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Die Gewalt ruht, wenn der Vater zu ihrer Ausübung unfähig wird. 78

Zweites Kapitel.

Das Vermögensrecht der Hauskinder.1

§ 32. Geschichte des Rechtes des Hausvaters.

Nach altrömischem Rechte wurde alles dem Hausvater zu eigen, was seine Hauskinder erwarben.2

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Natürlich hatten die Hauskinder, welche mit dem Vater wirthschafteten, bei dessen Lebzeiten in der Regel den Mitgenuß des väterlichen Vermögens, sie wurden auch bei dessen Tode von Rechtswegen deffen Erben, wenn sie nicht rechtsförmlich enterbt waren. Um deswillen behaupten manche ein Gesammteigenthum der freien Hausgenossen an dem Patrimonium des Hauses. Dies mit Unrecht. Die rechtliche Gestaltung des Verhältnisses ist vielmehr auch hier scharf von dem zu scheiden, was die natürliche Beziehung von Vater und Kind und die Sitte mit sich bringt. Der Hausvater war der Alleincigenthümer des Vermögens des Hauses, die Kinder hatten keinerlei Recht an demselben.

Die starre Vermögenseinheit wurde dadurch gemildert, daß Hauskinder wie Sklaven nicht selten ein Sondervermögen - peculium

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7) Gewisse Würden befreiten im späteren Rom von der väterlichen Gewalt. Unter diesen kommt nur noch die des Bischofs vor. Es ist aber der Bischof bei uns schon aus anderem Grunde gewaltfrei, weil er nämlich eine separirte Dekonomie hat.

8) Das Ruhen der väterlichen Gewalt im Falle der Geisteskrankheit des Vaters ist gemeinrechtlich anerkannt; die Römer, welche einseitig das Recht des Vaters betonten, wissen hiervon nichts. 1. 8 D. de his, qui sui vel alieni juris 1, 6.

1) Mandry, das gemeine Familiengüterrecht Bd. 1 1871, Bd. 2 1876.

2) Gajus Inst. II § 87. Igitur, quod liberi nostri, quos in potestate habemus, item quod servi nostri mancipio accipiunt vel ex traditione nanciscuntur, sive quid stipulentur vel ex aliqualibet causa adquirant, id nobis adquiritur: ipse enim, qui in potestate nostra est, nihil suum habere potest.

3) Brinz, Pandekten 1. Aufl. Bd. 2 S. 1158.

4) Vgl. Mandry, über Begriff und Wesen des Pekulium 1869; Mandry, Familiengüterrecht Bd. 2 S. 1. Dort siehe S. 2 Anm. 1 die Litteratur über das Pekulium. Das Pekulium wird bei den Byzantinern und der Glosse sowie bei den neueren profecticium" genannt, d. h das vom Vater stammende, im Gegensage zu anderem Kindeserwerbe, dem „adventicium", welches aber im justinianischen Rechte in Wahrheit kein „peculium“ mehr ist.

durch Koncession des Hausvaters erhielten. Auch dies Vermögen gehörte rechtlich ausschlicßlich dem Hausvater; er konnte es jederzeit einziehen; es bildete bei seinem Tode einen Bestandtheil seines Nachlasses. Thatsächlich aber unterstand es dem Hauskinde.5

Die wichtigste Konsequenz der Einräumung eines Pekuliums war, daß der Vater bis zum Betrage des Pekuliums aus den kontraktlichen Schulden des Hausuntergebenen mit der actio de peculio belangbar war. Diese Haftung bezog sich keinesweges bloß auf Schulden, welche das Hauskind in Folge einer Ermächtigung des Hausvaters kontrahirt hatte, sondern auch auf diejenigen, die er ohne den Willen des Vaters, ja gegen dessen Verbot, eingegangen hatte.7

Obligationen zwischen den durch eine Gewalt verbundenen Personen waren klaglos, also bloß natürliche. 8

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Die alte Organisation des Hauses erhielt sich rein bis zum Anfang der Kaiserzeit. Von da an erfuhr sie allmählig Modifikationen. 1. Gewisse Vermögen erwirbt das Hauskind zu Eigenthum und zu eigener Verwaltung freies Kindesgut. Dahin gehört das peculium castrense, d. h. der Erwerb des Haussohnes in Folge des Kriegsdienstes, ferner das peculium quasi castrense, vorzugsweise Erwerb als Beamter, Advokat, Geistlicher, endlich die irregulären Adventicien, d. h. Erwerb des Kindes, welches nach besonderer Bestimmung von dem Nießbrauche und der Verwaltung des Vaters frei ist.

2. Hiervon abgesehen, wurde der Erwerb des Kindes, welcher nicht vom Vater stammt, zwar dem Kinde zu eigen, trat aber in den Nieß

5) Das peculium wird von den Römern definirt als „veluti patrimonium filiorum filiarumque, item servorum" § 10 I. de act. 4, 6; 1. 47 § 6 D. de peculio 15, 1. Es ist Vermögen, welches thatsächlich der gewaltunterworfenen Person, rechtlich deren Gewalthaber gehört: Mandry, Familiengüterrecht Bd. 2 S. 6. Es entsteht nur durch die Koncession des Hausvaters: Mandry, Familiengüterrecht Bd. 2 S. 69. 6) Ueber die Pekulienklagen vgl. oben Bd. 2 S. 38 Anm. 6. 7) 1. 17 § 4 D. de instit. a. 14, 3.

8) § 6 I. de inutilibus stipulationibus 3, 19, 1. 2 pr. D. de contr. empt. 18, 1, 1. 7 D. de obl. et act. 44, 7. Von der Pfordten, Abhandlungen n. 2. „Obligationen zwischen den durch väterliche Gewalt verbundenen Personen", Mandry, Familiengüterrecht Bd. 1 S. 150. Gewöhnlich führt man die Ausschließung klagbarer Obligationen zwischen Hausgenossen auf die s. g. Personeneinheit zurück, die zwischen Hausvater und Hauskind bestehe. In der That finden sich Anklänge an diesen Gedanken in den Rechtsquellen. So sagt Justinian in der 1. 11 § 1 C. de impub. substit. 6, 26: ,cum et natura pater et filius eadem persona paene intelleguntur" und § 4 I. de inut. stip. 3, 19: „quia vox tua tamquam filii sit, sicuti filii vox tamquam tua intellegitur in his rebus quae tibi adquiri possunt". Wörtlich ist dies nicht zu nehmen. Es ist nichts gemeint, als daß das Haus nach außen hin als eine Einheit gilt, so daß die Streitigkeiten zwischen den Familiengliedern innerhalb desselben zu erledigen sind und nicht vor die Gerichte getragen werden können. Die neueren polemisiren meist gegen den Begriff der Personeneinheit. Vgl. die bei Arndts § 435 Anm. citirten.

brauch und in die Verwaltung des Vaters - reguläres Adventizgut oder unfreies Kindesgut.

In Deutschland traten weitere Veränderungen ein, welche dem Familiengüterrechte ein neues Gepräge gaben.

1. Ein Pekulium im römischen Sinne ist dem gemeinen Rechte unbekannt.

Natürlich kann auch nach heutigem Rechte der Hausvater seinem Kinde gewisse Theile seines Vermögens zur Verwaltung und zum Genusse überlassen. Es überträgt z. B. ein Vater seinem Sohne die Administration eines seiner Güter. Hierin liegt aber nichts anderes als Mandat und Vollmacht. Der Hausvater haftet also aus Geschäften, welche jener Haussohn zu den Zwecken der Gutsadministration_vornahm, persönlich und keineswegs bloß bis zum Betrage des Werthes des Gutes, welches er ihm überließ, wie bei der Pekulienklage der Fall war. Dagegen steht er nur für Schulden ein, welche in den Kreis der Vollmacht des Hauskindes fallen, also z. B. keinesweges wegen etwaiger Börsenspekulationen jenes Hauskindes, während er mit der Pekulienklage auch hierfür belangbar war."

2. Der Sah, daß zwischen den in einer Hausgewalt stehenden Personen klagbare Geschäfte nicht möglich seien, ist dem gemeinen Rechte fremd. Es kann daher das großjährige Hauskind selbständig und das minderjährige unter Zustimmung cincs Pflegers mit seinem Hausvater flagbare Rechtsgeschäfte abschließen. 10 11

§ 33. Die Ausbildung des unfreien Kindesvermögens.1 Nach justinianischem Rechte gehört dem Hauskinde alles, was es nicht aus dem väterlichen Vermögen erwirbt; sein Hausvater aber hat

9) Daß das Pekulium im römischen Sinne nicht mehr praktisch" sei, behauptet Savigny, Obl.R. Bd. 2 S. 52. Doch gehört auch diese Frage zu den bestrittenen. Eine Anwendung der actio de peculio oder gar der actio tributoria haben jedoch die Gegner nicht nachweisen können.

10) Allgemein anerkannt ist die Geltung von solchen Verträgen, welche zu einer Endigung der Gewalt führen, insbesondere von solchen über Gutsüberlassung. Aber die Praris der meisten Gerichte geht weiter und verneint die „Personeneinheit“ überhaupt. Stölzel, väterliche Gewalt.

11) Auch Schenkungen des Vaters an das Kind sind gemeinrechtlich gültig, da der Grundsah weggefallen ist, aus dem deren Ungültigkeit im römischen Rechte folgte. Vgl. die bei Stölzel a. a. D. S. 25 Anm. 7 citirten. Diese Schenkungen sind je nach der Absicht des Vaters „freies“ oder auch „unfreies“ Kindesgut.

1) Tit. Cod. de bonis maternis et materni generis 6, 60, de bonis quae... liberis... adquiruntur 6, 61. Marezoll, Revision der Lehre von den s. g. Adventicien in Lindes Zeitschrift Bd. 8 n. 2, 6, 9.

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in der Regel den Nicßbrauch und die Verwaltung des Kindesvermögens. 2 Dasselbe fann man daher zutreffend unfreies Kindesgut" nennen; gewöhnlich bezeichnet man es aber als „reguläres Adventizgut“ im Gegensaße zu dem aus der Substanz des väterlichen Vermögens in die Hand des Kindes gelangten profecticium.3

Noch im Beginne der christlichen Kaiserzeit gehörten die Adventicien des Kindes dem Hausvater. Aber Konstantin sicherte den Kindern den Anfall ihres Muttergutes für den Fall des Todes des Vaters. Anderer Kindeserwerb wurde später gleichgestellt. Allmählig entwickelte sich hieraus die Vorstellung, daß das Kind Eigenthümer der Adventicien sei und daß sich das Recht des Vaters auf Nießbrauch und Verwaltung beschränke. Immerhin wirkte die alte Auffassung in folgenden Säßen nach:

a) Der Vater ist berechtigt, einen dem Kinde angetragenen Erwerb, 3. B. Erbschaften und Vermächtnisse, welchen dieses zurückweist, für sich in Anspruch zu nehmen.

Dies gilt als gemeinrechtlich.

b) Der väterliche Nießbrauch und die Verwaltung erlosch in Rom nicht schlechthin mit der Gewalt des Vaters. Er dauerte namentlich im Falle des Todes des Kindes fort, wenn der Vater nicht an dessen Erbschaft betheiligt war.?

Gemeinrechtlich endigt dagegen das Nießbrauchsrecht des Vaters unbedingt mit dessen Gewalt.8

2) § 1 I. per quas personas 2, 9, 1. 6 pr. § 1 C. h. t. 6, 61.

3) Im Gebrauche ist auch der Name „peculium adventicium". Gewiß wenig glücklich. Das peculium war im Eigenthume des Vaters, aber im Genusse des Kindes, das unfreie Kindesgut ist im Eigenthume des Kindes, aber im Nießbrauche und in der Verwaltung des Vaters, vgl. übrigens Marezoll a. a. D. S. 58.

4) Zuerst sicherte Konstantin den Kindern ihr Muttergut 1. 1 C. h. t. 6, 60, 1. 1 C. Theod. de bonis maternis 8, 18 vom Jahre 319, dann wurde durch die 1. 2 C. h. t. 6, 60 Erwerb von der Mutterseite gleichgestellt, später auch Erwerb vom Ehegatten des Hauskindes 1. 1 C. h. t. 6, 61.

5) Darüber, daß der Vater mindestens bis Theodosius II. Eigenthümer des Kindesgutes blieb, daß dies aber ein praecipuum aus der Erbschaft des Vaters für das kind bildete und durch ein Veräußerungsverbot gegen Entfremdung seitens des Baters gesichert war, vgl. Marezoll a. a. D. S. 73, Brinz 1. Aufl. Bd. 2 S. 1191. 6) 1. 8 C. h. t. 6, 61.

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7) Marezoll in Lindes Zeitschrift Bd. 13 n. 9: Wie geht das väterliche Recht an den Adventicien verloren?" Vangerow Bd. 1 § 236 Anm. 3, Brinz Bd. 2 S. 1197, Arndts § 433 vertreten für das römische Recht abweichende Ansichten. 8) Vgl. Arndts § 436. Dernburg, Pandekten. III.

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§ 34. Das unfreie Kindesgut im einzelnen.

Der Vater hat am unfreien Kindesgut Nießbrauch1 und Verwaltung. Aber diese Befugnisse sind von den gewöhnlichem Begriffen des Nießbrauches und der Verwaltung wesentlich verschieden.

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1. Die Bewirthschaftung durch den Vater ist eine freiere; er darf wesentliche Veränderungen vornehmen. Eine Nießbrauchskaution hat er nicht zu leisten.4

2. Die Verwaltung des Kindesgutes geschicht aus eigenem Rechte, nicht in Vertretung des Hausfindes. 5

An die Zustimmung seines Kindes ist der Vater daher nicht gebunden, auch wenn dieses großjährig ist; jedoch soll er die Einwilligung des großjährigen anwesenden Kindes bei Führung von Prozessen einholen.

Rechnung muß der Vater seinem Hauskinde nicht legen, weil er die Verwaltung für eigene Rechnung führt. Aber wegen nachweisbarer Verschuldung haftet auch er.7

Dem Vater ist die Veräußerung der Substanz nicht gestattet, abgesehen von unnüßen Sachen und wegen Schulden des Kindes.s

Es ist übrigens nicht zu bezweifeln, daß der Vater unter Einwilligung des großjährigen Kindes veräußern kann. Und eine Ver

1) 1. 1 ff. C. h. t. 6, 60, 1. 6 § 1 C. h. t. 6, 61.

2) 1.6 § 2a C. h. t. 6, 61. Justinianus: Et gubernatio earum sit penitus impunita et nullo modo audeat filius familias vel filia vel deinceps persona vetare eum, cujus in potestate sunt, easdem res tenere aut quomodo voluerit gubernare.

3) Marezoll a. a. D. S. 362.

4) 1.8 § 4d C. h. t. 6, 61: „paterna reverantia eum excusante et a ratiociniis et a cautionibus".

5) Marezoll a. a. D. S. 372.

6) 1. 8 § 3 C. h. t. 6, 61 spricht von Mündigen, nach heutigem Rechte kann es sich nur um Großjährige handeln. Es ist nur von Prozessen die Rede, welche eine dem Kinde angefallene Erbschaft betreffen. Dies ist aber nicht als Singularität für Erbschaften, sondern als allgemeine Regel zu erachten. Anderer Ansicht Marezoll a. a. D. S. 382; dagegen siehe Arndts § 432 Anm. 4; vgl. auch Windscheid Bd. 2 § 517 Anm. 7.

7) Jn 1. 1 C. h. t. 6, 60 bestimmt Konstantin für das Muttergut des Kindes: „parentes omnem debent tuendae rei diligentiam adhibere“. Dies ist auf alle Adventicien zu beziehen, 1. 8 § 4a und § 4d C. h. t. 6, 61. Vgl. Arndts § 432 Anm. 3, Windscheid Bd. 2 § 517 Anm. 5; Marezoll a. a. D. S. 388 will die Haftung für Diligenz auf die bona materna beschränken.

8) 1. 8 §§ 4 und 5 C. h. t. 6, 61. Die Kinder können das ohne gesetzlichen Grund veräußerte vindiciren. Erst von Endigung der Gewalt an läuft eine dreißigjährige Verjährung gegen ihre Vindikation. Ueber Forderungen des Kindes kann der Vater verfügen, siehe Stölzel a. a. D. S. 31.

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