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von der Zahlungsunfähigkeit des Matho die Rede ist und man auf keine Weise aus den Worten «Matho deficit» folgern darf, dass Matho mager gewesen sei. So schlägt denn auch Nobbe a. a. O. S. 12. vor, beide Erklärungsarten zu verbinden, und nimmt an, Juvenal habe in der vorliegenden Stelle sowohl auf die Wohlbeleibtheit als auch auf das Dickthun des Matho hindeuten wollen. Indessen lässt sich gegen die Erklärung des Scholiasten eine andre sehr triftige und nahe liegende Einwendung machen, dass nämlich die Frwähnung der Wohlbeleibtheit Matho's an dieser Stelle und auf solche Weise durchaus ohne Witz und Kraft wäre, mithin als ein ganz müssiger Zusatz erscheinen müsste, während man doch gleich auf den ersten Blick sieht, dass die Worte Plena ipso hier nicht ohne Absicht gesagt sein können. Deshalb ist denn auch E. W. Webers Erklärung derselben unstreitig besser, doch hat, glaube ich, der Dichter mit denselben weder die Dicke, noch das Dickthun des Matho, sondern einzig und allein die Enge und Kleinheit der Sänfte selbst bezeichnen wollen; es muss nur dargethan werden, in wiefern ein solcher Zusatz dazu dienen konnte, das zugleich Lachen und Unwillen erregende Bild, welches uns der Dichter hiermit vorführen wollte, noch zu verstärken. Zu den zahllosen Missbräuchen und Verkehrtheiten, an denen das Zeitalter des Juvenal litt, gehörte auch die thörichte Gewohnheit, dass man den Menschen nicht nach seiner Tugend und seinem Verstande, sondern lediglich nach seinen Ahnen und seinem Gelde abschätzte. Schon frühe scheint man in Rom den Geburtsadel höher geachtet zu haben, als den sich durch Tugenden und Grossthaten kundgebenden Adel der Seele; denn schon Sallustius lässt den Marius (bell. Jugurthin. cap. 85.) sehr treffend über diese Verkehrtheit sprechen: wie gewöhnlich aber diese Art der Beurtheilung zu Juvenals Zeiten in Rom gewesen sein muss, sieht man deutlich aus dessen achter Satire, in welcher darüber weitläuftig gehandelt wird. Später als dieses

kam es in Rom auf, den Werth der Menschen nach ihrem Vermögen abzuschätzen, und wie weit man darin zu Juvenals Zeiten ging, kann man aus dessen Sat. I, V. 110 fgg. und noch besser aus Sat. III, V. 126 fgg. lernen. Wer die meisten Ahnen und das meiste Geld aufzuweisen hatte, galt damals für einen Ausbund von Tugend und Verständigkeit. Als Meister in allen Dingen gepriesen, wurde ein solcher nicht nur mit unverdientem Lobe überhäuft, sondern mit dem steigenden Ansehen strömte ihm auch reicher Gewinn von allen Seiten zu. Die nächste Folge davon war, dass nun ein Jeder wenigstens reich scheinen wollte, auch wenn er es nicht war. Der Arme zumal, um nicht alles Ansehen und damit alle Hoffnung auf Gewinn zu verlieren, sah sich genöthigt, es den Reichen in äusserem Prunke nachzuthun. Allein ein solcher Kunstgriff konnte natürlicher Weise nur Wenigen helfen, beiweitem die Meisten geriethen dadurch tief in Schulden hinein und richteten sich nur um so schneller zu Grunde. Mit lebhaften Farben und mit allem Unwillen, den solches Treiben verdient, ist es von Juvenal Sat. VII, 105 fgg. und III, 126 fgg. geschildert worden, und zwar geht aus VII, V. 129. deutlich hervor, dass auch Matho zu der zahlreichen Klasse jener armen Advocaten gehörte, die sich durch glänzendes Auftreten und äusserlichen Prunk, wozu sie die Mittel zusammengeborgt hatten, Kundschaft zu verschaffen suchten und mit einem Bankrott endeten. Dasselbe hatte schon Heinrich II, S. 42 richtig aus Sat. VII, 129 gefolgert, indem er sagt: «Matho ist ein causidicus, der nichts hat, aber äusserlich was vorstellen will, um sich Credit zu machen. Daher nova lectica, wofür die Rechnung vielleicht noch nicht bezahlt war.» Ebenso sagt W. E. Weber S. 247: «so müssen wir die neufertige Sänfte nicht als Zeichen unrühmlich erworbenes Reichthums, sondern als eines der hohlen und lächerlichen Ostentation ansehen, mit welcher Sachwalter, die in Ruf zu kommen suchten, dem

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Pöbel Sand in die Augen streuten.» Aber keiner von beiden hat diesen Gedanken auf die Erklärung der Worte Plena ipso angewendet. Man muss sich nämlich die Sache so vorstellen: Matho hatte sich, um seine Armuth zu verbergen und wohlhabend zu scheinen, eine neue Sänfte machen lassen; diese war aber so klein und eng gerathen, dass sie schon von ihm allein voll war und ihn kaum fassen konnte, während doch die lecticæ, welche geräumiger waren, als die ebenfalls zum Austragen eingerichteten sellæ, sogar zwei Personen fassen konnten. Suet. Ner. 9. Heinr. II, S. 42. W. E. Weber. S. 247. Ein Armer, der den Reichen auf eine Art spielt, dass man gleich beim ersten Blicke gewahr wird, er wolle es diesem nur nachthun, ohne es zu können, erregt allezeit Lachen; aber Unwillen und Mitleid gesellen sich zum Lachen, wenn man als die Ursache solches Thuns eine so grosse Verdorbenheit des Publikums anerkennen muss, wie sich diese als die damaligen Bewohner Roms charakterisirend aus Juvenal nachweisen lässt. Dadurch wird denn unser Matho eine für die Juvenalische Satire so recht geschaffene Person. In der ersten Satire, welche die Vorrede und Einleitung zu allen übrigen bildet, setzt der Dichter die Ursachen, warum er Satiren schreibt, und den Stoff, den er abhandeln will, auseinander; daher finden wir in derselben kurz zusammengedrängt, was nachher in den einzelnen Satiren besonders und weitläuftiger abgehandelt wird, und es ist dem Dichter genug, als Kepräsentanten jener Klasse von Armen, auf welche er später noch öfter zu sprechen kommt, uns hier den Matho in seiner neuen engen Sänfte vorbeitragen zu lassen. Das Sprachliche hindert diese Erklärung nicht. Den Griechen ist es ganz geläufig, aróc statt óvac zu sagen, Matth. A. gr. Gr. II. § 468, 5. Kühner A. Gr. der gr. Spr. § 630 Anm. 3., und dass auch die Römer zuweilen ipse brauchen, wo man solus erwartet, sieht man aus Cic. Harusp. resp. 17: «Hoc quid sit, per se ipsum non facile interpretor: sed ex eo, quod sequitur,

suspicor de tuorum judicum manifesto perjurio dici.»> und Cic. de fin. 1, 19. «Rerum natura cognita non conturbamur ignoratione rerum, e qua ipsa horribiles exsistunt sæpe formidines.» Ramshorns lat. Gr. § 157. 1. e.

SAT. I. V. 81 fgg.

Ex quo Deucalion, nimbis tollentibus æquor,
Navigio montem adscendit sortesque poposcit,
Paulatimque anima caluerunt mollia saxa,
Et maribus nudas ostendit Pyrrha puellas:
Quidquid agunt homines, votum, timor, ira, voluptas,
Gaudia, discursus, nostri est farrago libelli.
Et quando uberior vitiorum copia? quando
Major avaritiæ patuit sinus? alea quando
Hos animos?-

Die in der Jenaer Lit. Zeitung vom Jahre 1822. April. 20. vorgeschlagene Versetzung der Verse, wonach der Abschnitt mit V. 85 beginnen, nach dem am Ende des Verses 87 stehenden quando ein Comma gemacht und dann die vier ersten Verse (V. 81-84) als Parenthese eingeschaltet werden sollen, ist durchaus unstatthaft, wie schon E. W. Weber S. 142. genügend dargethan hat. Ueber die Absicht, in welcher der Dichter V. 84 bemerkt, dass Pyrrha die Mädchen den Männern nackt gezeigt habe, äussert sich Nic. Rigaltius in seiner Dissertatio de satira Juvenalis, die zu Anfange seiner zweiten Ausgabe des Juvenal (Lutetiæ. 1616. 8°.) steht, folgendermassen: «Inter narrandum innuit (Juvenalis), futile esse ac perabsurdum, quod poëtæ fabulantur, exstinctis olim diluvio ceteris animantibus, Deucalionem et Pyrrham conjuges, ob morum sanctitatem, servatos tanquam exempla reparandæ posteritati, aitque nec Pyrrham quidem ulla fuisse castimonia commendabilem, sed potius magam et lenam, quæ

projectis post terga sua saxis nudas puellas ediderit, quas maribus conciliaret.» Ruperti billigte diese Bemerkung in seiner ersten Ausgabe des Juvenal, nachdem aber Heinecke (Animadverss. in Juvenal, satiras. Halis Saxon. 1804. 8°. S. 55) darauf aufmerksam gemacht hatte, dass ein solcher Ausfall auf die gute alte Zeit ganz ungereimt wäre, scheint Ruperti in seiner zweiten Ausgabe der Ansicht Heinecke's beigepflichtet zu haben. Und mit Recht. Denn es stand nicht nur nicht in der Macht der Pyrrha, gleich völlig bekleidete Mädchen zu erschaffen, sondern Pyrrha wusste, wie uns Ovid Metam. 1, 384— 397. erzählt, nicht einmal, ob sie den Befehl der Themis richtig verstanden habe und ob die rückwärts geworfenen Steine irgend einen Erfolg haben würden, mithin konnte Juvenal dieselbe schon deshalb nicht wohl als eine maga und lena hinstellen. Nach der Erzählung des Ovid (Metam. 1, 348-415) erfüllten nämlich Pyrrha und Deucalion nur das Geheiss der Themis, welche von jenen um Rath gefragt, auf welche Weise an Stelle des in den Fluthen untergegangenen Menschengeschlechts ein neues hervorgebracht werden könnte, ihnen den dunklen Befehl ertheilt hatte, dass sie mit verhülltem Haupte und losgegürteten Kleidern die Gebeine ihrer grossen Mutter hinter sich werfen sollten. Und Juvenal scheint hier ganz der Erzählung Ovids gefolgt zu sein, wie man daraus wohl abnehmen kann, dass die von ihm V. 81-83 gebrauchten Ausdrücke grösseren auf einander folgenden Stellen in Ovids Erzählung ganz genau entsprechen. Man vergleiche nimbis tollentibus aequor mit Ov. Met. 1, 260-315, navigio montem adscendit mit Ov. Met. 1, 316–321, sortesque poposcit mit Ov. Met. 1, 367-383 und V. 83 bei Juvenal mit Ov. Met. 1, 400-413. Nur die Schlussbemerkung Juvenals V. 84 ist eine ganz andre, als die bei Ovid Met. 1, 414 fgg. Denn während der letztere daher, dass die Fabel das neue Menschengeschlecht aus Steinen entstehen lässt, die Härte und Arbeitsnoth der Menschen herleitet, sagt

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