. Roms tapfre Jugend ift von folchen nicht entsprungen; Nie färbt' ein Meer durch fie der Pöner Blut und Fall. Durch Söhne beffrer Art ward Pyrrhus Heer bezwungen, Der Held Antiochus, der grimme Hannibal. Durch rüftig Bauern volk, durch manchen Held im Kittel, Der, durch den Feldbau stark, gehärtet durch den Pflug, Nach fcharfer Mütter Sinn, noch emfig Scheit und Knüttel Zum Schlufs der Arbeit hieb und in die Hütte trug: Bis, wann die Sonne nun den Wagen tiefer lenkte Und an den Bergen fich der spätfte Schatten wies, Die füffe Stunde kam, die ihm die Ruhe schenkte Und aus dem fchweren Joch die müden Rinder liefs. Was mindert nicht die Zeit? Verarten wir nicht immer? Die Römer find nicht mehr, was fie gewefen find: Die Ahnen waren arg, die Väter wurden schlimmer, · Und ärger, als wir felbft, wird Kind und Kindeskind. TELEPHUS, NACH DER NEUNZEHNTEN ODE DES HORAZ IM DRITTEN BUCHE *). Du bift gelehrt, mein Telephus! Du weifft und du erzehlft, wie manches Jahr verftrichen Vom faft vergessnen Inachus Bis auf des Codrus Zeit, der, nach des Beherzt fürs Vaterland verblichen : Von ihm nennt niemand uns geschwinder Um Trojens Götterfitz, um den Scamanderflufs O hochgelehrter Telephus! Hingegen haft du mir die Preise Der Chierweine nie gemeldt, Auch nie den Ort der nächften Schmäufe; Nicht, wo, noch wann man mir ein warmes Bad beftellt, Wenn ein Pelignerfroft die Glieder überfällt. Gieb, Schenke, gieb vom Saft der Reben! Dem Neumond und der Mitternacht Sey diefer Weihtrunk ausgebracht. Gieb noch den dritten Kelch: Es foll Muräna lieben, Den fein Verdienft zum Augur macht! Aus jenen Bechern wählt, die euch die beften dünken. Drey - oder neunmal müsst ihr trinken. Er weifs, es find der Mufen neun. Die Huldgöttinn, zu der fich zum Vergnügen O dafs der Ernft die Flucht erwähle! Sich itzt mit neuem Hauch befele! Auf! auf! dafs Leyer und Schallmey |