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Römische Knaben erlernen das As in langer Berechnung Theilen in Hundertstel selbst. — Mag sagen der Sohn des Albinus:

Bon fünf Zwölfteln des Asses die Unze genommen, was

bleibt da?

Rasch nur! du weißt es. Ein Drittel des Asses.

Getroffen!

Verstehen

Wirst du das Geld zu erhalten. Ein Zwölftel addiret?

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Sollen wir hoffen, wenn solch' ein Rost und die Sorg' um den Geldsack

Also die Geister erfaßt, daß sie werden Gedichte, die werth sind Cedernöls und cypressenen Kästchens, zu schaffen vermögen? 1)

Die patriarchalische Sittenreinheit der Römer dauerte nur so lange, als die Existenz der einzelnen Bürger auf dem Ertrage ihres Grundstückes beruhte, und das moralische Verderben rig ein mit der ungleichen Vertheilung des Grundbesiges und des beweglichen Vermögens, als es neben wenigen Reichen eine unverhältnißmäßig große Schaar von besißlosen Proletariern gab, die für Panem et Circenses Jedem feil war. Wie nach einem verlorenen Paradiese sehnte sich das spätere entartete Geschlecht nach der Sitteneinfalt, der Mäßigkeit, der Treue und Redlichkeit der bäurischen Vorfahren. Unsere Großväter und Urgroßväter, wenn auch ihre Worte nach Knoblauch und Zwiebeln rochen, waren doch Männer von der tüchtigsten

1) Grajis ingenium, Grajis dedit ore rotundo

Musa loqui, praeter laudem nullius avaris.
Romani pueri longis rationibus assem
Discunt in partes centum diducere. Dicat
Filius Albini: si de quincunce remota est
Uncia, quid superet? Poteras dixisse. Triens. Eu!
Rem poteris servare tuam. Redit uncia, quid fit?
Semis. At haec animos aerugo et cura peculi
Cum semel imbuerit, speramus carmina fingi
Posse linenda cedro et levi servanda cupresso?

Gesinnung", sagt Varro (avi et atavi nostri, cum alium ac cepe eorum verba olerent, tamen optime animati erant; Varro apud Non. cepe).

Neben den Tugenden offenbarten die Römer aber auch die dem Bauernstande anhaftenden Fehler, vor Allem jene Zähigkeit und das Festhalten an dem Alten, jenen Widerwillen gegen alles Fremde, auch wenn es als das Bessere erkannt wurde. Hiermit hing der Stolz auf das Eigene zusammen. Der Bauernstolz wandelte sich in der Stadt in den Bürgerstolz um. Rom ist die erste Stadt der Welt und ein römischer Bürger ein bevorzugtes Wesen. Civis Romanus sum, war der höchste Ruhm eines Römers. Hieraus erwuchs das römische Nationalgefühl, der römische Patriotismus, der sich jedoch nicht auf das italische Heimathsland, sondern einzig auf die Stadt Rom bezog. Rom groß und gefeiert zu machen, war der Wunsch jedes Bürgers. Die Eitelkeit und Eifersucht auf Rom duldete keine Nebenbuhlerin, und so ward durch die Energie seiner Bürger aus der Metropole Latiums später die Hauptstadt Italiens und endlich die Herrin der Welt. Aehnliche Erscheinungen, wenn auch in bedeutend kleinerem Maßstabe, bieten im Mittelalter die Städterepubliken in Italien und Deutschland. In der assimilirenden Kraft der römischen Politik lag es, daß die meisten verbündeten und unterworfenen Nationen bald die Erinnerung an ihren frühern Zustand und jede nationale Eigenthümlichkeit aufgaben und zu Römern wurden, deren Interesse mit dem Roms eins war, und so nur wurde es möglich, daß Rom die Welt in sein Weichbild zog.

In der äußern Sitte zeichnete den Römer eine gewisse Derbheit und Entschiedenheit aus. Er trat mit dem Selbst= gefühl seiner Würde auf, und das gab ihm jene gravitas, jenen männlichen Charakter, der ihn von dem schmiegsamen Wesen, der levitas, der Griechen durchaus unterschied. In der Rede war er kurz gebunden, kein Freund von vielen Worten, im Gegensatz zu dem Graeculus loquax. Der gemeine Römer war grob wie eben ein Bauer; davon zeugt der Reichthum an Schimpfwörtern in der Komödie, und das Fescenninische Schimpfspiel war eine echt bäuerische Belustigung. Die ge=

schlechtlichen Beziehungen wurden durchaus nicht mit Zartheit behandelt. Die gemeine römische Sprache ist überaus reich an obscönen Ausdrücken, und der Volkswitz gefiel sich in derben Umschreibungen und Vergleichungen unehrbarer Begriffe. Greller noch wie auf dem Lande mochte die Rohheit bei dem römischen Stadtpöbel hervortreten.

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Unheil'gen Pöbel hass' ich und halte fern, 1) war gewiß nicht Horazens Herzensmeinung allein. In der höhern städtischen Gesellschaft schliff sich allmälig der bäuerische Ten ab, und die urbanitas, der seine städtische Ton, bildete einen Gegensatz zu der rusticitas des gemeinen Volkes. Der Spott und der derbe Schimpf wurde in der Umgangssprache der bessern Gesellschaft zur feinen Ironie (cavillatio) und zum treffenden Wigwort (dicacitas). Doch selbst noch in der Zeit der höchsten Bildung klagt Horaz:

Es haben die Spuren des Dorfes Lange nachher sich gezeigt und sind noch heut nicht ver= schwunden. 2)

Berin eigentlich die urbanitas bestehe, das war schon den Alten schwer zu bestimmen. Es ist, meint Cicero (Brut. 46), jener eigenthümliche Anstrich, den nur Rom selbst geben kann, und der nicht blos in der Rede, sondern auch in allem Uebri= gen zum Vorschein kommt, oder, wie Quinctilian sich ausdrückt (VI, 3): jener richtige Tact, der alles Ungereimte, Bäuerische, Rohe, Fremdartige in Gedanken, Worten, Ausdruck und Geberden meiden lehrt (illa est urbanitas, in qua nihil absonum, nihil agreste, nihil inconditum, nihil peregrinum neque sensu, neque verbis, neque ore gestuve possit deprehendi). Die urbanitas ist das großstädtische Wesen, wie es die Hauptstadt jedes großen Reiches heute noch erzeugt. Der Zusammenfluß einer zahlreichen Volksmenge, in der sich die verschiedenartigsten Interessen durchkreuzen, fördert die Ausbildung des Verstandes,

') Odi profanum vulgus et arceo. (Hor. Od. III, 1, 1.) Sed in longum tamen aevum

2)

Manserunt hodieque manent vestigia ruris.

(Hor. Epist. II, 1, 159.)

schärft den Blick für die Fehler und Unvollkommenheiten Anderer und schleift die Ecken und Unebenheiten in den Manieren ab. Die große Stadt ist die Schule des Wißes und Anstandes, und treffend erklärt Plinius (Epist. IV, 25) den Großstädter als den, der bei jeder Gelegenheit sich wißig und passend zu äußern verstehe (urbanus homo erit, qui omni loco ridicule commodeque dicat). Phantasie und Gemüth finden auf solchem Boden wenig Nahrung; daher ist jede Literatur, die aus dem Schoße des großstädtischen Lebens hervorgeht, mehr ein Product des Verstandes, als der Phantasie und des Herzens. Sie verdankt ihre Wirkung meist nur ge= wissen rhetorischen Mitteln; sie blendet durch Wiß und gefällt durch Glätte und Eleganz, läßt aber kalt und erregt nur ein vorübergehendes Interesse, wenn nicht andere Umstände, wie eben der römischen Literatur, zu Hülfe kommen, ihr eine bleibende Bedeutung zu verschaffen.

Der sicherste Maßstab der geistigen und sittlichen Bildungsstufe eines Volkes ist die religiöse Anschauung und das religiöse Leben desselben. Die Religionen der verschiedenen Völkerschaften der Italiker beruhte im Wesentlichen auf denselben Grundanschauungen, wenn sie auch in äußern Formen und Riten abwichen. Ihre Götter sind Abstractionen des Irdischen und als solche nicht persönliche Wesen wie bei den Griechen; sie sind die vergötterten Begriffe des Gemeinwesens, der Stamm= genossenschaft und der Familie, Staats-, Stamm-, Haus- und Feldgötter. Den Staatsgöttern ward ein öffentlicher Cultus zu Theil, dessen Besorgung den einzelnen Priestern übertragen war, während den religiösen Genossenschaften die Erhaltung der Tradition für die gottesdienstlichen Verrichtungen oblag, was in Rom um so nöthiger war, als bei Aufnahme neuer Gemeinden auch immer neue Gemeindeculte als staatlich be= rechtigt anerkannt wurden. Doch ward dafür gesorgt, daß der Priesterschaft jeder politische Einfluß genommen wurde. Be= ruhte der öffentliche und Privatcultus im Allgemeinen auf denselben Anschauungen, so war auch ihr Charakter im Wesent= lichen gleich. Die Religion der Italiker gab der Freude an dem Irdischen den Ausdruck, daher der Göttercultus ein heiterer,

allem Mystischen und Ascetischen fremder war. Man empfing die Gaben der Götter mit Dank und freute sich ihrer bei Echerz und Spiel und dem Opfer folgte ein fröhliches Fest=

In der Religion der Italiker herrschte das Verständige vor; das Gemüthliche und Phantastische war ihr fremd. Man verhielt sich des eigenen Vortheils wegen gut mit den Göttern und beobachtete daher mit der äußersten Strenge den von Alters her bewährten Cultus; die hergebrachten Ceremonien und Riten. wurden, selbst nachdem ihre Bedeutung im Laufe der Zeit vergessen worden war, mit der ängstlichsten Gewissenhaftigkeit verrichtet. Die Disciplin beherrschte, wie das ganze Wesen des Römerthums, so auch die Religion, die selbst als das Band betrachtet wurde, womit der Gott den Menschen an sich hüpfte (nomen religionis a vinculo pietatis est deductum, quod hominem sibi deus religavit. Lact. Inst. IV, 28) und durch das der Mensch zu den Göttern gezogen wurde in immer wiederkehrender Uebung und gleichsam Sammlung alles dessen, was auf den Dienst der Götter Bezug hat (qui omnia, quae ad cultum deorum pertinerent, diligenter retractarent et tamquam relegerent, sunt dicti religiosi ex relegendo, ut elegantes ex eligendo; Cic. de nat. deor. II, 28). Einer Religion, in der die Götter bloße Abstractionen sind, mußte eine Mythologie fast ganz abgehen, und schon deshalb waren die römischen Dichter genöthigt zu der griechischen Mythologie ihre Zuflucht zu nehmen und die römischen Götter so gut als möglich den griechischen anzupassen. Wie die Phantasie, so ließ auch das Herz der römische Glaube unbefriedigt, und auch hier holte man aus fremdem Glauben, was der eigene nicht gab. Schon früh schlich sich die etruskische Mystik und Mantik mit ihren abergläubischen und barbarischen Gebräuchen ein und später fanden die ägyptischen und orientalischen Superstitionen die willkommenste Aufnahme. Die vielgepriesene Religiosität ter alten Römer war mehr eine äußere Gesetzlichkeit und Gewöhnung an Gehorsam, als eine aus einem lebendigen Gottesbewußtsein hervorgegangene Hingebung an den göttlichen Billen; sie entbehrte des innern Haltes, und als daher die Berührung mit fremden Völkern den Väterglauben wankend

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