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I.

Allerdings ist auch die Sprache einer Nation ein beträchtliches Stück in der Literatur derselben, und wer über diese schreibt, wird schon durch den Namen erinnert, jene nicht aus der Acht zu lassen. Man kann die Literatur eines Volks, ohne seine Sprache nicht übersehen durch diese jene kennen lernen durch sie auf manchen Seiten ihr unvermerkt beikommen; ja beide mit einer Mühe erweitern; denn großen Theils geht ihre Vollkommenheit in ziemlich gleichen Schritten fort. Nicht als Werkzeug der Literatur allein muß man die Sprache ansehen; sondern auch als Behältniß und Inbegriff; ja gar als eine Form, nach welcher sich die Wissenschaften gestalten und nuzt man diese drei Gesichtspunkte recht, so wird uns ein philosophisches Sprachenstudium gleichsam ein Vorhof scheinen, sich dem Tempel der Literatur zu nåhern.

Ist die Sprache Werkzeug der Wissenschaf= ten: so ist ein Volk, das ohne poetische Sprache glückliche Prosaisten, und ohne genaue Sprache gro= ße Weise gehabt hätte, ein Unding. Man troke meiner Behauptung, und überfeße Homer in das Holländische, ohne ihn zu travestiren; man bringe einen schlüpfrigen Crebillon in das Lapplândische, und den Aristoteles in eine der wilden Spra

chen, die keinem abstrakten Begriff Herberge geben. Sollte man nicht in jedem Gebiet der Wissenschaften Gedanken und Schriften haben, die für diese und jene Sprache durchaus unübersehbar sind?

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die WissenDa diese nun

Wenigstens ist eine Mundart, in welcher die Literatur, entweder von selbst hervor geschoffen, oder hinein gepfropft ist — unendlich von einer andern unterschieden, die man in Absicht der Wissenschaften Idiotisch nennen muß. Und es mußten, wie mich důnkt, von der Natur besondere Geister dazu ersehen werden, ihre rohe Sprache zu den Wissenschaften, oder wenn man lieber will, schaften in der Sprache zu bilden. thren innern Beruf fühlten, daß sie geboren wären, um ungedachte Dinge zu denken, und ungesagte Worte zu sprechen, so folgten sie dieser Stimme; sie verwüsteten die Sprache, um zu schaffen, jedes Hinderniß ward ihnen wie nichts, und zum Denkmal einer That; sie wurden Schöpfer und Geseß= geber und Muster. Die Sprache ward, wie So= crates sagt, die Bezåhmerinn der Wilden, und wie man dazu seßen kann, eine bildende Schöpferinn in den Wissenschaften.

Wer also seine Sprache zur Weltweisheit, zur Prose und Poesie zu bereiten sucht, der ebnet eben damit den Boden, daß er Gebäude und Pallåste trage. Oder noch mehr! er liefert dem Schriftstel= ler Werkzeug in die Hånde; dem Dichter hat er Donnerkeile geschmiedet; dem Redner seine Rústung geglänzet; dem Weltweisen Waffen geschärfet, und jedem andern, der bloß für das Auge dastehet, hat seine vorräthige Hand, Anzug, Puß, und

heit verschafft.

wie oft auch damit seine ganze Würde und Schdus Nur Schade! daß Jupiter bas Verdienst seiner unterirdischen Cyklopen so wenig erkannte, und daß eine Schöne so selten die all, mächtige Hand küßt, die ihr Anstand und Grazie anschuf. Die Anwendung hievon auf die Cyklopen der Sprachkunde mag Johnson feinen Englan dern sagen: Man sieht sie für Leibeigne im ,,Reich der Wissenschaften an, die dazu verdammt find, auf dem Pfade der Erkenntniß und des Wi,,ßes, nur die Dornen und Heœen auszurotten.“

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Ich gebe es gern zu, daß die Helden und Halbgötter in der Literatur keine Vorläufer nöthig ha. ben mögen, um vor ihnen den Weg zu ebnen, sons dern daß sie eben damit Herkuls Ruhm erlangen, wenn sie seine Thaten thun — Berge abtragen, Ulu: geheuer ausrotten, Schwierigkeiten überwinden und Ziele ereilen; und das alles in der rauhen Sprache, die wie Pfeil und Keule ist in der Hand des Starken allein wenigstens kann man ihren schwäs chern Nachfolgern, ihren Brüdern aus menschlichem Geblüt zu Hülfe kommen, die sich sonst auf ihrem Kunststück mit schlechtem Werkzeuge quälen, und nachs her doch wohl ihre Arbeit zur Schande ausstellen, oder zu eigner Schaam verbergen müßten. Kann man diesen ihre Instrumente bequemer, leichter, faßlicher machen, so erleichtert man ihnen wenigs stens jene undankbare Mühe, die nachher ihrer Kunststück so selten anzusehen ist.

Ich gebe es ferner zu, daß nicht Sprachkünfts ler, sondern Arbeiter auf eigne Hand die ersten sind, die Sprache jeder Gattung der SchreibHerders Werke z. schön. Lit. u. Kunft. 1.

art so anzupaffen, daß beide zufammen zu wachsen scheinen; hier entscheidet ein Muster durch sein königlich Beispiel mehr, als zehn Wortgrübler, und klärt, wenn es mit seinem Stralenangesicht -auftritt, mehr auf, als hundert Leichenfackeln der Grammatiker.

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Ja ich gebe noch inehr zu: Sprach- und Schulmeister sind die ersten, die die Sprache verderben, daß sie, wie sie sie wollen, zu nichts taugt. polirten das Instrument so lange, bis es gut zum Anschauen und Aufhängen ward; sie krümmeten, und dehuten, bis es schwach, bis es verunstaltet wurde; fie schnigelten am Bogen, bis er brach unfelige Kunstrichter, und Regelnschmide! Allein um so gelegener und wie gerufen sollten solche kommen, die diesen Sprachverderbern das Werkzeug noch zu rechter Zeit entreißen, und es zu dem Rüstzeuge machen wollen, das in den Händen einer helligen regellosen Unbesonnenheit Wunder thut; desto_angenehmere Gåste sollten uns die seyn, die unserer rustigen und tüchtigen Sprache ihre alte Baumstärke wiedergeben, und alte Geheimnisse in ihr verrathen wollen, auf die freilich mancher P a ncirolli unter seinen rebus deperditis nicht hat fommen können.

So weit, kann ich mir doch nicht einbilden, so weit ists doch mit uns gewiß noch nicht, daß wir ang unsere Sprache gemacht haben, wozu wir sie wollen? was sie feyn kann, und seyn soll? denn kaum und nochmals kaum. haben wir sie so, wie fie gewesen ist. Wie? ist denn alles, was zum Dichterischen, prosaischen und philosophischen Aus

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drud gehört, schon so genau bestimmt, daß die Sprachlehre des Dichters und des Prosaisten ihm.. zur allgemeinen Casuistik dienen kann? Ist in the alles so entwickelt, und ausgefaltet, daß dem Poeten und Philosophen während dem Schreiben keine Runzel, kein Knote mehr unter die Hand laufen muß, der ihn aufhält? Wäre man denn auch, wens man gar kein Sonderling im Styl seyn will, wås ren denn auch nur die gewöhnlichen Postgånger der Schreibart, auf ihrer alten geschlagenen Landstraße, vor allem Straucheln sicher? Sollte auch Lesern von ziemlich gesunder Verdauung nicht oft etwas hårtliches aufs Herz stoßen? Sollte unsere Sprache schon so weit seyn, daß man in ihr, und in jeder Gattung der Schreibart alles so sagen könnte, als man es fagen will, and muß; so sagen könnte, daß nichts außer und über dem Gesagten ist? Kurz! ist die Sprache, als Werkzeug der Literatur vollkommen, schön, bequem genug?

Will man die Antwort auf diese Fragen, fo schlage man unsere besten Ueberseßer auf, die oft nicht zu übersehen wissen, unsere besten Journale auf, die oft nicht zu entscheiden wissen, unsere besten Grammatiken und Profodien auf, die keine deutschen Grammatiken und Prosodien sind. Griez chen und Römer, wåren sie auch in allem, was fie in der Sprache dachten, so weit unter uns, als es uns oder ihnen belieben mag in dem wozu sie die Sprache machten, waren sie weit über uns. Was sie mit dem Werkzenge ausgerichtet haben, mag viel oder wenig seyn; aber wie sie über ihrem Werkzeuge selbst sich Mühe gaben,

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