werden, so dem Germanicus (Tac. Annal. II, 83) und dem Verus, Sohn des Kaisers Antoninus Philosophus, der als fiebenjähriger Knabe gestorben war (Capit. Ant. Phil. 21). — Die metrische Form der Lieder war das saturnische Maß und die alterthümliche Sprache wich so sehr von der spätern ab, daß selbst die Bemühungen eines L. Aelius Stilo, der nach Varro (de 1. L. VI, p. 65) einen Commentar über die Carmina saliaria geschrieben hat, nicht viel Licht über dieselben verbreitet zu haben scheinen, da Horaz klagt (Epist. II, 1, 86), daß die Bewunderer alt römischer Poesie des Numa saliarisch Lied, wenn sie sich auch mit der Kenntniß desselben brüsten, doch ebenso wenig verständen, wie er selber, und Quinctilian bezweifelt, ob die Priester selbst den Sinn kennen. Wir be= sizen nur noch einzelne unbedeutende Bruchstücke. = Ein ähnliches uraltes religiöses Lied, das der arva= lischen Brüder, ist in zwei, im Jahre 1777 unter Papst Pius VI. zu Rom ausgegrabenen Marmortafeln vom Jahre 218 n. Chr. erhalten. Das nicht ganz unverstümmelt auf uns gekommene Denkmal enthält die Beschreibung eines Opfers an den Ambarvalien oder dem Feste der Flurenweihe im Frühling nebst dem dabei von der arvalischen Brüderschaft abgesungenen Liede. Der Rhythmus desselben ist saturnisch, die Sprache von dem spätern Latein ziemlich abweichend. Nach Grotefends Erklärung würde es im Deutschen etwa so lauten: Auf, ihr Laren, helft uns! Marmar, laß nicht Gifthauch fallen auf die Blüthen! Auf, o Marmar, hilf uns! Triumpe! Triumpe! 1) 1) Enos, Lases, juvate! Neve luervem, Marmar, sins incurrere in pleores! Semunis alternis advocapit conctos! Enos, Marmar, juvato! Triumpe! Triumpe! Nach einer andern Interpretation und Eintheilung hat es so geheißen: an die Götter. Uns, Laren, helfet! Nicht die böse Seuche, Mars, Mars, laß einstürmen auf Mehrere! Satt sei des Wüthens! an die einzelnen Auf die Schwelle springe! Brüder. Steh' ab vom Hüpfen! an alle Brüder. Den Semonen, erst ihr, dann ihr, rufet zu alle! zu dem Gotte. Uns, Mars, Mars, hilf! an die einzel-Juble! Juble! Juble! Juble! Juble! 1) nen Brüder. Aus späterer Zeit ist die Weiheformel beim Weihefest des Hercules: Was, Mißgeschick befürchtend schwer betroffnem Wohlstand, Zu Weih' und Schmaus den Zehnten bringen gern die Kinder 1) Enos, Lases, juvate! Ne veluerve, Marmar, sins incurrere in pleores! Limen sali! Sta berber! Semunis alternis advocapit conctos! Enos, Marmar, juvato! Triumpe! triumpe! triumpe! triumpę! triumpe! (Mommsen R. G. I, 147). 2) Quod re sua difeidens aspere afleicta Uralt sind auch die Drakelsprüche und Weisjagungen, von denen es ganze Sammlungen,,,betagete Blätter der Seher" (annosa volumina vatum), wie sie Horaz nennt (Epist. II, 1, 26), oder Libri fatales, gab. Die sibyllinischen Sprüche waren in griechischer Sprache. Die Uebersetzung eines Drakelspruches, den der delphische Gott den Beji belagernden Römern ertheilt hat, giebt Livius V, 16. Unter den römischen Wahr= sagern waren besonders Cn. Marcius und sein Bruder, und Publicius berühmt (Cic. de divin. I, 40; II, 55). Von den Sprüchen des Sehers Marcius wurde eine Samm= lung in zwei Bänden nach einem Senatsbeschlusse vom Jahre 539 (215) veranstaltet. Livius (XXV, 12) erwähnt zweier Weissagungen desselben, deren eine sich auf die Schlacht bei Cannä bezieht und in saturnischem Maße also lautet: Flieh, Römer, Troja's Enkel, Canna's Strom, daß Fremde Zum Raube soll dein Fleisch sein. So that Jupiter kund mir 1). Der zweite Spruch bezieht sich auf die Einrichtung der apolli= narischen Spiele. - Derselbe Marcius soll auch ein Sittenbuch geschrieben haben, woraus uns nur ein Spruch er= halten ist: Sprich zulegt, schweig zuerst!2) 1) Amnem, Trojugena, Cannam fuge, ne te alienigenae (Herm. doctr. metr. p. 614). 2) Postremus loquaris, primus taceas. (Mall. Theod. p. 95). Wie alle alte Völker hatten auch die Römer ihre Haubersprüche und magische Schriften, auf die Horaz an= spielt, wenn er sagt (Epist. I, 1, 34): Kocht dein Herz vor Geiz und unglückseliger Gierde: Giebt es Wort' und Lieder, die solchen Schmerz dir zu lindern, Ja dir zum Theil wohl auch die Krankheit zu heben vermögen. Schwellt dich die Liebe zum Ruhm; giebt's sichere Mittel der Sühnung: Treimal ein Büchlein gläubig gelesen, und fort ist das Uebel. 1) Einen Zauberspruch gegen die Seuche hat Varro (de re rust. I, 3, 27) aufbewahrt: Erde Best soll halten, Hier Gesundheit walten! Dieser Spruch wird dreimal neunmal gesagt, dabei berührt man die Erde und spuckt nüchtern aus.“2) Der religiösen Poesie pflegt die vaterländische zur Seite zu gehen. Nächst den Göttern werden die Helden der Heimath gepriesen. Auch die Römer hatten ihre historischen Sagen wie andere Völker. Die früheste Geschichte, die als Sage im Gedächtnisse des Volkes lebte, war lückenhaft, einzelne Epeche machende Ereignisse mit Ausführlichkeit behandelnd, andere dem Volke minder wichtige übergehend oder nur kurz berührend. Die Gründung Roms, der Sieg über den Mutterstaat Alba longa, der Sturz des Königthums, der beginnende Streit der Patricier und Plebejer, die Tyrannei der Zehn= männer, der Kampf um Veji, endlich der Krieg mit den Galliern, find die Ereignisse, deren sich die Volkssage besonders bemäch= ) Fervet avaritia miseroque cupidine pectus: 2) Laudis amore tumes: sunt certa piacula, quae te Terra pestem teneto; Salus hic maneto. Hoc ter novies cantare jubet, terram tangere, jejunum despuere. tigt hatte und die sie in echt römischem Geiste mit patriotischer Uebertreibung des eigenen Ruhmes und, da sie meist Eigen= thum der plebejischen Volksmasse war, mit einer gewissen Parteilichkeit gegen die Patricier behandelte. Nach dem gallischen Kriege, besonders aber nachdem die Plebejer das Consulat errungen hatten, verliert sich die Sage immer mehr, wenn auch noch die spätere Geschichte mit vielen Wundern und sagenhaften Einzelheiten gemischt erscheint. — Aus diesem Sagenschaze entnahmen die von Cato in seinen Originibus erwähnten Tischlieder der alten Römer, die unter Begleitung der Flöte den Ruhm und die Tugenden berühmter Männer priesen (Cic. Tusc. I, 2; IV, 2; Brut. 19; Valer. Max. II, 1, 10; Quinct. I, 10, 20), ihren Hauptstoff und aus diesen Quellen floß in Nenien und Leichenreden das Lob der Verstorbenen und ihrer Vorfahren. Aber ein eigentliches Heldenepos, wie es Niebuhr annimmt (Röm. Gesch. I, S. 263), entwickelte sichwe der aus den Tischgesängen, noch aus den Nenien, weil die religiöse Poesie, womit diese vaterländische im innigsten Zusammenhange stand, nicht, wie bei den Griechen, aus freien Aeußerungen hervor= ging, sondern, wie es die Lieder der saliarischen und arvalischen Brüder zeigen, liturgisch war. Denn offenbar wurden die Tischgefänge, die nach Cato von den Gästen selbst, nach Barro (Non. s. v. assa voce) von ehrbaren Knaben vorgetragen. wurden, nicht bei jeder Mahlzeit, sondern nur bei gewissen feierlichen, officiellen Gastmählern, wie sie als epulae saliares, augurales, pontificales gegeben wurden, gesungen und zwar nicht in freier Weise, wie das wohl von Barden und Sängern von Fach, nicht aber von Magistratspersonen und Knaben zu erwarten ist, sondern nach bestimmten Formularen, die sich leicht dem Gedächtnisse einprägten. Quinctilian (I,40, 19) vergleicht diese Tischgefänge passend mit den ähnlichen kurzen Stolien der Griechen, wovon einige, wie das bekannte des Kallistratus, ebenfalls vaterländische Helden priesen. Auch Horaz spielt auf diese alte Sitte an (Od. IV, 15, 25 flg). Solche Mahlzeiten wurden sonst nur an heiligen Tagen (sacris lucibus) von Männern gehalten; in des Augustus glücklicher Zeit, sagt er: |