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in seiner Erkenntnistheorie ganz seiner Metaphysik entsprechend verhält, indem der der Willkür korrelate Empirismus ebenfalls über das Logische übergreift, sofern er die Möglichkeit des Erkennens nur a posteriori aus der Erfahrung erweisen will. Der Verbindung von Zufall und Notwendigkeit in der Metaphysik, in welcher die Notwendigkeit nur zur Geltung kommt, wenn der Wille zufällig will, entspricht die oben erwähnte Verbindung von Empirismus und Apriorismus. Die höhere Einheit beider Prinzipien, der Willkür und der Notwendigkeit im Ethischen hat er nicht gefunden, welche ihn über den Naturalismus würde hinausgehoben haben. Nach dem Ausgeführten ist es natürlich, daß er seine Philosophie als Philosophie des Unbewußten beschreibt. Auch hier steht der Gedanke im Hintergrund, daß das Bewußtsein bestimmt und deshalb endlich sei, daß also dem Absoluten als Einheit kein Bewußtsein könne zugeschrieben werden. Wenn er nun freilich nicht wie Schelling in der Identitätsphilosophie oder wie Spencer 1) bei dem Sage stehen bleibt, das Absolute sei weder bewußt noch unbewußt, so hat das sichtlich seinen Grund darin, daß er nicht auf die Indifferenz zurückgehen, sondern Unterschiede in dem Absoluten anerkennen will, dabei aber den Willen über das Logische übergreifen läßt und eine klare ihrer selbst und ihrer beiden Prinzipien mächtige Einheit nicht zu erfassen vermag, sondern Wille und Logisches nur in einer legten unerkennbaren Einheit zusammenspricht. Die Betonung qualitativer Unterschiede im Absoluten hindert ihn, ihre Zusammengehörigkeit zu begreifen. Seinem Beweise, in dem er durch alle Gebiete der Welt hindurch zu zeigen sucht, wie in allem in der organischen Natur, wie in allen Funktionen des menschlichen Geistes eine unbewußte Thätigkeit zu beobachten sei, der manches Beachtenswerte enthält 2), können wir hier nicht im einzelnen nachgehen. Es soll dadurch die Harmonie zwischen der Wirklichkeit und der metaphysischen Annahme des Unbewußten nachgewiesen

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1) Vgl. Grundlagen der Philosophie von Vetter übersetzt, S. 568. Das Absolute sei ein nichtrelatives Reales“ (S. 96), das „Unerkennbare". Übrigens bleibt sich Hartmann auch nicht in der Aussage, das Absolute sei unbewußt, konsequent, f. u.

2) Vgl. Phil. d. Unbew., S. 51-346.

werden. Dieser Rückgang auf das Unbewußte bei Hartmann, womit auch seine Vorliebe für Mystik zusammenhängt, ist offen= bar zugleich in unserer Zeit als eine Reaktion gegen die vielfach sich breitmachende, nüchterne Verständigkeit, welche lediglich reflektiert ist und allem Unmittelbaren feindlich gegenübersteht, aufzufassen; er weist auf die vielfachen Tiefen hin, welche von der Reflexion noch nicht durchdrungen sind, wenn auch freilich die Zurückführung dieser Erscheinungen auf ein unbewußtes Absolute keine Notwendigkeit an sich trägt.

4. Hartmanns Naturphilosophie

entspricht vollkommen diesen Prinzipien. Wenn der Wille einmal will, so bleibt der Idee nur übrig, ihm den Inhalt zu geben, seine Wollungen mit bestimmten Einheiten als Inhalt zu versehen. Hartmann redet deshalb von Willensatomen, deren Inhalt die Vorstellung von verschiedenen Richtungen ist, welche dieselben nehmen. Eine Reihe von Willensatomen haben zu ihrem Inhalt die Anziehung, eine andere die Abstoßung und zwar vollziehen sich diese Bewegungen nach den Vorstellungen, welche das Logische dem Willen gegeben hat. Das ist nach ihm die Grundlage der Materie 1), welche zusammengesett ist aus Wollen und unbewußtem Erkennen. Denn die verschiedenen Bewegungen der materiellen Atome sind ihm nichts als unbewußte Vorstellungen von Wollungen, welche der Wille realisiert. Die Realität stammt von dem Willen, der Inhalt, das „Wie" stammt aus der Idee, dem Logischen. In dieser Auffassung der Materie ist die wirkende Ursache mit der idealen Ursache verbunden. Es giebt in der wirklichen Welt nichts der Idee völlig Bares, aber ebenso auch nichts von der Materie Unabhängiges, letteres nicht, weil nichts real werden kann ohne Willensatome. Der Inhalt dieser Vorstellungen ist nun freilich nichts anderes als die Richtungen, also die mechanischen Bewegungen der Willensatome; die Vorstellung

Vgl. die Kritik von Haym,
Seine Atome seien Monaden

1) Vgl. Phil. d. Unbew., S. 456 f. 477 f. Preußische Jahrbücher 1873, Art. 2, S. 125 f. von einer „zweideutigen Natur“, sie seien nur die „dialektisch sublimierten naturwissenschaftlichen Atome", also teils geistig, teils materiell, unklar zwischen beiden schwankend.

bezieht sich lediglich auf das reale Wollen. So kann es nichts Materielles geben, das nicht zugleich ideal ist, aber auch nichts Geistiges, tein Denken, das nicht an das Reale, die Materie gebunden ist. Er glaubt demgemäß, daß sowohl die mechanische als auch die dynamische und die teleologische Betrachtung der Natur be= rechtigt sei. Die ganze Natur sei nach einem einheitlichen Typus gebildet. Aus jenen Atomen werden nach unbewußten Vorstellungen, welche der Wille realisiert, Atomgruppen, Moleküle. Aus Moles külen werden wieder nach bestimmten Vorstellungen von Einheit der Gruppierung der Moleküle Zellen und in aufsteigender Linie Organismen, aus den nach einer bestimmten Idee zusammengeordneten Zellen. Es ist ganz natürlich, daß das Unbewußte bei dieser Thätigkeit sich stets an die bisherige Entwickelung anschließt. Bei einem organischen Wesen bringt das Unbewußte nach einer eigentümlichen Idee einheitlicher Gruppierung im Keime eine Modifikation an, durch welche eine neue Gattung entsteht. So schließt sich Hartmann hier dem Gedanken der Entwickelungslehre an, weicht aber, was mit seiner Ansicht von der Zweckmäßigkeit in der Natur zusammenhängt, doch in der Statuierung der Realisierung einer neuen Idee, eines neuen Typus von Darwins rein mechanischer Theorie ab." 1) Das Unbewußte bildet immer höhere Gattungen von Wesen, indem es sich der schon errungenen Stufen bedient, um aus ihnen jedesmal durch eine leichte Modifikation höhere Stufen herauszubilden. Jede Zelle, also auch jede höhere Organisation, ist hiernach materiell und seelisch 2) zugleich, materiell, weil Materie nichts ist als eine Anhäufung von Willensatomen, ein System atomistischer Kräfte im Gleichgewichtszustand, seelisch, weil sie nach einer Idee gebildet sind und weil diese Idee in jedem Momente unmittelbar in ihr wirksam ist. Es ist durchaus hiernach zu erwarten, daß Hartmann auch inbezug auf die Entstehung und die Entwickelung des Menschen hier keine Ausnahme macht. Auch er liegt in der Reihe dieser Entwickelung des allgemeinen Naturgeistes, auch bei ihm kann der Inhalt des bewußten Denkens sich nicht über das

1) Vgl. besonders Phil. d. Unbem. C. x. 586 f. 594f. 2) S. 399 f. 564f.

Materielle erheben, denn alle Ideeen sind ja nichts anderes als Ideeen
von bestimmten Gruppierungen der Willensatome. Das zeigt sich
besonders an seiner Auffassung des Bewußtseins, welches von be=
sonderer Wichtigkeit in diesem Prozesse ist. Hartmann 1) findet
nämlich, daß das Bewußtsein durch die Emanzipation der Vor-
stellung von dem Willen entstehe. Das wird nach ihm dadurch
möglich, daß zwischen Bewußtsein und Willen eine Disharmonie
eintritt. Die verschiedenen Richtungen des Willens, welche mit
Vorstellungen verbunden sind, begrenzen sich gegenseitig. So entsteht
gewissermaßen eine Obstupefaktion des Willens, der sich gehemmt
fühlt; die Vorstellung kann sich nicht völlig durchseßen und ist nun
mit dem Willen nicht mehr in Harmonie, sondern von ihm losgelöst
und die Einheit der unbewußten Vorstellung soll hierdurch bewußt
werden zunächst in der Form der Empfindung. Bewußtsein ruht
hiernach auf Begrenzung und ist Bewußtsein von einer Hemmung
des Willens, welche sich als Empfindung kundthut. Diese Begren=
zung ist unangenehm für den Willen. Jedes Bewußtsein als Be-
wußtsein von einer Hemmung des Willens ist also Bewußtsein,
eines Leidens des Willens 2). Das Bewußtsein soll nun schon in
einer Zelle beginnen 3) und in den höheren Organismen bis zum
Menschen hinauf sich erweitern, indem es immer mehr Willens-
hemmungen, d. h. Empfindungen, in sich zusammenfaßt. Es ist
lediglich konsequent, wenn Hartmann bemerkt, daß unter den ver-
schiedenen Bewußtseinsformen kein qualitativer Unterschied bestehe.
Das Bewußtsein ist da oder es ist nicht da 4). Der Unter-
schied im Bewußtsein reduziert sich lediglich darauf, ob sein Inhalt
ausgedehnter oder beschränkter ist; hierauf will er die Aufmerksam-
keit und die Deutlichkeit reduzieren. Wenn Teile einer Wahr-
nehmung verschwinden, wird die ganze Wahrnehmung undeutlicher.
Die Aufmerksamkeit hat Grade, sie verhindert Störungen durch andere
Wahrnehmungen. Aber das Bewußtsein wird dadurch nicht intensiv
gesteigert, sondern nur sein Inhalt bereichert, sein Umfang erweitert.

1) Bgl. Phil. d. Unbem., S. 390 f.

2) a. a. D., S. 403 f.

3) S. 451 f. 489.

4) S. 411 f.

Das Bewußtsein eines Menschen und einer Pflanze unterscheidet sich lediglich nach der Menge des Stoffes, welche sie aufnehmen 1). Das entspricht völlig jener Ansicht, daß immer kompliziertere Aggregate von Willensatomen und deren Ideeen die höheren Organismen darstellen. Auch das Selbstbewußtsein macht hier durchaus keine Ausnahme; denn das Selbst, das Ich sei nichts als ein Objekt des Bewußtseins unter anderen 2), und an diesem Objekt könne bald mehr bald weniger wahrgenommen werden, daher es Grade zu haben scheine. Um diese Ansicht völlig zu übersehen, müssen wir noch hinzufügen, wie er sich zu dem Begriff des Individuums und des individuellen Selbstbewußtseins verhält. Hartmann stellt sich hier das Problem so, daß er zwischen der absoluten Philosophie, welche das Individuum nicht berücksichtige, und zwischen dem Herbartschen Pluralismus vermitteln will. „Das Recht der Vielheit und Individualität reiche so weit, wie die Realität des Daseins überhaupt, aber die Realität des Vielen sei nur Erscheinung des Alleinen." 3) Gehen wir von der Konstruktion der Individuen aus, wie sie sich bei Hartmann findet, so hat er zunächst Willensatome, welche lediglich durch ihre Richtung, d. h. durch ihre Relation nach außen sich von einander unterscheiden. Alle höheren Einheiten sind verschiedene Gruppierungen dieser Atome nach der Idee dieser Gruppierungen. Sie sind also Summen von einer Anzahl Atome. Allein da diese Gruppierungen stets nur durch die Beziehungen zur Außenwelt zugleich begrenzt sind und da jedes Individuum wieder Į einer höheren Atomengruppe kann beigefügt werden, so wird der Bes griff des Individuums fließend. Hartmann bestimmt dasselbe 4) zwar als ein Wesen, das alle Einheiten in sich vereinige, die Einheit des

1) S. 419. 420.

2) S. 389 f.

3) Phil. d. Unbew., S. 614. Übrigens stimmt er mit Herbart auch insofern zusammen, als er das Bewußtsein nur als eine Vereinigung von außen veranlaßter Vorstellungen auffaßt, welche mit Notwendigkeit unter einander in Verhältnis treten, wenn er auch darin differiert, daß er diese Summe als Erscheinung des Alleinen faßt und nicht bloß auf Vorstellungen reduziert wissen will (S. 411). Vgl. Herbarts Werke, Bd. V, S. 270f. 282f.; Bd. IV, S. 310 f.

4) S. 486.

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