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Harmloser waren die Spiele des Wizes und die llebungen des Scharfsinnes in Aufgaben und Räthseln, die, wie Gellius (XII, 6) bemerkt, bei den alten Römern scirpi hießen. Er führt als Beispiel aus Varro's zweitem Buche de lingua Latina ein sehr altes und wißiges Räthsel (per hercle antiquum perque lepidum aenigma) in 3 Senaren über den Grenzgott Terminus (ter-minus) an, der bekanntlich nicht mit den andern Göttern aus dem Kapitol, als es dem Jupiter ge= weiht wurde, weichen wollte, sondern den Tempel mit Jupiter theilte. Das Räthsel lautet ungefähr so:

Wer war es wohl, der, wie es einst mir ward gesagt, Gleichviel ob einmal, zweimal oder dreimal (ter) gar Geringer (minus) als Jupiter, doch ihm weichen nicht ge= wollt? 1)

Die Lebenserfahrungen des Volkes pflegen sich in Sprüch wörtern und Fabeln zu äußeren. Die Römer waren reich an Sprüchwörtern, die sich durch eine gewisse sinnige und Häftige Kürze auszeichneten. Die Komiker und Satiriker ent= halten einen reichen Schatz von ihnen. Die Fabel ist ebenfalls uralt. Führte doch nach der Sage Menenius Agrippa durch die bekannte Fabel von dem Bauche und den Gliedern das empörte Volk vom heiligen Berge in die Stadt Fabeln fanden sich auch in den Satiren des Ennius, Lucilius und Horaz. Erst unter Tiberius schrieb Phädrus in Senaren theils dem Aesop und Andern nachgedichtete, theils selbsterfundene Fabeln. — Weise Sittensprüche pflanzten sich mündlich fort und wurden auch frühzeitig gesammelt. So wird dem alten Seher Marcius eine Gnomensammlung zugeschrieben, und Appius Claudius Cäcus verfaßte ein ethisches Lehrgedicht, das Cicero, der es nur aus einer Stelle eines Briefes des Panätius an D. Tubero kennt, für pythagoreisch hält (Tusc. IV, 2, 4). Aus diesem carmen de moribus eder, wie es auch hieß, sententiae, ist der vielge

1) Semel minusne an bis minus sit, non sat scio,
An utrumque horum, ut quondam audivi dicier,
Jovi ipsi regi noluit concedere.

brauchte Ausdruc facundia canina, bissige Beredtsamkeit, und der Spruch: Faber est suae quisque fortunae, Jeder ist seines Glückes Schmied. Praktische Lehren über Hausund Landwirthschaft waren ebenfalls in kurzen Sprüchen verbreitet. Festus (s. v. Flaminius Camillus) erwähnt eines alten Gedichtes, worin ein Vater seinen Sohn über den Landbau belehrt, und führt daraus den Spruch an:

Aus Winterstaub und Frühlingskoth

Wirst, Sohn, du volle Körner ernten. 1)

Wie wenig gesanglustig auch im Allgemeinen die Römer gewesen sein mögen, so entbehrten sie doch nicht gänzlich des Volksliedes, das freilich zu einer künstlerischen Ausbildung nicht gelangte, weil die Gebildeten solche unmittelbare Ergüsse poetischer Empfindungen als roh und dem feinen Geschmacke zuwider verachteten. Die Schriftsteller erwähnen Soldaten-, Bauern, Matrosen- und Bettlerlieder. Uns find nur wenige Spuren erhalten. Was die Ammen den Kindern zum Einschläfern gesungen, hat uns der Scholiast zu Persius III, 18 aufbewahrt:

Lalla, lalla, lalla,

Aut dormi, aut lacte.

Der Neßfechter oder Retiarius, wenn er auf seinen Gegner, den Mirmillo oder Gallus, losging, sang:

Nicht dich will ich,

Den Fisch will ich;
Was fliehst du mich,
Gallus? 2)

Reigen oder sogenannte Balistea auf den Kaiser Aure= lianus, welche die Kinder an Festtagen bei ihren Kriegs

1) Hiberno pulvere, verno luto

Grandia farra, camille, metes. 2) Non te peto,

Piscem peto.

Quid me fugis,
Galle?

(Fest. s. v. retiarius.)

spielen und Tänzen sangen, hat uns Vopiscus (Aurel. 6 und 7) mitgetheilt:

Tausend, tausend, tausend haben wir massacrirt

Tausend Jahre

Tausend, tausend, tausend haben wir massacrirt

Leb' ein einz'ger Mann, der tausend hat erlegt.

So viel Wein besiget Niemand, als er Blut vergossen hat. Tausend Sarmaten, tausend Franken haben wir ein- und noch einmal

Tortgeschlagen; tausend Perser suchen wir. 1)

Die meisten Lieder hatten die Form eines Wechselge= sanges, so das Liebeslied an die ferne Geliebte, das ein betrunkener Schiffer und Eseltreiber um die Wette sangen, und das Horaz auf seiner brundusinischen Reise im Nachtquar= tier zu Forum Appii wider Willen mit anhören mußte (Sat. L, 5, 14 sqq.). Ein Liedchen in tretischem Maße, das ein Liebhaber an der Thür seiner Geliebten singt, ein sogenanntes лɑɑzλavoi9voor, giebt Plautus Curc. I, 2,

60-67.

Riegel, o Riegel, euch bring' ich gern meinen Gruß;
Lieb und werth seid ihr mir; ach, gar sehr bitt' ich euch,
Helft mir in der Liebesnoth, Allerholdseligste :
Bandelt für mich euch in Kunstspringer um aus fremdem
Land;

Bitte schön: einen Hops macht und laßt raus zur Thür Liebchen mein, das, o Jammer, mir das Herzblut ab= zapft.

1) Mille, mille, mille decollavimus,

Unus homo mille, mille, mille decollavimus
Mille vivat, qui mille occidit.

Tantum vini nemo habet, quantum fudit sanguinis.

Mille Sarmatas, mille Francos semel et semel occi

dimus,

Mille Persas quaerimus.

Ach, wie fest schlafen sie! rücken von der Stelle nicht

Mir zu Lieb'! Geht, bin euch, Riegel, auch gar nicht mehr

gut. 1)

Ein Liedchen, das der Kaiser Hadrian kurz vor seinem Tode gedichtet haben soll, überliefert Spartianus (Had. 23):

O Seelchen, du schweifendes, schmeichelndes Ding,
Des Körpers Gast und Begleiterin,

Jezt wirst du wandern fort von hier
Zum blassen und starren und öden Reich,
Nicht scherzen, wie du pflegest, mehr. 2)

II. Römische Kunstliteratur.

Was der römische Geist aus sich selbst und den in Italien einheimischen Elementen unabhängig von dem Einflusse grie= chischer Kunst entwickelt hat, haben wir im Obigen dargestellt. Die eigentliche Kunstliteratur der Römer beginnt nach dem Ende des ersten punischen Krieges mit Livius Andronicus, der nach dem einstimmigen Zeugnisse der Alten die Reihe der

1) Pessuli, heus pessuli, vos saluto lubens,
Vos amo, vos volo, vos peto atque obsecro,
Gerite amanti mihi morem, amoenissumi:
Fite causa mea ludii barbari,

Sussilite, obsecro, et mittite isthanc foras,
Quae mihi misero amanti ebibit sanguinem.
Hoc vide, ut dormiunt pessuli pessumi,
Nec mea gratia commovent se ocyus.
2) Animula vagula, blandula,

Hospes comesque corporis,
Quae nunc abibis in loca
Pallidula, rigida, nudula,
Nec, ut soles, dabis jocos.

lateinischen Schriftsteller eröffnet. - Die Geschichte der Gefammtliteratur der Römer umfaßt die beiden großen Zeiträume: die Zeit der Republik und die des Kaiserthums, und theilt sich in die 3 Abschnitte: die Zeit des Entstehens und Wachsthums, die der Blüthe und die des allmäligen Hin welkens und Absterbens; die archaistische, classische und nach-classische Literatur.

Erster Abschnitt.

Die archaistische Literatur.

Ben Livius Andronicus bis Cicero, von 514 (240) bis 674 (80). A. Poesie.

1. Livius Andronicus.

Der Krieg mit Pyrrhus von Epirus und später der erste kunische Krieg hatte Rom mit den gebildetsten Völkern in nähere Berührung gebracht. Die griechische Kultur hatte damals in Unteritalien und Sicilien sich zur höchsten Blüthe entwickelt und die Bekanntschaft mit ihr konnte ihre Wirkung auf die, wenn auch kriegerischen, doch für eine höhere Gesittung durch ihre bürgerlichen und staatlichen Institutionen genugsam vorbereiteten Römer nicht verfehlen. Umgekehrt hatte der hohe Kriegsruhm der Römer den eiteln, sonst auf ihre Vorzüge stolzen Griechen eine gewisse Achtung abgezwungen, die sich auf dem Gebiete der Literatur darin aussprach, daß man theils in Mythen und Geschichten die Verwandtschaft der Grieden mit den Römern geltend machte, theils bemüht war, die Römer selbst der griechischen Bildung zuzuführen. Wenn auch früher schon Einzelne, nicht unbekannt mit griechischer Bildung und Literatur, Nachbildungen griechischer Muster versucht haben mechten, wie Appius Claudius Cäcus, von dem Cicero (Brut. 16) eine Rede an Pyrrhus und ein Lehrgedicht erwähnt, so ge= bührt doch Livius Andronicus der Ruhm, die große Menge zuerst mit den Meisterwerken des griechischen Epos und Drama's bekannt gemacht zu haben.

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