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und dieses Urteil wird von dem Herrn aus der Natur und dem Wesen der Ehe, wie diese nach der ursprünglichen göttlichen Schöpfungsordnung bestimmt ist, hergeleitet. Um diesen Satz

völlig zu verstehen, ist es nötig, auf

Natur und Wesen der Ehe

nach Anleitung der heiligen Schrift näher einzugehen. Der Grundstoff, die Substanz der Ehe ist jenes natürliche, geschlechtliche Verhältnis, an welches Gott der Herr die Erhaltung und Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes geknüpft hat (Gen. 1, 27. 28) 1). Aber wenn auch dieses natürliche, geschlechtliche Verhältnis die Basis der Ehe ist, so ist damit doch nicht gesagt, daß es bei diesem natürlichen Verhältnis sein Bewenden hat, daß dieses allein schon Ehe sei. Nach der ursprünglichen Schöpfungsordnung soll dieses natürliche Verhältnis sich vielmehr als eine dauernde, alle Lebensverhältnisse umfassende und somit sittliche Gemeinschaft darstellen. Die Frau soll die Gehilfin und Genosfin des Mannes sein (Gen. 2, 18). Die Ehe ist nicht bloß, wie die Römer sagen, jene natürliche conjunctio maris et feminae, sondern sie ist eine Gemeinschaft des ganzen Lebens, eine ungeteilte Lebensgemeinschaft — ein consortium omnis vitae, divini et humani juris communicatio, individuam vitae consuetudinem continens 2). Wo daher ein geschlechtliches Verhältnis lediglich als ein solches, nicht als eine dauernde Lebensgemeinschaft eingegangen wird, da ist kein eheliches, sondern ein mehr oder weniger unzüchtiges und sündliches Verhältnis, ein Konkubinat, vorhanden. Es beruht

1) Insofern rechnen die römischen Juristen, welche kein geringes Verständnis vom Wesen der Ehe hatten, dieselbe zu dem jus naturale, quod natura omnia animalia docuit. Nam jus illud non humani generis proprium, sed omnium animalium, quae in terra, quae in mari nascuntur, avium quoque commune est. Hinc descendit maris atque feminae conjunctio, quam nos matrimonium appellamus, hinc liberorum procreatio, hinc educatio; videmus enim cetera quoque animalia, feras etiam illius juris peritia censeri. Ulpianus in L. 1 de justitia et jure I, 1. Vgl. auch Gen. 1, 22. 28.

2) Vgl. Modestimus n L. 1 D de ritu nuptiarum 23, 2 und § 1. Instit. de patria potestate.

aber nicht bloß auf einer göttlichen Vorschrift, daß jenes natürliche Verhältnis sich zu einer ungeteilten Lebensgemeinschaft gestalte, sondern beides ist objektiv durch ein drittes Moment, welches in der göttlichen Schöpfungsordnung wurzelt, mit einander vermittelt, nämlich dadurch, daß nach eben dieser die beiden Ehegatten infolge der geschlechtlichen Verbindung und Vermischung zu einem Fleische werden. Beides fällt nicht mit einander zusammen, ist nicht identisch. Besagte die Einheit des Fleisches nicht ein mehreres, als daß die Eheleute fleischlicher Gemeinschaft pflegen, dann höbe in der That, nach vollzogener Ehe, bösliche Verlassung oder hartnäckige Verweigerung der ehelichen Pflicht, ja selbst impotentia superveniens die Einheit des Fleisches und damit die Basis der Ehe, die Ehe selbst, auf. So aber ist es nicht. Durch die geschlechtliche Vermischung wird zwischen Mann und Weib eine dauernde, reale Gemeinschaft im Fleisch begründet, eine Gemeinschaft, welche, eben weil sie eine derartige ist, eine gegenseitige Ergänzung beider Geschlechter wirkt. Gott hat den Menschen von vornherein in eine Zweiheit, als Mann und als Weib, geschaffen. In dieser ursprünglichen Bezogenheit beider auf einander wurzelt jener mächtige Trieb, welcher beide Teile antreibt, einander zu suchen und sich dauernd zu verbinden. In diesem Sinne weist der Herr die Pharifäer (Matth. 19, 4—6) darauf hin, daß von Anfang der Schöpfung her Gott die Menschen als Männliches und Weibliches geschaffen und gesprochen habe: „Darum“ — nämlich weil sie für einander und auf einander hin geschaffen find 1) wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen und werden die zwei zu einem Fleische werden.“ „Also“ fügt der Herr schließend hinzu „sind sie nun nicht mehr zwei, sondern (in der That) ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden." Von Gott

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1) Diese ursprüngliche Bezogenheit beider oder, wenn man will, diese potentielle Einheit erhellt noch deutlicher, wenn man Gen. 2, 23. 24 erwägt, wo an die Erzählung, nach welcher das Weib vom Manne genommen ist, die Worte geknüpft werden: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verassen und an seinem Weibe hangen und sie werden ein Fleisch sein.“

zusammengefügt das geht aus diesem Zusammenhange aufs unzweifelhafteste hervor sind die Eheleute nicht etwa lediglich durch ein göttliches Gebot, sondern durch eine göttliche That, dadurch, daß sie nach Gottes Schöpfungsordnung zu einem Fleische geworden und damit in der That ein Leib sind. So Ambrosius: ,, Quae deus conjunxit, homo non separet. Sed non solum hic coeleste praeceptum, sed quoddam etiam opus dei solvitur." Die leibliche Vermischung ist ein schöpferischer Aft, nicht allein insofern sie ein neues Leben erzeugt, sondern auch insofern sie die Zusammenfügung der Zeugenden zu einem Fleische wirkt. Daß letztere mithin nicht bloß ein umschreibender Ausdruck für jene Vermischung, sondern vielmehr eine Wirkung derselben ist, wird auch durch 1 Kor. 6, 15-20 bestätigt, insofern der Apostel das Greuliche der Hurerei gerade darin seßt, daß diejenigen, welche sich mit der Hure einlassen, mit derselben zu einem Leibe werden und damit ihre Leiber, welche Christi Glieder sind, zu Hurengliedern machen.

Die Zusammenfügung zu einem Fleische bezieht sich zunächst auf den physischen Organismus, aber vermöge des engen Zusammenhanges, welcher zwischen diesem und dem Psychischen stattfindet, wirkt sie über das bloß Leibliche, Geist und Seele ergreifend, hinaus und postuliert eine ungeteilte Lebensgemeinschaft, in welcher sie allererst ihre volle Entfaltung und Befriedigung findet.

So vermittelt die Zusammenfügung zu einem Fleische jenes natürlich geschlechtliche Verhältnis mit der ungeteilten Lebensgemeinschaft, in welcher die Ehe ihr Wesen findet, und enthält somit schon an und für sich sittliche Antriebe. Die Ehe gleicht darin dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, denn, wie jene, so ist auch dieses ein zunächst natürliches Verhältnis, welches in einem natürlichen Vorgange in der Zeugung seine Wurzel hat. Aber dieses zunächst natürliche Verhältnis ist in beiden Fällen von der Art, daß es sich, wenn nicht menschliche Sünde hemmend entgegentritt, mehr und mehr zu einer Geist und Seele umfassenden Gemeinschaft entwickelt. Dies haben bereits die Alten 1) sehr

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1) gl. 3. 2. βlutard, ἐρωτικός cap. 23. ̓Αλλὰ γυναιξὶ γεγαμε

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richtig erkannt und Johannes Casus, ein englischer Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, vergleicht die Zusammenfügung der Ehefrau mit dem Manne einer Pflanze, welche, einer anderen eingefügt, ihre Natur ändert und die Substanz der anderen annimmt: Abeunt siquidem conjuges in unam carnem per copulam carnalem, ut edisserit Apostolus (1 Cor. 6, 16), quando cum scorto fieri unam carnem et in proprium corpus peccare scribit, qui cum scorto rem habet. Ut enim planta una inserta alteri naturam suam mutat eandemque substantiam cum alia, cui est inserta, sumit: ita uxor conjuncta foedere conjugalis amoris viro, unam quasi plantam unamque naturam animorum et corporum insitione facit, in qua si fiat ulla vis aut separatio natura ipsa quodammodo vulneratur." Lib. 1. Oecon., c. 2, qu. 2.

Es ist deshalb nicht allein göttliches Gebot, daß Mann und Weib, daß Eltern und Kinder einander lieben, sondern es ist in der Natur ihrer Verbindung gegründet und dies ist die Voraussetzung des vierten und sechsten Gebotes -, daß sie einander anhangen und lieben. Welcher ist unter euch Menschen, so ihn sein Sohn bittet um Brot, der ihm einen Stein biete? Allein die Verbindung zwischen den Ehegatten ist um so vieles stärker, als die zwischen Eltern und Kindern, daß, wie die Schrift sagt, der Mensch Vater und Mutter verlassen wird, aber seinem Weibe wird er anhangen. Auch hiervon hatten die Alten eine höchst le= bendige Erkenntnis, der sie vielfach in unvergänglichen Liedern Ausdruck gegeben haben. So spricht bei Homer Hektor zur Andromache:

„Doch nicht geht mir so nahe der Troer künftiges Elend,
Nicht der Hekabe selbst, noch Priamos' auch des Beherrschers
Noch der leiblichen Brüder, die dann so viel und so tapfer

ταῖς ἀρχαὶ ταῦτα φιλίας, ὥσπερ ἱερῶν μεγάλων κοινωνήματα . καὶ τὸ τῆς ἡδονῆς μικρόν. ἡ δὲ ἀπὸ ταύτης ἀναβλαστάνουσα καθ ̓ ἡμέραν τιμὴ καὶ χάρις καὶ ἀγάπησις ἀλλήλων καὶ πίστις, οὔτε Δελφοὺς ἐλέγχει ληροῦντας, ὅτι τὴν ̓Αφροδίτην άρμα (quasi conjunctionem) καλοῦσιν οὔτε Ὅμηρον φιλότητα τὴν τοιαύτην προςαγορεύοντα συνουσίαν.

All' in den Staub hinsinken, von feindlichen Händen getötet,
Als wie deins."

Und wenn Alceste sich entschließt, freiwillig für ihren Gatten, Ad= met, in den Hades hinabzusteigen, so sagt der Chor bei Euripides:

"

Selbst nicht die Mutter wollte

Zum Tod hin für den Sohn gehen.

Noch der Vater, der hochbetagte;

Die ihn gezeugt, mochten nicht ihm Schuß sein,

Die Unseligen, deren Haar ergraut ist!

Doch um dich blüht der Lenz,

Und den Gatten rettend, stirbst du!"

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So ist es nicht allein wider Gott, - es ist wider die Natur, wenn Eltern und Kinder, wenn Eheleute einander nicht lieben. Das bestätigt der Apostel, wenn er in dem Brief an die Epheser (5, 28. 29) sagt: „Also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben, als ihre eigenen Leiber. Wer sein Weib liebet, der liebet sich selbst, denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasset, sondern er nähret es und pfleget sein." Und wie die Männer ihre Weiber lieben sollen als ihr eignes Fleisch, so sollen die Weiber ihren Männern unterthan sein, als ihrem Haupt. Aber der Apostel erhebt nunmehr die Ehe auf ihre höchste Höhe, indem er als das Urbild und Vorbild derselben den Eheleuten den Bund Christi und seiner Gemeinde entgegenhält. Wie Christus das

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Haupt ist seiner Gemeinde und die Gemeinde der Leib des Herrn, von seinem Fleisch und seinem Gebein, so ist der Mann das Haupt des Weibes und das Weib der Leib des Mannes, Bein von seinem Bein, Fleisch von seinem Fleisch. Darum wie die Gemeinde ist Christo unterthan, also sollen auch die Weiber ihren Männern unterthan sein in allen Dingen. Und wie Christus ge= liebt hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte und reinigte und herrlich machte, also sollen auch die Männer ihre Weiber lieben, sie hegen und pflegen.

Aber die menschliche Ehe steht nicht bloß in diesem abbildlichen Verhältnis zu dem Bunde Christi und seiner Gemeinde, sondern es waltet zwischen beiden eine reale Wechselbeziehung ob. Denn an die menschliche Ehe ist die Fortpflanzung und die Einheit des

Theol. Stud. Jahrg. 1881.

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