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Erster Theil.

Das katholische Eherecht

nach

dem gemeinen katholischen Kirchenrechte.

§. 1.

Begriff und Wesen der Ehe.1)

Es kann in einem Handbuche des katholischen Eherechts nur darauf ankommen, das Wesen der Ehe so aufzufassen und darzustellen, wie solches durch das auf dem Dogma der Kirche basirende Recht aufgefasst ist. Weil letzteres aber mit dem natürlichen Begriffe der Ehe nicht im Widerspruche stehen kann, wird der innere Begriff der Ehe mit dem von der Kirche aufgestellten zusammentreffen. Unchristliche, rationalistische Ansichten verdienen weder erwähnt noch widerlegt zu werden, wo es sich um ein Recht handelt, welches nur auf kirchliche Prinzipien gebaut ist.

Gott selbst schuf die beiden Geschlechter, den Mann und das Weib.") Nur durch deren Vereinigung, durch die Hingabe des schaffenden Stoffes von Seiten des Mannes und dessen Empfängniss von Seiten des Weibes kann sich das Menschengeschlecht fortpflanzen. Zu diesem Ende legte die Schöpfung in jedes Geschlecht einen Trieb, dessen Zweck es ist, ein neues Geschöpf zu zeugen, den Geschlechts- oder Zeugungstrieb. Wenn auf diese Weise die Art, das Geschlecht fortzupflanzen, eine gleiche ist, wie bei dem Thiere, so offenbart sich doch gerade hierin die Erhabenheit des Menschen. Der Mensch vollbringt den Act der Zeugung mit freiem Willen, dem vollen Bewusstsein seiner Bestimmung; er gibt sich zu dem Zwecke einem Wesen des andern Geschlechtes körperlich und geistig hin, ganz und unbedingt, ver

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1) Monographieen: E. v. Moy, von der Ehe und der Stellung der katholischen Kirche in Deutschland rücksichtlich dieses Punctes ihrer Disciplin. Landshut, 1830. Anton Franz Sal. Rost, Religionswissenschaftl. Darstellung der Ehe. Wien 1834. J. H. Pabst, Adam und Christus; zur Theorie der Ehe. Wien, 1835. H. Klee, die Ehe, eine dogmat.-archäolog. Abhandlung. 2. Aufl. Mainz, Joh. Nep. Paul Oischinger, die christliche Ehe. Schaffhausen, 1852. 2) Genes. I. v. 27, 28; II. v. 18-24; Matth. XIX. v. 4, 5.

1835.

Schulte: Eherecht.

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äussert sein Ich, um mit dem Andern eins zu werden. Nur Liebe kann also für den Menschen eine solche Verbindung schaffen. Die Verbindung, als deren Folge die Fortpflanzung der Menschen eintritt, erscheint somit von der Natur dazu gemacht, um die Unvollkommenheit der getrennten Geschlechter aufzuheben; denn sie ist eine so innige, so feste, dass die Persönlichkeit des Einen in der des Andern aufgeht, und aus Beiden gleichsam wird eine neue Person3) Eine solche Verbindung, vor der, nach dem ausdrücklichen Befehle Gottes, selbst das Band zwischen Eltern und Kindern in den Hintergrund tritt, kann aber nur eine dauernde sein, ja eine unauflösliche; sie kann ebenso nur zwischen zwei Personen, einem Manne und einem Weibe bestehen, wie ja der Act der Zeugung selbst auch nur durch Vereinigung Zweier entsteht und entstehen kann. Gleichwie aber die fleischliche Verbindung nur durch die geistige, auf der Liebe beruhende eine höhere Weihe empfängt, kann die Befriedigung des Geschlechtstriebes niemals als Zweck), nur als Mittel zu einem höheren Zwecke, und daher auch nicht als das Wesentliche dieser Verbindung erscheinen; und auch nur die Zeugung der Kinder, nicht die Befriedigung des Geschlechtstriebes, stellt sich in der Idee als ein wesentliches Moment der Ehe dar; denn derentwegen ist dieselbe eingesetzt. Eine Ehe, bei welcher dieser Zweck nicht beabsichtigt wird oder nicht möglich ist, kann darum gleichwohl jene innige Vereinigung darstellen, aber nur dann, wenn die leibliche Gemeinschaft der höheren geistigen, der gegenseitigen Veredlung aufgeopfert wird.3)

Die Ehe) ist also die Verbindung eines Mannes und eines Weibes zum Zwecke der körperlichen und geistigen Vereinigung, der un

3) ,,Quamobrem relinquet homo suae et erunt duo in carne una." Ephes. V. 31; I. Corinth. VI. 16.

patrem suum et matrem, et adhaerebit uxori Genes. II. 24; Matth. XIX. 5; Marc. X. 7;

4) Wenn in dem Anm. 7 citirten Aufsatze der Bonner Zeitschrift, S. 7, gesagt wird: im blossen Naturzustande (?) oder dem Zustande der natürlichen Unschuld sei diese Befriedigung Selbstzweck, und der Zweck der Zeugung werde nur aus der Erfahrung abstrahirt, so widerstrebt das eben so sehr der Vernunft, als der Religion. Genes. I. 28 und III. 16.

5) Desshalb ist die Ehe der h. Jungfrau mit Joseph nicht nur eine wirkliche Ehe, sondern das Ideal einer rein sittlichen.

6) Ehe, matrimonium, nuptiae, conjugium. Matr. von mater und munium. Cf. c. 2 x de convers. infid. (III. 33). Ambros. L. I. de Abraham, cf. c. 8, C. XXX. Qu. 5, wo er nuptiae von obnubere ableitet, weil sie das Haupt verhüllten. Conjugium von commune jugium. Siehe noch c. 13 C. XXXII. Qu. 2 (Ambros.) Heineccius. Institut. L. I. Tit. 10.

getheilten, ausschliesslichen und völligen Gemeinschaftlichkeit der beiderseitigen Individualitäten. Weil dieser Begriff ein aus dem innern Wesen derselben hervorgehender ist, kann auch das Recht keinen andern aufstellen. Desshalb sagt das römische Recht:

„Nuptiae sunt conjunctio maris et feminae, consortium omnis vitae, divini et humani juris communicatio," und: „Nuptiae autem sive matrimonium est viri et mulieris conjunctio, individuam vitae consuetudinem continens."")

Es ist die Ehe somit ein moralisches Institut, und hat als solches einen bestimmten, abgeschlossenen Inhalt, den zu verändern ausserhalb der Sphäre des Individuums liegt; wesshalb es deren innerstem Wesen widerstrebt, sie für ein rein rechtliches, namentlich ein blosses Vertragsverhältniss zu erklären.) Zu dieser Anerkennung sind auch unwillkürlich diejenigen positiven Gesetze gezwungen, welche die Ehe in die Reihe der Verträge stellen.)

7) L. I. D. de R. N. (XXIII. 2), §. 1 J. de patr. potest. (I. 9.) cf. 1. 3 §. 1. D. de don. int. V. et U. (XXIV. 1), welche das Wesen in die affectio maritalis setzt. Die Ehe ist also nach römisch. Rechte eine res, ein factum, welches Rechte erzeugt, nicht ein Vertrag. S. Zimmern, röm. Privatr. Bd. I. S. 55; Hasse, Güterrecht, S. 1, 23; Puchta, Pandecten, §. 411, S. 560 (4. Aufl.).

8) „Ob und in wiefern die Ehe ein Vertrag sei," in der Zeitschrift (Bonner) für Philos. u. kath. Theologie, Jahrg. 1843, H. I., S. 1–19. Es wird hier zu zeigen gesucht, dass die Ehe selbst kein Vertrag sei, aber ohne einen solchen nicht zu Stande komme, dieser also der Modus sei, wodurch die gegenseitige Liebe erklärt werde. Cf. Richter, Kirchenrecht, 4. Aufl., §. 248.

9) Desshalb definirt der Code civil die Ehe nicht.

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Das innere Wesen der Ehe haben im Ganzen auch die neuern Philosophen, mit Ausnahme von Kant, dessen Definition widerlich ist, richtig hervorgehoben. So sagt Fichte in den Grundlagen des Naturr. II. 174: „Die Ehe ist eine durch den Geschlechtstrieb begründete vollkommene Vereinigung zweier Personen beiderlei Geschlechts, die ihr eigener Zweck ist." Hegel Encyclop. der philos. Wissensch. 3. Aufl. S. 518: „Der Unterschied der natürlichen Geschlechter erscheint eben so zugleich als ein Unterschied der intellectuellen und sittlichen Bestimmung. Diese Persönlichkeiten verbinden sich nach ihrer ausschliessenden Einzelnheit zu Einer Person; die subjective Innigkeit zu substanzieller Einheit bestimmt, macht diese Vereinigung zu einem sittlichen Verhältnisse

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zur Ehe. Die substanzielle Innigkeit macht die Ehe zu einem ungetheilten Bande der Personen, zu monogamischer Ehe; die körperliche Vereinigung ist Folge des sittlich geknüpften Bandes. Die fernere Folge ist die Gemeinsamkeit der persönlichen und particulären Interessen.“ Hierauf beruhet die Erklärung von v. Moy, a. a. O. S. 7 ff., und auch auf ähnlichen Gedanken die von Klee a. a. O. Die Meisten, besonders Theologen und Kanonisten, beschränken sich auf eine einfache Wiederholung der Definition des römischen oder kanonischen Rechts. Siehe von Naturrechtslehrern: v. Droste-Hülshoff Naturr., 2. Aufl., S. 199, u. F. J. Stahl,

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