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Es war dies eine streng aristokratische Ordnung, welche die Erhaltung der Güter in den Familien sicherte.

Das klassische römische Recht berücksichtigte auch die Kognation, und schließlich kam der humane, antiaristokratische Gedanke zur ausschließlichen Geltung, daß sich im Rechte und namentlich bezüglich der gesetzlichen Erbfolge alle Blutsverwandte gleichstehen, so daß die Agnation kein Vorrecht giebt.

§ 3. Unterscheidungen unter den Verwandten.

Natürlicherweise ergeben sich zwei Hauptgruppen:1

1. Verwandte in gerader Linie sind der Erzeuger und seine unmittelbaren und mittelbaren Nachkommen. Nach dem Bilde eines Stammbaumes spricht man von Ascendenten und Descendenten, indem man vom Ahnherrn zu den Nachkommen heruntersteigt.

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Die Römer nennen die Ascendenten parentes und die Descendenten liberi, ohne Unterschied, ob die letteren mittelbare oder unmittelbare Abkömmlinge sind. Der deutsche Sprachgebrauch ist geneigt, als Eltern und Kinder nur die unmittelbaren Erzeuger und Nachkommen zu bezeichnen. Zwar kommt auch vor, daß man unter Kindern entferntere Descendenten und unter Eltern entferntere Ascendenten versteht. Diese Auslegung hat aber nur einzutreten, wenn sie durch besondere Umstände unterstützt wird.

2. Seitenverwandte sind die von einem gemeinsamen Dritten abstammenden. Die nächsten sind die Geschwister. Geschwister, welche beide Eltern gemeinsam haben, nennt man vollbürtige germani diejenigen, welche nur einen Parens gemeinsam haben, halb = bürtige.

Geschwister, die den Vater gemeinsam haben, heißen consanguinei, mögen sie nun von derselben Mutter oder von verschiedenen Müttern geboren sein; solche, die nur die Mutter gemeinsam haben, sind uterini. Agnat ist man stets nur in einer Agnatenfamilie; Kognat kann man in verschiedenen Kognatenfamilien sein. Der Agnat unseres Agnaten ist auch unser Agnat, der Kognat unseres Kognaten muß keineswegs nothwendig zugleich unser Kognat sein.3

1) 1. 1 § 1 D. de gradibus 38, 10.

2) 1. 220 de D. de V. S. 50, 16. Callistratus libro 2 quaestionum „Liberorum" appellatione nepotes et pronepotes ceterique qui ex his descendunt, continentur. 1. 51 D. eod.

3) Bekker, Pandekten Bd. 1 S. 193.

Die Nähe der Verwandtschaft wird nach Graden gemessen. Die römische und die kanonische Berechnung

dabei verschieden.

computatio

ist

a) Die römische geht nach dem Sage „soviel Grade als dazwischenliegende Zeugungen". Hiernach sind, was die gerade Linie anlangt, die unmittelbaren Eltern mit ihren Kindern im ersten, die Enkel mit den Großeltern im zweiten, die Urenkel mit den Urgroßeltern im dritten Grade verwandt; und was die Seitenlinie betrifft, die Geschwister mit einander im zweiten, Oheim und Tante mit Neffe und Nichte im dritten, Geschwisterkinder mit einander im vierten Grade verwandt.

b) Die kanonische Komputation 5 weicht in der geraden Linie nicht von der römischen ab, wohl aber in der Seitenlinic. Denn sie zählt nur bis zum gemeinsamen Stammvater hinauf, nicht wie die römische durch den gemeinsamen Stammvater hindurch. Geschwister also sind kanonisch im ersten Grade verwandt. Sind die Seiten ungleich, so bestimmt die längere den Verwandtschaftsgrad. Nach kanonischem Rechte sind daher Oheim und Neffe im zweiten Grade mit einander verwandt, nicht anders als Geschwisterkinder.

Die römische Komputation ist die gemeinrechtliche. Sie liegt auch der Reichsgesetzgebung zu Grunde.

§ 4. Die Verschwägerung.1

Der gemeine Sprachgebrauch versteht unter Verwandten auch Verschwägerte adfines. Die Rechtsstellung der Verschwägerten ist aber von derjenigen wahrer Verwandter Blutsverwandter

- verschieden.

Insbesondere steht den Verschwägerten nicht wie den Blutsverwandten ein gesetzliches Erbrecht zu. Die Verschwägerung hat vorzugsweise Bedeutung als Ehchinderniß, ferner hinsichtlich des Rechtes als Richter oder als Zeuge in den Rechtssachen des Verschwägerten thätig zu sein.

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Verschwägert sind dem Gatten die Blutsverwandten seines Ehegatten. Die Verwandten von Ehegatten sind nicht mit einander verschwägert.

4) § 1 ff. I. de gradibus cognationis 3, 6.

5) Vgl. die bei Glück Bd. 23 S. 176 angeführten Stellen. Die kanonische Berechnung beruht auf germanischen Auffassungen.

1) Glück Bd. 23 S. 211; Bekker, Pandekten Bd. 1 S. 194.

2) 1. 4 § 3 D. de gradibus et adfinibus 38, 10... adfines sunt viri et uxoris cognati.

Die Beziehung des Ehegatten zu den Descendenten seines Ehegatten von einem anderen Gatten bezeichnet der deutsche Sprachgebrauch besonders als Stiefverwandtschaft. Sie unterscheidet sich aber von anderen Arten der Verschwägerung im Rechtssinne nicht. Verschwägerung entsteht durch den Abschluß einer rechtsgültigen Ehe. Nach kanonischem Rechte wurde sie durch Konkumbenz begründet, ohne Unterschied, ob die Konkumbenten Ehegatten waren oder nicht. Dies ist aber nicht gemeinrechtlich. 5

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Die Schwägerschaft endigt nach römischem Rechte mit der Auflösung der sie begründenden Ehe. Nach deutscher Auffassung ist dies nicht anzunchmen. Dagegen entsteht keine Verschwägerung des ge= schiedenen Ehegatten mit den nach der Ehescheidung erzeugten Blutsverwandten des anderen Theiles.8

3) 1. 4 § 8 D. h. t. 38, 10. Aus dem bloßen Verlöbniß entsteht noch keine Affinität, § 9 I. de nuptiis 1. 10. Das Verhältniß der Verlobten wird im weiteren Sinne als „adfinitas" bezeichnet 1. 8 D. de condictione causa data 12, 4, 1. 38 § 1 D. de usuris 22, 1. Uebrigens sah man sich in Rom veranlaßt, bezüglich der Ehehindernisse auch „serviles adfinitates" anzuerkennen, l. 14 § 3 D. de ritu nuptiarum 23, 2, ferner außereheliche Geschlechtsverbindungen, 1. 4 C. de nuptiis 5, 4.

4) Vgl. die bei Schulte, Lehrbuch des Kirchenrechts § 168 Anm. 6 citirten Stellen. Die dort angeführte Glosse definirt „est affinitas personarum proximitas ex coitu proveniens".

5) Die Römer zählten keine Grade der Affinität, wohl aber geschah dies durch das kanonische Recht, so daß der Grad der Blutsverwandtschaft mit dem Ehegatten auch den Grad der Affinität mit dessen Gatten bestimmt.

6) 1. 3 § 1 D. de postulando 3, 1. Ein Ehehinderniß bildete aber die ehemalige Affinität auch nachdem die Ehe, auf der sie beruhte, aufgelöst war, § 6 J. de nuptiis 1, 10.

7) Nach den Reichsgesehen ist im Civilprozeß Schwägerschaft des Richters oder Gerichtsschreibers mit dem Gegner Grund zur Ablehnung der betreffenden Gerichtsperson und im Strafprozeß Verschwägerung mit dem Angeklagten Grund der Ausschließung als Richter, Schöffe Gerichtsschreiber, Geschworener; ferner bildet sie einen Grund zur Verweigerung des Zeugnisses im Civil- und im Strafprozesse. Durchweg bestimmen die Reichsgesehe, daß ihre Vorschriften auch eintreten, wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht". Hierin ist keineswegs eine Singularität zu sehen, sondern die Anerkennung eines Principes, welches derzeit allgemeine Geltung hat. Vgl. Entsch. des R.G. in Strafsachen Bd. 5 S. 200.

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8) Das ältere kanonische Recht betrachtete außer der einfachen Affinität — primi gradus als Ehehinderniß auch die affinitas secundi und tertii gradus, d. h. die Beziehung des Ehegatten zu den Affinen seines verstorbenen Ehegatten und weiter zu deren Affinen. Allein Innocenz der Dritte hob auf dem vierten Lateranischen Koncil dies Ehehinderniß auf, cap. 8 X. de eo qui cognov. 4, 14. Schulte, Kirchenrecht § 168 Anm. 11.

Zweiter Abschnitt.

Das Eherecht.

Erstes Kapitel.

Das Wesen der Ehe.

§ 5. Begriff der Ehe. Staat und Kirche.

Ehe ist die rechtlich anerkannte vollkommene Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau.1

Der Ehe liegt das natürliche Verhältniß der Geschlechter und die Nothwendigkeit ihrer Vereinigung behufs der Erhaltung der Menschheit zu Grunde. Aber es wird zur Ehe erst durch das Recht. Eine Ehe entsteht nur, wenn deren rechtliche Vorausschungen vorhanden und wenn die Formen, welche das Recht fordert, gewahrt sind. Nur dann treten die Rechtsfolgen einer Ehe ein, namentlich die bedeutendste, die Legitimität der durch die Verbindung erzeugten Kinder und der Eintritt dieser Kinder in die väterliche Gewalt ihres Erzeugers.

Die Ehe ist also Rechtsinstitut. Ja, sie ist das wichtigste aller privatrechtlichen Institute, da sie die Grundlage der Organisation der bürgerlichen Gesellschaft bildet. 2

Im Mittelalter ordnete freilich der Staat, noch nicht gereift und nicht im vollen Bewußtsein seiner Aufgaben, das persönliche Eherecht völlig den Sazungen der Kirche unter.

Die Ehe bildet nach katholischem Dogma ein Sakrament. Das kanonische Recht stellte daher feste Regeln über Eingehung und AufLösung der Ehe auf, behandelte die Ehesachen als geistliche Sachen und nahm die Gerichtsbarkeit über Ehesachen ausschließlich für die geistlichen Oberen in Anspruch. Dies alles galt dem mittelalterlichen Staate unbedingt als maßgebend.

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1) 1. 1 D. de ritu nuptiarum 23, 2. Modestinus libro 1 regularum: Nuptiae sunt conjunctio maris et feminae et consortium omnis vitae, divini et humani juris communicatio.

2) Savigny Bd. 1 S. 346 führt aus, „daß die juristische Seite des Wesens der Ehe gerade die geringere sei, indem die wichtigere einem ganz anderen Gebiete als dem des Rechtes angehöre". Dies wurde unendlich oft wiederholt. Mit Recht hat hiergegen Brinz 1. Aufl. Bd. 2 S. 1207 Einspruch erhoben.

3) Vgl. namentlich concilium Tridentinum sessio XXIV „de sacramento matrimonii". Schulte, Lehrbuch des Kirchenrechts § 155 und dort citirte.

Die Reformation verwarf zwar die Auffassung der Ehe als Sakrament und erkannte deren weltlichen Charakter an. Dennoch behielt die protestantische Kirche zunächst entscheidenden Einfluß auf die Gestaltung des ehelichen Personenrechts. Im Anschluß an ihre Auffassungen entstand ein gemeines protestantisches Eherecht, welches nicht bloß auf Protestanten, sondern auch auf andere Akatholiken anwendbar wurde.®

Dem jezigen Staatsrechte gilt die Ehegesetzgebung und die Jurisdiktion in Ehesachen ausschließlich als Sache des Staates. Von diesem Gedanken geht das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes und über die Eheschließung aus. Dasselbe hat:

a) die Eingehung der Ehe unabhängig von der Mitwirkung der Kirche staatlich geregelt.

b) Es fordert, daß über Ehesachen nur die staatlichen Gerichte mit verbindlicher Kraft für den Staat entscheiden.

§ 6. Die persönliche Stellung der Ehegatten.

Nach altem römischen Rechte hatte der Ehemann eine eheherrliche Gewalt über die Ehefrau, so daß ihr Vermögen in dem seinen aufging, ihr Erwerb ihm gehörte, ihre Person seinem Rechte über Tod und Leben unterstand.1

4) Ueber das protestantische Eherecht vgl. namentlich Scheurl, das gemeine deutsche Eherecht 1881.

5) Die Existenz eines gemeinen protestantischen Ehescheidungsrechtes nimmt namentlich das R.G. Bd. 1 S. 326 und a. a. D. an. In jener Entscheidung spricht es zunächst für das hessische Eherecht aus: „Ein besonderes kurhessisches Eherecht auszubilden, haben die ehemaligen hessischen Konsistorien und Gerichte niemals beabsichtigt. Sie waren stets bestrebt, mit Wahrung des Principes des protestantischen Eherechtes den Anforderungen der Zeit und des Lebens gerecht zu werden." Nicht anders war es in den anderen protestantischen Staaten, insbesondere auch in Mecklenburg. Gegen die Behandlungsweise des Reichsgerichtes hat sich Gerhard Buchka, das mecklenburgische Ehescheidungsrecht 1885 erklärt. Uebrigens wird auch hier anerkannt, daß in den mecklenburgischen Scheidungsurtheilen die Bezugnahme auf „das gemeine protestantische Kirchenrecht" beziehungsweise das gemeine Eherecht“ nichts seltenes ist. Gleichwohl behauptet auch Schulte, Lehrbuch des Kirchenrechts § 156: „daß es ein gemeines protestantisches Kirchenrecht weder gegeben hat, noch giebt“. 6) Das protestantische Eherecht findet insbesondere auch bei Ehen der Juden Anwendung, R.G. Bd. 5 S. 177. Bei Chen zwischen Katholiken und Akatholiken ist wenigstens grundsäßlich für jeden Theil das persönliche Eherecht seiner Konfession maßgebend. R.G. Bd. 12 S. 235.

1) Daß manus und Ehe ursprünglich identisch waren, halte ich für zweifellos. Ein besonderes Argument hierfür ist, daß dann, wenn ein filiusfamilias verheirathet war, die manus dem Haussohne und nicht seinem Vater zugeschrieben wurde, Gajus II § 159. Dies hat namentlich Brinz Bd. 2 S. 1208 hervorgehoben. Auf die Erscheinung einer manus fiduciae causa, welche offenbar nichts ursprüngliches war,

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