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durch vielfache Particularsynoden52) und die Praxis aufgekommenen Grundsätze haben ihre Rechtfertigung in dem Zwecke des Aufgebotes.

Schliesslich ist wohl kaum zu bemerken, dass für das kirchliche Forum die vielfach unsere Materie abändernden Civilgesetze nicht in Betracht kommen, und an dem kirchlichen Rechte nichts geändert wird, wenn das bürgerliche dem Verlöbniss die Klagbarkeit überhaupt oder unter Modificationen entzogen hat, und dass somit jeder Pfarrer verbunden ist, auch wo dergleichen Civilgesetze bestehen, auf einen Einspruch Rücksicht zu nehmen, und sich überhaupt lediglich an die Bestimmungen des Kirchenrechtes zu halten.

§. 34.

8. Impedimentum raptus. Ehehinderniss der Entführung. 1)

Die Ehe ist und soll sein eine durch Liebe geschlossene Verbindung der Herzen, welcher die Religion den Stempel des Sacramentes, somit einer heiligen Verbindung aufgedrückt hat. Für den Staat ist sie gleichfalls das wichtigste und ehrwürdigste Institut, weil Grundbasis seines Bestandes. Unmöglich können Ehen für ihrem Zwecke gemässe Verbindungen angesehen werden, deren Zustandekunft nur durch ein Verbrechen ermöglicht ist. Wenn schon an sich kein Recht die durch ein Verbrechen bezweckte und äusserlich erreichte Handlung in ihren für den Verbrecher wohlthätigen Folgen anerkennen kann, so ist das um so weniger statthaft bei der Ehe, bei welcher auch nicht der geringste Bruch der sittlichen und rechtlichen Ordnung stattfinden darf und soll, damit immerfort durch unverdorbene Zeugung die Menschheit sich regenerire. Solche Principien liegen dem Ehehindernisse der Verwandtschaft und andern zu Grunde, und in noch höherem Grade beruhen darauf die beiden, deren Darstellung uns noch obliegt. Die Ehe muss werden durch die freie Uebereinkunft, und zwar so, dass nicht bloss der innere Wille frei sei, sondern sich auch frei äussern könne.

52) Z. B. Syn. Prov. Pragens. a. 1355. Das Conc. Prov. Magdeb. zwischen 1383. und 1403. lässt einen Zeugen, der innerhalb des terminus competens das Hinderniss nicht anzeigt, nur dann zu, wenn durch dessen Zeugniss die Ehe würde getrennt oder als nullum behandelt werden müssen. S. noch Prov. Mogunt. 1549. c. 38. (Harzh. VI. p. 563.)

1) Examen jur. can .. in causa raptus. Arnh. 1753. München Ueber Entführung als Ehehinderniss. Zeitschr. für Philos. und kath. Theol. (Bonner) Jahrg. 1841, H. 1. — 4.

Hierzu ist nothwendig, dass beide Contrahenten unbehindert durch Zwang in ihrem gewöhnlichen Lebenskreise oder doch unter dem unmittelbaren Schutze der Gesetze sich erklären können. Wenn nun aber Zwang und Furcht den Consens aufheben, so dass keine Ehe wird, so muss unbedingt als Forderung des Rechtes und der öffentlichen Ordnung die Nichtigkeit einer Ehe statuirt werden, welche nur durch den im Raube, in der gewaltsamen Entführung eines Weibes liegenden Zwang ermöglicht wurde. Denn mag auch der Consens des Weibes frei hinzutreten, nachdem die That geschehen, so kann das nicht anerkannt werden, weil demselben meistens nichts Anderes übrig bleiben wird. Aber gerade hierin, und in dem öffentlichen Interesse liegt offenbar ein triftiger Grund, das vorliegende Ehehinderniss als ein eignes, nicht als eine species des zufolge vis ac metus eintretenden anzusehen. Aber es kann andrerseits auch nur dann ein eigentlicher Rechtsbruch vorliegen, wenn die That gegen den Willen des Weibes geschehen ist. Denn willigte letztere vorher ein, so kann wohl eine Strafe gerechtfertigt sein, nicht aber der Ausspruch: eine solche Ehe sei nichtig, weil dieser gegen die Freiheit der Ehe verstossen würde. Vorausgesetzt muss aber selbstredend werden, dass die vorherige Einwilligung eine wirkliche, freie war, also nicht eine unter dem Einflusse von Furcht gegebene. Endlich muss, sobald die Rücksicht auf die Ehe überwiegt über den strafrechtlichen, eine Ehe unbedingt zugelassen werden, nachdem der verbrecherische Act mit seinen Folgen aufgehoben ist.

Das impedimentum raptus stellt sich somit vorzugsweise dar als ein Verbrechen gegen die Ehegesetze, und zwar gegen die nothwendige Freiheit der Ehe. Während Uebertretungen anderer Gesetze zwar auch als crimina gelten, kann doch mit Recht dem i. raptus wegen der äussern Form dieser Name vorzugsweise passend beigelegt werden.

In der kirchlichen Gesetzgebung sind mehrfache Schwankungen vorgefallen. Die ältesten Bestimmungen der orientalischen Kirche setzen auf die Entführung theils keine bestimmten Strafen, theils die einfache Trennung von der Kirche, ohne die Ehe selbst aber für ungültig zu erklären. War die Entführte Braut, so wurde sie ihrem Bräutigam wieder zurückgegeben, wenn dieser sie annehmen wollte. Verweigerte dieser sie, oder war sie eine freie Jungfrau oder Wittwe und ihren Eltern zurückgegeben oder sonst auf irgend eine Weise in Freiheit gesetzt, so stand, wenn die Väter einwilligten, nach verbüsster Strafe der Ehe des Entführers mit ihr nichts im

Wege.2) In Folge der Rückwirkung, welche die strengen Gesetze Constantin's3) in Betreff der Entführung auf die kirchliche Gesetzgebung äusserten, und des offenbaren häufigen Vorkommens von Entführungen, belegte die Synode von Chalcedon vom Jahre 451. nicht nur den Entführer, sondern auch dessen Helfer mit dem Anathem.4) Ueber die Ehe zwischen Entführer und Entführten wird nichts bestimmt, nur konnte dieselbe offenbar mit kirchlicher Anerkennung erst nach Lösung des Anathems stattfinden. Justinian stellte die strengen Bestimmungen Constantin's wieder her.") Hiernach war die Ehe absolut verboten, mochte die Entführte vorher oder nachher auch in dieselbe einwilligen, und den Entführer sich zur Ehe erbitten, wenn gleich deren Eltern einwilligten, welche hierfür mit der Strafe der Deportation bedroht werden. Die Kirche hat aber diese Bestimmungen nicht angenommen, sondern bis zum achten Jahrhundert unverändert die der chalcedonensischen Synode festgehalten, weshalb die trullanische Synode von 692. den Kanon des Concils von Chalcedon wörtlich zu wiederholen sich begnügt.®) Die Bestimmungen der chalcedonensischen und trullanischen Synoden wurden durch ihre Aufnahme in die occidentalischen Sainmlungen als Schlüsse ökumenischer Concilien auch im Abendlande geltendes Recht. Nach vielfachen Schwankungen der einzelnen Volksrechte und der fränkischen Gesetze wurde bis zum achten Jahrhundert allgemein hergebracht, dass den Entführer zwar eine Busse traf, die Ehe aber erlaubt war, sobald diejenigen Personen

2) can. apost. 66. can. 11. Conc. Ancyr. (Bruns. 1. p. 10. und 68). Basilius ad Amphilochium c. 22. und 30.

3) L. 1 C. Th. de rapt. virg. et vid. (IX. 24) Tit. eod. de rapt. sanctim. (IX. 25). Cf. 1. un. C. J. de rapt. virg. (IX. 13). Cf. 1. 2. 3. C. Th. (9. 24.) über die Milderungen Grat. Valent. und Valentin.

4) can. 27.

5) 1. 54 C. de episc. et cler. I. 3. 1. un. C. de rapt. virg. (9. 13.) Nov. 134. und 150. S. v. Wächter Abhandlungen aus dem Strafr. Leipzig 1835.

S. 41 sqq.

6) can. 92. Fälschlich leitet Richter §. 253. hieraus eine Bestätigung der Justin. Gesetze Seitens der Kirche ab. Dass ein Widerspruch zwischen kirchlicher und weltlicher Gesetzgebung in diesem Punkte vorlag, beweist die nirgends berücksichtigte Novell. Leon. 35. princ., worin es heisst:,,Neque ut ecclesiasticae legi rebellemus, neque ut civilem simpliciter collidamus, hanc contra virginis raptum sententiam proferimus, sed velut viam quandam rebus humanis conducibilem investigantes, quoniam commiseratione sacrae legis id malum quasi insolescere, civilis vero legis austeritate supprimi cognovimus, propterea in eam sententiam, unde verum statui plus subsidii esset, inclinavimus."

ihre Zustimmung ertheilt hatten, in deren Mundium die Entführte stand.") Gezwungen durch die wilde und zügellose Sitte gingen aber im neunten Jahrhunderte weltliche und kirchliche Gesetze Hand in Hand mit dem absoluten Verbote der Ehe zwischen Entführer und Entführten, ja einzelne verboten dem erstern die Ehe überhaupt.) Es war somit nur das Moment der Entführung als solcher in Betracht gezogen, ohne Rücksicht darauf, ob die Entführte in dieselbe gewilligt hatte oder nicht. Die Betrachtungsweise ist freilich dem Charakter der Zeit vom achten Jahrhundert bis zum zwölften ganz angemessen, musste aber nothwendig mit dem Aufblühen einer eigentlichen Rechtswissenschaft oder wenigstens des Rechtsstudiums dem oben dargelegten allgemeinen Gesichtspunkte Platz machen. Jener Gang der Gesetzgebung war geboten durch das Ueberwiegen des privatrechtlichen Charakters der Legislation, wonach die Verletzung der in dem Mundium begründeten Rechte der Familie von grösserem Einflusse sein musste auf die rechtliche Begrenzung des Institutes als die Rücksicht auf die Freiheit der Ehe und den Bruch der kirchlichen Gesetze. Mit dem Zurücktreten dieses Charakters und dem Entstehen einer wirklich rationellen Legislation mussten aber diese Momente in den Vordergrund treten. So wenig man deshalb in der Folgezeit den Mangel des väterlichen Consenses für ein Ehehinderniss ansah, ebenso wenig konnte hier noch auf ein Recht der Familie gerücksichtigt werden, sondern nur auf den Bruch des Friedens und auf das Wohl der Entführten. Willigte diese frei ein, und stand kein sonstiges Impediment entgegen, waren also die Theile personae ad contrahendum legitimae, so konnte der äussere Act nur Strafe, nicht aber Ungültigkeit der Ehe nach sich ziehen. Nachdem bereits Gratian) die gemilderte Praxis seiner Zeit bekundet, die Ehe zuzulassen, wenn der Vater beistimmte, erfüllte Innocenz 111. nur eine Forderung des zum Selbsbewusstsein gekommenen Rechtes, indem er bestimmte:

"Rapta puella legitime contrahet cum raptore, si prior dissensio transeat postmodum in consensum, et quod ante displicuit tandem incipiat complacere, dummodo ad contrahendum legitimae sint personae“ 1o)

7) c. 2. (Sym. a. 502), 6. (Paris III. a. 557), 5. (Greg. II. a. 721.) C. 36. qu. 2.; c. 8. eod. S. die germanischen Gesetze zusammengestellt bei v. Moy a. a. O. S. 324. sqq.

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10) c. fin. X. de raptor. V. 17. Die Gallikaner deuten das „pers. legit."

Diese Bestimmung ist seitdem von den Particularsynoden wiederholt worden, welche bald mehr bald weniger auf nähere Bestimmungen darüber eingehen. Veranlasst durch das sittenlose Leben der Zeit und die dringenden Aufforderungen besonders des französischen Episcopates und der Gesandten Frankreichs traf das Concil von Trient auch über diesen Punkt eine Bestimmung dahin lautend"):

„Decernit sancta synodus, inter raptorem et raptam, quamdiu ipsa in potestate raptoris manserit, nullum posse consistere matrimonium. Quod si rapta a raptore separata, et in loco tuto et libero constituta illum in virum habere consenserit, eam raptor in uxorem habeat, et nihilominus raptor ipse ac omnes illi consilium, auxilium et favorem praebentes, sint ipso jure excommunicati ac perpetuo infames, omniumque dignitatum incapaces, et, si clerici fuerint, de proprio gradu decidant. Teneatur praeterea raptor mulierem raptam, sive eam uxorem duxerit sive non duxerit, decenter arbitrio judicis dotare.“

Die Entführung bildet somit ein öffentliches trennendes Ehehinderniss zwischen dem Entführer und der Entführten bis zu dem Zeitpunkte, wo die Entführte von dem Entführer getrennt und an einem sichern und freien Orte sich befindet. Willigt sie in dieser Lage frei ein, so steht der Ehe nichts im Wege.12)

Nothwendig ist aber ein wirklicher Raptus. Ein solcher liegt nicht vor, wenn die Wegführung mit freier Einwilligung oder gar auf Vorschlag der Entführten selbst stattfand, mochte diese sich auch zum Scheine geweigert oder wiedersetzt haben. Hierüber kann wohl kein Zweifel sein, wenn man nur einfach betrachtet, dass offenbar das Tridentinum alles Gewicht auf die vor der Entführung mangelnde Einwillignng legt. War diese gegeben, so ist kirchenrechtlich nichts einer Ehe im Wege. Hieran hält auch die Praxis

also interpretirend: Frankreich erklärt les personnes mineures ohne Consens des Vaters etc. für unfähig zur Ehe, für personnes illegitimes; der Pabst erklärt hier: zur Heirath werden gefordert pers. legit.: ergo müssen Minderjährige den Consens ihrer Eltern u. s. w. haben; auf die Minderjährigen, übersehen aber nur den kleinen Umstand, dass 1) der Mangel non aetas legit. zwar auch eine pers. non legit. bildet, aber nicht allein; 2) dass aetas legit. nicht die Minderjährigkeit im Eherecht bedeutet; 3) dass eine einfache petitio principii vorliegt. S. Guy de Rousseaud 1. c. art. Rapt. Sect. I.

11) c. 6. decr. de ref. matr. Sess. XXIV.

12) Nach dem Rechte der Decretalen konnte eine Ehe auch dann zu Stande kommen, wenn die Entführte nach der Entführung in dieselbe willigte, so dass hierin das Tridentinum wirklich eine neue Bestimmung eingeführt hat.

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