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guten Deutschen uns keinen Begriff machen. Um ihr Urtheil darüber zu begründen, sondert sie, den Franzosen ähnlich, doch liberaler, ihre Darstellungen in verschiedene Rubriken. Trauerspiel, Lustspiel, Oper, Ballet, ja Decoration und Garderobe sind abgesonderte obgleich in einander greifende Kunstfächer, deren jedem das Publicum und, inso: fern er zum Worte kommt, der Theorist, innerhalb gewisser Begränzungen eigenthümliche Rechte und Befugnisse zugesteht. Hier sehen wir verboten was dort erlaubt, hier bedingt was dort frey gege: ben ist. Aber alle diese Meinungen und Urtheile sind auf unmittelbare Anschauung gegründet, durch einzelne Fälle veranlaßt; und so sprechen Aeltere und Jüngere, mehr oder weniger Unterrichtete, frey oder befangen, leidenschaftlich hin und wieder über allgemein bekannte Mannigfaltigkeiten des Tages. Hieraus sieht man denn daß nur der gegenwärti: ge Mitgenießende allenfalls mit zu urtheilen håtte; und vielleicht nicht einmal der gegenwärtige Fremde, der in die Fülle eines ihm unerklärlichen Zustandes hineinspringt und seine Ansichten dem Augenblick, der auf dem Vergangenen ruht, wohl schwerlich ges recht und billig fügen könnte.

Inni sacri.

Mit den heiligen Hymnen des Alexander Manzoni ist es schon ein etwas anderer Fall. Wenn sich über mannigfaltige Vorkommenheiten der Zeit die Menschen entzweyen, so vereinigt Religion und Poesie auf ihrem ernsten tiefern Grunde die sämmtli che Welt. Vorbenannte Gedichte waren uns über: raschend, obgleich nicht fremdartig.

Wir gestehen Herrn Manzoni wahres poetisches Talent mit Vergnügen zu, Stoff und Bezüge sind uns bekannt; aber wie er sie wieder aufnimmt und behandelt, erscheint uns neu und individuell.

Es sind überhaupt nur vier Hymnen, welche nicht mehr als drey und dreyßig Seiten einnehmen, und folgendermaßen geordnet: Die Auferste hung, das Grundergebniß der christlichen Reli: gion; das eigentlichste Evangelium. Der Name Maria, durch welchen die ältere Kirche jede Ueber: lieferung und Lehre höchst anmuthig zu machen weiß. Die Geburt, als die Morgenrdthe aller Hoffnungen des Menschengeschlechts. Die Passion, als Nacht und Finsterniß aller Erdenleiden, in wel: che die wohlthätige Gottheit sich, einen Augenblick, zu unserm Heil versenken mochte.

Der

Diese vier Hymnen sind verschiedenen Ausdrucks und Tons, in verschiedenen Sylbenmaßen abgefaßt, poetisch erfreulich und vergnüglich. Der naive Sinn beherrscht sie alle; aber eine gewisse Kühnheit des Geistes, der Gleichnisse, der Uebergånge zeichnen sie vor andern aus und locken uns immer nåher mit ihnen bekannt zu werden. Verfasser erscheint als Christ ohne Schwärmerey, als römisch-katholisch ohne Bigotterie, als Eiferer ohne Härte. Doch ganz ohne Bekehrungstrieb darf der Dichter sich nicht zeigen, dieser wendet ihn aber auf eine anmuthige Weise gegen die Kinder Js: rael, denen er freundlich vorwirft: Maria sey doch aus ihrem Stamme geboren und sie wollten allein einer solchen Königin die Huldigung versagen, die eine ganze Welt ihr zu Füßen legt.

Diese Gedichte geben das Zeugniß daß ein Gegenstand so oft er auch behandelt, eine Sprache wenn sie auch Jahrhunderte lang durchgearbeitet worden, immer wieder frisch und neu erscheinen, sobald ein frischer jugendlicher Geist sie ergreifen, sich ihrer bedienen mag.

Hiebey sey es uns erlaubt zu bemerken daß ein katholisch geborner und erzogener Dichter ganz andern Gebrauch von den Ueberzeugungen seiner Kirche zu machen versteht als Poeten anderer Confef= sionen, die eigentlich nur durch die Einbildungskraft sich in eine Sphäre hinüber zu versehen bemüht sind, in der sie niemals einheimisch werden können.

Il conte di Carmagnola, Tragedia di Alessandro Manzoni. Milano 1820.

Dieses Trauerspiel, welches wir schon früher angekündigt, verdient auf jede Weise nunmehr eine nähere Betrachtung und Beherzigung. Gleich zu Anfang seiner Vorrede wünscht der Verfasser jeden fremden Maßstab beseitigt, worin wir mit ihm vollkommen übereinstimmen, indem ein ächtes Kunstwerk, so wie ein gesundes Naturproduct, aus sich selbst beurtheilt werden soll. Ferner giebt er an, wie man bey einer solchen Schäßung verfahren müsse. Zuerst folle man untersuchen und einsehen was denn eigentlich der Dichter sich vorgeseht, so: dann scharf beurtheilen, ob dieses Vornehmen auch vernünftig und zu billigen sey, um endlich zu ents scheiden, ob er diesem Vorsaße denn auch wirklich nachgekommen? Solchen Forderungen gemäß haben wir uns den deutlichsten Begriff von Herrn Manzoni's Absichten zu verschaffen gesucht; wir haben dieselben löblich, natur- und kunstgemäß gefunden und uns zuleßt, nach genauester Prüfung, überzeugt daß er sein Vorhaben meisterhaft ausgeführt. Nach dieser Erklärung könnten wir nun ei:

gentlich abtreten, mit dem Wunsche: daß alle Freunde der italiånischen Literatur ein solches Werk mit Sorgfalt lesen und dasselbe, wie wir gethan, frey und freundlich beurtheilen möchten.

Allein diese Dichtart findet Gegner in Italien und möchte auch nicht allen Deutschen zusagen, weßhalb es denn Pflicht seyn will unser unbedingtes Lob zu motiviren und zu zeigen: wie wir es, nach des Verfassers Wunsch und Willen, aus dem Werke selbst hervorgehoben.

In gedachter Vorrede erklärt er ferner ohne Hehl daß er sich von den strengen Bedingungen der Zeit und des Ortes lossage, führt August Wilhelm Schlegels Aeußerungen hierüber als entscheidend an und zeigt die Nachtheile der bisherigen, ängstlich: beschränkten Behandlung. Hier findet freylich der Deutsche nur das Bekannte, ihm begegnet nichts dem er widersprechen möchte; allein die Bemerkungen des Hrn. Manzoni sind dennoch aller Aufmerk samkeit auch bey uns werth. Denn obgleich diese Angelegenheit in Deutschland lange genug durchge: sprochen und durchgefochten worden; so findet doch ein geistreicher Mann, der eine gute Sache aufs neue, unter andern Umstånden, zu vertheidigen angeregt wird, immer wieder eine frische Seite, von der sie zu betrachten und zu billigen ist, und sucht die Argumente der Gegner mit neuen Gründen zu entkräften und zu widerlegen; wie denn der Verfas fer einiges anbringt welches den gemeinen Menschenverstand anlächelt und selbst dem schon Ueber: zeugten wohlgefällt.

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