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alter getrost wagen, einmal musz er ja doch gemacht werden: die Verfährungen der eigenen Sinnlichkeit und der Auszenwelt und moderner Lectüre sind viel gefährlicher als die der Klassiker. Sollte wirklich ein Gymnasiast nicht wissen dürfen, dasz die Alten in Bezug auf Entblöszung des Körpers und auf geschlechtliche Verhältnisse andere Begriffe von Schikclichkeit, theilweise auch von Sittlichkeit hatten als wir, oder sollte es überhaupt möglich sein, ihm diese Erkenntnis durch künstliche Mittel zu verschlieszen? Will man etwa den Sallust oder Horaz oder die griechischen Tragiker auch auf diese Weise für die Schule bearbeiten und die gewöhnlichen Wörterbücher durch rein moralische ersetzen, in denen weder pilóτns noch uíyvvu zu finden ist?

In Wahrheit hängt hier alles von dem Takt des Lehrers ab, der es verstehen soll über allfällige anstöszige Stellen bald rasch hinwegzugehen, so dasz sie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, bald durch eine verständige Bemerkung ihnen den Stachel zu nehmen und durch den sittlichen Ernst seiner ganzen Persönlichkeit unreine Gedanken in den Herzen seiner Schüler zurückzudrängen, wenigstens Aeuszerungen derselben durch Geberden, lachen u. dgl. in seiner Gegenwart unmöglich zu machen. So zieht man die Jugend zu moralischer Reife heran und nicht durch übertriebene Aengstlichkeit in der Wahl der eigenen Worte sowol als des Lehrstoffs. Bekanntlich hat das verbotene für Jung und Alt immer den meisten Reiz. Tritt nun der sehr denkbare Fall ein, dasz ein Schüler im väterlichen Hause oder anderswo den unverstümmelten Homer in die Hände bekommt, mit welcher Gier wird er (durch den gesperrten Druck der geänderten Worte in unserer Prager Ausgabe unterstützt) die unterschlagenen Stellen heraussuchen und lesen und den willkommenen Fund der Klasse mittheilen! Und so wird jedenfalls das sittliche Gefühl der jungen Leute viel mehr Schaden leiden, als wenn man die paar Stellen mitgenommen hätte, unbefangen, wie wenn nichts besonderes dahinter wäre.

Mit der Aufgabe, die sich der Herausgeber gestellt hat, für die Schule eine extra purificierte Odyssee zu liefern *), erklären wir uns also nicht einverstanden; es ist ferner zu untersuchen, ob er die cinmal gestellte Aufgabe befriedigend gelöst hat, sowol in stofflicher Hinsicht durch taktvolle Wahl der auszulassenden Stellen und gehörige Abrundung des übriggebliebenen, als formal durch Herstellung eines correcten Textes (Anmerkungen oder Erläuterungen irgendwelcher Art bietet die Ausgabe nicht). Diese beiden Gesichtspunkte gedenken wir nacheinander einzunehmen und nur da nicht zu trennen, wo es die Natur der Sache oder die Kürze erfordert.

Wir wollen dem Herausgeber anfangs Schritt für Schritt folgen. Die erste geänderte Stelle des ersten Buches ist V. 73 ¿v onέooi yha

*) Praefat. p. III: cedere ea tantum iussi, quae minus apta viderentur iuvenili aetati.

ακτι

φυροῖσι Ποσειδάωνι μιγεῖσα, wo stalt des Schluszwortes ἄνα gesetzt ist, auf réxɛ V. 71 zu beziehen. Sodann ist der längere Abschnitt V. 206 - 223 ganz übergangen, wahrscheinlich wegen der Worte V. 215 u. 216:

μήτηρ μέν τέ μέ φησι τοῦ ἔμμεναι, αὐτὰρ ἔγωγε

ου

οὐκ οἶδ ̓· οὐ γάρ πώ τις ἑὸν γόνον αὐτὸς ἀνέγνω. Einem unverdorbenen Sinne werden diese nicht als eine unzüchtige Anzüglichkeit erscheinen, sondern als das was sie sind, als der Ausdrack kindlicher Naivelat. V. 366 πάντες δ ̓ ἠρήσαντο παραὶ λεχέεσσι ziva ist wirklich anstöszig und daher mit Recht gestrichen, sofern überhaupt gestrichen werden soll. Ueber V. 433 εvvý d' ov noτ' ἔμικτο, χόλον δ ̓ ἀλέεινε γυναικός kann man verschiedener Ansicht sein: Thatsache ist, dasz die Schüler mit dem Institut der Kebsweiber aus der biblischen Geschichte längst bekannt sind. V. 438 f. soll der Knabe nichts davon merken, dasz die alte Amme Eurykleia den Telemach im Schlafgemach bedient, was doch auf die anständigste Weise geschieht. Es ist hier derselbe Fall wie bei den Badescenen, die wiederholt vorkommen: ein für allemal wird auf die Verschiedenheit der Sitte aufmerksam gemacht, und man gewöhnt sich daran so gut als man sich an den Anblick unbekleideter Figuren in Gemäldesammlungen oder Antikencabinetten gewöhnt.

Das 2e Buch ist vollständig. III 403 geht Nestor schlafen: To δ ̓ ἄλοχος δέσποινα λέχος πόρσυνε καὶ εὐνήν. Auch diese leise Andeutung des ehelichen Verhältnisses ist nach Hrn Paulys Ansicht für keusche Ohren nicht zulässig, noch viel weniger IV 305: nào d' Elévn τανύπεπλος ἐλέξατο, δια γυναικών. Aber zu welchen Consequenzen musz eine solche Präderie führen! Wie hat der Herausgeber das Wort ἄλοχος überhaupt dulden können, oder Ausdrücke wie παρθένος αδμής. VI 228, oder Stellen wo vom gemeinsamen ankleiden des Odysseus und der Kalypso (V 228-232) oder des Odysseus und der Kirke (X 541-545) die Rede ist? Warum hat er XI 580 u. 81 (554 u. 55 seiner Ausgabe) Anto yao iznos nicht gestrichen, obschon dort eine wirklich unzüchtige Handlung erwähnt ist und die beiden Verse ohne allen Nachtheil für den Zusammenhang wegfallen konnten? Alkinoos heiratet seine Nichte (VII 54—65), seine Söhne ihre leiblichen Schwestern (X 7-10): diese Stellen werden dem Schüler vorenthalten; er liest aber von der Blutschande des Oedipus mit seiner Mutter (X 273) und das Verhältnis von Zeus und Here wird man ihm wol auch nicht verhehlen können. XI 266 f. darf er nicht einmal wissen dasz Alkmene die Mutter des Herakles ist, und erhält also blos eine trockene Nomenklatur.

Das Verfahren des Herausgebers im fünften und sechsten Buche verdient eine specielle Beleuchtung. Schon die Bearbeitung der Ueberschrift verspricht grosze Dinge, denn wir finden nur 'Odvooέws oxedía an der Spitze des fünften Buches und Kalvyovs ävrqov ist wolweislich weggelassen, um alle Anzüglichkeiten/ zu vermeiden. Begreiflich werden nun die Stellen beschnitten, die vom Umgang des Odysseus

mit der Kalypso handeln; aber sonderbar ist es doch, dasz nach Ausscheidung von V. 226 u. 227 folgende Gedankenreihe übrig bleibt: so sprach er, und es wurde Nacht als aber der Morgen kam, da zogen sie sich an. Ich denke, jeder wird das Mittelglied vermissen: und sie giengen schlafen.

Das zusammentreffen des Odysseus mit der Nausikaa ist bekanntlich der Glauzpunkt der Odyssee. An Naturwahrheit, Zartheit und Keuschheit der Empfindung kommt dieser Erzählung keine andere gleich. Schreiber dieses kann aus Erfahrung bezeugen, dasz es angeht sie in der Schule zu lesen, und es wäre Schade wenn man es nicht thäte, trotz den paar anstöszigen Ausdrücken. Der Sinn der sie eingibt ist durchaus rein, das fühlt jeder Leser, auch der blödeste Schüler wird es merken. Pauly hat gerade diese liebliche Erzählung unnöthigerweise mishandelt, während sein Vorgänger Koch, der doch auch die christlich-ästhetische Kritik' *) zu üben glaubte, sie mit richtigem Takte ganz unverändert stehen liesz.

das

Pauly gibt sich ungeheure Mühe den Schüler glauben zu machen, dasz Odysseus bekleidet vor Nausikaa gestanden habe. Zu diesem Zwecke wird schon V 343-345 der Hauptinhalt von Leukotheas Instruction gestrichen. Odysseus darf nicht die Kleider ausziehen, Schiff verlassen und nach dem Lande der Phaeaken schwimmen: er soll blos den wunderbaren Schleier unter die Brust binden und damit Punktum. Und doch waren ihm die Kleider lästig nach dem (nicht gestrichenen) 321n Verse:-εiuata yάo ò̟' ¿ßáovvɛ. Der Herausgeber scheint derjenigen Anschauung zu huldigen, welche im vorigen Jahrhundert, bei uns in der Schweiz wenigstens, das baden überhaupt verpönte, weil man dabei die Unsittlichkeit begehen muste die Kleider auszuziehen. Natürlich kriecht nun Odysseus auch in den nassen Kleidern in sein Blätterlager. Wohl bekomm's! VI 128. 29 u. 135. 36 werden selbstverständlich übergangen; nicht einmal die rührende Bitte V. 178. 79 findet Gnade: δὸς δὲ ῥάκος ἀμφιβαλέσθαι, εἴ τί που εἴλυμα σπείρων ἔχες ἐνθάδ' ἰοῦσα, donnez-moi quelque méchant haillon pour me couvrir, s'il vous reste quelque enveloppe de vos paquets, Madame Dacier schön übersetzt. Irgend ein Laken anzuziehen wäre unanständig, es musz eine ganze Kleidung sein: daher beschenkt uns Pauly mit der Emendation δὸς δ' εἵματα ἀμφιβαλέσθαι, mit einem prächtigen Hiatus als Zugabe. Dasz Odysseus nach der also umgeschaffenen Situation nicht Kleider zum anziehen sondern zum wechseln braucht, wird nicht beachtet. Im folgenden erhalten die Mäg de nicht den Befehl den Odysseus zu baden, sondern er soll es selbst thun; also nicht λούσατέ τ ̓ ἐν ποταμῷ, sondern λούσεται δ ̓ ἐν ποταμῷ mit zu diesem Zweck eigens erfundener Kürze von a auch vor einem Consonanten: wem das unglaublich vorkömmt, mag V. 204 der Pauly’schen Ausgabe selbst nachsehen. Es fallen nun auch die Worte weg, mit denen Odysseus die Mägde zurückweist (V. 217-222); dessen

*) Vorrede S. X.

wie

ungeachtet lesen wir bei P. den Vers (208): avrína aî d' áñávevdev ἴσαν, εἶπον δ ̓ ἄρα κούρῃ. αὐτίκα steht an der Stelle von ὡς ἔφαθ' (V. 223 der gew. Zählung); warum aber nicht mit der Umstellung in avríza d'ai usw.? Oder müssen wir um jeden Preis wieder einen Hiatus, und zwar an ungewöhnlicher Stelle haben? Der zweite Theil des Verses ist seines Inhalts wegen noch interessanter. Denn was haben die Mägde der Nausikaa noch zu berichten, nachdem gar nichts vorgefallen ist? Sonst ist dieser Halbvers ganz am Platze (vgl. die Uebersetzung der Mad. Dacier: les nymphes vont rendre compte à Nausicaa de ce qui les obligeait de se retirer), bei Pauly aber ist er widersinnig.

"

Wir müssen noch einen andern Abschnitt erwähnen, wo sich Pauly besser aus der Sache gezogen hat, dafür aber Koch um so lächerlicher zum Vorschein kommt. Es ist der Aufenthalt bei der Kirke B. X. Pauly hat alle Stellen abgelöst, wo das Beilager des Odysseus und der Kirke erwähnt ist, und dadurch der Erzählung die Spitze abgebrochen, aber es bleibt doch in derselben ein verständlicher Zusammenhang. V. 296 setzt er an die Stelle von εvvηñvaι das aus V. 337 entlehnte ov ɛivat (dies freilich nach Koch); V. 333 ändert er so um: άλλ' ayɛ dǹ κολεῷ μὲν ἄορ θεὶς λῆγε χόλοιο und schaltet den Vers ein δόρπον δ' αἰδοίη ταμίη δότω ἔνδον όντων, an welchen sich dann die weitläufigen Zurüstungen zur Mahlzeit V. 348 ff. gut anschlieszen. So fällt der Eid weg, den Kirke schwören muste, und auch die nachträgliche Erwähnung desselben V. 380 u. 381: kurz die ganze Geschichte nimmt einen gelinderen Verlauf. Koch hat dagegen den unglücklichen Einfall gehabt das Bad zur Hauptsache zu machen. Daher finden wir an der Spitze des Buches die Ueberschrift Kionns vintoα und im Verlauf der Erzählung überall an der Stelle von evvý das Wort vinτọa, ob es nun metrisch und logisch passe oder nicht, so

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V. 297: ἔνθα σὺ μηκέτ ̓ ἔπειτ ̓ ἀπανήνασθαι θεοῦ — νίπτρα; 347: καὶ τότ ̓ ἐγὼ Κίρκης ἐπέβην περικαλλέα — νίπτρα; sogar 335: νίπτροις καὶ φιλότητι πεποίθομεν ἀλλήλοισιν!

Das ist der Fluch der bösen That, dasz sie fortzeugend böses musz gebären. Von diesem Fluch bleibt auch Pauly nicht unberührt, wenn er sich durch die Consequenz genöthigt sieht die schöne Kraftstelle V. 497 u. 98 zu beseitigen:

κλαῖον δ' ἐν λεχέεσσι καθήμενος, οὐδέ νύ μοι κῆρ
ἤθελ ̓ ἔτι ζώειν καὶ ὁρᾶν φάος ηελίοιο,

oder wenn er kurz vorher folgenden Vers fabriciert (447 seiner Ausgabe 480):

αὐτὰρ ἐγὼ Κίρκης δεικῆς τε εὐπλοκάμοιο

γούνων ἐλλιτάνευσα, θεὰ δέ μευ ἔκλυεν αὐλῆς,

wo das tɛ in das edle aber verschollene Geschlecht der particulae expletivae gehört.

Diese Bemerkung leitet uns zu dem zweiten Theil unserer kritischen Betrachtung, nemlich zu dem Nachweis, dasz die vorliegende Ausgabe auch in formaler Hinsicht, d. h. in Bezug auf Herstellung

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eines kritisch revidierten und correcten Textes, wenig empfehlenswerthes geleistet habe. Der Herausgeber hat sich die kritische Arbeit leicht gemacht, indem er nach seinem eigenen Geständnis übrigens fast überall die Neuerungen von Ameis sich angeeignet hat und nur selten der conservativeren Tendenz Faesis folgte. Ob die Rechtfertigung seines Verfahrens, welche er propediem zu liefern versprochen hat, schon irgendwo erschien, ist uns leider unbekannt; vor der Hand halten wir uns also an die Thatsache der Lesarten, wie wir sie aus dem Verzeichnis der Abweichungen vom Bekkerschen Texte entnehmen, welches unserer Ausgabe vorgedruckt ist. Dieses Verzeichnis ist übrigens weder ganz vollständig noch viel weniger correct. Mehr als einmal hat der Verfasser statt der Bekkerschen Lesart die eigene hingesetzt, so B. XI 513. VHI 495, oder statt einer Variante eine Lesart die beide haben, so XI 218, oder auch eine die keiner von beiden hat, wie IX 440.

Dies notieren wir nur im vorbeigehen, indem wir zu einer kurzen kritischen Revue übergehen, wobei wir uns erlauben einzelne Stellen nach Belieben herauszugreifen.

I 171-173 setzt Pauly nach Ameis in Klammern, 'nach den besten Autoritäten' der letztere; doch scheint nach den Scholien Aristarch die Verse nicht zu verwerfen, indem er ja die Variante óллoins r' für óãToins d' hat. Aber auch abgesehen von Autoritäten sind sie leicht zu vertheidigen. Wir machen darauf aufmerksam, wie genau die Antwort der Athene den einzelnen Fragen entspricht. So correspondieren V. 180 u. 181 dem 170n Verse, der nach der Herkunft fragt; den genauen Bescheid auf die angezweifelten Verse 171-173 enthalten 182 186, aut οπποίης δ ̓ ἐπὶ νηὸς ἀφίκεο usw. νῦν δ ̓ ὧδε ξὺν νηὶ κατή Lvov usw.; endlich auf die nachträgliche Frage 174 -177 antworten 187 ff. Eine zweite Stütze der Aechtheit ist der Umstand, dasz die nachdrückliche Formel καί μοι τοῦτ ̓ ἀγόρευσον ετήτυμον besser passt, wenn die Frage vorher unterbrochen war, wie IV 645. V. 428 (409 seiner Ausgabe) schreibt Pauly xédv' ɛidvĩa, während die übrigen mir vorliegenden Editionen xɛdvà idvia haben; ist er hierin vielleicht der Autorität Dindorfs gefolgt, dessen neueste Recension mir leider nicht zu Gebote steht? [Ja. D.] Dasz an sich beides möglich ist, beweisen Stellen wie opo' sidns IX 348 einerseits und Il. I 608 anderseits: Ηφαιστος ποίησεν ἰδυίῃσι πραπίδεσσιν, wo das i ebenfalls verkürzt ist; aber wie kommt es, dasz Pauly das ganz ähnliche Avygà idvia XI 432 (406) ruhig hat stehen lassen? Ist das Consequenz?

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II 400 schreibt Pauly nach Ameis εv valetαóvtov getrennt: mit vollem Rechte, da man an allen übrigen Stellen längst getrennt schreibt (vgl. XIX 30. XX 371). V. 411 hat Pauly allein aus mir unbekannler Quelle μήτηρ δ ̓ ἔμοὶ οὔ τι πέπυσται, die übrigen μήτηρ δ' ἐμή. III 62 hat Pauly die Verbesserung von Ameis aufgenommen nei T ἠρᾶτο, während Bekker ἔπειτ ̓ ἠρᾶτο hat, aber nicht ἤρατο, wie das Variantenverzeichnis besagt, so wenig als dyviai II 388 wenigstens nach der mir vorliegenden Recension von 1843. III 269 ist die Er

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