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die Aufnahme der Zeichenkunst unter die Lehrmittel des jugendlichen Elementarunterrichts (in primum gradum artium liberalium, Plin. N. Hist. XXXV. 10; vgl. Privatalterth. §. 35, N. 17) betrifft, so kann diese darum mindestens nicht mehr als die gleichzeitig dem griechischen Knaben mitgetheilte Musikübung, nachdem sie einmal ihren Zweck formaler Geistesbildung erreicht hatte, als Gegenstand fortgesetzter dilettantischer Anwendung des Erwachsenen gelten. Das zeigt selbst die oben bereits angeführte Stelle aus Cicero, wo dieser, während er für Musikübung Erwachsener wenigstens das auch bei Cornel. Nep. Prooem. §. 1. wiederkehrende Beispiel des Epaminondas aufstellt, die Achtung der Malerei bei den Griechen nur durch Künstler vom. Fache, wie Polyklet (Polygnot?) und Parrhasios, beweist; und wenn selbst musikalische Unterhaltungen in der Regel auf die Zwecke und Zeiten der Geselligkeit beschränkt geblieben zu seyn scheinen, wovon nicht einmal die pythagoreische Sitte bei Quintilian IX. 4. 12, wenn wir lamblich. V. Pythagor. §. 110 fgg. vergleichen, eine wahre Ausnahme macht, so lässt sich für zeichnende und bildende Kunst in der ganzen Lebensweise des freien und gebildeten Griechen, der bekanntlich den grössten Theil des Tages ausserhalb des Hauses zubrachte, eben so wenig eine Beziehung finden, in welcher er dieselbe zu üben veranlasst oder bemüssigt gewesen wäre, als solche Uebung anderseits mit den herrschenden Begriffen oder meinethalben Vorurtheilen der antiken Gesellschaft vereinbar ist. Von denjenigen Gesichtspuncten, unter welchen dieser die berufsmässige Künstlerschaft anstössig war, fiel allerdings ein hauptsächlicher, der Lohndienst, bei dem Dilettantismus weg, der insofern mehr als freie Kunst hätte gelten können; um so schwerer wog dagegen der andere, die Handarbeit, die gerade hier durch kein Gegengewicht des Bedürfnisses und Berufs, durch kein oyov ovdiv öveidos (Hesiod. or. 311) entschuldigt war, wie es wenigstens nach einer Seite der griechi

schen Lebensansicht hin (Thucyd. II. 40; Plut. V. Solon. c. 2 und 22) dem Künstler schützend und rechtfertigend zur Seite stand, während dem лάoɛоуov neben dem Makel, den es mit letzterem theilte, noch der weitere Vorwurf des ά2λó– Tolα пOάTTεw (vgl. m. Note z. Lucian. hist. conscr. p. 331) oder der Vielgeschäftigkeit im Gegensatze des odor tis v Exαotos Eidεin tέxvnv (Aristoph. Vesp. 1431; vgl. Cicero Tuscul. I. 18 und Valck. Diatr. Eurip. p. 76) drohete. Welche Abneigung das gebildete Alterthum wenigstens auf dem Höhepuncte seiner Cultur gegen jegliche avrovoyía (Plut. V. Pericl. c. 2) oder mechanische Arbeit empfand, zeigt selbst das schriftstellerische Gebiet in der stets mehr überhandnehmenden Sitte des Dictirens; und wenn es schon bei dem musikalischen Unterrichte in Frage kommen konnte, TórɛQOV δεῖ μανθάνειν αὐτοὺς ᾄδοντάς τε καὶ χειρουργοῦντας ἢ μή (Arist. Polit. VIII. 6), so liegt der Schluss nahe, dass auch im günstigsten Falle das zagovorav nur als unerlässliches Medium der durch die Musik beabsichtigten Gemüths- und Geschmacksbildung dienen sollte, dessen Verselbständigung als Kunstübung weder bezweckt noch, wo sie gleichwohl erfolgte, gebilligt und des freien Mannes würdig befunden ward; vgl. Plut. V. Pericl. c. 1: & de Dinлos лоÒS TÈν viòv ἐπιτερπῶς ἔν τινι πότῳ ψήλαντα καὶ τεχνικῶς εἶπεν· οὐκ αἰσχύνῃ καλῶς οὕτω ψάλλων; Was aber von dieser Kunst galt, wo doch die Flöte ausgenommen - der Spielende sich gleichzeitig mit Poesie und Gesang begleiten konnte, wiederholt sich in gesteigertem Maasse bei der zeichnenden, deren zagovoria (Ath. VII, 11.) das Alterthum bedeutsam stumme Poesie (Wytt. ad Plut. p. 198) genannt hat; und so wenig auch deshalb ihren Werken, die vielmehr vorzugsweise pes, manus (Poll. Onom. II, 150; Hand ad Stat. p. 400) hiessen, die gebührende Anerkennung gebrach, SO konnte doch darin für Völker, welchen das lebendige Wort und der Vorzug der Sprache über alles ging, keine Einladung liegen, sich zum blossen Vergnügen oder Zeitvertreibe

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mit ihrer Handbabung zu beschäftigen. Αὐλείτωσαν Θηβαίων παῖδες, οὐ γὰρ ἴσασι διαλέγεσθαι, hatte Alkibiades sicher im Einverständniss mit den meisten seiner Landsleute gesagt (Plut. V. Alcib. c. 2); darin lag gewiss nicht, dass den Athenern der Sinn für die Kunst des Flötenspiels abgegangen wäre, deren Tönen sie aus dem Munde böotischer oder peloponnesischer Virtuosen bei den jährlich wiederkehrenden Dionysosfesten gern ihr Ohr liehen; aber sie dachten, wie Plutarch a. a. O. den Ausspruch des makedonischen Königs commentirt: ἀρκεῖ γὰρ ἂν βασιλεὺς ἀκροᾶσθαι σχολάξῃ καὶ πολὺ νέμῃ ταῖς Μούσαις, ἑτέρων ἀγωνιζομένων τὰ τοιαῦτα θεατὴς γενόμενος : und so wird es denn auch den Römern nicht zum Präjudize gegen ihren Sinn für bildende Kunst gereichen dürfen, wenn sie die Früchte einer Thätigkeit, zu deren eigener Ausübung sie ohnehin keine Anlage in sich verspürten (Aeneid. VII, 848; vgl. d. Erkl. z. Horaz Epist. II. 1, 32), als Zuschauer zu geniessen vorzogen und selbst den Dilettantismus ihrer Musse in der Kaiserzeit lieber den Künsten der Rede als der todten Form zuwandten. Höchst charakteristisch erscheint in dieser Hinsicht die Erzählung bei Plinius XXXV, 4. §. 21, dass man einen taubstummen Knaben aus guter Familie zum Maler bestimmte, eben weil ihm das Mittel fehlte, um auf dem Gebiete zu glänzen, wo der Römer auch damals noch seine Lorbeeren zu suchen pflegte; also keine Geringschätzung der Kunst als solcher, geschweige denn Unfähigkeit ihren Werth zu verstehen, sondern nur das richtige Gefühl, zu etwas anderem berufen zu seyn, war es, was den Römer im Ganzen mehr der rednerischen Laufbahn zulenkte, während er das Gebiet der bildenden Künste denjenigen anzubauen überliess, die kein Arg dabei hatten, dieses auch schweigend zu verrichten; und wie damit die Würdigung ihrer Leistungen wohl vereinbar war, zeigt derselbe Plinius, wenn er nach kurzer Ausführung des Satzes: postea non est spectata honestis manibus, alsbald fortfährt: dignatio

autem praecipua Romae increvit u. s. w. Mit einem Worte: der mangelnde Dilettantismus in der Kunst bei den Römern beweist nichts gegen ihren Kunstsinn, weil die Handhabung der Kunst im Alterthume von ihrem Genusse überhaupt viel schärfer als bei uns getrennt war; er beweist nichts, weil die Bedingungen dieser Handhabung bei den bildenden Künsten insbesondere dem Dilettantismus ungleich mehr im Wege standen als ihn hervorzurufen geeignet waren; und wenn daher selbst das kunstsinnigste Volk, die Griechen, in dieser Hinsicht keinen Schluss von der berufsmässigen Ausübung derselben auf die dilettantische gestattet, so wird bei den Römern, wo beiden noch triftigere Gründe entgegenstanden, die Trennung des thätigen und des empfangenden Kunstsinns noch ausgeprägter seyn müssen.

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Wer zu viel beweist, hat nichts bewiesen diesen Spruch sehen wir also schon bei diesem ersten Argumente unseres Gegners bewährt, mit dessen Waffen und nach dessen Schlussfolgerung es ein Leichtes wäre, auch den Griechen ebensowohl wie den Römern allen Kunstsinn abzusprechen; dasselbe gilt aber fast noch in höherem Grade von dem argumentum ex silentio, welches derselbe aus der spärlichen Erwähnung plastischer oder malerischer Kunstwerke bei den römischen Schriftstellern der Kaiserzeit entlehnt hat.,,Eine kurze Uebersicht der bedeutendsten Grössen in der Literatur während eines Zeitraums von vierhundert Jahren wird ergeben, dass man unter so vielen geistvollen und hochgebildeten Männern nach dem Zeugniss ihrer erhaltenen Schriften kaum einem Kunstsinn zusprechen darf, während man ihn der Mehrzahl entschieden absprechen muss" - mit diesen Worten beginnt er eine Aufzählung lateinischer Dichter, Historiker, Rhetoren, bei welchen er Nachrichten, Urtheile, Anspielungen kunstgeschichtlicher Art gesucht und entweder gar nicht oder doch nicht in der erwarteten Anzahl, geschweige denn in befriedigender Form gefunden aber hätte er nicht vorerst den Beweis führen müs

hat;

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sen, dass diese Schriftsteller, bei Strafe nach zweitausend Jahren sich und ihrem Volke den Kunstsinn abgesprochen zu sehen, solche Erwähnungen zu thun verpflichtet waren? Ich rede hier nicht von solchen, die, wie der ältere und auch der jüngere Plinius, Quintilian, Petronius, wirklich von Kunst sprechen und nur in der Art und Weise dieser Besprechung dem Kritiker nicht genug thun; auf diese kommen wir später noch besonders; wenn aber auch Virgil und Horaz, Properz und Ovid, Seneca und Tacitus zu diesen negativen Zeugnissen herbeigezogen werden, so fragen wir doch billig nach dem Grunde der Foderung, nicht bloss, dass jeder Mann, der sich in welchem Gebiete der Literatur immer auszeichnet, in demselben zugleich für den Kunstsinn seines ganzen Volkes einstehe, sondern dass er auch seinen eigenen Kunstsinn bei jeder Gelegenheit, wo er dichtet oder Geschichte schreibt, wo er moralische oder naturwissenschaftliche Betrachtungen anstellt, zur Schau trage?,,Wess das Herz voll ist, dess geht der Mund über," wird man uns vielleicht antworten; und insofern dieser Spruch positiv auf das entschiedene Vorwalten der redenden Kunst über die bildende im geistigen Leben wie in der Thätigkeit der Römerwelt angewendet werden soll, räumen wir ihn gern ein und sind weit entfernt, für letztere einen Kunstenthusiasmus im modernen Sinne in Anspruch zu nehmen, wo er manches Menschen Dichten und Trachten ganz erfüllt; dass es aber eben so unhistorisch wie unlogisch ist, ihn auch umzukehren und negativ gefasst zu behaupten, dass, wess der Mund nicht übergehe, davon auch das Herz nichts wisse, zeigt wiederum das Beispiel der Griechen, in deren gleichfalls vierhundertjährigem Schriftenthume vom Höhepuncte ihrer bildenden Kunst an bis zur Römerzeit es mindestens eben so schwer fallen. dürfte, unter der Classe von Schriftstellern, welche mit den oben genannten Römern gleichstehen, irgend welche hervorragende Spuren des Kunstsinns zu finden, von dem die Nation gleichzeitig in

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