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diese Richter die Zollpächter verurtheilten, so trieb er die Busse und den Ersatz an die Geschädigten unnachsichtlich ein. Ja er liess sogar die verurtheilten Zollpächter, welche sich so übermüthig und nichtswürdig aufgeführt hatten, von ihren Gegnern (wohl ähnlich der legis actio per manus iniectionem) abführen und in Gefangenschaft setzen. Er war aber auch sonst streng und scheute sich nicht, die Todesstrafe da, wo sie angedroht war, auch zu verhängen. So verurtheilte er einen Sclaven einer Zollpächtergesellschaft, welcher vielleicht der erste der Aufseher war, zum Tode, und liess ihn, als dieser schon mit seinen Herren die Freilassung um eine bestimmte Summe verabredet hatte, schnell hinrichten, damit er nicht durch den Vollzug der Freilassung der verdienten aber gegen einen Freigelassenen und römischen Bürger in seiner Hand unzulässigen Strafe entgehe.

Welch' grosses Ansehen sein Edict genossen haben muss, geht daraus hervor, dass noch im Jahre 704, also 44 Jahre später, Cicero schreibt, er selbst habe für das Edict, das Programm der Rechtspflege, seines Provinzchens Cilicien Manches aus Scaevola's Edict entlehnt. 99) Die Stelle ist für die Kenntniss der Art, wie die Edicte entstanden und sich einander näherten, von höchstem Interesse, und es mag daher hier wohl eine etwas eingehendere Betrachtung derselben am Platze sein. Cicero schreibt Nichts von dem Edicte seines Vorgängers, das er vorgefunden und als tralaticisch mit oder ohne Aenderung in sein Album aufgenommen hätte, er scheint das Edict ganz neu zu redigiren. Der Statthalter von Syrien, Bibulus, hat ihm dazu als Muster das seinige geschickt und Cicero hat es vollständig adoptirt mit Ausnahme einer einzigen Exceptionsformel, welche in allerdings sehr naiver Weise die Rechtshülfe geradezu

verweigerte, falls sie dem Ritterstande, zu dem Cicero selbst gehörte, allzusehr schaden könnte. Cicero fügt nun pfiffig hinzu, er habe aber doch eine exception équivalente (loodvvauovσav) in seinem Edict, welche aber ihren Zweck etwas mehr verberge; er habe sie aus dem asiatischen Edicte des Q. Mucius P. F. hergenommen; sie verweigert die Rechtshülfe,,,wenn das Geschäft so geschlossen worden ist, dass man es nach Treu und Glauben nicht schützen soll." 100) Wie es scheint, hatte Atticus selbst von der Aufnahme der exceptio des Bibulus abgerathen. Die mucianische exceptio nun mochte in der Hand eines Scaevola allerdings für die Handbabung von Treu und Glauben im Verkehr ganz vortrefflich wirken; aber ihrem Wortlaute nach war sie jedenfalls zu allgemein und für die Rechtssicherheit gefährlich; sie zeigt eben, wie viel sich der Provinzialstatthalter mit Bezug auf die Rechtspflege erlauben durfte. Aber gewiss würde Scaevola sich im Grabe. umgedreht haben, wenn er gehört hätte, wie Cicero sie verstand, während Scaevola gerade den Prätentionen des Ritterstandes so energisch entgegengetreten war! Cicero fügt bei, er habe auch sonst noch Vieles von Scaevola aufgenommen, darunter auch den Satz, nach welchem die Griechen, d. b. wohl die Provinzialen überhaupt, sich das Recht verliehen glauben, dass die Prozesse, welche sie unter sich führen, nach griechischem, einheimischem Rechte zu beurtheilen seien. Man sieht ganz deutlich, wie Scaevola beim Volke in gutem Andenken steht und sie für ihre Rechte sich auf ihn berufen, während der neue Statthalter diess noch nicht so ganz rückhaltlos anerkennt (,,verliehen glauben"). Der Bericht schliesst damit, dass auch die Richter über solche Streitigkeiten, wie das übrigens bei den Recuperatoren oft der Fall

war, aus den Peregrinen, den Nichtrömern, genommen werden, und dass die Griechen ausser sich vor Freude darüber seien.

Durch die geschilderte Amtsführung gewann Scaevola dem römischen Volke in kurzer Zeit die verlorene Freundschaft der Asiaten wieder. Valerius Maximus hebt diese Provinzialverwaltung hauptsächlich unter den Gründen des Ruhmes hervor, welchen Scaevola genoss. Er sagt, Scaevola habe diese mit so grosser Reinheit des Charakters und Festigkeit (tam sancte et tam fortiter) regiert, dass der Senat nachher jeweilen in seinem Decret den nach Asien abgehenden Statthaltern ihn zum Muster gesetzt habe. Die Asiaten ihrerseits feierten sein Andenken jährlich durch einen eigenen Festtag, die Mucia. Und dieses Fest war so beliebt, dass selbst Mithradates, als er die ganze Provinz den Römern abgerungen hatte, den Ehrentag des Römers nicht aufhob, 101) Ja schon der Name Mucius diente den Spätern als Empfehlung bei den Orientalen. 102)

Dagegen zog sich Scaevola begreiflicher Weise den grössten Hass der römischen Ritter zu; sie schimpften über ihn aus vollem Halse, als er, schon nach 9 Monaten, um dem Staate nicht zu viel Kosten zu verursachen, nach Rom zurückkam. 103) Weil sie aber ihm selbst Nichts anhaben konnten, so machten sie sich an Rutilius. Ein gewisser Apicius erhob gegen ihn im Jahre 661 die Repetundenklage vor dem immer noch aus dem Ritterstande besetzten Geschwornengericht. 104)

Man rieth ihm, sich für seine Vertheidigung an die beiden berühmtesten Redner seiner Zeit, L. Crassus und M. Antonius, zu wenden; er lehnte es ab. Für ihn sprach bloss sein Schwestersohn, Cotta, und sein Freund, unser Q. Scaevola. 105) Die Hauptvertheidigung führte er selbst.

Cicero sagt, Scaevola habe seinen Freund in seiner Art, ohne allen Aufwand, einfach und klar, bündig und fein, aber keineswegs mit derjenigen Gewalt und Fülle der Rede vertheidigt, welche die Art und Bedeutung des Prozesses erfordert habe. Hiebei ist jedoch zu beachten, dass Rutilius selbst nicht zuliess, dass zu seiner Vertheidigung mehr als die einfache Erzählung der Thatsachen vorgebracht werde. Er wies mit Entrüstung auf die Vertheidigung des Servius Galba hin, welcher, wegen treuloser Tödtung von Lusitanern angeklagt, den kleinen Knaben eines Verwandten vor dem Volksgericht in die Höhe gehoben und dabei das Volk an dessen berühmten Vater erinnert, auch dem Volke empfohlen hatte, nach seinem Tode für seine beiden kleinen Kinder zu sorgen, und dem es durch diese Tragödie auch wirklich gelungen war, die Thränen des Volkes zu wecken und der Verurtheilung zu entgehen. Wir können die Haltung des Rutilius erst dann recht würdigen, wenn wir bedenken, welche schlechten Mittel damals überhaupt. die Angeklagten zu ihrer Vertheidigung zu wählen pflegten, da allerdings das Recht allein vor den Gerichten der Ritter wenig Garantien bot. Man zog ein abgetragenes Kleid an, legte die senatorischen Insignien ab, warf sich den Geschworenen zu Füssen, umfasste ihre Kniee oder breitete flehend die Hände nach ihnen aus.

So etwas that ein P. Rutilius nicht. Er hiess dergleichen schmählich und schimpflich und sagte, solcher Erniedrigung sei Exil oder Tod vorzuziehen. Martial singt von ihm:

Wenn unter Römern auch ein Socrates sollte erscheinen,
Dann war's, als vor Gericht Publius Rufus erschien!

und Quintilian äussert den gleichen Gedanken, dem wohl Plato's Apologie zu Grunde liegt. Orosius sagt, dass

aus der Vertheligang der Stolz der Unschuld hervorgelenektet habe. Und Dio Cassius erzählt in seiner trockenen Weise:

„Rutilius vertheidigte sich mit ellem Freimuth und „Terschwieg Nichts, was ein verleumdeter, rechtshafener Mann, der mehr das Schicksal des Staates als sein eigenes beklagt, vorbringen k ́nnte. Diesen so vortreflicten Mann verurtheilten sie auf's Un..gerechteste, weil sie ihm übel nahmen, dass er ihren Belridungen bei Erhebung der Ze za stenern „gestelt hatte.** 10% j

An der Verurtheilung soll auch Marius Sekull getragen haben, aus Furcht. dass ein so verdienstvoller und angesebeter Mann ihm beschwerlich fallen könnte. Wir erfahren von Cicero, dass dem Rutilius alles migliche Schlechte zur Last gelegt wurde, selbst Wollust und Stuprum nicht ausgenommen. 17

Die verhängte Strafe bestand in Confiscation seines Vermögens uzi Exil. Bei Ausführung dieser Confiscation zeigte es sich, wie grundlos die Anklage gewesen war: denn das ganze Vermögen des Ratilius erreichte bei weitem den Betrag nicht, welchen er laut dem Urtheil in Asien unrechtmässig erworben und nach Hause gebracht haben sollte; und von Allem, was da war. konnte er nachweisen, dass er es auf gerechte und gesetzmässige Weise erworben hatte.

Das Urtheil machte in der ganzen Stadt das peinIchste Aufseher: Cicero schreibt. der Staat habe in seinen Grundfesten zu zittern geschienen. Die Sentenz wurde mehr zur Verurtheilung der Richter und des Staates als des Rutilius. Nach Asconius fühlte sich vor dieser Rittergerichten Niemand mehr sicher: Florus Letzt die Verurtheilung einen Schlag der Ritter gegen

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