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leicht sich zersplitternden Kräfte gesammelt und vereinigt würden zur Pflege eines bisher so sehr vernachlässigten wissenschaftlichen Gebietes, und unsre Hoffnungen wurden in sehr erfreulicher Weise erfüllt, inbem gleich anfangs eine große Zahl von rühmlichst bekannten Månnern dem neuen Unternehmen die nöthige Unterstüßung sicherten.

Unser Streben war darauf gerichtet, der modernen Philologie eine achtungswerthe Stellung neben der altclassischen zu erringen, und zwar dadurch, daß sie in dem Geifte der leztern wirken und sich ih ren Bemühungen freundlich und fördernd anschließen möchte. Zugleich hegten wir in Beziehung auf die Realschulen die Hoffnung, daß unsre Bestrebungen dazu beitragen würden, den philologischen Unterrichtselementen das Gleichgewicht gegen die so leicht überhandnehmenden mathematisch-naturwissenschaftlichen Lehrzweige zu erhalten, diesen Anstalten ihren humanistischen Charakter möglichst zu bewahren, und so dieselben ihren Schwesterschulen, den Gymnasien, so weit es die Umstände gestatteten, anzunähern. Das Archiv wird auch in Zukunft seinem ersten Programm um so eher treu bleiben, als die in ihm ausgesprochenen Grundgedanken in der Neuzeit ihrer Verwirklis chung mit Sicherheit entgegensehen. In Betreff der vielen freundlichen Beurtheilungen und der dankenswerthen, auf die Organisation der Zeitschrift bezüglichen Vorschläge, war die Redaction bisher ernstlich bemüht, manches Zweckdienliche bereits zu verwirklichen. Höchst beachtenswerth ist aber gewiß noch der von sehr vielen Seiten beifällig aufgenommene Vorschlag Mager's, welcher in der Påd. Rev. Novbr. 1846 ausgesprochen ist und folgendermaßen lautet:

"

Es scheint mir, als hätte das Archiv die Pflicht, den heutigen Lehrern der neueren Sprachen und Literaturen so viel als möglich von dem zu geben, was ihnen die Universität hätte geben sollen. Wie es auf unsern meisten Universitåten um den Unterricht in den neuern Sprachen und Literaturen steht, ist bekannt. Daß aber Lehrer der deutschen Sprache, die nicht Alte und Mittelhochdeutsch, Lehrer der französischen Sprache, die nicht Altfranzösisch, Lehrer der englischen Sprache, die nicht Angelsächsisch wiffen, in vielen Stüđen unzulänglich sind, das ist den Sachkundigen nicht minder bekannt, und gerade die ftrebsameren Lehrer bedauern diese ihre Unzulänglichkeit am meisten und würden es mit Dank aufnehmen, wenn ihnen eine Gelegenheit gegeben würde, die Lücken ihres Wissens zu büßen; und so wäre mein Vorschlag, daß von Zeit

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zu Zeit in dem Archive altdeutsche, altfranzösische und angelsächstsche Terte ganz plan grammatisch und_onomatisch erklärt und so die in diesen Dingen noch unwissenden Leser für diese Studien gewonnen und fachte in die Sache eingeführt würden.“

Ich empfehle diesen Vorschlag hierdurch recht dringend der ges fälligen Berücksichtigung der geehrten Herren Mitarbeiter und bemerke zugleich, daß sich das Archiv überhaupt mit dem schulmäßigen Studium der neueren Sprachen, mit dem eigentlichen Unterrichte in Zukunft mehr noch beschäftigen wird, als dies bisher geschehen konnte. Es soll ferner der nöthige Raum gewonnen werden für die Mittheilung noch ungedruckter Quellen, welche zum Verständniß deuts scher, französischer und englischer Werke der Dichtkunst und Beredsams keit nöthig und dabei noch nicht in zugänglichen Büchern und Zeits schriften gedruckt sind und es ist auch bereits durch die freundlich angebotene Unterstüßung mehrerer der geehrten Herren Mitarbeiter möglich geworden, im nächsten Jahre ein Bild von der Art und Weise zu geben, wie an den bedeutenderen Mittelschulen des In- und Auslandes der deutsche, französische und englische Sprach- und LiteraturUnterricht eingerichtet ist, und wie der Unterricht in der modernen Philologie auf unseren Universitäten ertheilt wird.

In der äußern Einrichtung tritt die Aenderung ein, daß das Archiv in Zukunft, unter Beibehaltung des alten Preises, acht Mal jährlich erscheinen wird, und bei einer befriedigenden Theilnahme foll die Bogenzahl noch vermehrt werden; außerdem ist es den Lesern gewiß erwünscht, daß von jezt an regelmäßig am Schluffe des Jahres ein Special-Inder erfolgt, der gegenwärtig auch für die Gesammtheit der früheren Bände nachgeliefert wird.

Obgleich das Archiv durch die Ungunft der Umstände vielfach gehemmt ward, so hat es dennoch eine sehr erfreuliche Verbreitung selbst über die Grenzmarken des deutschen Vaterlandes hinaus gewonnen, was es vorzugsweise dem Eifer und den Leistungen der geehrten Herren Mitarbeiter zu danken hat. Möchte auch in Zukunft der Zeitschrift dieselbe rege Theilnahme, dieselbe kräftige Unterstüßung zu Theil werden, damit es ihr gelingt, den Anbau der modernen Philologie wahrhaft zu fördern.

Elberfeld, im August 1849.

Dr. L. Herrig.

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Die öffentliche Kritik Hamlet's hat durch die geistreiche Arbeit Hoffmann's, die derselbe in eben diesem Archiv (III. Bd. 2. Heft) mittheilte, einen bedeutenden Schritt vorwärts gethan, ja sie hat mit ihrer ganzen Vergangenheit gebrochen und die Grundlage fallen lassen, auf der sie seit Goethe ruhte und durch Rötscher und Ulrici ihren Abschluß erhalten hat. Es liegt nicht in meinem Plane, schon jezt in die Geschichte der Kritik Hamlet's näher einzugehen, vielmehr kann ich hier nur erst das rein Thatsächliche, die Entwicklung der äußeren Handlung unsres Drama's einer neuen Prüfung unterwerfen und muß also auch noch auf die Darlegung meiner eignen Auffassung des in Hamlet zur Anschauung gebrachten psychologischen Prozesses verzichten. Soviel möge aber hier gleich zu Anfang ausgesprochen werden, um Hoffmann's Verdienst näher zu bestimmen, daß, während Goethe und Alle, die ihm folgten, den Schwerpunkt der innern Entwicklung Hamlet's in den Mahnruf des Geistes zur Rache und den Widerspruch des so geforderten Handelns zum Denken verlegen, Hoffmann vielmehr den Inhalt der Enthüllung des Geistes, als welchen er die eheliche Untreue seiner Mutter und die Ermordung seines Vaters bezeichnet, zur Triebfeder derselben macht und durch die schreckliche Gewißheit dieser Verbrechen Hamlet innerlich zerrüttet und dadurch zur Vollziehung der Rache unfähig werden. läßt. Diese innerliche Zerrüttung Hamlet's, die Hoffmann aus dem Gegensaz zwischen dem Schein und dem Wesen der äußern Schönheit „der Welt, der Heiterkeit und Wohlanständigkeit des Lebens und seiner innern Nichtigkeit, dem Abgrund von Greuel und Sünde, den sie

Archiv f. n. Sprachen. VI.

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bebecken", herleitet, führt uns auf den Boden des concreten Lebens zurück, den die Nachfolger Goethe's verlassen haben; das unerquickliche Gerede vom „Helden der Reflerion", wie Herr Zeil Hamlet nennt (Archiv Bd. III, Heft 1) und wie unbeschadet sonstiger Abweichungen von einander auch Rötscher und Ulrici ihn darstellen, muß verstummen, und die Reflerion wird zu einem bloßen untergeordneten Moment in seinem Wesen herabgeseßt. Denn nun haben wir in seiner innern Zerrüttung die Quelle gefunden, aus der sie fließt, die Verzweiflung an dem sittlichen Geiste wird das Wesents liche, mit ihr aber sind wir auf den Boden des vollen Lebens zus rückgekehrt.

Aber so hoch ich Herrn Hoffmann's „Studien“ schäße, so sehr ich den Grundgedanken derselben, den ich soeben hervorgehoben, anerkenne, dennoch glaube ich nicht, daß er die Forschung über Hamlet zum Abschlusse gebracht hat, bin vielmehr der Ueberzeugung, daß wes der der eigentliche Grund der geistigen Zerrüttung Hamlet's, noch der psychologische Verlauf derselben, noch auch ihre ganze objective Bedeutung von ihm nachgewiesen ist. Ja die gesammte Kritik Hamlet's ist noch so sehr in ihrer Kindheit, daß sie noch nicht ein Mal auf einer sichern Basis ruht, sogar die äußere Handlung unsres Drama's ist bis jest gänzlich mißverstanden worden und zwar in einer Weise, die überzeugend lehrt, wie unumgänglich nöthig zum Vers ständniß Shakspeare's dieselbe philologische Kritik ist, die seit Boeckh sich um die griechischen Tragiker so hohes Verdienst erworben hat.

Ich wende mich zunächst zu Hamlet's Monolog im Anfange des 3ten Akts, um an ihm darzuthun, daß die bisherige Auffassung der Handlung einen Mangel in sich haben muß. Tied ist mir darin schon vorangegangen, hat aber durch jenen Herrn Zeil, einen Philologen von Fach, wie man vermuthen muß, eine Abfertigung erfah ren, die sowenig die Humanität wie den Scharfsinn desselben in ein sehr günstiges Licht stellt. Denn was Tieck geleistet hat, sollte ihm jeden Augenblick schüßend zur Seite stehen und hier war er sogar im Rechte. Seine Erklärung freilich, die Hamlet's Monolog den Ges danken an den Mord des Königs zu Grunde legen will, ist unhaltbar und mußte widerlegt werden, aber seine Zweifel, die Dunkelheiten, die er in ihm fand, find nur zu begründet, es stünde schlecht um den Ruhm des Monologs, wenn sie nicht anders als durch das Quos ego! des Herrn Zeil zu heben wären, und nur wer gewohnt

ist, sich gemüthlichen Eindrücken hinzugeben, ohne sie nach ihrer innern Berechtigung zu fragen, dürfte noch ferner in dem Monologe ein in allen seinen Theilen harmonisches Kunstwerk sehen, wenn es für solche überhaupt ein Kunstwerk gåbe. Aber der Kenner Shakspeare's und Hamlet's, dieses größten seiner Werke, wird es als Blasphemie empfinden, Shakspeare Schuld zu geben, was nur ein Zeugniß seiner eignen Ohnmacht sein kann, ihn zu ergründen. Der Monolog muß ein künstlerisches Ganzes sein und gelingt es der bisherigen Erklärung nicht, ihn als solches aufzuweisen, so muß sie eben fallen und Shakspeare's Größe giebt die Bürgschaft, daß das angestrengte Suchen nach einer neuen, erschöpfenden sein Ziel erreichen werde. Prüfen wir also zunächst die bisherige Erklärung, die bes kanntlich nichts weiter als den Gedanken an den Selbstmord in ihm findet. Die ersten Verse lauten *) :

To be or not to be, that is the question:
Whether 't is nobler in the mind, to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take arms against a sea of troubles,
And by opposing end them.

Abgesehen von dem seltsamen Prädikat der Fortuna, für das nach der bisherigen Auffassung des Drama's kein Erklärungsgrund gefunden ist, behaupte ich nun 1) mit Tieck, daß der 4te und 5te Vers finnlos sind, wenn man sie auf den Selbstmord beziehen will; denn dieser ist so weit davon entfernt, ein Kampf, ein Widers stand zu sein, daß er vielmehr nur ein Entlaufen aus dem Kampfe, ein Aufgeben des Widerstandes genannt werden kann. Ist das aber wahr, wie ich es denn stets dafür halten werde, so ist es ferner offenbar, daß Hamlet, als er jene Worte spricht, zwischen irgend einem andern Entschluß, deffen Ausführung das Ende jener Plagen sein würde, und dem thatlosen Dulden schwankt. Damit wäre aber zugleich entweder ein Widerspruch zu dem ersten Verse gegeben - oder man müßte annehmen, daß das Unternehmen, das ihm vorschwebt, ihm plößlich den Gedanken an die Möglichkeit des Unterliegens und des Todes nahe legte.

*) Ich bemerke beiläufig, daß ich in diesem rein philologischen Theile meiner Ars beit absichtlich nach dem Original citire, jedoch nur, wo es mein nächster Zweck fordert, es ausschreiben werde.

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